Botanik: Ginkgo (Ginkgo biloba) – Samen, Querschnitt *

Begonnen von Hans-Jürgen Koch, Juli 13, 2020, 16:18:49 NACHMITTAGS

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Hans-Jürgen Koch

Liebe Pflanzenfreunde,

der Ginkgobaum wird oft als "lebendes Fossil" bezeichnet. Versteinerungen belegen, dass nahe Verwandte des heutigen Ginkgos bereits vor 300 Millionen Jahren vorkamen. Seine Vitalität ist legendär! Die ältesten Ginkgos wachsen in China. Sie sollen 4000 Jahre alt sein!
Seine bei uns immer grösser werdende Popularität verdankt der Mädchenhaarbaum (Ginkgo biloba) sicherlich auch seiner Robustheit. Obwohl sein "Bauplan" mehrere hundert Millionen Jahre alt ist, scheint er sich in unserer heutigen Zeit weitaus besser zu Recht zu finden als entwicklungsgeschichtlich wesentlich jüngere Pflanzen.
Nicht alle Ginkgobäume tragen Früchte, denn es gibt männliche und weibliche Bäume.

Bild 01 Männliche Blütenstände Ginkgo Ginkgo biloba

Urheber: Sten at da.wikipedia

Bild 02 Weibliche Blütenstände Ginkgo (Ginkgo biloba)

Urheber: Marcin Kolasiński

Der männliche Ginkgo trägt kätzchenförmige Blüten, der weibliche dagegen sehr kleine unscheinbare.
Nach der Blütezeit entwickeln sich nur aus den befruchteten weiblichen Blüten die mirabellenähnlichen ,,Früchte".
Dafür ist jedoch ein geschlechtsreifer männlicher Ginkgobaum in der Nähe erforderlich, ohne diesen ist eine Befruchtung nicht möglich.
Bevor ein Ginkgo zum ersten Mal blüht geht sehr viel Zeit ins Land. Er wird nämlich erst mit etwa 20 bis 35 Jahren geschlechtsreif. An einem jungen Ginkgo werden sie also vergeblich nach Blüten oder ,,Früchten" suchen.
Der Ginkgo ist zweihäusig, das bedeutet, es gibt rein männliche und rein weibliche Bäume. Der weibliche Ginkgo bildet ab einem gewissen Alter im Herbst grünlich-gelbe, fruchtähnliche Samenstände aus, die in reifem Zustand sehr unangenehm riechen, um nicht zu sagen, zum Himmel stinken. Das liegt an den enthaltenen Samen, die Capron-, Valerian- und vor allem Buttersäure in sich tragen. Der Geruch erinnert an Erbrochenes ? Verwesungsgestank ? – da gibt es nichts zu beschönigen.
Aber nur so glückt der nun folgende Befruchtungsvorgang des Ginkgos, der äußerst komplex und in der Natur nahezu einzigartig ist. Aus den Pollen, die durch Windbestäubung verbreitet werden, entwickeln sich sogenannte Spermatozoiden. Diese frei beweglichen Spermazellen suchen sich aktiv – und nicht zuletzt geleitet durch den Gestank – ihren Weg zu den weiblichen Samenanlagen. Und die befinden sich, wie bereits erwähnt, in den reifen, meist aufgeplatzten und auf dem Boden unter dem Baum liegenden weiblichen ,,Früchten".
Der Embryo ist dabei von einer dünnen Innenschicht, einer verholzten Mittelschicht und eine harten Samenschale umgeben. Die Samenschale ist zunächst grün, mit dem ersten Frösten verfärbt sie sich gelb und fällt schließlich ab.

