antibiotika-hältige Wundpuder und die Folgen

Begonnen von ammererlutz, September 21, 2020, 14:19:52 NACHMITTAGS

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ammererlutz

kennt sicher jeder noch aus Mutters Hausapotheke: die diversen "Wundpuderchen".
Eigentlich sollten diese Mittelchen längst verschwunden sein, sind sie aber nicht.

Leider werden diese Puder noch immer in Apotheken ( auch ohne Rezept) verkauft, Neomycin und andere Antibiotika mit Stärkekörnen als "Streumittel".

Die Folgen sind Antibiotikaresistenzen, Wundinfektionen ( die Stärkekörner sind ein wunderbares Nährmedium in nässenden Wunden)  und Pilz-Erkranungen, wie in diesem Fall, bei dem ein "juckender Nabel" wochenlang mit Baneocin Puder aus der Apotheke behandelt wurde, bevor die Betroffene wegen zunehmender Rötung der Region doch in die Ordination kam, s. Bilder des Lokalbefundes und der reichen Candida Besiedelung im Abstrich.

Dass Apotheker Arzneimittel ohne ärztliche Rezepte verkaufen ( manche auch legal wie z.B. das von ratiopharm eifrig beworbene- aber keineswegs harmlose-  Schmerzmittel Ibuprofen) ist für Ärzte immer wieder ein Irritationspunkt, angesichts der Äußerungen des österreichischen Gesundheitsministers, dass in Zukunft die Apotheken und nicht die Ärzte die primären Ansprechpartner für Patienten sein sollen, umso bedenklicher.
( die Rangelei um Kompetenzen zwischen Ärzten und Apothekern währt ja schon fast 800 Jahre, seit Friedrich II von Hohenstaufen im Edikt von Salerno die Berufe von Ärzten und Apothekern trennte).
( PS üblicherweise komme ich mit dem bernachbarten Apotheker sehr gut aus und schätze die Kooperation, aber es gibt leider auch schwarze Schafe darunter)
mit freundlichen mikroskopischen Grüßen,
Lutz

"Mikroskope und Fernrohre verwirren eigentlich den reinen Menschensinn" ( Goethe)

Peter V.

Hallo Lutz,

Die medizinischen (und sogar in den meisten Fällen pharmakologischen!!) Kenntnisse der Apotheker*innen sind in vielen Fällen erschreckend - es ist geradezu absurd, dass Ap. erste Ansprechpartner bei gesundehitlichen Problemen sein sollen (die dann lediglich den Milliardenmarkt mehr oder weniger unwirksamer und unsinniger OTC-Präparate bedienen).
Mit größtem Erstaunen habe ich zur Kenntnis genommen, dass neuerdings Grippeschutzimpfungen in Deutschland auch in Apotheken vorgenommen werden sollen. Meines Wissens läuft dazu gerade ein Modellversuch. Ich frage mich, wie man dort die ggf. Kontraindikationen sicher prüfen und ggf. auftretenden Notfälle (Allergische Reaktion, Anaphylaxie) fachgerecht versorgen will.
Treppenwitz am Rande: Der Arzt (Humanmedizin)  hat hingegen (im Gegensatz zum Tierarzt!) kein Dispensierrecht und darf keine Medikamenten (außer Arztmustern) an Patienten weitergeben.

Herzliche Grüße
Peter
Dieses Posting ist frei von kultureller Aneigung, vegan und wurde CO2-frei erstellt. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

ammererlutz

Zitat von: Peter V. in September 21, 2020, 14:38:55 NACHMITTAGS
Hallo Lutz,

Die medizinischen (und sogar in den meisten Fällen pharmakologischen!!) Kenntnisse der Apotheker*innen sind in vielen Fällen erschreckend - es ist geradezu absurd, dass Ap. erste Ansprechpartner bei gesundehitlichen Problemen sein sollen (die dann lediglich den Milliardenmarkt mehr oder weniger unwirksamer und unsinniger OTC-Präparate bedienen).
Mit größtem Erstaunen habe ich zur Kenntnis genommen, dass neuerdings Grippeschutzimpfungen in Deutschland auch in Apotheken vorgenommen werden sollen. Meines Wissens läuft dazu gerade ein Modellversuch. Ich frage mich, wie man dort die ggf. Kontraindikationen sicher prüfen und ggf. auftretenden Notfälle (Allergische Reaktion, Anaphylaxie) fachgerecht versorgen will.
Treppenwitz am Rande: Der Arzt (Humanmedizin)  hat hingegen (im Gegensatz zum Tierarzt!) kein Dispensierrecht und darf keine Medikamenten (außer Arztmustern) an Patienten weitergeben.

