Bakterien-Geißelfärbung II - Grenzen der Methode?

Begonnen von Alf, Mai 10, 2023, 19:11:51 NACHMITTAGS

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Alf

In meinem Moos-Leitungswasser Aufguss fanden sich nach 2 Wochen eine Menge kleiner Bakterien die mir mit schraubenförmiger Bewegung vor dem Okular herumgeflitzt sind. Anfangs dachte ich es könnten kleine Spirillen sein und habe die Chance genutzt aus diesem Aufguss direkt eine Geißelfärbung anzufertigen. Verwendet habe ich die Methoden, die ich hier (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=42884.msg319447#msg319447) beschrieben habe. Das hier durchgeführte Experiment soll nochmal die Vor- und Nachteile / Grenzen der Geißelfärbungen aufzeigen.


Durchführung:
Aus dem Aufguss wurde jeweils ein Tropfen auf einem Objektträger getropft, trocknen gelassen und anschließend kurz über dem Bunsenbrenner hitzefixiert und im Anschluss den beschriebenen Methoden zugeführt. Es wurden mehrere Färbeversuche durchgeführt und besonders bei der Versilberungsmethode wurde die Färbezeit auf jeweils 8 Minuten (also 8 Minuten beizen und 8 Minuten Silberlösung) verdoppelt, wodurch bessere Resultate erzielt wurden. Auch bei der Fuchsin Färbung wurde mit unterschiedlichen Färbezeiten experimentiert.


Ergebnisse (Fotos):
I) Die Versilberung mit 4 Minuten zeigte die Geißeln tendenziell schwächer hervorgehoben. Trotzdem schön zu erkennen monopolare Begeißelung von bohnenförmigen Bakterien.
II-IV) Versilberung für jeweils 8 Minuten: tendenziell mehr Hintergrundanfärbung, aber auch bessere Geißeldarstellung. Schön zu erkennen sind die monopolar begeißelten Bakterien.
V) Die Fuchsinfärbung hat interessanterweise bei den hier versuchten Bakterien keine Geißelfärbung ergeben. Es kam zur Hintergrundanfärbung und zur negativen Kontrastierung der Geißeln.
VI/VII) Die Färbung an sich funktioniert jedoch gut, hier zwei bipolar begeißelte Stäbchenbakterien.


Diskussion:
Obwohl ich die Bakterienart nicht weiter bestimmen kann (Gramfärbung habe ich nicht durchgeführt) findet man monopolar begeißelte Bakterien (evtl. Pseudomonas/Vibrio,..?).

Die Geißelfärbung an sich kommt bei Bakterien die nicht aus einer reinen Kulturplatte entnommen werden aus mehreren Gründen an ihre Grenzen.
*) Einerseits ist die Matrix in diesem Fall kein reines, destilliertes Wasser, sondern Leitungswasser mit Moos in dem auch reichlich andere Verschmutzungen herumschwimmen. Das führt zu einer deutlich Verstärkten Anfärbung des Hintergrunds und zu einer schlechteren Differenzierung.
*) Andererseits hängt die Geißelfärbung (vor allem bei der Versilberung) von der Färbezeit ab. In diesem Fall waren die 8 Minuten pro Färbeschritt bei der Versilberung kein Nachteil, obwohl es zu einer verstärkten Ablagerung von Silber im Hintergrund kam. Auch bei der Fuchsinfärbung kam es mit längerer Färbezeit zu vermehrten Niederschlägen. In dem Fall aber führten die vermehrten Niederschläge zu einer negativen Kontrastierung der Geißeln und machten diese überhaupt erst sichtbar. Deshalb muss bei jeder Bakterienart/Matrix die Färbezeit experimentell ermittelt werden.
*) Die Fuchsinfärbung versagte beim Anfärben der Geißeln dieser Bakterienart vollkommen, obwohl die Färbung an sich funktioniert (im selben Präparat auf Foto VI und VII zeigten klare Geißelanfärbung, sowohl in einem Referenzpräparat einwandfreie Geißelfärbung mit Fuchsin). Das könnte die Vermutung nahe legen, dass sich nicht alle Bakteriengeißeln mit Fuchsin anfärben lassen, trotz korrekter Methodik. Die Versilberung hingegen hat problemlos funktioniert und zu einer sehr feinen Geißeldarstellung geführt.
*) Die Unterscheidung ob es sich um monopolar monotrich, oder monopolar polytrich begeißelte Bakterien handelt kann nicht sicher getroffen werden, da mehrere Geißeln zusammengewickelt/durch das Verdicken mit Tannin zu einer einzigen "verschmelzen" könnten.
*) Bei älteren Präparaten mit Fuchsin kommt es teilweise zum Verblassen. Die Versilberungen sollten theoretisch fast unbegrenzt haltbar sein.

Zusammenfassung:
Abschließend bleibt zur Geißelfärbung zu sagen, dass es eine etwas ungenaue/willkürliche und damit unwissenschaftliche Methode bleibt, weshalb sie sich wahrscheinlich auch nie wirklich durchgesetzt hat. Man mikroskopiert hier an der Auflösungsgrenze der Lichtmikroskopie und zur genauen Geißeldarstellung kommt man um die Elektronenmikroskopie nicht herum.
Nichtsdestotrotz ist es eine schöne Färbung mit der man auch im Hobbybereich eine gewisse Charakterisierung von Bakterien vornehmen kann. In diesem Fall kann man ziemlich sicher von einer monopolaren Begeißelung ausgehen. In diesem Versuch zeigte sich die Versilberung der Geißeln der Fuchsinfärbung eindeutig überlegen, da sie trotz der unvorteilhaften Matrix und feinen Begeißelung zuverlässig Ergebnisse brachte. Damit lässt sich die Versilberung prinzipiell auch aus Gewässer-/Tümpelproben durchführen.
Gründe für das Versagen/paradoxe Ergebnis der Fuchsinfärbung könnten einerseits an der veränderten Matrix liegen (Leitungswasser und andere organische Inhaltsstoffe), andererseits an der Bakterienart an sich (halte ich für weniger wahrscheinlich prinzipiell).

LG,
Alex