Flechtensäuren Kristalle nach Kremer einschließen

Begonnen von Original Bob, September 18, 2020, 11:55:43 VORMITTAG

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Original Bob

Hallo zusammen,
kann man eigentlich Kristalle einschließen, sodass sie danach noch das optische Verhalten bei Polarisation haben wie vorher?
Ich habe nach Kremer (4. Auflage 2020, Seite 156) mikrokristralline Flechtensäuren isoliert. Hierbei habe ich gelbe Flechten auf dem Objektträger mit Aceton gewaschen, das Aceton verdunsten lassen und danach einen Tropfen GE (Mischung 1:3 Glycerin + Essig 100%) darauf getan, mit einem Deckglas abgedeckt und leicht mit einer Flamme erhitzt. Dies hat mal mehr oder weniger gut funktioniert. Jedenfalls war ein Präparat sehr schön und ich konnte mit polarisiertem Licht und/oder Dunkelfeld gut beobachten.
Nun bleibt die GE Lösung nach dem Auftrag flüssig und ich würde dieses wie auch andere Kristallpräparate aufheben (Koffein, Zitronensäure, Flechtensäure, Acetylsalicylsäure etc).
Hat jemand einen Vorschlag, wie das zu bewerkstelligen wäre?

Falls jemand auch bei der Flechtensäure einen Weg hat, der mit größerer Wahrscheinlichkeit ans Ziel führt wäre ich auch dankbar.
Ich habe schon folgendes versucht mit nicht eindeutigen Ergebnissen:


  • Flechten mit dem Mörser zerkleinern -> zu viel Fremdstoffe
  • Flechtenpulver mit Aceton mischen und filtern ->keine Kristalle
  • Flechtenpulver+Aceton Gemisch in Zentrifuge trennen und klaren Bestandteil verwenden -> keine Kristalle
  • Stark erhitzen (bis zum Siedepunkt) -> keine Kristalle

Herzlichst,
Original Bob

Werner

Ich habe sowas noch nie gemacht und würde es auch so nicht machen, weil:
Glycerin ist hygroskopisch und trochnet nie, außerdem ist reines Glycerin schon eine ölige Flüssigkeit.
Kristallisieren wird erst etwas, wenn die Löslichkeit überschritten ist (Und Keime vorhanden sind).
Mal mit einem verdunstenden Lösungsmittel versuchen (Alkohole, Äther, Ketone, Aromaten...)

Glaube mich zu erinnern, daß Flechtenfarbstoffe auch sublimierbar sind.

Gruß - Werner

Original Bob

Hallo Werner,
ich bin damit der Anleitung des hier im Forum häufig erwähnten Buches "Das große Kosmos-Buch der Mikroskopie von Kremer" gefolgt. Ja, irgendwie geht es schon aber nicht so toll. Die von Dir beschriebene Methode mit einem Lösungsmittel, welches verdunstet, bildet ja die Vorstufe. Hier habe ich - wie beschrieben - Aceton verwendet. Ich habe derweil sehr gute Ergebnisse mit Acetylsalicylsäure gemacht, da konnte ich direkt zusehen, wie sich die Kristalle unter dem Mikroskop gebildet haben. Mit zwei Polfiltern (unterm Kondensor und überm Objektträger) wird's auch richtig schön bunt.
Hier setz ich jetzt wieder mit meiner Frage an. Sollte man das wie ein Trockenpräparat behandeln, also einen Kreis aus Lack und dann Abdeckscheibe drauf? Oder kann man das auch z.B. mit Euparal abschliessen?

plaenerdd

#3
Hallo Bob,
kennst Du diesen Faden: Mal wieder Gewöhnliche Gelbflechte

Das Eindecken von Kristallen ist oft problematisch, weil die meisten Eindeckmittel Lösungsmittel enthalten. Einschluss in Luft ist oft das Mittel der Wahl. Dazu stempelt man mit einem runden Glasrohr ein Eindeckmittel als runden Kreis um die Kristalle und legt, wenn das schon etwas dicker geworden ist ein rundes Deckglas mit ähnlichem Durchmesser auf. Das Eindeckmittel wirkt dann nur als Abstandshalter für das Deckglas. Ich habe auch schon Deckglaslack dafür benutzt. Manchmal muss man auch meherere Schichten aufstempeln, damit der Ring dick genug wird. Man kann auch die Kristalle auf dem Deckglas züchten und das dann mit der Kristallschicht nach unten auflegen, was besonders für hohe Vergrößerungen gut ist, weil man sonst nicht nahe genug mit dem Objektiv heran kommt. Der Einschluss in Luft ist auch wegen des hohen Unterschiedes zwischen den Brechungsindices von Kristall und Eindeckmittel gut.
Was man mal probieren könnte, wäre der Einschluss in UV-Kleber oder Eukitt-UV. Da dürfte zumindest die Zeit für ein An- oder Auflösen der Kristalle recht kurz sein, weil diese Mittel nach 2min UV-Bestrahlung ausgehärtet sind. Ich habe diese Sachen zu Hause, bin selber aber gerade nicht da, sonst würde ich das gleich mal ausprobieren. Es kommt aber immer darauf an, welche Kristalle man eindecken will und worin sie sich lösen.
Beste Grüße
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Original Bob

Hallo Gerd,
super Idee, die Kristalle auf dem Deckglas zu züchten. Das muss ich am Wochenende gleich mal ausprobieren. Bitte lass mich wissen auch gern über persönliche Nachricht, wie das mit dem Eukitt-UV gelaufen ist.