Herzliche Grüße
Peter

Hallo Peter,

Leider identische Situation in Österreich, der politische Druck, dass die Befugnisse der Apotheker inkl.Impfungen, aber auch Bestimmung von Blutzuckerwerten und Fettstoffwechselwerten - natürlich mit anschließender Beratung der Kunden zum Kauf von Zimt und Omega 3 Präparten ist eindeutig und anhaltend, Corona kam da nur gelegen, während des ersten Corona Höhepunktes wurden hunderte Personen in Hallen zusammen geführt und von Sanitätern gegen FSME geimpft, das gleiche plant die Stadt Wien nun mit 100tausenden Influenza-Impfungen, konstant steigende Corona Zahlen hin oder her..... Das Dispensierverbot für Ärzte wird von der Apotheker-Vertretung ebenso rigoros kontrolliert.
mit freundlichen mikroskopischen Grüßen,
Lutz

"Mikroskope und Fernrohre verwirren eigentlich den reinen Menschensinn" ( Goethe)

JB

Zitat von: Peter V. in September 21, 2020, 14:38:55 NACHMITTAGS
Mit größtem Erstaunen habe ich zur Kenntnis genommen, dass neuerdings Grippeschutzimpfungen in Deutschland auch in Apotheken vorgenommen werden sollen. Meines Wissens läuft dazu gerade ein Modellversuch. Ich frage mich, wie man dort die ggf. Kontraindikationen sicher prüfen und ggf. auftretenden Notfälle (Allergische Reaktion, Anaphylaxie) fachgerecht versorgen will.

Hallo,

Ich habe meine Grippeimpfung auch in der Apotheke bekommen (genauer gesagt in der Pharmazie-Abteilung im Drogeriemarkt).

Die Krankenschwester hat mit mir einen Fragebogen ausgefuellt und ist fuer die Notfallbehandlung ausgebildet und ausgestattet (und sie hat ein Telephon um einen Notarzt zu rufen). Was koennte ein Hausarzt tun, das die Krankenschwester nicht kann?

Beste Gruesse,

Jon

Reinhard

Zitat von: JB in September 21, 2020, 15:42:44 NACHMITTAGS

Was koennte ein Hausarzt tun, das die Krankenschwester nicht kann?


Ganz einfach, lieber Jon: er könnte (dürfte) den Tod feststellen!  :o :o ;)

makabre Grüße
Reinhard
seit wann ist Kunst ein Fehler ?



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www.mikrochemie.net

mlippert

Hallo,

wie hast Du das denn gefärbt? PAS?
Was Apotheken und Seriosität angeht, enthalte ich mich einer Meinung, da bei den meisten ganz vorn am Tresen Rescue-Tropfen, Homöopathika und Schüssler-Salze stehen. Positive Ausnahmen gibt es natürlich auch, wie da wo ich deshalb hingehe, aber das ist schon krass, was da läuft.

Peter V.

#6
Hallo Jon,

ZitatDie Krankenschwester hat mit mir einen Fragebogen ausgefuellt und ist fuer die Notfallbehandlung ausgebildet und ausgestattet (und sie hat ein Telephon um einen Notarzt zu rufen). Was koennte ein Hausarzt tun, das die Krankenschwester nicht kann?

na ja, in Deinem Land muss man sich medizinisch oft mit für unsere Verhältnisse relativen Minimalstandards zufrieden geben. Manches ist dort nach unserem Empfinden nicht wirklich NICE.  ;)
Ich jedenfalls würde mich nicht in einer Apotheke impfen lassen, auch wenn es dort ein Telefon gibt. Aber das muss ja jeder selbst entscheiden.
Mir ist nicht bekannt - wobei ich zugebe, mich noch nicht intensiv mit der Materie befasst zu haben - dass dazu in den entsprechenden Apotheken in Deutschland Krankenschwestern angestellt werden sollen.

Herzliche Grüße
Peter
Dieses Posting ist frei von kultureller Aneigung, vegan und wurde CO2-frei erstellt. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

ammererlutz

mit freundlichen mikroskopischen Grüßen,
Lutz

"Mikroskope und Fernrohre verwirren eigentlich den reinen Menschensinn" ( Goethe)

JB

Hallo Peter,

Generell gebe ich Dir Recht, aber in jedem System gibt es interessante Loesungen, ueber die es sich lohnt nachzudenken.