Bild 03 Samen, Ginkgo Ginkgo biloba

Urheber: Genet
Die ,,Früchte" des Ginkgos Sie sind rundlich, etwa zwei bis drei Zentimeter lang und anderthalb bis zweieinhalb Zentimeter breit. Bis zur Reifung im Herbst ist die äußere Schale grünlich. Bevor die ,,Frucht" vom Baum fällt, färbt sie sich gelb. Der Zeitpunkt dafür ist erheblich von der herrschenden Temperatur abhängig.
Im Jahre 1815 schrieb Johann Wolfgang von Goethe (28.8.1749 – 22.3.1832) das berühmte Ginkgo-Gedicht. Seit dieser Zeit wurde es immer wieder der veränderten Sprache angepasst. Das hier ist die Originalfassung von Goethe, welche er mit zwei getrockneten Ginkgo-Blättern geschmückt hat.
GINKGO BILOBA

Dieses Baumes Blatt, der von Osten
Meinem Garten anvertraut,
Gibt geheimen Sinn zu kosten,
Wie ,s den Wissenden erbaut.
Ist es ein lebendig Wesen,
Das sich in sich selbst getrennt?
Sind es zwei, die sich erlesen,
Dass man sie als eines kennt?
Solche Fragen zu erwidern
Fand ich wohl den rechten Sinn.
Fühlst du nicht an meinen Liedern,
Dass ich eins und doppelt bin ?

Zunächst einmal sollte klargestellt werden, dass die Ginkgo Frucht gar keine Frucht im eigentlichen Sinne ist.
Botanisch gesehen ist sie ein Samen.
Dies liegt daran, dass es sich bei dem Ginkgo genau wie bei der Eibe um einen sogenannten Nacktsamer handelt. Es würde auch niemand auf die Idee kommen, die roten Eiben-Samen als Früchte zu bezeichnen. Da die Samen des Ginkgos jedoch optisch sehr an Mirabellen erinnern, ist die Assoziation mit Früchten nachvollziehbar.

Systematik:
Unterabteilung:   Samenpflanzen (Spermatophytina)
Klasse:   Ginkgopflanzen (Ginkgoopsida)
Ordnung:   Ginkgoales
Familie:   Ginkgogewächse
Gattung:   Ginkgo
Art:   Ginkgo
Wissenschaftlicher Name der Familie: Ginkgoaceae
Wissenschaftlicher Name der Gattung: Ginkgo
Wissenschaftlicher Name der Art: Ginkgo biloba
Travialnamen: Fächerblattbaum, Goethebaum, Mädchenhaarbaum und Elefantenohrbaum
Englischer Name: Maidenhair Tree

Samen, Querschnitt, 25 µm

Bild 04 angeschnittene Samen auf einen Holzklotz geklebt und in einem Probenhalter eingespannt.


Bild 05 Schnitte in einer Petrischale, Ginkgobaum Ginkgo biloba

Die Schnitte haben einen Durchmesser von ca.1,5 cm, da sie leicht zusammenklappen habe ich sie auf einem Objektträger gefärbt.
Die Tüpfelschale ist hier ungeeignet.

Bild 06 Färbung auf dem Objektträger.


Bild 07 Färbung auf dem Objektträger.


Bild 08 Aufnahme mit Novoflex MACRO- STAND


W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau) modifiziert

Arbeitsablauf :
1. Probe liegt in 30 % Ethanol.
2. Aqua dest. 3x wechseln je 1 Minute.
3. Vorfärbung Acridinrotlösung 8 Min.
4. 1x auswaschen mit Aqua dest. .
5. Acriflavinlösung (differenzieren bis gerade keine Farbwolken mehr abgehen - Lupenkontrolle) ca. 15 Sekunden !!!.
6. 2 x auswaschen mit Aqua dest..
7. Nachfärbung Astrablaulösung 2 Minute.
Bei der Nachfärbung mit Astrablau eine Mischung aus Astrablau und Acriflavin im Verhältnis 4 : 1 verwendet (blau + gelb = grün).
8. Auswaschen mit Aqua dest. bis keine Farbstoffreste auf dem Objektträger verbleiben.
9. Entwässern mit 2x gewechseltem Isopropylalkohol ( 99,9 % )
10. Einschluss in Euparal.
Ergebnis :
Zellwände blaugrün bis grün, verholzte Zellwände leuchtend rot, Zellwände der äußeren Hypodermis orangerot, Cuticula gelb, Zellwände der innenliegenden Hypodermis tiefrot.
Fotos: Nikon D5000.

