Ein Zeiss-Kondensor am Olympus BX

Begonnen von Marcus_S, Juli 20, 2020, 18:18:17 NACHMITTAGS

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Marcus_S

Moin!

Auch wenn es hier nur ganz wenige BX-ler gibt, die das interessieren könnte...

Der Universalkondensor mit NA 0,9 ist ja durchaus nicht übel, durchaus nicht. Für die hohen Feiertage wünscht man sich gelegentlich aber doch noch einen ordentlichen Hellfeld-Immersionskondensor mit noch mehr Apertur. Neu: wahrscheinlich teuer. Gebrauchtmarkt - pfffffft...

Aber alte Fremdkondensoren gibt es und die auch noch durchaus erschwinglich. Als Bastelobjekt wurde ein achromatisch-aplanatischer Zeiss-Pathologenkondensor mit einer NA 1,4 auserwählt. Sollte für die meisten Anwendungen zuhause gerade eben so reichen.

Nach ausgiebiger Lektüre der Forenbeiträge, die das Hilfslinsengedöns behandeln und der sich daraus ergebenden fast vollständigen Verwirrung, zog ich für mich als Fazit: der Kondensor ohne Hilfslinse will die Leuchtfeldblende im Unendlichen haben.

Prima, damit kann man doch was anfangen, also ausprobiert: ein Zenitprisma aus der Fernrohrkiste auf den Lichtauslaß gestellt, das Beleuchtungsstrahlengangstrahlenbündel also horizontal unter dem Tischträger ausge"prismat" und die Leuchtfeldblende mit einem fest auf unendlich eingestellten Sucherfernrohr scharf gesehen. Dann sicherheitshalber noch mit einem Zettelchen als Schirm in der Wohnung herumgelaufen und in etwa 3 m Entfernung vom Mikroskop ein scharfes Bild der Leuchtfeldblende aufgefangen. Beschluß: das ist einigermaßen unendlich genug.

Einen passenden Gebraucht-Kondensor ergattert und mit dem nötigen Respekt vor dem Nobelteil losgebastelt. Schwalbe abgeschraubt, es trat eine plane Fläche mit einem 38 mm-Zentriersitz zu Tage. Gleich mal die Schräubchen vermessen: Durchmesser 2,55 mm !?! M 2,5 paßt aber auch gut, Steigung stimmt. Und die Schraubenlöcher sind noch dazu mit einer bastlerfreundlichen 120-Grad-Teilung auf dem Befestigungslochkreis angeordnet.

Dann in den Keller, eine Olympus-Schwalbe (gemessen: 60 Grad Flankenwinkel, Höhe Kegelstumpf etwa 7,0 mm, Höhe des zylindrischen Endstücks etwa 1 mm, Durchmesser des zylindrischen Endstücks etwa 46,9 mm, kleinster Durchmesser des Kegelstumpfes, soweit man eben mit dem Meßschieber hinkommt <= 39,8 mm) mit Zeiss-Zentriersitz gedreht. Dieses Adapterstück braucht schon ein paar Millimeter Höhe (hier 16 mm), weil der Verstellweg des Kondensorträgers sonst nicht reicht. Höher ist aber auch nicht gut, weil man sonst den Kondensor nicht mehr in die/aus der runtergedrehten Kondensoraufnahme rein/rausbekommt, dann stößt die Frontlinse an den Tisch an. Das Adapterstück innen etwas ausgedreht, um einen "Befestigungsflansch" für die Kondensorhalteschrauben zu erhalten.

Ins BX eingesetzt. Nun stößt der "Kondensorzusammenhaltebügel" an dem Durchlaß des Tischträgers an. Also den "Kondensorzusammenhaltebügel" mit dem Kondensor auf "halbneun" gedreht. Olympus hat wohl extra zur Aufnahme der Fremdkondensoren im Tischträger vorne links gleich eine Aussparung gelassen, fein! Nun steht aber der Blendenhebel hinten rechts, wo man nicht hinkommt.

Also am Kondensor die drei Schräubchen, die die Aperturblende halten, vorsichtig gelöst und die ganze Blendenmechanik gedreht, so daß der Hebel nach vorne zeigt. Schräubchen wieder zart festgezogen.

Eingebaut, ausprobiert, nun stößt aber dummerweise der Aperturblendenhebel vor Erreichen der korrekten Kondensorhöhe am Tischträger an. Bis hierher waren alle Eingriffe am Kondensor problemlos rückgängig zu machen. Und nun? Den Umbau aufgeben, den Hebel absägen gar? Niemals! Nach dem Blättern in den Fotos eines Gebrauchthändlers habe ich beschlossen: zart nach unten gebogen darf der Hebel sein, und zwar so, daß er so gerade eben innen an dem Tischträger vorbeikommt. Ich bin sicher, das entweiht den Kondensor nicht.

