Mein Garten unter dem Mikroskop

Begonnen von jcs, Juli 01, 2020, 22:51:59 NACHMITTAGS

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jcs

Spannend wird es dann im unterirdischen Teil, mehrere Pilzarten lassen sich im Stereomikroskop leicht an ihrem Myzel erkennen. Die schwarzen Verdickungen an der Wurzel sind vermutlich die in Symbiose mit dem Baum lebenden Pilze. Im Durchlicht-Mikroskop bin ich mit Aufnahmen dieser Bereiche weitgehend gescheitert. Hier schöne Schnitte zumachen, dürfte nicht ganz einfach sein.

Zumindest einige der Hyphen konnte ich aufnehmen, siehe letztes Bild. Ich denke, die erkennbare Verdickung ist eine der typischen Schnallen?

jcs

Hier noch ein Bild zur Dokumentation des bisherigen Scheiterns bei der Mikroskopie der Buchenwurzeln: Ein Schnitt (40µm) durch eine von Mykorrhiza umgebene Wurzel, gefärbt mit Pianese-Färbung. Der Schnitt ist viel zu dick, und dennoch zerrissen. Mit etwas Fantasie kann man rechts oben rosa gefärbte Strukturen erkennen. Das könnten Teile des Pilzmyzels sein.

Ich fürchte allerdings, dass ich hier längerfristig nicht um Paraffinschnitte herumkommen werde.

LG
Jürgen

jcs

Nachdem rundherum alles sprießt, geht's bei mir weiter mit den "unterirdischen" Versuchen zur Mikroskopie des Bodenlebens. Aktuell zeigen sich die ersten heimischen Orchideen im Garten. Im Orchideenversuchslabor (Bild 1) regen sich sowohl die Fuchs-Knabenkräuter (Dactylorhiza fuchsii, Bild 2) als auch die roten Waldvöglein (Cephalanthera rubra).

Von den Fuchs-Knabenkräutern habe ich so ca. 20 Stück gefunden, einige davon haben sich unerlaubterweise in jenem Teil des Gartens angesiedelt, wo ab und zu der Rasenmäher vorbeischauen muss. D.h. diese Pflanzen werden langfristig kaum überleben und bieten sich daher als Untersuchungsobjekt für die Mikroskopie an. Bild 3 zeigt zwei dieser Pflänzchen, die sich bereiterklärt haben, für die Wissenschaft zur Verfügung zu stehen.

jcs

Untenstehendes Bild 1 zeigt eine Wurzelspitze einer der beiden vorher gezeigten Pflanzen im Stereomikroskop. Ich vermute, dass die feinen abstehenden Fäden Hyphen der Mykorrhiza sind. Die Wurzeln lassen sich nicht leicht schneiden, deshalb stand ein Versuch mit Einbettung in PEG und anschließender Färbung mit Pianese an.

Die Wurzelstücke lagen 12h in 20%-PEG-Lösung und wurden danach 8h in PEG bei 50°C infiltriert. Die Spitzen verloren dabei leider ihre runde Form und sackten zusammen. Ich nehme an, das hygroskopische PEG nimmt das Wasser in den Wurzeln schneller auf als dass das flüssige PEG in das Gewebe eindiffundieren kann. Der Sprung von 20%PEG auf 100%PEG scheint zu groß zu sein.

Die eingebetteten Proben wurden mit 25µm Dicke geschnitten und auf einen mit Glyzerineiweiß beschichteten Objektträger transferiert. Das PEG wurde mit AquaDest entfernt, zur besseren Anhaftung habe ich die Schnitte etwas eintrocknen lassen. Danach wurde am Objektträger mit Pianese gefärbt und mit 99%Ethanol/1%Eisessig kurz differenziert. Einbettung in Euparal. Bild 2 zeigt eine Aufnahme (10x-HC PL Fluotar Objektiv). Die Färbung hat ganz gut funktioniert, der ursprünglich runde Querschnitt ist allerdings komplett verloren gegangen, das passt noch gar nicht.

Wenn man den gefärbten Schnitt https://www.sciencephoto.com/media/576137/view vergleicht, könnte man vermuten, dass im markierten Rechteck Hyphenknäuel zu sehen sind. Etwas untermauert wird diese Vermutung durch das Fluoreszenzbild (Blauanregung), wo die "Knödel" gelb fluoreszieren und sich vom Rest des Gewebes unterschieden. Das Euparal fluoresziert übrigens recht stark, deshalb ist das Fluoreszenzbild etwas unschön geworden.