Bild 09 Übersicht, Ginkgobaum Ginkgo biloba


Bild 10 Übersicht, Negativaufnahme, Ginkgobaum Ginkgo biloba


Bild 11 Detailaufnahme, Ginkgobaum Ginkgo biloba


Bild 12 Detailaufnahme, Ginkgobaum Ginkgo biloba


Bild 13 Detailaufnahme, Ginkgobaum Ginkgo biloba


Bild 14, Detailaufnahme, Ginkgobaum Ginkgo biloba


Bild 15 Detailaufnahme, Ginkgobaum Ginkgo biloba


Bild 16 Detailaufnahme, Abschlussgewebe Innenkante Hohlaum, Ginkgobaum Ginkgo biloba


Bild 17 Detailaufnahme, Ginkgobaum Ginkgo biloba


Bild 18 Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Ginkgobaum Ginkgo biloba

Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz iLED 455 nm
LED Modul 455 nm
Reflektormodul FL mit Filtersatz 67
Erregerfilter: BP 470 nm
Strahlenteiler: FT 477 nm
Emission (Sperrfilter): LP 485

Bild 19 Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Ginkgobaum Ginkgo biloba


Bild 20 Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Ginkgobaum Ginkgo biloba


Bild 21 Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Ginkgobaum Ginkgo biloba


Link zu meinem Beitrag vom Ginkgobaum vom August 2019
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34819.0


Quellen und weiterführende Informationen:

Wikipedia
,,Bäume", ISBN: 3-7742-1016-0
,,Das Taschenlexikon der Gehölze", ISBN: 978-3-494-01448-7
,,Gehölzbiologie", ISBN: 978-3-494-01547-7
,,Kosmos-Baumführer", ISBN: 978-3-440-11741-5
,,Lexikon der Baum- und Straucharten", ISBN: 978-3-86820-123-9
,,Pflanzen und Tiere in Deutschlands", 1985
Die Informationen für Beschreibungen werden von mir selbst aus verschiedenen Quellen zusammengetragen. Dabei benutze ich sowohl Bücher als auch Internet Quellen. Texte werden anschließend individuell von mir selbst verfasst.
Sollte ich ein Copyright © verletzt haben, so geschieht dies nicht mit Absicht. Bitte schicke mir ein E-Mail, wenn es der Fall sein soll.
Für konstruktive Kritik bin ich ebenso offen wie für lobende Worte.

Gruß
Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

Fahrenheit

Guten Morgen Hans-Jürgen,

interessante Schnitte, die Du uns da zeigst. Besonders die vielen Sekretdrüsen sind sehr auffällig.

Natürlich habe ich den Thread gelistet.

Herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

wejo

Hallo Hans-Jürgen,
ein sehr interessanter und ausführlicher Beitrag! Danke für die Arbeit und das Zeigen!
Viele Grüße
Werner

Hans-Jürgen Koch

Hallo Werner,

danke für dein Interesse und die netten Worte.

Gruß
Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

jcs

Hallo Hans-Jürgen,

wieder eine schöne Dokumentation dieses "Pflanzendinosauriers". Auch die Infos zu Deinen Arbeitstechniken finde ich immer interessant und hilfreich.

Jürgen

Hans-Jürgen Koch

Hallo Jürgen,

danke für deine Rückmeldung.

Gruß
Hans-Jürgen
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Rawfoto

Guten Morgen Hans-Jürgen

Ich lese diesen Beitrag jetzt schon ein paar Mal und entdecke immer neue Details👍

Zuerst ist mir ein alter Bekannter von Novoflex aufgefallen, heute dein mechanischer Teil für die Färbung am Objektträger, da muss ich auch einmal ran ...

Danke und liebe Grüße

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

Hans-Jürgen Koch

Hallo Gerhard,

die Novoflex Teile sind super gebaut, ob man sie heute noch neu kaufen kann ich nicht sagen.

Gruß
Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

Rawfoto

Guten Abend

Ich habe von Novoflex auch eine Sammlung von Teilen der letzen 40 Jahre, die letzte Lieferung ist vergangene Woche gekommen. Balgengerät und Makrostand gibt es noch . 
Liebe Grüße

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...