Nur: dafür den Kondensor zerlegen? Alle Blendenlamellen raus? Denn den Kondensor in den Schraubstock und dann mit der Rohrzange am Hebel - das geht ja auch nicht. Also aus einem Reststück eine Biegegabel gefräst, die, mit einer dünnen Anti-Kratz-Papierbeilage, den Blendenhebel stramm einfaßt. So kann man, die Biegegabel im Schraubstock, den Hebel mit zarter Kraft in die Gabel eindrücken, immer mit der anderen Hand den Kondensor locker unterstützend halten und dann mit der nun freiwerdenden ersten Hand mit einem Holzklotz den Blendenhebel auf der ganzen Länge um die Kanten der Biegegabel herumbiegen, ohne daß nennenswerte Kräfte auf den Kondensor und seine Blendenmechanik wirken. Und so bekommt man einen recht scharfen Knick im Hebel.

Zusammengeschraubt, Sitzprobe - paßt. Um Haaresbreite. Der Aperturbereich reicht nun etwa von 1,3 bis 0,3, der Kondensor leuchtet auch das 10er visuell homogen und vollständig aus, das 5er aber nicht mehr. Auch beim Blick in den Tubus sind alle Objektive > 10x gut ausgeleuchtet. Die Leuchtfeldblende erscheint (unimmergiert) mit einem zart orangen Farbsaum, aber schön scharf. Mit Glycerin immergiert tut's der Kondensor noch besser: farbrein bleibt er, das unimmergiert bei höheren Objektivaperturen etwas verschleierte/"vergeisterte" Bild der LFB wird nun schärfer, ein leichter "Schleier" außenherum bleibt aber.

Nun noch die (zurechtgedrehte) Aperturblende vorsichtig ein wenig nachzentriert und einen Positionierstift an der Olympus-Schwalbenseite (geht aber notfalls auch ohne) angebastelt. Einen Blendenschieberschlitz eingesägt und von dem Ensemble ein Bildchen gemacht. Und schließlich das Innenleben des Adapters mit ein wenig schwarzer Abtönfarbe ausgepinselt und eine kleinen Halbmond-Schräglicht-Einsteckblende aus Messingblech zurechtgefeilt.

Und dann kam das Unvermeidliche: an dem Kieselalgenpräparat unbekannter Herkunft mit einem leider nur Plan100xPh3/1,25 (mit H-beta-Blaufilter) ausprobiert und im direkten Kondensorvergleich (den Zeiss-Kondensor mit Glycerin immergiert) im geraden Hellfeld ein Bildchen gemacht: ich finde, das funktioniert prima. Und der Unterschied zur Apertur von 0,9 ist mindestens erahnbar. Aber auch der Trockenkondensor schlägt sich doch ganz wacker. Und auch die eingestöpselte Messingblende zeigt die erwünschte Wirkung. Fazit: ein leckeres neues Spielzeug, hat für mich die Bastelei definitiv gelohnt.

Was nicht ganz so prima funktioniert: ich habe das mit dem Kondensorhöhenanschlag übersehen. Die Kondensorfrontlinse kann nun bis über die Tischoberfläche durch die Bohrung durchtauchen und das Präparat anheben, so daß der Arm des Objektführers... schwupps... Egal, das laß ich so, mit immergiertem Kondensor muß man eh vorsichtig rumzirkeln.

Nächstes Projekt: dazu ein paar mehr Einschub-Blenden zurechtfummeln.

Nun brauche ich für den 1,4er Kondensor nur noch ein angemessenes Objektiv...


Fröhliches Nachbasteln!


Viele Grüße von

Marcus




Marcus_S

P. S.

Ach so, ein paar Bildchen mit der schrägen Beleuchtung mit der Einsteck-Halbmondblende kann ich eigentlich noch nachlegen.

Alle mit dem glycerinimmergierten Zeiss-Kondensor, Plan100xPh3, H-Beta-Filter, ASI178MM. Was ich da eigentlich geknipst habe, das weiß ich nicht. Mag aber den Effekt der Blende trotzdem illustrieren. Und nicht so sehr schimpfen, es ist eben nur ein Planachromat.

Die Bilder sind Ausschnitte von Einzelbildern (keine Stacks) und nur im Kontrast verhübscht, ansonsten völlig unbearbeitet. Das dritte ist aber in der Größe auf 50% heruntergerechnet.


Nochmal Grüße von

Marcus

TPL

Hallo Marcus,

Glückwunsch! Es freut mich sehr zu sehen und zu lesen, was Du aus diesem kleinen Kondensor herausgeholt hast.

Weiterhin viel Erfolg!
Thomas

Marcus_S

Moin Thomas,

dankeschön für die Blumen! Der Kondensor ist durchaus annehmbar. Und seit gestern kann der, wenn immergiert, auch sowas Ähnliches wie Dunkelfeld bis etwa N.A. 0,75. Zwar noch mit einer Pappblende (noch...), aber immerhin.

Viele Grüße von

Marcus