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Frage Leitz-Objektiv

Begonnen von Reinhard, September 19, 2020, 10:40:47 VORMITTAG

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Reinhard

Hallo Leitzianer,

mir ist im Beifang ein Leitz-Objektiv untergekommen mit einer Bezeichnung, die ich in der Leitz-Objektiv-
Broschüre nicht finde.
Kann mir jemand was dazu sagen?

             6/0,18  170/-"
in rot:    K6
in grün: 11.094

Grüße
Reinhard
seit wann ist Kunst ein Fehler ?



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www.mikrochemie.net

Diana1982

#1
Hallo Reinhard,

Das einzige 6/0.18 er, das ich habe, ist ein Heiztischobjektiv.
Es hat aber keine rote oder grüne Zusatzbeschriftung.

Zeig doch mal Deins!

LG Diana
Leitz Orthoplan
Leitz Diavert
Leica DMR
Olympus SZX12

www.microscopia.de

Reinhard

Hallo Diana,

et voila!

Alfons Renz hat sich gemeldet und denkt, daß das Objektiv aus dem "Großen Diffraktionskasten K6" des Tüb.Instituts für Wiss.Mikroskopie stammt.





LG
Reinhard
seit wann ist Kunst ein Fehler ?



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www.mikrochemie.net

jochen53

Hallo,
dafür spricht auch, daß die rote und grüne Gravur nicht dieselbe wie die Seriengravur ist und vermutlich nachträglich angebracht worden sein dürfte.
Gruß, Jochen


Alfons Renz

#4
... und der zugehörige Kasten, in welchem eben dieses Objektiv fehlt! Die grüne Nummer ist eine Instituts-Inventarnummer.

Einen herzlichen Dank an Reinhard, der dafür sorgen möchte, dass Beides wieder zusammen kommt!

Man beachte: Ein Zeiss-Diffraktionsapparat zu einem Leitz-Mikroskop! Aus Gründen der Gleichbehandlung wurde die Kursausstattung des Instituts mit Geräten beider Firmen paritätisch ausgerüstet. Den Schwalbenschwanz hat der Institutsmechaniker eigens hergestellt und verchromt.

Alfons

Reinhard

,,Se schölln tosammen blieben
Op ewig ungedeelt!"


Schönes Wochenende
Reinhard
seit wann ist Kunst ein Fehler ?



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Werner

..was wieder mal zeigt, daß alles geklaut wird, was in die Hosentasche paßt.

wilfried48

Zitat von: Alfons Renz in September 19, 2020, 18:50:44 NACHMITTAGS
Man beachte: Ein Zeiss-Diffraktionsapparat zu einem Leitz-Mikroskop! Aus Gründen der Gleichbehandlung wurde die Kursausstattung des Instituts mit Geräten beider Firmen paritätisch ausgerüstet. Den Schwalbenschwanz hat der Institutsmechaniker eigens hergestellt und verchromt.

Lieber Alfons,

war das wirklich so ? Ich habe einst als Student diesen Kurs für wissenschaftliche Mikroskopie an diesem Institut absolviert und habe dort nur Leitz Mikroskope gesehen. Da es den Abbeschen Diffraktionsapparat nur bei Zeiss gab, hat die Institutswerkstatt diesen an die Leitz Mikroskope angepasst und entsprechend durchgraviert.
Neulich habe ich noch ein paar Teile aus dem Restinventar dieses Instituts, die teilweise auch im Physikalischen Institut gelandet sind, vor der Verschrottung gerettet. Sie trugen ähnliche rote und grüne Gravierungen.

viele Grüsse
Wilfried
Sie tragen
vorzugsweise per Du

Hobbymikroskope:
Zeiss Axiophot,  AL/DL/Ph/DIC/Epi-Fl
Zeiss Axiovert 35, DL/Ph/DIC/Epi-Fl
Zeiss Universal Pol,  AL/DL
Zeiss Stemi 2000 C
Nikon Labo-/Optiphot mit CF ELWD Objektiven

Sammlung Zeiss Mikroskope
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=107.0

Alfons Renz

Lieber Wilfried,

Natürlich gab es auch die Kästen für Zeiss: das waren die Originalkästen, die Prof. Haselmann bei/für Zeiss entworfen hatte.

Alles hatte seine Ordnung in diesem Institut: Die Leitz-Teile hatten rote Gravuren, die Zeiss-Teile taubenblau.

Herzliche Grüße,

Alfons

Peter V.

#9
Hallo,

unglaublich, wie sich das hier fügt! Da bekommt Reinhard ein Teil in einem Konvolut und Alfons findet genau den Kasten in Tübingen, wo es fehlt.
Ich besitze auch einen Zeiss-Diffraktionskasten ( der hoffentlich nicht in Tübingen geklaut wurde ;-) ), jedenfalls ist er nicht inventarisiert und hat auch keine farbigen Gravuren. Ich bin mir nicht sicher, ob er vollständig ist und habe mich noch nie wirklich damit beschäftigt. Ich werde ihn  die Tage einmal die einzelnen Teile als "Legebild" drapieren und hoffe, dass Alfons mir etwas zur Vollständigkeit sagen kann.

