Leitz Dialux (schwarz) und auch SM (Schwarz) Kondensortrieb reparieren

Begonnen von Stephan Hiller, Juni 30, 2020, 09:59:16 VORMITTAG

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Stephan Hiller

Liebe Leitz Dialux Besitzer,

auch wenn das folgende Problem eine Ausnahme darstellt und sicherlich nur sehr sehr selten auftreten wird, möchte ich die Lösung doch hier vorstellen, weil das Zerlegen eines Dialux Kondensortriebs offensichtlich noch nicht von vielen gemacht wurde.
Was war passiert?
Über die Bucht erstand ich vor einigen Wochen ein sehr gut erhaltenes schwarzes Dialux Stativ ohne Objektive und Kondensor aber mit Binokulartubus und Okularen.
Schon beim ersten Bewegen des Kondensortriebs war mir aufgefallen, dass er nicht ruckel-frei lief und leicht "kratzte". Ich habe mich trotzdem nicht gleich ans Zerlegen gemacht, sondern wollte das Stativ erst einmal optisch testen. Berek 2-Blendenkondensor eingesetzt und in die obere Position gefahren. Als ich den Kondensor wieder absenken wollte konnte ich ihn nur noch wenige mm nach unten bewegen.  Mit viel hin-und her bewegen gelang es mir schließlich den Kondensor wieder weiter abzusenken, so dass ich den Berek zumindest wieder aus der Schwalbenaufnahme unter dem Tisch herausnehmen konnte.
Ab diesem Zeitpunkt war mir klar, dass der Kondensortrieb eine Überholung nötig hatte und zerlegt werden musste. Normalerweise schraubt man dazu die im folgenden Bild mit 1 markierte Schraube heraus , welche in einer  Führungsnut des Kondensorträgerhalters läuft und so den Hubweg des Kondensors begrenzt. Im nachfolgenden Bild kann man oberhalb des abgesenkten Kondensorträgers diese Führungsnut bereits sehen (Pfeilmarkierung).



Durch Anheben des Tischgrobtriebs und weiteres Herunterfahren des Kondensorträgers kann dann dieser normalerweis nach unten herausgefahren werden.

Nicht so aber bei meinem Kondensorträger. Warum?

Die obere Befestigungsschraube der Zahnstange hatte sich gelöst. Die Schraube ist eine M2 Senkkopfschraube und im festgezogenen Zustand kann das Antriebsritzel über sie hinwegfahren. Aber das geht nicht mehr, wenn sie lose ist und heraussteht. Damit war der Kondensorträger also nicht mehr auf die übliche Art zu entnehmen. Nun wollte ich aber das schöne Stativ nicht zum Altmetall geben, sondern den Trieb reparieren. Schließlich kann es ja nicht sein, dass wegen so einer kleinen Schraube ein ganzes Mikroskop unbrauchbar wird.

Nach einigem Überlegen war klar der Kondensorträger kann nur entnommen werden, wenn das Antriebsritzel ausgebaut wird. Damit fingen aber für mich (als nicht Kenner der Leitz Mechanik) die Probleme an.

Wie lässt sich das Antriebsrad entfernen, um die Achse auszubauen?



Klar, die Schraube herausdrehen und das Antriebsrad abziehen.  Ging aber nicht.
Eine Frage an das Forum blieb ohne klare Antwort. Diana hatte die richtige Vermutung, aber sie hat diesen Trieb wohl auch noch nie zerlegt. Hilfe kam vom Leitz Kenner Olaf. Er klärte mich auf, dass die Ritzel Achse leicht konisch gefertigt ist und das Antriebsrad eigentlich mit einem Drei-Backen Abzieher abzuziehen ist. Wenn man so ein Werkzeug wie ich nicht hat, hat er mir einen Trick verraten, wie es auch ohne Abzieher geht: Man hält das Triebrad von unten fest und lässt das Mikroskop nach unten hängen. Die Schraube am Triebrad wird nur etwa 1 - 2 mm herausgeschraubt und man klopft vorsichtig mit einem Nylon - oder Holzhammer auf die Schraube. Damit lässt sich der Stellkopf dann von der konischen Achse abziehen.

Damit war ich dann so weit und beim nächsten Problem:



Die Ritzel Achse wird über eine Schlitzringmutter gesichert. Ohne Spezialwerkzeug keine Chance diese herauszudrehen.

