Botanik: Gemüse aus dem Asia-Markt: Vigna unguiculata subsp. sesquipedali *

Begonnen von Fahrenheit, Oktober 24, 2020, 19:32:50 NACHMITTAGS

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Fahrenheit

Liebe Pflanzenfreunde,

die unreifen Früchte der Chinesischen Schlangenbohne sind in Asien ein beliebtes Gemüse, das gerne in allen möglichen Wok-Gerichten oder dem Hot Pot gegessen wird. Wir waren mutig und haben im Vergangenen Frühjahr einige Bohnen ausgesäht. Die Pflanzen sind auch schön gewachsen, nur mit dem Blühen wollte es trotz des warmen Sommers und regelmäßigem Wässern nichts werden. Unsere Schlangenbohnen kommen also immer noch aus dem Asia-Markt, aber für einige Querschnitte vom Spross hat es gereicht.

Bild 1: Illustration der Schlangenbohne unter dem alten Namen Vigna sinensis

Von Blanco, 1880, gemeinfrei, Quelle Wikipedia

Wie immer zunächst Wissenswertes zur Pflanze selbst

Die Schlangenbohne, Spargelbohne oder Kuhbohne (Vigna unguiculata) ist eine weit verbreitete Nahrungspflanze aus der Familie der Hülsenfrüchtler (Fabaceae), die vor allem in Afrika und Asien angebaut wird. Die afrikanische Variante rankt dabei, im Gegensatz zur asiatischen, kaum.Es gibt vier anerkannte Unterarten:

    Vigna unguiculata subsp. dekindtiana, die den Nutzpflanzen verwandte Wildform
    Vigna unguiculata subsp. unguiculata, cultivated (Engl. black-eyed pea)
    Vigna unguiculata subsp. cylindrica, cultivated, Catjangbohne
    Vigna unguiculata subsp. sesquipedalis, cultivated, Spargelbohne

Bild 2: Blattwerk von Vigna unguiculata subsp. sesquipedalis

Aufnahme von Harry Rose, CC BY-SA 2.0, Quelle Wikipedia

Meine Pflanze war eine Vigna unguiculata subsp. sesquipedalis. Dies sind einjährige Pflanzen. Es gibt buschförmige und kletternde Formen mit windenden Ranken. Letztere werden an Stangen, Drähten oder Schnüren gezogen und erreichen Wuchshöhen von 2,5 bis 3 m. Die Blätter sind dreiteilig. In ihren Achseln stehen an 4 bis 6 cm langen Blütenstielen die weißen, hellgelben oder violetten Blüten. Ansonsten der Gartenbohne ähnlich, haben die Blüten ein kahnförmig gebogenes Schiffchen, kein spiralig eingerolltes. Die Blüten sind selbstbestäubend. Sie öffnen sich früh am Morgen und verblühen gegen Mittag. Die Hülsen stehen zunächst aufrecht, später hängen sie.
In Mitteleuropa erreichen sie Längen von 30 bis 50 cm, in den Hauptanbauländern 60 bis 90 cm. Junge Hülsen sind cremefarben, hell- oder dunkelgrün und haben einen Durchmesser von 8 bis 11 mm. Reife Hülsen enthalten 10 bis 30 Samen von 8 bis 11 mm Länge. Die Samen sind cremefarben, bräunlich oder rötlich und haben einen dunkelgrünen Ring um den Nabel.

Bild 3: Blüte der Schlangenbohne

Aus Wikipedia, User Amanda, gemeinfrei

Die Spargelbohne ist temperaturempfindlich und stellt bei Tageshöchstwerten unter 20 °C das Wachstum ein. Frost verträgt sie nicht. Die Keimung sollte bei Bodentemperaturen von 20 bis 22 °C erfolgen. Gute Wachstumsbedingungen sind volles Sonnenlicht bei Tagestemperaturen von 25 bis 35 °C und Nachttemperaturen über 15 °C. Sie vertragen Trockenperioden, allerdings werden die Hülsen bei längerer Trockenheit faserig. Günstig sind jährliche Niederschläge von bis 1500 mm.
Die verschiedenen Subspezies von Vigna unguiculata werden in Afrika und Asien landwirtschaftlich intensiv genutzt. Die Pflanzen werden über Samen vermehrt und an Spalieren oder Stangen gezogen. Hauptsächlich in Afrika werden auch buschförmige Sorten angebaut. Marktreife Hülsen können bereits 60 Tage nach der Aussaat geerntet werden - was bei mir leider nicht geklappt hat, da es wohl in den Nächten zu kalt war. Erntet man rechtzeitig ab, blühen die Bohnen bis in den Herbst hinein und ermöglichen immer wieder neue Ernten.

