Botanik: Europäische Lärche Larix decidua, (syn.: Larix europaea DC) *

Begonnen von Hans-Jürgen Koch, Juli 27, 2020, 09:19:51 VORMITTAG

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Hans-Jürgen Koch

Liebe Pflanzenfreunde,

von den forstlich angebauten Nadelwäldern sind mir die Lärchenwälder die liebsten.

Bild 01 Habitus der Europäischen Lärche Larix decidua

Urheber: Antony.sorrento in der Wikipedia auf Französisch

Dies muss wohl daran liegen, dass der Rhythmus der Jahreszeiten bei ihnen deutlich zum Ausdruck kommt als bei den Immergrünen.
Da die Lärchen ihre Nadeln abwerfen, kann sich unter ihnen eine reiche Boden Flora und Fauna entwickeln, die Jahr für Jahr ihren Beitrag zur Fruchtbarkeit des Waldes leistet.
Die abgefallenen Nadeln zersetzen sich nur langsam und tragen zur Bodenversauerung bei, weshalb Rasenflächen unter Lärchen in Parks oft große Lücken aufweisen.
Die Lärche ist eine der wuchsfreudigsten Bäume und ohne Zweifel die Art, die am Schnellsten stabiles und hartes Holz fast eichenähnlicher Güte produziert.
Die Gattung der Lärchen, Larix, umfasst 10 Arten, die in den kälteren Regionen der nördlichen Halbkugel beheimatet sind.
In Nordamerika gibt es drei große, voneinander abgetrennte Verbreitungsgebiete, in Asien umfasst das größte Areal fast ganz Sibirien; kleinere Verbreitungsgebiete sind im östlichen Himalaya, in Westchina und der Mandschurei, in Korea, Japan, auf den Kurilleninseln (zu Russland gehörig) und auf Sachalin (Insel in Russland) zu finde.
Larix decidua war 1620 aus den Alpen, wo sie neben der Rottanne der häufigste Nadelbaum ist, nach England gebracht. Der 4. Herzog von Athloll war von den Lärchen so begeistert, dass er nicht weniger als 17 Millionen pflanzte. Überall auf den Britischen Inseln folgte man seinem Beispiel, so dass die Lärche Mitte des 19.Jahrhunderts der meistgepflanzte Baum war. Als dann eine Blattlaus an den Lärchen Geschmack fand, waren die Folgen katastrophal.

Bild 02 Spross, Europäischen Lärche Larix decidua

Foto: H.-J_Koch
Es gibt Lang- und Kurztriebe. Erstere haben einzelnstehende, spiralig angeordnete Nadeln, ihre Rinde ist gelb. Die Kurztriebe sind graubraun und haben gut erkennbare Jahresringe. An den Kurztrieben sind die Nadeln in Büscheln angeordnet (bis zu 40 Stück). Die Kurztriebe sterben nach wenigen Jahren ab und bleiben dann als trockene Höcker am Zweig.

Bild 03 Kurztrieb mit Nadelblätter, Europäischen Lärche Larix decidua

Foto: H.-J_Koch

Im Frühjahr sprießen an den kahlen Lärchenzweigen rosettenartige Büschel hellgrüner Nadeln an Kurztrieben.
Lärchen können eine Höhe bis zu 60 Metern erreichen mit einem Stammdurchmesser bis 2,2 Meter. Die Rinde ist graubraun, anfangs glatt, später rissig und in größeren rosabraunen Platten aufgelöst.
Das langlebige Holz widersteht Pilzen, Chemikalien und Wasser. In den Alpen sind viele Häuser aus Lärchenholz gebaut.

Systematik:
Unterabteilung: Samenpflanzen (Spermatophytina)
Klasse: Coniferopsida
Ordnung: Koniferen (Coniferales)
Familie: Kieferngewächse (Pinaceae)
Unterfamilie: Laricoideae
Gattung: Europäische Lärche
Wissenschaftlicher Name: Larix decidua
Englische Bezeichnung: European larch

Der lat. Name ,,Larix" ist auf den deutschen Namen Lärche zurückzuführen. Möglicherweise beruht er auf der indogermanischen Bezeichnung ,,deru" = Baum (gallisch ,,darix").
Es gibt wohl auch einen Zusammenhang mit dem lat. Wort ,,lacrima" = Träne wegen tränenartiger Tropfen des Harzes, das schon von den Römern genutzt wurde (Venezianisches Terpentin).
Venetianisches Terpentin ist in früheren Jahrhunderten häufig als Harzkomponente in Firnissen verwendet worden.

Bild 04 Illustration, Europäische Lärche Larix decidua

Quelle: Thomé - Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz, Band 1, 2. Auflage, Flora von Deutschland, 1903; Aus: BioLib.de unter GFDL

Bildbeschreibung:
A und B - blühende und fruchtende Zweige
1 - männliche Blüte
2 - und 3 Staubblätter
4 - weiblicher Blütenzapfen
5 - desgleichen der Länge nach durchschnitten
6 - Fruchtschuppe von innen, mit den beiden Samenanlagen
7 - reife Fruchtschuppe von außen, nebst ihrer Deckschuppe
8 - reife Fruchtschuppe von innen, mit den beiden Samen
9 - Same nebst Flügel, der Länge nach durchschnitten
10 - ganze Samen.
Zum Teil vergrößert.