Herzliche Grüße,
Bob

Klaus Herrmann

Also nach meiner Erfahrung ist der Einschluss in Luft die Methode der Wahl und ich mach es bei Sublimaten ganz einfach: es wird auf einen OT sublimiert und dann lege ich ein DG auf - möglichst groß, weil ich das DG mit einem kleinen Tropfen farblosem Nagellack an den 4 Ecken festsetze. Wenn der Tropfen zu groß ist zieht er unter das DG und kann dann die Kristalle auflösen, deshalb großes DG.
Anorganische Salze, die gut wasserlöslich sind könnte man natürlich im einem Xylol-haltigen Einschlussmedium eindecken. Habe ich aber noch nie versucht.Dazu müssen sie aber ganz trocken sein.
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

plaenerdd

#6
Hallo Bob,
ich habe mal schnell 2 Präparate hergestellt und in Eukitt-UV eingedeckt: Coffeein (sublimiert) und VitaminC (aus wässriger Lösung). Hat ganz gut geklappt. Ich habe die Kristalle auf dem OT gezüchtet, einen Tropfen Eukitt-UV drauf und einen Objektträger langsam drüber gelegt, bis der Tropfen das DG an den OT zieht; umgedereht und ab unter die UV-Lampe (zum Fingernagelhärten). Ob das lange hällt, weiß ich natürlich noch nicht und ein weiteres Problem muss gelöst werden: Die OT liegen oft schief, weil die Kristalle nicht überall gleich dick sind. Beim Coffeein mit seinen sehr kleinen Kristallen war das noch erträglich, bei Vitamin C schon sehr extrem. Eventuell muss man noch Abstandshalter unterlegen (kleine Glaskugeln), wobei UV-Kleber eigentlich immer nur in recht dünnen Schichten gut aushärten. Man kann ja aber auch nicht erwarten, dass man mal schnell 2 Präparate macht und gleich beste Ergebnisse erziehlt. Da muss schon noch etwas getüftelt werden.
Hier zwei Bilder.
Beste Grüße
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Original Bob

Hallo zusammen,
danke Klaus und Gerd. Das mit dem Eukitt-UV und der Fingernagellampe (super Hinweis, Gerd!) hat ja super geklappt. So werde ich das auch machen.

Ich liebe dieses Forum!

Gruß,
Original Bob

witweb

Hallo Bob,

welche Flechten hast du denn untersucht? Ich habe gerade erst mit Gelbflechte experimentiert. Ein Umkristallisieren war bei mir nicht erforderlich. Ich habe auch versuchsweise GE, GAW und GI verwendet, hat aber im Falle der Gelbflechte keine besseren Ergebnisse gebracht. Außerdem ist das Glycerin auf Dauer, wenn es erst mal auf dem OT ist, nicht gut zu handhaben (siehe auch Werners Bedenken).

Zum Eindecken kann ich mich nur dem Anschließen, was Klaus und Gerd schon gesagt haben.
Allerdings werde ich auch mal mit UV-Kleber Versuche anstellen. Das könnte recht erfolgversprechend sein. Ich werde mich da an Bobs Anleitung orientieren (vom anderen Bob).
Das Problem mit der Dicke der Kristalle versuche ich zu umgehen, indem ich bei Kristallisation aus Lösungen Objektträger mit ,,Badewanne" verwende. Da ist dann Platz. Das heißt aber auch, viel ,,Kurbeln" beim Anschauen und Stacken beim Fotografieren.

Beste Grüße

Michael
Leitz Orthoplan
Zeiss Standard 18 mit Fluoreszenz-Auflichtkondensor IV FL
Lomo Biolam, Motic SMZ-168
Canon EOS 750D
https://mikrokristalle.net
https://www.youtube.com/@Mikrokristalle

plaenerdd

Hallo Michael,
die OT mit "Badewanne" haben aber meist sehr störende Riefen von der Herstellung des Hohlschliffes. Im Durchlicht stören die gewaltig, aber Du arbeitest ja mehr mit Auflicht, oder?
Beste Grüße
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

witweb

Hi Gerd,

ja, stimmt schon. Muss man von Fall zu Fall sehen. Ich habe mit den Riefen auch schon Probleme gehabt. Es gibt aber auch OTs, die für den konkreten Einsatz ganz in Ordnung sind.

Beste Grüße

Michael

Leitz Orthoplan
Zeiss Standard 18 mit Fluoreszenz-Auflichtkondensor IV FL
Lomo Biolam, Motic SMZ-168
Canon EOS 750D
https://mikrokristalle.net
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Original Bob

@Michael: Wow, ich bin schwer beeindruckt! Das ist erstmal genug Lesestoff.
Vielen Dank an alle für die hilfreichen Hinweise.

witweb

Hallo Bob,
mit welcher Flechte machst du denn deine Experimente?
Viele Grüße
Michael
Leitz Orthoplan
Zeiss Standard 18 mit Fluoreszenz-Auflichtkondensor IV FL
Lomo Biolam, Motic SMZ-168
Canon EOS 750D
https://mikrokristalle.net
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Original Bob

Mit der Gelbflechte, wie alle hier. Scheint wohl am einfachsten zu sein, diese einzusammeln.

Gruß,
Bob

witweb

Leitz Orthoplan
Zeiss Standard 18 mit Fluoreszenz-Auflichtkondensor IV FL
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https://mikrokristalle.net
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