Bild 4: Anbau kletternder Pflanzen

Von Aris Riyanto, CC BY-SA 4.0, Quelle Wikipedia

Nutzung:
Die jungen Hülsen werden wie die der Gartenbohne zubereitet. Sie werden frisch zubereitet, tiefgefroren oder zu Konserven verarbeitet. Die Ernte erfolgt, wenn die Hülsen glatt und unreif sind und die Samen klein. Sie werden meist sautiert oder kurz angebraten.
In den tropischen Anbauländern werden die jungen Blätter wie Spinat zubereitet und als Gemüse verzehrt. Die keimenden Samen werden als Keimsprosse verwendet. Die Sprossspitzen können wie Spargel verwendet werden. In Afrika überwiegt die Nutzung der trockenen, reifen Samen.
In Südostasien, Ost- und Südafrika ist die Spargelbohne eine der beliebtesten Gemüsearten. Wichtige Anbaugebiete sind China, Indien, Indonesien, Nigeria, Ghana, Uganda, Kalifornien, Surinam und die Philippinen. Geringere Bedeutung hat der Anbau im Mittelmeerraum, in Südafrika und in Australien. Die Weltproduktion wurde 1990 auf 1,25 Millionen Tonnen geschätzt. In Mitteleuropa wird die Spargelbohne in geringem Umfang in Gewächshäusern gezogen, etwa in den Niederlanden.

Bild 5: Reife Bohnen

Aus Wikipedia, User City Farmer, CC BY-SA 4.0

Die Spargelbohne ist aus der ursprünglich afrikanischen Augenbohne entstanden. Dies dürfte in Asien passiert sein. Sie wird heute in vielen tropischen Tieflandgebieten angebaut. Im 16. Jahrhundert gelangte sie nach Westindien, etwa 1700 in die heutigen USA. 

Bild 6: Schlangenbohnen, die unreifen Hülsen von Vigna unguiculata subsp. sesquipedalis, auf dem Markt

Von Paul Goyette, CC BY-SA 2.0, Quelle Wikipedia

Quelle: Wikipedia / Diverse


Kurz zur Präparation

Die Proben stammen von den ersten 10 cm des Sprosses einer unserer Pflanzen. Die als Spross 1 bezeichneten Schnitte habe ich an einer Stelle etwa 8 bis 9 cm über dem Boden, oberhalb des ersten Blattpaars genommen, die mit Spross 2 bezeichneten Schnitte etwa 1 cm über dem Boden.
Der Schnitt erfolgte in beiden Fällen freistehend auf dem Tempelchen mit Leica Einmalklingen 818 im SHK Klingenhalter, die Schnittdicke beträgt jeweils etwa 50 µm.
Vor der Schnittfixierung in AFE habe ich Aufnahmen der frischen, unfixierten Schnitte erstellt.
Nach Überführung in Aqua dest. habe ich mit W-Asim III nach Klaus Herrmann gefärbt. Die Einfachfärbung mit Rhodamin B als Rotkomponente wird nach 15 Minuten Einwirkzeit mit einmaligem leichten Erwärmen bis vor den Siedepunkt mit Aqua dest. ausgespült.
Sanftes Differenzieren in Aqua dest. für mehrere Stunden verbessert das Färbeergebnis.
Eingedeckt sind die Schnitte wie immer in Euparal.


Die verwendete Technik

Die Aufnahmen sind auf dem Leica DMLS mit dem CPlan 4x, dem NPlan 5x und den PlanApos 10x, 20x und 40x entstanden. Die Kamera ist eine Panasonic GX7, die am Trinotubus des Mikroskops ohne Zwischenoptik direkt adaptiert ist. Die Steuerung der Kamera erfolgt durch einen elektronischen Fernauslöser. Die notwendigen Einstellungen zur Verschlusszeit und den Weißabgleich führe ich vor den Aufnahmeserien direkt an der Kamera durch. Der Vorschub erfolgt manuell anhand der Skala am Feintrieb des DMLS.

Alle Mikroaufnahmen sind mit Zerene Stacker V1.04 (64bit) gestackt. Die anschließende Nachbereitung beschränkt sich auf die Normalisierung und ein leichtes Nachschärfen nach dem Verkleinern auf die 1024er Auflösung (alles mit XNView in der aktuellen Version). Bei stärker verrauschten Aufnahmen lasse ich aber auch mal Neat Image ran.


Und nun zu den Präparaten

Leider habe ich kein Bild von der Lage der Schnitte gemacht, sodass hier eine Beschreibung reichen muss. Beim Zurückschneiden der Bohnen habe ich die ersten etwa 10 Zentimeter des Sprosses von der Erdoberfläche gerechnet, mit ins Labor genommen. Auffällig war, dass der Spross oberhalb des ersten Knotens (Spross 1) einen deutlich geringeren Durchmesser hatte, als das Stück darunter (Spross 2).
Natürlich zeigen die beiden Querschnitte auch Unterschiede in der Anatomie: zwischenzeitlich gehe ich davon aus, mit Spross 2 das Hypocotyl geschnitten zu haben und werde beide Schnittebenen im folgenden auch entsprechend als Spross und Hypocotyl bezeichnen.