Bild 05 Schnittstelle, Europäischen Lärche Larix decidua

Foto: H.-J_Koch
Die Rinde ist grau oder rötlich-grau bis rotbraun, feinrissig, schuppig bis, bei alten Bäumen, lief gefurcht und gerbstoffreich.

Bild 06 Pflanzenprobe im Probenhalter eingespannt.


4-jähriger Spross, Querschnitt, 25 µm

5 Fotos von ungefärbten Schnitten.

Bild 07 Detailaufnahme, Europäischen Lärche Larix decidua


Bild 08 Detailaufnahme, Europäischen Lärche Larix decidua


Bild 09 Übersicht, Primärfluoreszenz, Europäischen Lärche Larix decidua

Auflicht Beleuchtung Fluoreszenz iLED 455 nm, LED Modul 455 nm

Bild 10 Detailaufnahme, Primärfluoreszenz, Europäischen Lärche Larix decidua

Auflicht Beleuchtung Fluoreszenz iLED 455 nm, LED Modul 455 nm

Bild 11 Detailaufnahme, Primärfluoreszenz, Europäischen Lärche Larix decidua

Auflicht Beleuchtung Fluoreszenz iLED 455 nm, LED Modul 455 nm

W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau) modifiziert

Arbeitsablauf :
1. Probe liegt in 30 % Ethanol.
2. Aqua dest. 3x wechseln je 1 Minute.
3. Vorfärbung Acridinrotlösung 8 Min.
4. 1x auswaschen mit Aqua dest. .
5. Acriflavinlösung (differenzieren bis gerade keine Farbwolken mehr abgehen - Lupenkontrolle) ca. 15 Sekunden !!!.
6. 2 x auswaschen mit Aqua dest..
7. Nachfärbung Astrablaulösung 2 Minute.
Bei der Nachfärbung mit Astrablau eine Mischung aus Astrablau und Acriflavin im Verhältnis 4 : 1 verwendet (blau + gelb = grün).
8. Auswaschen mit Aqua dest. bis keine Farbstoffreste verbleiben.
9. Entwässern mit 2x gewechseltem Isopropylalkohol ( 99,9 % )
10. Einschluss in Euparal.

Ergebnis :
Zellwände blaugrün bis grün, verholzte Zellwände leuchtend rot, Zellwände der äußeren Hypodermis orangerot, Cuticula gelb, Zellwände der innenliegenden Hypodermis tiefrot.
Fotos: Nikon D5000.

Bild 12 Übersicht, Europäischen Lärche Larix decidua


Bild 13 Übersicht, Negativaufnahme, Europäischen Lärche Larix decidua


Bild 14 Detailaufnahme mit Beschriftung, Europäischen Lärche Larix decidua

PH = Phloem, RP = Rindenparenchym, XY = Xylem, ST = Strahl, JRG 1-4 = Jahresringgrenze 1 – 4 Jahre, MP = Markparenchym

Bild 15 Detailaufnahme, Europäischen Lärche Larix decidua


Bild 16 Detailaufnahme, Europäischen Lärche Larix decidua


Bild 17 Detailaufnahme, Xylem, Europäischen Lärche Larix decidua


Bild 18 Detailaufnahme mi Beschriftung, Europäischen Lärche Larix decidua

K = Kambium, PH = Phloem

Bild 19 Detailaufnahme, Dunkelfeld, Europäischen Lärche Larix decidua


Bild 20 Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Europäischen Lärche Larix decidua

Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz iLED 455 nm
LED Modul 455 nm
Reflektormodul FL mit Filtersatz 67
Erregerfilter: BP 470 nm
Strahlenteiler: FT 477 nm
Emission (Sperrfilter): LP 485

Bild 21 Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Europäischen Lärche Larix decidua


Bild 22 Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Europäischen Lärche Larix decidua


Bild 23 Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Europäischen Lärche Larix decidua


Link zur Dahurischen Lärche:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=16281.0

Quellen und weiterführende Informationen
:
Wikipedia
Bachofer, Mayer ,,Der Kosmos Baumführer", ISBN: 978-3-440-14660-6
Hugh Johnson ,,Das große Buch der Bäume", ISBN: 3444 101538
Egon Schuhmacher ,,Wunderwelt der Bäume", ISBN: 3-570-1567-X
P. Schütt ,, Lexikon der Baum- und Straucharten", ISBN: 978-3-86820-123-9
,,Das Kosmosbuch der Bäume", ISBN: 3-440-04898-5
,,Bäume", ISBN: 3-7742-1016-0
,,Das Taschenlexikon der Gehölze", ISBN: 978-3-494-01448-7
,,Gehölzbiologie", ISBN: 978-3-494-01547-7
,,Kosmos-Baumführer", ISBN: 978-3-440-11741-5
,,Lexikon der Baum- und Straucharten", ISBN: 978-3-86820-123-9
Die Informationen für Beschreibungen werden von mir selbst aus verschiedenen Quellen zusammengetragen. Dabei benutze ich sowohl Bücher als auch Internet Quellen. Texte werden anschließend individuell von mir selbst verfasst.
Sollte ich ein Copyright © verletzt haben, so geschieht dies nicht mit Absicht. Bitte schicke mir ein E-Mail, wenn es der Fall sein soll.
Für konstruktive Kritik bin ich ebenso offen wie für lobende Worte.

