Botanik: Breitblättriger Rohrkolben Typha latifolia der Kanonenputzer

Begonnen von Hans-Jürgen Koch, Oktober 22, 2020, 14:57:08 NACHMITTAGS

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Hans-Jürgen Koch

Liebe Pflanzenfreunde,

beim Winterfestmachen unseres Gartenteiches habe ich einige Blattspreiten vom Rohrkolben abgeschnitten, dabei viel mir der ungewöhnliche Querschnitt auf.
Die parallelnervigen Blattspreiten sind nach außen gewölbt und innen flach, so dass sich im Querschnitt ein Halbkreis ergibt – im Gegensatz zu den Igelkolben mit dreieckigem Blattquerschnitt.
Typha-Arten sind weltweit von den gemäßigten Zonen bis in die Tropen verbreitet (kosmopolitisch) und häufig. Die Typha-Arten sind unterschiedlich verbreitet.
Oft ist der Breitblättriger Rohrkolben als Erstbesiedler auf Schlammböden zu finden, er festigt mit seinem Wurzelwerk die Gewässerufer.

Bild 01 Habitus, Typha latifolia

Urheber: Es wird Curtis Clark als Autor angenommen.

Rohrkolben-Arten sind sommergrüne, ausdauernde krautige Pflanzen. Es sind Wasser- und Sumpfpflanzen (Hydrophyten, Helophyten) mit kräftigen unterirdisch kriechenden Rhizomen. Sie sind in der Lage, dichte Bestände zu entwickeln (Polykormone).

Bild 02 Typha latifolia

Foto: H.-J_Koch

An den stets unbehaarten Stängeln sind die Blätter wechselständig und streng zweizeilig (distich) angeordnet. Die ungestielten, einfachen Laubblätter wachsen steif aufrecht, können eine Länge von bis zu 3 Meter erreichen, sind linealisch grasartig und bestehen aus einem schwammartig-zusammendrückbaren Schwimmgewebe.
Die Blattscheiden sind stets offen. An den Scheidenmündungen im Übergang zur Spreite sind keine Blatthäutchen (Ligulae) entwickelt.

Bild 03 pfeilförmiges Blatt, Typha latifolia

Foto: H.-J_Koch

Rohrkolben-Arten sind einhäusig getrenntgeschlechtig (monözisch). Der Gesamtblütenstand (Infloreszenz) der Rohrkolben besteht aus einem dickeren, rein weiblichblütigen und einem darüber befindlichen, durch einen artspezifisch langen Sprossabschnitt getrennten, dünneren rein männlichblütigen Teilblütenstand. Diese sind als walzenförmige oder kugelige Kolben ausgebildet, in denen die Einzelblüten dicht gedrängt stehen.
Der männliche Blütenstand des Kolbens fällt später ab.
Der Blütenstand ist nie von Hochblättern (Brakteen) durchsetzt – im Gegensatz zu den Arten der Igelkolbengewächse. Die eingeschlechtigen, dreizähligen Einzelblüten sind spelzenlos.

Bild 04 Schematische Darstellung der Einzelblüten und des Blütenstandes der Rohrkolben, Typha latifolia

Die Flugsamen werden mit dem Wind fortgetragen.
Dieses Werk ist gemeinfrei.

Die weibliche Blüte besteht aus der Blütenhülle (a) (Perigon), die ist zu einem dichten Haarkranz reduziert und einem gestielten Fruchtknoten (c) mit spatelförmiger Narbe (d). Die auf einem Stiel sitzenden zwei bis fünf Staubblätter (b) der einzelnen zigarrenförmigen männlichen Blüten sind von wenigen Hüllborsten (a) umgeben. Die Blütezeit der Rohrkolben erstreckt sich von Mai bis August.