So ganz habe ich die Sache noch nicht im Griff, wie man sieht. Falls jemand ein paar Tipps zur Präparation hat oder zur Bestimmung der einzelnen Bereiche im Schnitt, bin ich für Hilfe jedenfalls dankbar.

LG

Jürgen

jcs

#64
Ein weiterer Versuch mit der Wurzel vom Fuchs-Knabenkraut (Dactylorhiza fuchsii). Diesmal habe ich vor dem Schneiden einen zusätzlichen Imprägnierungsschritt mit 50%Wasser/50%PEG eingeschoben, um das Zusammenklappen der Struktur zu vermeiden. Das verbessert die Situation schon deutlich, und der Querschnitt der Wurzel bleibt gut erhalten. Zusätzlich habe ich vor dem Färben der 25µm dicken Schnitte mit der Pianese-Färbung gründlcher mit 50% Ethanol gewaschen, das wirkt sich ebenfalls positiv aus.

Der Durchmesser der Wurzel war schon recht klein, das macht die Sache nicht einfacher. Aber die Rhizodermis ist gut erkennbar durch die grüne Färbung, und auch die eingelagerten kugeligen Hyphen der Mykorrhiza sind identifizierbar. Das zentrale Leitbündel ist ebenfalls halbwegs klar dargestellt.

Mit einer etwas dickeren Wurzel könnten die Schnitte schon recht brauchbar werden.

LG

Jürgen

jcs

Kürzlich sind mir im Garten auf zahlreichen Buchenblättern rötlich-grüne Gallen aufgefallen (erstes Bild). Über eine kurze Recherche hat sich der Übeltäter identifizieren lassen, es handelt sich vermutlich um die Buchengallmücke (Mikiola fagi), die im Frühjahr ihre Eier auf den knospenden Buchenblättern ablegt. Die Larven beginnen dann, an den Blättern zu fressen und sondern dabei chemische Stoffe ab, die das Buchenblatt zur Bildung einer Galle anregen.
Im zweiten Bild sieht man eine aufgeschnittene Galle mit der Bewohnerin. Die Larven bevorzugen Einzelzimmer, d.h. jede Galle enthält eine Larve, die sich ernährt, indem sie das Gewebe der Galle von innen frisst. Im Herbst lösen sich die Gallen von den Blättern, und die Larve überwintert am Boden, um im Frühjahr als Insekt zu schlüpfen und eine neue Generation an Eiern abzulegen.


jcs

#66
Eine Galle habe ich in AFE fixiert, dann in 20% PEG-Lösung für 12h und 50%PEG-Lösung für 6h gelagert. Danach wurde in PEG 1500 bei 55°C eingebettet und in weiterer Folge 35µm dicke Schnitte angefertigt. Gefärbt wurden die Schnitte mit Acridinrot (15min)+Acriflavin (15sec)+Astrablau (2min). Nach Eindecken in Euparal habe ich eine Panoramaufnahme mit dem Leica HC PL Fluotar 5x gemacht (erstes Bild). Die Gallenaußenseite ist offenbar stark verholzt, was man auch beim Schneiden merkt.

Das zweite Bild zeigt eine Detailaufnahme, die Sollbruchstelle ist gut erkennbar. Schon erstaunlich, wie die von der Larve abgesonderten Stoffe das Buchenblatt so massiv "umprogrammieren" können.

LG

Jürgen

jcs

Liebes Forum,

nachdem sich die hauseigenen weißen Seerosen (Nymphaea alba) im heurigen Sommer recht üppig ausgebreitet haben (siehe Bild 1), konnte ich ein Exemplar opfern und neben dem Spross auch die Wurzel unters Mikroskop legen.

Sowohl Wurzel als auch Blattstiel wurden in AFE fixiert, danach schrittweise in PEG1500 überführt und eingebettet, und danach am Schlittenmikrotom geschnitten (40µm Dicke). Färbung erfolgte mit Wacker (Acridinrot 10min, Acriflavin 15sec, Astrablau 2min). Das Leben in der "Schwerelosigkeit" führt dazu, dass weder Spross noch Wurzel großen Kräften ausgesetzt sind, d.h. verholzte Bereiche zur Erhöhung der Festigkeit und Steifigkeit braucht es nicht. Vom Acridinrot ist in der Färbung also fast nichts zu sehen.

Blattstiel und noch mehr die Wurzeln sind sehr weich und nicht ganz leicht zu schneiden. Bei der Wurzel (Bild 2) sieht man in der Mitte das Leitbündel, das umgebende Parenchym ist im Wesentlichen nur über einzelne Zellen vernetzt, und ganz perfekte Schnitte habe ich nicht geschafft.

