Mal wieder: Die Gewöhnliche Gelbflechte - Xanthoria parietina

Begonnen von witweb, August 19, 2020, 17:29:59 NACHMITTAGS

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witweb

Hallo zusammen,

Das Jahr 2013 war ja ein richtiges Gelbflechtenjahr! Wenigstens hier im Forum. Viele haben Versuche mit Gelbflechte gemacht, Bilder gezeigt oder Wissenswertes zum Thema geschrieben. Sicher erinnert sich der eine oder andere noch daran, oder war selbst einer oder eine der ,,Aktiven".
Seitdem ist wohl nicht mehr so viel in Sachen Gelbflechte passiert, aber mich hatte das Thema schon damals interessiert und so habe ich jetzt die alten Threads von 2013 nochmal angeschaut und versucht das eine oder andere nachzuarbeiten. Nur so zum Spaß, mit Flechten hatte ich bisher nichts zu tun. Aber wer weiß...

Zu den Bildern:
Bild 1: Ausgangsmaterial                  
Bild 2: Makroaufnahme Gewöhnliche Gelbflechte
Bild 3: Makroaufnahme Gewöhnliche Gelbflechte (UV-Licht)

Zu Bild 3 ist zu sagen, das dies mein erstes Foto mit UV-Licht ist. Bildbreite 8,5 mm, UV-Lichtquelle Taschenlampe Tank007 TK-566 3W UV LED 365 nm + Spektralfilter.
Den Fussel habe ich mal, weil es mein erstes UV-Bild ist, als Eyecatcher gelassen. Passiert nicht wieder!  :) Außerdem ist, speziell im UV-Licht noch eine andere, mir unbekannte, Flechte erkennbar.
Bei der Aufnahme habe ich mich gefragt, welche Einstellung für den Weißabgleich bei UV-Licht sinnvoll ist? Eigentlich stimmt ja keine Einstellung. Ich habe in diesem konkreten Fall die Einstellung  nach der Aufnahme in Adobe Camera Raw so gewählt, dass Bild und Original weitgehend gleich aussahen. Aber vielleicht gibt es ja eine schlauere Vorgehensweise?

Von der Gelbflechte habe ich ein paar Stückchen in Aceton eingelegt (100 mg auf 1 ml)  und nach 30 min war die Lösung schon kräftig gelb gefärbt. Davon habe ich dann einige Tropfen auf einen Objektträger gegeben. Die Kristallisation setzte unmittelbar ein, da sich das Aceton sofort über den OT verteilt und bei den gegebenen Temperaturen schnell verdunstet ist.
Ich hatte mich im Vorfeld noch mit Kristallisationslösungen beschäftigt (Mikrokosmos 2/2009 und 5/2013). Es hat sich aber gezeigt, dass die Kristallisation auch ohne diese Möglichkeiten erfolgte.
Das wäre vielleicht etwas für andere Flechten/Flechtenstoffe.
Zum Schluss habe ich noch den Test mit KOH gemacht. Bild 7 ist ein Schnappschuss vom Übergang  zwischen den gelben Kristallen und den KOH-roten.

Das Thema Sublimation kommt als nächstes dran. Wobei ich mir wohl erst noch ein ,,Öfchen" basteln muss. Aber dazu gab es 2013 ja auch einige Ideen und Anregungen...

Leitz Orthoplan
Zeiss Standard 18 mit Fluoreszenz-Auflichtkondensor IV FL
Lomo Biolam, Motic SMZ-168
Canon EOS 750D
https://mikrokristalle.net
https://www.youtube.com/@Mikrokristalle

witweb

#1
Fortsetzung:
Bild 4: Übersichtsbild Bildbreite 1 mm, polarisiertes Licht
Bilder 5, 6, 7  Bildbreite 0,4 mm bzw. 0,5mm, polarisiertes Licht
Bild 7: KOH-gelb-rot

Viele Grüße

Michael
Leitz Orthoplan
Zeiss Standard 18 mit Fluoreszenz-Auflichtkondensor IV FL
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Heiko

Hallo Michael,

höchste Zeit, dass die Gelbflechte in's Jahr 2020 ,,gerettet" wurde – und das auf derart profunde Weise. Danke dafür.