Hier werden z.B. viele Leistungen von den Schwestern und Pflegern erbracht. Bei Routineleistungen wie Impfungen sehe ich den Arzt nicht einmal. Bei der Grippeschutzimpfung falle ich offensichtlich nicht unter eine Risikogruppe (Fragebogen).

Die Impfung wird ausserdem nicht vom Gesundheitssystem bezahlt (siehe NICE). Im Drogeriemarkt hat sie mich privat 13 Euro gekostet (Impfstoff + Impfung); fuer 60 Euro haette ich sie wohl nicht machen lassen. Die Schwester ist nicht jeden Tag vor Ort, sondern nur zu bestimmten Zeiten; Buchung geht uebers Internet.

Deutschland braucht naechstes Jahr vielleicht 120 Mio COVID-19 Impfungen (2x 60 Mio). Ich halte es fuer eine gute Idee sich ueber die Logistik Gedanken zu machen.

Beste Gruesse,

Jon

ammererlutz

#9
Zitat von: JB in September 21, 2020, 19:48:26 NACHMITTAGS
Hallo Peter,

Generell gebe ich Dir Recht, aber in jedem System gibt es interessante Loesungen, ueber die es sich lohnt nachzudenken.

Hier werden z.B. viele Leistungen von den Schwestern und Pflegern erbracht. Bei Routineleistungen wie Impfungen sehe ich den Arzt

Jon

Es gab hier auch schon mal Überlegungen, einfache chirurgische Eingriffe von eingeschulten Gehilfen machen zu lassen, in erster Linie um sich die teuren Ärzte zu ersparen,  die nurse die impft , Hustensaft verschreibt, Wunden näht , ist der Traum aller Geszndheitsökonomen.  Erste Versuche in diese Richrung wurden nur deshalb abgebrochen,  da die nurse nach 2 jahren für die coloskopie das gleiche Honorar wie Ärzte verlangt, im Gegensatz zu diesen aber mit einer Gewerkschaft im Hintergrund.....

Solche Rückschritte ins Mittelalter in die Welt der Bader und Feldscher sind ein trauriges Armutszeugnis für reiche europäische Staaten.Fortschritt erkenne ich da nicht
mit freundlichen mikroskopischen Grüßen,
Lutz

"Mikroskope und Fernrohre verwirren eigentlich den reinen Menschensinn" ( Goethe)

JB

Zitat von: ammererlutz in September 21, 2020, 20:10:23 NACHMITTAGS
Bader und Feldscher sind ein trauriges Armutszeugnis für reiche europäische Staaten.Fortschritt erkenne ich da nicht

Fortschritt oder nicht, es ist der intelligente Einsatz von Resourcen. Leider wachsen die Aerzte auch nicht auf Baeumen.

Das Gesundheitssystem in Deutschland und Oesterreich profitiert davon, das Zehntausende Arzte aus Osteuropa und dem Nahen Osten angeworben werden. Die fehlen dann dort, wenn nicht genug nachruecken. Ist das ethisch einwandfrei?

Dann doch lieber Routineaufgaben von den Schwestern erledigen lassen. "Nursing" ist hier uebrigens eine 3-4 Jahre dauernde universitaere Ausbildung. Mittelalterliche "Bader und Feldscher" sind das nicht.

treinisch

Hallo,

Zitat von: JB in September 21, 2020, 19:48:26 NACHMITTAGS
Bei Routineleistungen wie Impfungen sehe ich den Arzt nicht einmal.

also hier (D) ist das genauso. Anliegen: Unbekannten Impfstatus klären. Masern, Tetanus. Tatort: Allgemeinmedizinische Praxis.

Bin ziemlich sicher, dass die Sprechstundenhilfe das falsch gemacht hat, wie auch immer: Einen Arzt habe ich nicht gesehen. Eine Spritze links, eine rechts von einer Arzthelferin. Keine weitere Beratung, keine Fragen. Drei Minuten später war ich wieder weg. Den anaphylaktischen Schock hätte ich wenn überhaupt dann auf der Straße bekommen.

ZitatVaccine-associated anaphylaxis is extremely rare, but the most concerning and life-threatening allergic reaction to vaccines. A typical vaccine-associated anaphylaxis has been known to occur within 30 min after immunization, but delayed-onset anaphylaxis could occur at >4 hours after immunization.
(Quelle: nih.gov)

Worin genau jetzt der Unterschied besteht, ob ich den Schock auf dem Rückweg vom Arzt oder der Apotheke bekomme erschließt sich mir nicht. Schlechter beraten hätte mich ein Apotheker auch nicht können, da es eben keinerlei Beratung oder Fragen gab.


vlg
Timm
Gerne per Du!