Der Blattstiel ist etwas einfacher zu handhaben, und die Lakunen (verantwortlich für die Sauerstoffversorgung der unter Wasser liegenden Pflanzenorgane) ebenso wie die Leitbündel sind gut erkennbar. Auffällig sind natürlich die Idioblasten, die vor allem im polarisierten Licht (Bild 4, Stack aus 9 Aufnahmen) recht ansprechend aussehen.

LG

Jürgen

jcs

#68
Im "Schonwaschgang" habe ich die sehr weichen Wurzeln der Seerose noch etwas besser hingekommen. Einbettung in PEG 1500 (12h in 20% Peg/80%H2O, dann 12h 50%PEG/50%H2O, dann 8hPEG bei 54°C). Nach dem Schneiden (40µm) in 20%PEG/80%H2O das PEG ausgewaschen, Färbung mit Etzold FCA.

Überblicksaufnahme als Pano mit dem 5x-Objektiv, Detailaufnahme als Stack aus 5 Aufnahmen mit dem 20x-Objektiv.

LG

Jürgen

jcs

So wirklich viel zu tun gibt es im Garten aktuell ja nicht mehr, zum Glück bieten diverse Nadelbäume rund ums Jahr Material für's Mikroskop. Da lässt sich das Schneiden der Nadeln üben, und erste Schritte in die unendlich große Spielwiese der Fluoreszentmikroskopie sind auch möglich. Hier einmal zwei Aufnahmen einer Fichtennadel (Picea), einmal frisch geschnitten und in Wasser eingebettet in Fluoreszenz (Blauanregung, 10x HC PL Fluotar), und einmal mit Acridinrot - Acriflavin - Astrablau gefärbt als Hellfeldaufnahme (ebenfalls mit 10x-Objektiv aufgenommen). Schnittdicke war 35µm bei beiden Proben. Beide Aufnahmen sind Stacks aus ca. 5 Einzelaufnahmen.

LG

Jürgen

jcs

Beim Frühjahrsputz Anfang Juni habe ich im Garten (Abb. 1) ein Großes Zweiblatt (Neottia ovata) entdeckt. Diese unscheinbare Orchidee mit ihren kleinen, grasgrünen Blüten wird gerne übersehen. Die Pflanze ist anspruchslos und wächst in einer Vielzahl von Habitaten. Wie alle Orchideen ist sie dennoch recht selten, und die Schönheit ihrer Blüten erschließt sich erst bei genauerem Hinsehen (Abb. 2). Da die Blütenstände aus einer großen Zahl von Einzelblüten bestehen, habe ich einige abgeschnitten und in Paraffin eingebettet.

Mit dem Schlittenmikrotom wurden dann 10µm dicke Schnitte hergestellt, die ich mit Etzold FCA gefärbt habe. Der "Außerirdische", der danach im Mikroskop (Hellfeldaufnahme, Panorama aus 6 Einzelaufnahmen mit dem 5x-Objektiv) sichtbar wird, ist in Abb. 3 gezeigt. Man erkennt gut den Fruchtkörper FK mit den Samenanlagen, die Narbe NA sowie die Pollen PO. Abb. 4 zeigt dieselbe Aufnahme ohne Anmerkungen.

LG

Jürgen

liftboy

#71
Hallo Jürgen,

es war mir etwas zu blau, da hab ich ein bissel nachgearbeitet.
Wolfgang

http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=785.msg3654#msg3654
LOMO-Service
Das Erstaunen bleibt unverändert- nur unser Mut wächst, das Erstaunliche zu verstehen.
Niels Bohr

jcs

Zitat von: liftboy in September 08, 2022, 15:04:01 NACHMITTAGS
Hallo Jürgen,

es war mir etwas zu blau, da hab ich ein bissel nachgearbeitet.
Wolfgang
Hallo Wolfgang,

danke für Deine Rückmeldung. Mit den Farben ist es in dem Fall so eine Sache, das Rot von Etzold FCA wurde bei den (nicht verholzten) Blütenschnitten recht komplett ausgewaschen. Die Proben sind also weitestgehend blau. Wenn man höher vergrößert, kommt etwas Farbe ins Spiel, einerseits bei den Pollen (Abb. 5), andererseits bei den sich bildenden Samen (Abb. 6). Großes Farbfeuerwerk ist das aber auch noch nicht.

Der Reiz der Bilder liegt für mich eher in der Geometrie der Bilder. Allzu viele Mikro-Aufnahmen von Querschnitten der Zweiblatt-Blüten wird man auch nicht finden, insofern also hoffentlich etwas Neues hier im Forum.

LG

Jürgen