Viele Grüße,
Heiko

plaenerdd

#3
Hallo Michael,
so ein Öfchen ist eine feine Sache, wenn man die sublimierenden Stoffe nach Temperatur  trennen will. Um einfach was sublimieren zu lassen, benutze ich gerne gut ausgeglühte Kronkorken, in die ich das Ausgangsmaterial gebe (z,B, Kaffeepulver). Darauf kommt ein großes Deckglas, auf das ich wiederum einen Tropfen Aqua dest. gebe. Mit eine Pinzette halte ich das Ganze dann in eine Kerzenflamme. Man muss etwas experimentieren, wie heiß man den Kronkorken werden läßt. Mit Kaffee geht das prima und das geht sicher auch mit Flechtenstücken.
Beste Grüße
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

witweb

#4
Hallo zusammen,
vielen Dank für eure Rückmeldungen!
Wie ich das mit dem Heizer mache, weiß ich noch nicht genau. Aber ich habe ja schon Versuche mit Kaffee und Tee gemacht gemacht. Das ging eigentlich ganz gut, aber für die Gelbflechte werde ich wohl doch besser einen Mikroheizer nehmen.
Auf die Schnelle werde ich Gerds Tipp mit dem Kronenkorken ausprobieren.
Ich halte euch auf dem Laufenden.
Viele Grüße
Michael
Leitz Orthoplan
Zeiss Standard 18 mit Fluoreszenz-Auflichtkondensor IV FL
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Klaus Herrmann

Bei den Sublimationsöfchen haben wir ja vom ersten Versuchsteil bis zur Vorstufe des rechnergesteuerten vollautomatischen Forschungsreaktors alles durch  8)
Ich zeige hier mal nur die Versionen unter 10000.-€ ;D ::)

Ganz einfach: 2 kleine Keramik Heizelemente. Stromversorgung immer über Labornetzteil damit man gefühlvoll hochheizen kann. Hier am Stemi mit Tisch in variabler Höhe, so dass man den Abstand des OT auf dem die Probe liegt variieren kann. Ein dicker Schlüsselring dient als Spacer zum darauf liegenden OT der das Sublimat auffängt; dieser wird von oben mit einem dicken Wassertropfen gekühlt. Vorteil ist man kann den Vorgang mit dem Stemi beobachten und bei entsprechender Einrichtung fotografieren und filmen. Nur Pol geht nicht.

Nächste Stufe: Ofen mit Verkleidung die höhenvariabel ist.  Noch vornehmer Verkleidung mit Deckel der über Gewinde variabel ist in der Höhe. Mit kleinen "Kochtöpfchen" die das Probenmaterial aufnehmen und direkt auf das Heizelement gestellt werden.
Man kann sich beliebig verkünsteln.

Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

witweb

Hallo Klaus,

ja, da habt ihr euch damals schon ordentlich Gedanken gemacht. Und offenbar auch sehr interessante und funktionierende Lösungen entwickelt.
Zur Vorstufe des rechnergesteuerten vollautomatischen Forschungsreaktors. Ich glaube ich habe so ein Ding schon mal im TV gesehen, heißt ITER und wird wohl auch ziemlich heiß. Sollte für die Flechten reichen... ;)

Von der Idee des Eigenbaus werde ich aber trotzdem abrücken, da mir inzwischen ein Sublimationsöfchen aus dem Hause liftboy zugesagt wurde.

Liebe Grüße

Michael
Leitz Orthoplan
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Nordlicht

Hallo Michael,

die Gelbflechte gehört auch 2020 immer noch zu den topaktuellen Modellen,
besonders wenn sie so nett und in einer tollen Qualität präsentiert werden.

Danke fürs zeigen

Matthias

witweb

Hallo Matthias,

das freut mich aber!
Vielleicht fühlt sich der eine oder andere motiviert, hier noch ein paar aktuelle Bilder beizusteuern. 2020 ist ja noch nicht vorbei.

Viele Grüße

Michael
Leitz Orthoplan
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peter-h

Hallo,
dann leiste ich auch einen Minibeitrag zur Gelbflechte. Wieso in der UV-Fluoreszenz ein Teil in blauem Licht erstrahlt kann ich nicht sagen, war aber interessant zu sehen.
Mit dem Luxussublimator von Klaus kann ich nicht mithalten, trotzdem gab es ein nettes Pol-Bild.

Sonnige Grüße
Peter

witweb

Hallo Peter,

sehr schöne Bilder! Zu dem Blau im UV-Bild kann ich nichts sagen, ich habe gerade erst angefangen, mit einer UV-Taschenlampe ein wenig herumzuprobieren. Dazu angeregt wurde ich durch den tollen Beitrag von Jürgen aus Hemer.
Allerdings bin ich mir nicht sicher, wie ich bei UV-Aufnahmen am "Richtigsten" den Weißabgleich mache. Das Blau in deinem Bild hat mit dem Weißabgleich aber sicher nichts zu tun, denke ich.
Die Kristalle hast du aber schon durch Sublimation erzeugt?