Gruß
Hans-Jürgen

Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

Bob

Hallo Hans-Jürgen,
danke für den interessanten Beitrag!
Zu Deiner Probenaufnahme habe ich eine Frage: Ist das ein Styrodur-Block und außenrum Alufolie zum zusammenhalten?

Nach den Jahresringen müsste das Zweiglein 6 Jahre gebraucht haben, um diese geringe Dicke zu erreichen, das kommt mir sehr langsam vor.

Viele Grüße,

Bob

Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

wieder eine tolle Dokumentation!

Im Bild 9 zeigst Du einen Spross mit sehr unregelmäßigem Wachstum, eventuell aufgrund von einseitiger Belastung, die zuerst in den Jahren 2 und 3 aufgetreten ist und dann in den folgenden 4 Jahren die Richtung um etwa 90 Grad gewechselt hat.

Die gefärbten Schnitte zeigen hingegen ein reguläres Wachstum, recht gleichmäßig um das Tentrum des Triebes herum.

Kannst Du noch sagen, woher die ersten Schnitte für die Primärfluoreszenz stammen und was der Grund für das irreguläre Wachstum gewesen sein mag?

Herzliche GRüße
Jörg

p.s.
Natürlich gelistet! :)
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Hans-Jürgen Koch

Hallo Bob,
danke für dein Feedback.
Der kleine Spross ist mit einem Styrodur-Block im Probenhalter eingespannt um Druckstellen zu vermeiden.
Ich habe keine Alufolie verwendet. Der Probenhalter ist mit Ethanol 70% gefüllt, so kann ich mit einem Pinsel sowohl die Klinge als auch die Probe schnell befeuchten (Arbeitserleichterung).
Die Europäischer Lärche gehört zu den schnellwachsenden Kulturen;
in der Regel zwischen 25 bis 50 cm im Jahr.
Der von mir geschnittene Spross hat einen Durchmesser von 4 mm.

@ Jörg,
danke.
Bei Baumfällarbeiten wurde die Lärche erheblich beschädigt. Der Stamm wurde von der schweren Maschine abgedreht.
Nach einigen Jahren sind kleinere Triebe aus dem Rest vom Stamm gewachsen (Bild 05 Schnittstelle), einen dieser Triebe habe ich für die Primärfluoreszenz geschnitten.
Der verholzte Spross ließ sich aber schwer schneiden (Abschussgewebe löste sich großflächig).
Für die gefärbten Schnitte habe ich mir deshalb eine andere Lärche gesucht.
Bei mir zu Hause gibt es wenige Lärchen in den Wäldern.
Ihr derzeitiger Anteil an der Waldfläche der Bundesrepublik liegt nur bei etwa 3 %.

Gruß
Hans-Jürgen
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Gerne per "Du"

Bob

Zitat von: Hans-Jürgen Koch in Juli 27, 2020, 14:30:41 NACHMITTAGSDer Probenhalter ist mit Ethanol 70% gefüllt, so kann ich mit einem Pinsel sowohl die Klinge als auch die Probe schnell befeuchten (Arbeitserleichterung).

Hallo Hans-Jürgen,
alles klar, den Flüssigkeitsspiegel hatte ich als Folienrand zu erkennen geglaubt. Sehr praktische Probenhalterung!

Viele Grüße,

Bob

jcs

Hallo Hans-Jürgen,

wieder ein sehr informativer Beitrag, mit gelungenem (und sicher aufwändig hergestelltem) Bildmaterial. Kann man aus der Fluoreszenz (orange) in Bild 9 und 10 auch irgendwelche Rückschlüsse auf die zugrundeliegenden physiologischen Vorgänge/Zustände ziehen?

LG

Jürgen

Fahrenheit

Guten Morgen Hans Jürgen,

danke für die Infos zu Deiner ersten Probe! Da war der junge Trieb ja auch einem ordentlichen Wachstumsstress ausgesetzt.
Egal, was man unter dem Messer hat: meistens findet man was Interessantes. :)

Herzliche GRüße
Jörg
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Hans-Jürgen Koch

Hallo Jürgen,

danke für dein Lob.
Deine Frage kann ich nicht beantworten, ich denke das man sicher Rückschlüsse ziehen kann, die mir aber nicht bekannt sind.
Evtl. gibt es ja hier im Forum Meinungen dazu.

Gruß
Hans-Jürgen
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