HISTOLOGIE: Chronische Pankreatitis

Begonnen von Florian Stellmacher, November 22, 2009, 13:06:00 NACHMITTAGS

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Florian Stellmacher

Liebe Freunde der Histologie,

der Vollständigkeit halber sei die chronische Pankreatitis nachgetragen.

Die chronische Entzündung der Bauchspeicheldrüse ist in den meisten Fällen alkoholbedingt und fällt dem Betroffenen kaum auf. Hierbei kommt es nicht wie bei der akuten Pankreatitis zu einem plötzlichen, fulminanten Verlauf, sondern die Entzündung verläuft stetig oder in Schüben über längere Zeit hinweg. Als Resultat kommt es zu einer Vernarbung – medizinisch Fibrose – des Pancreas.
Das, was wir allgemein als Narbe ansehen, ist ein Gewebe, das aus Kollagenfasern besteht. Diese werden von Bindegewebszellen, den Fibroblasen, gebildet, die zuerst in größerer Zahl vorliegen, im Verlauf aber weniger werden, bis zum Schluss wenige reife Zellen, die Fibrozyen, in faserreichem Narbengewebe übrig bleiben.
Auch im Pancreas kommt es zu einer Vermehrung von Kollagenfasern, einer Fibrose. Das resultierende Bild nennt man dann Fibrosis pancreatis. Die bei dieser Entzündungsform vorherrschenden Entzündungszellen sind nicht die neutrophilen Granulozyten, die für die akute Entzündung charakteristisch sind, sondern Lymphozyten sowie einige Plasmazellen.

Bild 1
Bereits makroskopisch fällt auf, dass das typische gelbliche Pancreasparenchym nicht mehr erkennbar ist; stattdessen findet sich weißes Bindegewebe, das an der hier gezeigten Stelle besonders solide erscheint.



Bild 2
So sollte Pancreas aussehen, wenn man den Anatomen Glauben schenken möchte! Allerdings stammt dieser Schnitt aus einem Lehrkasten der Anatomie, und ich bezweifle sehr, dass das Gewebe tatsächlich vom Mensche stammt. So wenig Bindegewebe wäre sicherlich einzigartig. Das hier gezeigte Präparat wurde nach Masson-Goldner gefärbt. Diese Färbung ist eine histopathologische Routinefärbung (analog zur Van Gieson-Färbung) und stellt Kollagenfasern grün dar.
MG, Zeiss Plan Neofluar 20x



Bilder 3 und 4
Hier sieht man im Vergleich die pathologischen Gewebsveränderungen bei einer chronischen Pankreatitis. Die grün gefärbten Kollagenfasern sind stark vermehrt, z.T. haben sich breite dicke Bündel und Septen ausgebildet, in denen einzelne Lymphozyten (kleine blaue Kugeln) liegen. Die einzelnen Drüsenacini sind von Bindegewebe regelrecht eingescheidet. Im linken unteren Bildanteil ist eine Langerhans'sche Insel mit erfasst.
Jeweils M-G, Zeiss Plan Neofluar 10x





Dann vielleicht sogar auch noch interessant.

Herzliche Grüße,
Florian
Vorwiegende Arbeitsmikroskope:
Zeiss Axioskop 2
Olympus BHS (DL, Pol, Multidiskussionseinrichtung)
Zeiss Axiophot (DIK und AL-Fluoreszenz)
Zeiss Axiovert (Fluoreszenz)
Wild M400 Fotomakroskop (DL, DF, AL, Pol)

Druse

Hallo Florian,

vielen Dank für die Doku und die gute Erklärung. Der Vergleich akute und chronische Pancreatitis ist sehr interessant. Das Fatale bei der chronischen ist wohl, dass der Betroffene die Entzündung häufig nicht bemerkt, wie Du auch schriebst. Viele denken sicher zuerst an die Leber, wenn es um Organschädigung durch Alkohol geht.
Wie groß ist die Gefahr der Carcinom-Entstehung?

Herzliche Grüße
Mila




Florian Stellmacher

#2
Hallo Mila,

ja, die chronische Pankreatitis erhöht das Risiko, an einem Pankreaskarzinom zu erkranken, jedoch wohl nur in gerigem Umfang. Hierbei spielen die Folgen des Alkohols (Lebezirrhose) und des Rauchens (dirkter Einfluss auf das Pankreaskarzinom) sowie Übergewicht (offenbar ebenso ein direkter Einfluss) eine größere Rolle.

Villeicht guckst Du mal in die abstracts zu diesen beiden reviews:

Welsch T et al.: Update on pancreatic cancer and alcohol-associated risk, J Gastroenterol Hepatol. 2006 Oct;21 Suppl 3:S69-75
http://preview.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/16958677?itool=EntrezSystem2.PEntrez.Pubmed.Pubmed_ResultsPanel.Pubmed_RVDocSum&ordinalpos=34

Go VL et al.: Alcohol and pancreatic cancer, Alcohol. 2005 Apr;35(3):205-11
http://preview.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/16054982?itool=EntrezSystem2.PEntrez.Pubmed.Pubmed_ResultsPanel.Pubmed_RVDocSum&ordinalpos=30

Herzliche Grüße,
Florian
Vorwiegende Arbeitsmikroskope:
Zeiss Axioskop 2
Olympus BHS (DL, Pol, Multidiskussionseinrichtung)
Zeiss Axiophot (DIK und AL-Fluoreszenz)
Zeiss Axiovert (Fluoreszenz)
Wild M400 Fotomakroskop (DL, DF, AL, Pol)

reblaus

Hallo -

laut F.H. Franken (1986) litt bereits Beethoven an einer alkoholbedingten chronischen Pankreatitis. Gestorben sei er dann letzten Endes an einer Leberzirrhose.
Sein Alkoholkonsum ist u.a. durch die Lieferantenrechnungen gut belegt, noch auf dem Totenbett hat er eine kräftige Portion Punsch-Eis zu sich genommen.

