HISTOLOGIE; Blutzellbildung im Knochenmark, Megakaryozyten im Sternum

Begonnen von Ronald Schulte, November 18, 2009, 22:44:40 NACHMITTAGS

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Ronald Schulte

Theorie: Sobotta Welsch Histologie Seiten 224-227

Blutzellbildung im Knochenmark des Erwachsenen

Das Knochenmark besteht aus retikulärem Bindegewebe, in dessen weiten Lücken sich die verschiedenen Blutzelltypen differenzieren. Wesentlicher Bestandteil des Knochenmarks sind des Weiteren die zahlreichen Blutgefäße, vor allem die weitlumigen, kapillarähnlichen Sinusoide. 
Das retikuläre Bindegewebe des Knochenmarks bietet den Stamm- und Progenitorzellen das ,,Mikroklima", sich zu differenzieren. An der Schaffung dieser ,,Mikroökologie" sind die (fibroblastischen) Retikulumzellen, das Endothel, die Makrophagen, die T-Lymphozyten und die Bindegewebsmatrix beteiligt. Die Glykosaminoglykane dieser Matrix können beispielsweise spezielle Wachstumsfaktoren für die Differenzierung der Blutzellen binden, und die Matrix enthält auch besondere Adhäsionsmoleküle. Das Knochenmark enthält hämatopoetische Stammzellen, die sich zu allen Blutzellen differenzieren können. Darüber hinaus kommen im Knochenmark mesenchymale Stammzellen vor (können sich zu Bindegewebs- und Muskelzellen weiterentwickeln) sowie eine weitere Stammzell-Art, die das Potential besitzt, sich zu Leber-, Endothel- und neuralen Zellen zu differenzieren. 
Das Knochenmark füllt die Räume zwischen den Knochenbälkchen der Spongiosa und die röhrenförmigen Räume der großen Extremitätenknochen aus. Es umfasst ca. 5% des Körpergewichts. Während beim Neugeborenen das gesamte Knochenmark Blutzellen bildet, ist die Blutzellbildung beim Erwachsenen nur noch auf bestimmte Bereiche beschränkt: Wirbel, Rippen, Sternum, Ilium, proximale Enden von Humerus und Femur. In den übrigen Bereichen der Knochenhöhlen ist es durch Fettgewebe ersetzt. Blutzellbildendes Knochenmark heißt rotes Knochenmark, fettzellhaltiges Knochenmark heißt gelbes Knochenmark (Fettmark).


Thrombopoese

Mit dem Begriff Thrombopoese wird die Entstehung der Blutplättchen (Thrombozyten) bezeichnet. Die Blutplättchen bei Säugetieren und Mensch sind kleine, kernlose Zytoplasmastrukturen, die durch Abschnürungsprozesse aus den Megakaryozyten entstehen. Von diesen großen Zellen gehen Fortsätze aus, die bis in das Lumen der Blutsinus reichen und von denen sich die Blutplättchen ablösen (Abb. 1). Die Megakaryozyten entstehen unter Einfluss stimulierender Faktoren innerhalb von ca. 10 Tagen aus den hämatopoetischen Stammzellen. Die Thrombozytenbildung erfolgt unter dem Einfluss des Thrombopoetins, das in Leber und Niere gebildet wird und dessen Rezeptor (Mpl) auf der Membran der Megakaryozyten sitzt.

Megakaryozyten 

Megakaryozyten sind auffällige, 50-70 (gelegentlich bis 150) μm große Zellen im Knochenmark, die zumeist in Nähe der Sinus liegen (Abb. 2). Der große Kern ist variabel gestaltet und bildet Lappen und Segmente aus (Abb. 3). Die Kerne reifer Megakaryozyten sind polyploid und enthalten 8, 16 oder noch mehr Chromosomensätze. Die Vermehrung der Chromosomen erfolgt durch eine Serie von Endomitosen, bei der der Kern größer wird, sich aber nicht teilt, auch die Zellteilung unterbleibt. Folgende Ploidiezahlen wurden ermittelt: 4n: 1,6% der Zellen, 8n: 10%, 16n: 71,2%, 32n: 17%, 64n: 0,1%. Je höher die Ploidiezahl, desto größer sind Zelle und Kern. Bei jeder Endomitose verdoppeln sich auch die Zentriolen. Nur die ausgereiften Megakaryozyten bilden Blutplättchen, und zwar in einer Anzahl von 4000-8000.
Durch sog. Demarkationskanäle werden weite Bereiche des Zytoplasmas der reifen Megakaryozyten in kleine Bezirke unterteilt, in deren Zentrum Granula und wenige Organellen liegen und die Vorformen der Blutplättchen entsprechen. Diese Demarkationskanäle entstehen nach verbreiteter Auffassung durch Verschmelzung intrazytoplasmatischer Vesikel, wodurch zunächst schlauchförmige und dann dreidimensionale Strukturen entstehen, die die zukünftigen Thrombozyten abgrenzen. Einer anderen Auffassung zufolge entstehen die Demarkationskanäle durch tiefe spaltenförmige Einsenkungen der Zellmembran. 
Fortsätze, die viele solcher Plasmabezirke enthalten, erstrecken sich in das Lumen der Blutsinus. Hier zerfallen die Fortsätze und setzen so die Plättchen frei. Aus einem solchen Fortsatz entstehen bis zu 1200 Blutplättchen. Ein Megakaryozyt bildet in seinem Leben bis zu sechs solcher Fortsätze. Danach gehen die Megakaryozyten wahrscheinlich zugrunde. Vermutlich können sich die Blutplättchen auch ohne Fortsatzbildung aus der Zellperipherie ablösen, nachdem zuvor im peripheren Zytoplasma zahlreiche kleine Zytoplasmabezirke durch feine Kanäle demarkiert wurden. Nicht selten treten ganze Megakaryozyten ins Blut über, bleiben dann aber im Kapillarsystem der Lunge hängen und zerfallen hier.