Hezrliche Grüße
Peter


Dieses Post wurde CO2-neutral erstellt und ist vegan. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

Alfons Renz

Liebe Mikroskopiker,

Die einfache Erklärung dieses nur scheinbar verblüffenden Phänomens ist der Umstand, dass diese heute sehr seltenen Großen Diffraktionskästen auf die Anregung von Prof. Haselmann (verstorbenens Ehrenmitglied der TMG) zurück geht. In Michels letzter Auflage der Mikroskopie wird dieser Kasten ausführlich beschrieben.

Prof. Haselmann war als Heidelberger Anatom von Zeiss (Dr. Michels) angeworben und eingestellt worden, um den Bedürfnissen der Anatomen und Pathologen gerecht zu werden. Die Konstruktionen der 63x Planapo Ölimmersionsobjektive ging u.a. auf seine Anregung zurück, wie er mir erklärte.

Als die Medizinische Fakultät einen ad personam ausgeschriebenen Lehrstuhl für wissenschaftliche Mikroskopie in Tübingen eingerichtet hat, wurde er als erster (und einziger) Direktor berufen. Generationen von Medizinern und Biologen haben seine mikroskopischen Kurse besucht.

Der Einsatz des großen Diffraktionskasten war ein zentraler Teil des Kurses. Entsprechend ging wohl der größte Teil der Produktion an das Tübinger Institut. Insgesamt wurden (vermutlich) 20 Kästen angeschafft und hälftig auf Zeiss und Leitz-Mikroskopen eingesetzt. Deshalb die verschiedenen Farben und Markierungen.

Nach der Emeritierung von Prof. Haselmann (ca. 1990, ich muss nachschauen!) wurde der Lehrstuhl nicht mehr besetzt. Man war der Meinung, die Lichtmikroskopie sei durch die Abbeschen Gesetze hinreichend erkannt und wissenschaftlich nicht mehr weiter zu entwickeln. So falsch kann man liegen!

Folglich wurde das Institut nach Pensionierung der verbliebenen Angestellten (Dr. Rienitz und Prof. Habermalz) aufgelöst.

Die vorhandenen Geräte fanden teils eine neue Verwendung in den verschiedensten Instituten der Universität. Zurück blieb eine 'Endmöräne' von altem Schrott, wie die Sekretärin es treffend beschrieb.

Ich war damals in Kamerun und leider nicht bei der Auflösung dieser 'Endmoräne' beteiligt. Leider, denn das Institut 'Ob dem Himmelreich' befindet sich ganz in der Nähe meiner Wohnung. Allerdings und ehrlich gesagt ist meine Frau noch heute sehr froh darüber, dass ich damals nicht in Tübingen war.

Glücklicherweise wurden die verbliebenen Geräte nicht weggeworfen sondern von mitfühlenden Mikroskopikern an den verschiedensten Stellen 'behütet'. Von dort haben sie ihren Weg wieder in den Fundus Tübinger Wissenschaftsgeschichte, zurück zur Firma Zeiss, oder auch zu mir gefunden.

Um es klar zu sagen: 'Gemopst' oder gar gestohlen wurde da nichts. Die Ausinventatisierung wurde mit schwäbischer Gründlichkeit von den noch verbliebenen Angestellten im Rahmen ihrer Tätigkeit durchgeführt.

Es ist also kein Makel, wenn ein solches Objekt irgendwo auftaucht. Eher ein Zeichen, dass hier nix weggeworfen wird und man den alten Kruscht noch schätzt.

Erst durch meine Arbeit für den von mir ins Leben gerufenen "Fundus Tübinger Wissenschaftsgeschichte" hat man in meiner Universität ein Bewusstsein für den Wert solcher historischer Geräte entwickelt, um die sich heute mit großem Erfolg das MUT (Museum der Universität Tübingen) kümmert. Bis vor 15 Jahren galt die Regel: Die Universität hat KEINEN Museumsauftrag. Sprich, aufbewahrenswert sind nur solche Objekte, die zur Forschung und Lehre dienen. Oft waren es die langjährigen Mitarbeiter, meist die Werkstatt, die sich weigerten, die nicht mehr forschungstauglichen Altgeräte zu entsorgen. In Bühnen und Schränken genossen sie einen gewissen Bestandsschutz, bis Platzmangel und vor allem die Erfordernisse des Brandschutzes diese wilden Sammlungen in Existenznöte brachten. Das wr der Moment, als ich begann, mich um den 'Schatz' der historischen Geräte an unserer Universität zu kümmern. Heute ist es Aufgabe des neu geschaffenen Universitätsmuseums. Andere Universitäten haben eine ganz ähnliche Entwicklung durchgemacht, Andere stehen noch davor.

Aufgabe eines Universitätsmuseums sollte es sein, die Geräte und Objekte im Kontext ihrer wissenschaftlichen Verwendung und der mit ihnen gemachten Entdeckungen zu erhalten. Es ist also weniger das alte Mikroskop, das den Wert ausmacht, als die Entdeckung, die der damalige Besitzer damit machte.

In diesem Sinne erhält der alte Kruscht einen neuen Wert.

Herzliche Grüße,

Alfons
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junio

... und wenn wir schon einmal beim Thema " Diffraktion" sind, erlaube ich mir den Hinweis auf folgende (meine) Website

http://www.mikroskoptechnik-hagen.de/mikroskoptechnik.htm

Beste Grüße von Jürgen aus Hagen