Bild 05 männliche Blüte, Typha latifolia

Urheber: Blaine Hansel

Die Ausbreitung der Diasporen erfolgt durch den Wind (Anemochorie) und durch Wasser (Hydrochorie). Dabei dienen die feinen Perigonhaare als Flug- oder Schwimmorgane. Bei den meisten Arten verlassen die Samen die Fruchthülle bei längerem Kontakt mit dem Wasser, sinken ab und keimen unter Wasser (anaerob). Bei einigen Arten verbleiben sie in der Fruchthülle und keimen an der Luft unter aeroben Bedingungen.
Die vegetative Ausbreitung erfolgt über Rhizome. Die Typha-Arten können an geeigneten Standorten dichte artenarme Bestände, sogenannte Röhrichte entwickeln. Die Typha-Arten sind an feuchte bis nasse, zum Teil brackige und zeitweise überflutete Lebensräume angepasst. Sie besiedeln Gewässerufer, Sümpfe und Moore.

Bild 06 Illustration, Typha latifolia

Breitblättriger (außen links und rechts) und Schmalblättriger Rohrkolben (Mitte)
Dieses Werk ist gemeinfrei.

Systematik:
Klasse: Bedecktsamer (Magnoliopsida)
Ordnung:  Süßgrasartige (Poales)
Familie: Rohrkolbengewächse (Typhaceae)
Gattung: Rohrkolben
Wissenschaftlicher Name: Typha
Travialname: Kanonenputzer, Lampenputzer, Schlotfeger, Schmackedutsche, Bumskeule, Pompesel, Bullerbesen
Englische Bezeichnung: Cattail

Der Gattungsname Typha leitet sich vom griechischen Wort týphos für Rauch ab. Es wird damit auf die braune rauchähnliche Farbe der Fruchtkolben Bezug genommen.
Die genaue Platzierung der Gattung innerhalb der Ordnung Poales war lange umstritten. So wurde von einigen Autoren die Gattung Igelkolben in die Familie der Rohrkolbengewächse aufgrund ihrer morphologischen Ähnlichkeit mit aufgenommen, von anderen Autoren wurde die Beibehaltung eigenständiger, monogenerischer Familien (Typhaceae und Sparganiaceae) vorgezogen. Nach der strikt phylogenetisch orientierten APG III sind die Igelkolben jedoch Teil der Rohrkolbengewächse.
Die Gattung Typha umfasst je nach Autor 16 bis 40 Arten.

Blattspreite, (Lamina) Querschnitt 30 Mikrometer

Die Blattspreite (Lamina) wird als der flächige Teil des Blattes bezeichnet, der oberhalb vom Stiel sitzt. Sie ist unterteilt in die Blattnervatur, bestehend aus den Leitbündeln, und den dazwischen liegenden Interkostalfeldern. Hier findet der Hauptteil der Photosynthese statt.
Wasserpflanzen unterscheiden sich nur wenig von Landpflanzen. Die Blätter der verschiedenen Arten weisen aber Besonderheiten auf. Emerse Arten sind häufig Sumpfpflanzen, die nur teilweise im Wasser leben. Entweder, weil sie über das Wasser hinauswachsen oder durch jahreszeitliche Schwankungen des Wasserspiegels teilweise an Land stehen. Submerse Arten befinden sich immer mit allen Pflanzenteilen unter Wasser.

Diese Pflanzen wachsen nur teilweise unter Wasser und sind auch an ein Landleben angepasst.
Die Pflanzen sind in der Lage eine Zeit ohne Luft (anaerob) zu leben. Nachdem sie die Oberfläche erreicht haben setzt sofort Gasaustausch mit der Luft ein.
Auch Wasserpflanzen müssen Wasser abgeben und transpirieren.
Die Stängel solcher aufrechten Wasserpflanzen sind mit Luft gefüllt. Im Zentrum befindet sich ein Gewebekern, daran schließen sich das Xylem, das Kambium und das Phloem an, dann folgt eine Zone mit aerenchymatischem Gewebe und die Epidermis.
Auch einige Landpflanzen können eine Weile unter Wasser überleben. Viele Sumpfpflanzen (z.B. Ludwigia, Cryptocoryne) können auch ständig submers wachsen. Allerdings sind sie unter diesen Bedingungen häufig steril.
Die Blätter verändern ihre Form, wenn die Pflanze die Wasseroberfläche durchstößt. Meistens werden sie breiter, kürzer und bilden kürzere Blattstiele aus.