Abb. 1


Abb. 2


Abb. 3



Sternum Schwein
Färbung 'von Gieson'. Stitch von 39 Bilder, Objektiv 2,5x


Sternum Schwein
Färbung 'von Gieson'. Objektiv 16x



Sternum Schwein
Färbung 'von Gieson'. Objektiv 40x



Sternum Schwein
Färbung 'von Gieson'. Objektiv 40x



Sternum Schwein
Färbung 'von Gieson'. Objektiv 40x



Sternum Schwein
Färbung 'von Gieson'. Objektiv 40x



Sternum Schwein
Färbung 'von Gieson'. Objektiv 40x



Sternum Schwein
Färbung 'Giemsa'. Objektiv 16x

Viel spass beim anschauen,
Grusse Ronald
Mikroskope:
Leitz Orthoplan (DL, AL-Fluoreszenz und Diskussionseinrichtung).
Leica/Wild M715 Stereomikroskop.
Mikrotom:
LKB 2218 Historange Rotationsmikrotom.

Fahrenheit

Lieber Ronald,

vielen Dank für die interessante Erläuterung und die sehr schönen Bilder!

Mit welchem Programm hast Du "gestiched"?

HErzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Ronald Schulte

Jörg,

Ich brauche dafür 'autostitch' und ist überall frei zu downloaden.
Wichtig ist um die jpeg Qualität von Standard 75 nach 100% zu setzen.
Nach den stitch kann Mann sehr einfach in picasa oder fotoshop das Bild eckig schneiden.

Grüße Ronald
Mikroskope:
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Leica/Wild M715 Stereomikroskop.
Mikrotom:
LKB 2218 Historange Rotationsmikrotom.

Fahrenheit

Lieber Ronald,

vielen Dank! Das werde ich mir ansehen.

Herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

wasilis

Hallo Roland
Danke mal wieder für die schöne Päsentation.
Vieleicht kannst du die Zellpopulationen noch bennen. Also Erys, Megakaryozyten, Fettzellen erkenn ich noch. Was sind das für Zellen mit dem roten gieseligen Zytoplasma??
Sind das Knochenmarkquetschpräparat oder Schnitte??
Schöne Grüße

Wasilis


Ronald Schulte

Zitat von: wasilis in November 19, 2009, 14:25:20 NACHMITTAGS

Vieleicht kannst du die Zellpopulationen noch bennen. Also Erys, Megakaryozyten, Fettzellen erkenn ich noch. Was sind das für Zellen mit dem roten gieseligen Zytoplasma??
Sind das Knochenmarkquetschpräparat oder Schnitte??


Wasilis,

Es sind Bildausschnitte ein Sternumschnitt, wie im ersten Bild gezeigt. Es schneidet sich sehr schwierig. Mann hört das Mikrotommesser richtig singen.

Das benennen ist nicht so einfach. Darum wage ich mich nicht dran. Die Roten Zellen sieht aus wie Promyelozyten (Vorläufer von Granulozyten) aber vielleicht kann Florian sich mal daran wagen. Ich maile ihm mal.

Grüße Ronald
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Klaus Herrmann

Hallo Ronald,

das sind sehr schöne Bilder - ich hätte auch Schwierigkeiten hier etwas zu interpretieren.

Ich habe in einem Kasten Histologie Blutaussriche gefunden, wo ich Fragen dazu habe.