Viele Grüße

Michael

Leitz Orthoplan
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witweb

#11
Hallo zusammen,

nun etwas zu meinen ersten Sublimationsversuchen

Da ich kurzfristig ein Sublimationsöfchen bekommen habe, (Bj. 2013) konnte ich schnell die ersten Versuche machen.
Wie schon erwähnt, hatten ja 2013 eine ganze Reihe von Mitgliedern hier im Forum über Versuche und Erfahrungen mit der Gelbflechte berichtet. Stellvertretend für das Thema Sublimation möchte ich hier die hervorragende, Arbeit von Horst-Dieter Döricht erwähnen, der ich viele Infos und Anregungen entnommen habe.

Zunächst habe ich mich auf das Abscheiden der Kristalle auf dem Objektträger konzentriert.

Ich habe die Temperaturen im Töpfchen mit einem Thermoelement Typ K gemessen.
Das ist bei den gegebenen Verhältnissen natürlich nicht besonders genau, diente mir aber, zusammen mit der mitgelieferten Temperaturliste, zur Orientierung. Ein IR-Thermometer hat sich als wenig geeignet erwiesen.
In das AL-Töpfchen habe ich jeweils einige Stückchen Gelbflechte gegeben, die ich zuvor, so gut es ging, mechanisch gereinigt hatte.

Den ersten Versuch habe ich bei einer Temperatur im Töpfchen von 170°C durchgeführt (am Boden gemessen).
Bild 2 zeigt das Ergebnis - Kristalle im polarisierten Licht

Beim zweiten Versuch war die Temperatur mit 223°C (wieder am Boden des Töpfchens gemessen) deutlich höher. Das Bild der abgeschiedenen Kristalle sieht dann auch komplett anders aus. Vor allem die Dichte der Kristalle überraschte mich, aber auch die verschiedenen Formen.

Bild 3 zeigt die Kristalle im normalen Durchlicht. Gut zu erkenne sind die grob verteilten, sternförmigen Nadeln.
Bild 4 gleiche Einstellung nun im polarisierten Licht.
Bild 5 andere Stelle auf dem OT

Mit dem Ergebnis vom 2. Versuch habe ich dann noch ein kleines Experiment gemacht.
Ich habe ein paar Tropfen Aceton auf die Mitte des Objektträgers gegeben. Dabei hat sich gezeigt, dass sich umgehend ein Teil der Kristalle auflöste, die anderen blieben unverändert. Das hatte zur Folge, das die ursprünglich flächenfüllende Struktur ,,löcherig" wurde. Ein Teil der entstanden Lösung hat den OT ,,leicht überflutet" und ist abseits vom Zentrum eingetrocknet.
Bild 6 zeigt das Ergebnis.

Leider muss ich sagen, dass ich nicht wirklich weiß, welche Flechteninhaltsstoffe aus der Probe zu welchen Ergebnissen geführt haben. Ich gehe mal davon aus, dass außer dem Parietin noch andere Stoffe beteiligt waren.

Viel Spaß beim Anschauen!

Michael
Leitz Orthoplan
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plaenerdd

Hallo Michael,
sehr schöne Ergebnisse! Ich wusste doch, dass ich das Öfchen, das ich die letzten 2..3 Jahre nicht mehr angefasst hatte, bei Dir in gute Hände gebe.
Weiterhin viel Freude damit wünscht
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Heiko

Hallo Michael,

das ist Dir sehr gut gelungen.
Bezüglich der Inhaltsstoffe ist im WIRTH zu lesen: Anthrachinone, hauptsächlich Parietin.

Viele Grüße,
Heiko

witweb

Hallo Heiko,

danke für den Hinweis. Ich habe von WIRTH hier nur den Taschenatlas "Flechten und Moose". Der ist sehr schön, liefert aber nicht diese Details.
Das Parietin hatte offenbar bei den niedrigeren Temperaturen den Hauptanteil an der Sublimation. Es war wohl auch vorwiegend Parietin, welches sich im Aceton gelöst hat.
Wäre die Frage, was sonst noch bei den höheren Temperaturen sublimiert ist, und was sich nicht in Aceton löst. Aber ich weiß nicht, ob man das überhauopt so einfach konkret beantworten kann...

Viele Grüße

Michael
Leitz Orthoplan
Zeiss Standard 18 mit Fluoreszenz-Auflichtkondensor IV FL
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