Wieder hat Olaf geholfen und ein Messing Spezialwerkzeug gedreht/gefräst. Dieses hat optimal gepasst aber die Backen des Werkzeugs konnten der festsitzenden Schlitzringmutter nicht widerstehen und sind beim ersten Versuch beide abgebrochen. Ich habe mein Leid Olaf geklagt und er hat mir ein weiteres Werkzeug mit Stahlstiften gefertigt. Um das gleiche Desaster nicht nochmal zu haben nutzte ich die Zeit bis zum Eintreffen des Werkzeugs und hatte die Mutter mit reichlich WD 40 eingesprüht, um eventuell verharztes Fett zu lösen (im oberen Bild gut zu sehen).

Das neue Werkzeug hat die Mutter gelöst und die Ritzel Achse konnte unter leichtem Bewegen der Kondensor Halterung nun seitlich herausgezogen werden. Jetzt ließ sich auch der Kondensor Träger nach unten herausschieben:



Was dann zum Vorschein kam hat das ganze Elend deutlich gezeigt:



Die obere Zahnstangenbefestigungsschraube war völlig lose und stand sehr weit heraus. So weit, dass sie beim Hochfahren sogar in die Vertiefung der Befestigungsschraube der Trägerplatte hineingerutscht war. Die Schleifspuren beim oberen Schraubenloch der Trägerplatte sprechen eine deutliche Sprache. Hätte ich den Kondensor nicht mehr aus dieser Position absenken können wäre das Stativ wohl nur noch für die Schauvitrine gewesen.



Der Übeltäter mit völlig verschrammtem Kopf und zerstörtem Gewinde:



Der Rest war dann schnell erledigt:

Gewinde in der Zahnstangenhalterung nachschneiden. Einen beschädigten Zahn der Ritzelwelle mit der Nadelfeile abschleifen und glätten, so dass er wieder einen sauberen Eingriff in die Zahnstange bekam und diese ohne Ruckeln lief. Die Zahnstange befestigen, alles neu fetten und wieder zusammenbauen.

Hier noch ein paar Bilder die den Aufbau und den Zusammenbau zeigen:

Die Zahnstange mit neuen Schrauben:



Die Einzelteile des Antriebsritzels mit Griffschraube:



Beim Zusammenbau wird die erforderliche Hemmung des Kondensortriebs durch Festziehen der Schraube des Griffrads erreicht. Damit wird das Griffrad auf die konische Achse gezogen und drückt dann über die äußere Nylon Scheibe und die Schlitzringmutter auf die innere Nylon Scheibe und stellt so die erforderliche Reibung her. Eine genial einfache konstruktive Lösung die ich so bisher von den Zeiss Mikroskopen nicht gekannt habe. Man sollte lediglich beim Zusammenbau darauf achten dass die zweiseitige Abflachung am Ende der Ritzel Achse (1) in die entsprechenden Aussparungen des Griffrads kommen sonst kann das Griffrad nicht durch die Griffradschraube auf die Ritzel Achse aufgezogen werden.

An dieser Stelle gebührt mein ganz herzlicher Dank Olaf, ohne dessen Tipps und Werkzeug ich diese Reparatur nicht hätte ausführen können, was wohl den sicheren Tod dieses schönen Stativs bedeutet hätte. Dank seiner Hilfe läuft der Kondensortrieb jetzt wieder wunderbar geschmeidig - sicher so gut wie an dem Tag, als dieses Stativ vor 70 Jahren die Werkbank bei Leitz verlassen hat.

Danke Olaf! -  jeder Griff zum Kondensortrieb des Dialux wir mich dran erinnern!

Stephan

Klaus Herrmann

Hallo Stephan,

sehr schöne Beschreibung eines ungewöhnlichen Defekts. Wie löst sich eine Schraube von selbst?
Ein erfolgreiches Zusammenwirken von gutem und richtigem Rat dem passenden Spezialwerkzeug und Geduld (Einwirkzeit des WD 40) hat dann buchstäblich die Lösung gebracht.

Olaf hat mir vor Jahren auch mal einen speziellen Stirnlochschlüssel angefertigt ohne den nichts mehr zu retten gewesen wäre.
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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