Meine Vorstellung.

smashIt

Zitat von: treinisch in September 21, 2020, 21:26:18 NACHMITTAGSSchlechter beraten hätte mich ein Apotheker auch nicht können, da es eben keinerlei Beratung oder Fragen gab.

dafür hätte dich ein österreichischer apotheker mit 2kg globuli heim geschickt ;)
MfG,
Chris

Bildung ist das was uns vom Tier unterscheidet.

Funtech.org

Peter V.

#13
Hallo Timm,

ZitatBin ziemlich sicher, dass die Sprechstundenhilfe das falsch gemacht hat, wie auch immer: Einen Arzt habe ich nicht gesehen. Eine Spritze links, eine rechts von einer Arzthelferin. Keine weitere Beratung, keine Fragen. Drei Minuten später war ich wieder weg. Den anaphylaktischen Schock hätte ich wenn überhaupt dann auf der Straße bekommen.

weißt Du, was mich jetzt wirklich erstaunt? Dass ausgerechnet DU das so akzeptiert und "mitgemacht" hast.

Na ja, Allgemeinmedizin halt  ;) So sollte es eigentlich nicht laufen, zumindest sollte der Arzt sich kurz sehen lassen und ein paar Worte wechseln. Bei Lutz scheint es an anders zu sein, hier ist das - leider - zu oft Realität, das muss ich zugeben.

ZitatDas Gesundheitssystem in Deutschland und Oesterreich profitiert davon, das Zehntausende Arzte aus Osteuropa und dem Nahen Osten angeworben werden. Die fehlen dann dort, wenn nicht genug nachruecken. Ist das ethisch einwandfrei?

Die Lösung ist aber nicht, quasi "Ersatzberufe" für den Arzt zu schaffen, sondern einfach mehr Ärzte auszubilden und deren Beruf nicht so unattraktiv werden zu lassen, dass die Ärzte, die hier ausgebildet werden, sich angenehmere oder besser honorierte Arbeitsplätze im Ausland (Stichwort: Work-Life-Balance) suchen (interessanterweise zum Beispiel auch in GB!).

Übrigens ist es ein Irrtum zu glauben, die Verlagerung ärztlicher Tätigkeiten auf andere Berufsfelder senke die Kosten im Gesundheitssystem. Das Gegenteil ist der Fall! Sicher gibt es selten Ärzte, die mit dem Hut auf der Strasse stehen  ;). Fakt ist aber, dass gerade in klassichen Arztpraxen zahlreiche Leistungen erbracht werden, die einzeln unter betriebswirtschaften Aspekten niemals erbracht werden könnten. In der "inhabergeführten" Arztpraxis klassicher Prägung funtkioniert das nur, weil hier in der Regel nicht "auf die Uhr" geschaut wird und es eben kein nine-to-five-Job ist! Würde man diese Tätigkeiten outsourcen, würden die Gesundheitsökonomen (was sie nicht glauben wollen) ihr blaues Wunder erleben! Dann würde nämlich jede Leistung betriebswirtschaftlich durchkalkuliert, viele würden sich dann als defizitär herausstellen und wären kaum von anderen "Leistungserbringern" (wie es so schön im Kassendeutsch heißt) zu dem Honorar zu erbringen.

Herzliche Grüße
Peter
Dieses Posting ist frei von kultureller Aneigung, vegan und wurde CO2-frei erstellt. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

Florian D.

Zitat von: ammererlutz in September 21, 2020, 14:19:52 NACHMITTAGS
Dass Apotheker Arzneimittel ohne ärztliche Rezepte verkaufen ( manche auch legal wie z.B. das von ratiopharm eifrig beworbene- aber keineswegs harmlose-  Schmerzmittel Ibuprofen) ist für Ärzte immer wieder ein Irritationspunkt,


Wer ohne Schuld ist, werfe den ersten Stein!
Vor Jahren hat mir mal ein Orthopäde Novaminsulfon von Ratiopharm verschrieben. Auf meine Frage, ob das Novalgin sei, beruhigte er mich und meinte, das wäre was Neues und gut verträglich. Gott sei Dank hab ich ne  Rote Liste.
Als Normalsterblicher bekommt man die ja auch nicht zu kaufen. Beipackzettel dürfen auch nicht ins Internet. Und dann wundert man sich, dass die Patienten angeblich so unmündig seien.

Viele Grüsse
Florian