Mache ich mal in einem separaten neuen Beitrag!
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

Florian Stellmacher

#8
Lieber Ronald,
liebe Knochenmarkinteressierte!

Da ich kein Knochenmarkexperte bin, würde ich die Bestimmung der einzelnen Zellen lieber den Spezialisten überlassen, z.B. Ralf Feller. Die genaue Zuordnung ist mitunter gar nicht mal so einfach. Das andere Problem ist, dass ich micht nicht entsinnen kann, jemals Knochenmark in der Van-Gieson-Färbung gesehen zu haben. Eigentlich dient diese Färbung dazu, Kollagengewebe selektiv sichtbar zu machen, z.B. bei der Frage nach einer sog. Fibrose.

Das Bild, das ich hier beitragen möchte, soll nicht als Bestimmungsschlüssel dienen, mit dem man sich durchs Knochenmark arbeiten kann. Es soll als Einstieg in das Thema dienen und die grundsätzliche Struktur aufzeigen. Es handelt sich um weitgehend physiologisches Knochenmark in der Chlorazetatesterase-Färbung (Syn. Leder-Färbung, ASD oder CEA); diese stellt (bis auf die ganz frühen Formen) Zellen der Granulopoese (also Granulozyten und ihre Vorläufer) rot dar, während die Zellen der Erythropoese (Erythrozyten und ihre Vorläufer) sowie Megakaryozyten nicht angefärbt werden.
Physiologischerweise besteht das Knochenmark bis zu drei Vierteln aus Zellen der Granulopoese, daher sind auf dem Bild die meisten Zellen rot. Dabei reifen die Zellen, wobei sich der zuerst runde Kern verlängert und einfaltet (Pfeile). Die Erythropoese findet in kleinen Inseln statt, die ich mit gelben Kreisen markiert habe. Megakaryozyten sind hier nicht erfasst, diese hat Ronald aber schon sehr schön fotografiert.

Also:
rot = Granulopoese
Nester aus blauen Kugeln = Erythropoese

Natürlich gibt es jede Menge Unterformen dieser beiden Zelllinien sowie etliche weitere Zellen (Monozyten, Lymphozyten, Mastzellen usw.) im Knochenmark!


Zeiss Plan Neofluar 40x

Herzliche Grüße,
Florian
Vorwiegende Arbeitsmikroskope:
Zeiss Axioskop 2
Olympus BHS (DL, Pol, Multidiskussionseinrichtung)
Zeiss Axiophot (DIK und AL-Fluoreszenz)
Zeiss Axiovert (Fluoreszenz)
Wild M400 Fotomakroskop (DL, DF, AL, Pol)

Florian Stellmacher

Nachtrag:

Kann mir mal jemand verraten, wie ich Bilder aus einer Powerpointpräsentation hier in anständiger Auflösung einstellen kann?
Ich speichere die einzelne Folie als .jpg ab, da Photobucket keine .tiffs laden kann. Das Ergebnis ernüchtert mich aber jedes mal!

Nochmals herzliche Grüße,
Florian
Vorwiegende Arbeitsmikroskope:
Zeiss Axioskop 2
Olympus BHS (DL, Pol, Multidiskussionseinrichtung)
Zeiss Axiophot (DIK und AL-Fluoreszenz)
Zeiss Axiovert (Fluoreszenz)
Wild M400 Fotomakroskop (DL, DF, AL, Pol)

Ronald Schulte

Florian,

Ich mache manchmal ein screendump mit 'PrtSc' und in ein neues Bild mit Fotoshop mit 'paste' rein?? (Deutsches Word kenne ich nicht).
Das Bild Schneiden und wider mit 'save for internet' bearbeiten.

Das erste Bild ist das Original verkleinert auf 800x und das Zweite ist ein screendump. Die Haare von die Flimmerzellen sind fast genau so wie im Original.





Ronald
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Florian Stellmacher

Lieber Ronald,

das muss ich mal ausprobieren! Ich habe im Lauf der Zeit hunderte von Fotos für Konferenzen, Fortbildungen, Vorträge, Vorlesungen u.s.w. gemacht und diese dann als Powerpointpräsentation gespeichert. Die Originalfoto.jpg tragen natürlich nur Nummern, die meisten habe ich sogar schon gelöscht. Daher muss ich, um die Bilder im web einzustellen, diese wieder zurückkonvertieren, was bisher eine deutlich schlechtere Qualtät erbracht hat.

Danke für den Tip!

Herzliche Grüße,
Florian
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Florian Stellmacher

Lieber Ronald,

der Tip war gut. Die Bilder im web sind zwar immer noch nicht das, was ich hier zu Hause auf dem Schirm habe, aber immerhin! Danke!

Herzliche Grüße,
Florian
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