Gruß
Rolf

Druse

Hallo Florian,

vielen Dank für die interessanten links; ich denke, das Thema ist viel zu unbekannt, gut, dass Du uns hier aufklärst.

Und an alle Grüße aus Beethovens Geburtsstadt :)

Mila

Bernhard Lebeda

ZitatSein Alkoholkonsum ist u.a. durch die Lieferantenrechnungen gut belegt, noch auf dem Totenbett hat er eine kräftige Portion Punsch-Eis zu sich genommen.

Hallo Rolf

entschuldigung für das O.T.: hast dazu eine Quellenangabe? Das hör ich zum ersten Mal!


@Mila

Zitat
Und an alle Grüße aus Beethovens Geburtsstadt Smiley

geboren ist er ja bekanntlich in der Bonngasse, aufgewachsen aber in der Rheingasse. Ich meine die Adresse kommt uns Mikroskopikern irgendwie bekannt vor  ;)


Viele Grüsse

Bernhard
Ich bevorzuge das "DU"

Vorstellung

reblaus

Hallo Bernhard,

Zitat: Franken, F.H. (1986): Die Krankheiten großer Komponisten. Band 1: Haydn, Beethoven, Bellini, Mendelsson, Chopin, Schumann. Florian Noetzel Verlag Wilhelmshaven.

Es gibt weitere 3 Bände (Taschenbücher), je ca. 300 S. Die beiden letzten habe ich mir gerade bestellt.

Man muss bei solchen Büchern vorsichtig sein, insbesondere, wenn es sich um "anrüchige" Dinge wie Alkohol oder Treponema pallida handelt und der Komponist eine wichtige Symbolgestalt für ein Land ist, aber die Angaben von Herrn Franken (Medizinhistoriker ?) scheinen mir vertrauenswürdig.

Gruß
Rolf

Peter V.

Zitat von: Bernhard Lebeda in November 22, 2009, 20:47:08 NACHMITTAGS
ZitatSein Alkoholkonsum ist u.a. durch die Lieferantenrechnungen gut belegt, noch auf dem Totenbett hat er eine kräftige Portion Punsch-Eis zu sich genommen.

Hallo Rolf

entschuldigung für das O.T.: hast dazu eine Quellenangabe? Das hör ich zum ersten Mal!


@Mila

Zitat
Und an alle Grüße aus Beethovens Geburtsstadt Smiley

geboren ist er ja bekanntlich in der Bonngasse, aufgewachsen aber in der Rheingasse. Ich meine die Adresse kommt uns Mikroskopikern irgendwie bekannt vor  ;)


Viele Grüsse

Bernhard

Lieber Bernhard,

auch die Wikipedia weiß von Beethovens Trunksucht und Leberzirrhose zu berichten. Ja,ja, Euch Musiküssen wurde natürlich wieder nur beigebracht, dass der arme Mann quasi als Berufskrankheit ertaubt war. Dass der frühere Nachbar von Herrn Jülich  ;D  auch eine Schnapsdrossel war, ja, darüber wurde wohl das Mäntelchen des Schweigens gedeckt... :D

Herzliche Grüße
Peter
Dieses Post wurde CO2-neutral erstellt und ist vegan. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

Bernhard Lebeda

Zitat von: Peter Voigt in November 22, 2009, 21:36:47 NACHMITTAGS


auch die Wikipedia weiß von Beethovens Trunksucht und Leberzirrhose zu berichten. Ja,ja, Euch Musiküssen wurde natürlich wieder nur beigebracht, dass der arme Mann quasi als Berufskrankheit ertaubt war. Dass der frühere Nachbar von Herrn Jülich  ;D  auch eine Schnapsdrossel war, ja, darüber wurde wohl das Mäntelchen des Schweigens gedeckt... :D




Nee,nee, Peter, das mit der Leberzirrhose ist schon klar, der Eis Punsch auf dem Totenbett war mir neu. Über die Ertaubung wird meines Wissens auch noch gerätselt, man vermutet eine verschleppte Mittelohrentzündung in der Kindheit. Da er ja kein Orchestermusiker war, kann man Berufskrankheit wohl ausschliessen.


Tschüss

Bernhard
Ich bevorzuge das "DU"

Vorstellung

Jürgen Boschert

Hallo Bernhard,

soweit ich weiß, hat der Meister an Othosklerose gelitten. S. auch folgenden Link:

http://de.wikipedia.org/wiki/Otosklerose

Gruß !

JB
Beste Grüße !

JB

reblaus

Hallo Bernhard,

immerhin war B. in seiner Jugend auch als Bratscher im Hoforchester tätig und da soll ja Schwerhörigkeit nicht schaden.
Aber im Ernst: Während Leber- und Pankreasstatus gut belegt sind lässt sich über die Taubheit Bs. nur spekulieren.

Gruß
Rolf