Bild 07 Schnittstelle, Typha latifolia

Foto: H.-J_Koch

Bild 08 Schnitte in einer Petrischale, Typha latifolia

Foto: H.-J_Koch

Zwei ungefärbte Schnitte.

Bild 09 Detailaufnahme, Typha latifolia


Bild 10 Detailaufnahme, Typha latifolia


Wacker 3 A - Färbung (Acridinrot – Acriflavin - Astrablau)
1. Schnitte liegen in 30 % Ethanol.
2. Aqua dest. 3x wechseln je 1 Minute.
3. Vorfärbung Acridiorot 8 Min.
4. 1x auswaschen mit Aqua dest.
5. Acriflavinlösung (differenzieren bis gerade keine Farbwolken mehr abgehen - Lupenkontrolle) 15 Sekunden
6. 2 x auswaschen mit Aqua dest.
7. Nachfärbung Astrablau 2 Minute
8. Auswaschen mit Aqua dest. bis keine Farbstoffreste verbleiben.
9. Entwässern mit 2x gewechseltem Isopropylalkohol (99,9 %
10. Einschluss in Euparal
Fotos: Nikon D5000

Bild 11 Detailaufnahme, Typha latifolia

Calcium-Oxalat-Kristallnadeln

Bild 12 Detailaufnahme, Typha latifolia

Die Zellwände sind verdickt und in den oberen Zellschichten befinden sich keine Chloroplasten.
Was sind Chloroplasten:
https://www.youtube.com/watch?v=4K_dI_eWagQ
Das Blatt enthält kein Palisadengewebe, sondern besteht, abgesehen von den äußeren kompakten Zellschichten, aus einem lockerem Zellverband, dessen Zwischenräume mit Luft gefüllt sind. Die Leitbündel verlaufen längs durch das Blatt. Sie sind sehr fein, aber zahlreich.
Das Blatt kann durch Sklerenchymzellen und Silicium Fäden auf der Oberfläche der Epidermis stabilisiert werden wie beim Wasserreis (Zizania aquatica).
Das Xylem befindet sich normalerweise an der Innenseite der Leitgefäße.  Bei einigen Arten gibt es aber auch inverte Leitgefäße.

Bild 13 dunkler Hintergrund, Typha latifolia


Bild 14 Detailaufnahme, Typha latifolia

Auflicht Beleuchtung Fluoreszenz iLED 455 nm
LED Modul 455 nm
Reflektormodul FL mit Filtersatz 67
Erregerfilter: BP 470 nm
Strahlenteiler: FT 477 nm
Emission (Sperrfilter): LP 485

Bild 15 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Typha latifolia


Fazit: Da ich die Pflanzenprobe nicht in PEG oder Paraffin eingebettet habe, konnte ich keine dünneren Schnitte erstellend, das Blatt enthält kein Palisadengewebe, sondern besteht, abgesehen von den äußeren kompakten Zellschichten, aus einem lockerem Zellverband, dessen Zwischenräume mit Luft gefüllt ist, dieser Zellverband schiebt sich beim Schneiden zusammen und somit ist viele Schnitt unbrauchbar.
Beim Entwässern mit Isopropylalkohol (99,9 % rollten sich die Schnitte auf.

Quellen und weiterführende Informationen:
Wikipedia
Wolfgang Engelhard ,,Was lebt im Tümpel, Bach und Weiher?", ISBN: 3-440-05444-6
,,Teich und Tümpel", ISBN: 3-440-09384-0
,,Leben in Bach und Teich", ISBN: 3-572-01085-3
,,Tiere und Pflanzen unserer Gewässer", ISBN; 978-3-440-12281-1

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Gruß
Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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