Beginnen wir mit dem Spross, von dem ich auch den frischen, ungefärbten Schnitt fotografiert habe.

Bilder 7a-f: Übersicht im frischen, ungefärbten und mit W-Asim III nach Klaus Herrmann gefärbten Schnitt. Bilder 7c & f mit Beschriftung







Von innen (unten) nach außen finden wir eine lysigene Markhöhle gefolgt vom Markparenchym (MP), daran schließt primäres Xylem (pXl) und Xylem (Xl) mit großen Tracheen (T) an. Das Xylem ist von vielen Markstrahlen (MS) unterbrochen. Auf dem Cylem aufliegend das Cambium (Ca) gefolgt von lang gestreckten Phloemnestern (Pl), die von den hier breiter werdenden Markstrahlen und dem nachfolgenden Rindenparenchym (RP) umgeben sind. Eingelagert im Rindenparenchym finden sich Nester von sklerenchymatischen Fasern (SklF), der einzige Hinweis auf einen rankenden Spross. Den Abschluss bilden die Epidermis und die aufliegende, nicht sehr ausgeprägte Cuticula.
Informationen zu den Abkürzungen in den beschrifteten Bildern findet Ihr wie immer auch auf der Webseite des MKB: Tabelle mit den Kürzeln und den zugehörigen allgemeinen Erläuterungen.

Bilder 8a-c: Die äusseren Gewebe im Detail, Bild 8c mit Beschriftung




Hier sehen wir wie bereits oben beschrieben, Phloem, Markstrahlen, Rindenparenchym sowie die Epidermis mit der Cuticula im Detail.

Bilder 9a-d: Das Xylem mit Tracheen im Detail, Bilder 9b & d mit Beschriftung





Eingelagert im Xylemparenchym (XlP) sehen wir viele große Tracheen (T), die mit Tüpfelfeldern (Tü oder HT für Hoftüpfel) an die umliegenden Zellen angebunden sind. In den Zellen der Markstrahlen (MS) finden wir viele Amyloplasten, deren Verteilung wir uns nun noch etwas genauer anschauen werden.
 
Bilder 10a-f: Eingelagerte Stärkekörner (Amyloplasten), Bild 10c mit Beschriftung, Bilder 10d bis f im Polarisationskontrast







Die ungefärbten Bilder 10a bis d zeigen Stärkekörner (Amyloplasten - Am) in den Zellen des Markparenchyms (MP). Die beiden letzten Bilder 10e und f noch einmal Amyloplasten der Markstrahlzellen im Polarisationskontrast.
Die Schlangenbohne ist eine einjährige Pflanze, somit können die großen Mengen eingelagerter Stärke nicht zum "Überwintern" dienen. Ich vermute einmal, dass hier die notwendige Energie für die Blüte und Fruchtbildung vorgehalten wird, zu der es bei meinen Pflanzen ja leider nicht gekommen ist.

Schauen wir uns nun einmal den Aufbau des Hypocotyls an (hier habe ich nur Bilder von den fertigen Präparaten vorliegen).

Bilder 11a-d: Aufbau des Hypocotyls in der Übersicht, Bilder 11b & d mit Beschriftung





Im Prinzip sehen wir die gleiche Anatomie wie beim Spross_ Markparenchym (MP, primäres Xylem (pXl) und Xylem (Xl) mit Markstrahlen (MS), Cambium (Ca), Phloem (Pl), Rindenparenchym (RP) und Epidermis mit Cuticula (Ep & Cu).
Auffällig hier ist, dass das Xylemband viel breiter ist und mehr Tracheen enthält. Wo geht all das Wasser hin? Eine Frage, der wir uns später noch einmal zuwenden.

Bilder 12 a-c: Ein Auge im Rindenparenchym - Nebenleitbündel, Bild 12b mit Beschriftung




Im Rindenparenchym des Hypocotyls finden sich einige Nebenleitbündel. In diesen ist das zentrale Phloem vom Xylem umgeben. Ob es sich um Blattspuren handelt, kann ich nicht sicher sagen. auffällig ist, dass dieses Detail im Spross nicht zu finden ist.

Wie ist das nun mit den Leitbündeln?

Bilder 13a,b: Durchmesser der größten Tracheen im Spross (13a) und Hypocotyl (13b):



Die Messung zeigt: die größten Tracheen im Spross haben mit ca. 280µm eine mehr als doppelt so großen Durchmesser wie die im Hypocotyl mit ca. 122 µm. Dabei steigt die Querschnittsfläche hier annähernd im Quadrat mit dem Radius. die großen Tracheen des Sprosses können also mehr als 4 mal zu viel Wasser transportieren wie die kleineren Tracheen des Hypocotyls. Dafür sind von diesen im größeren Querschnitt entsprechend mehr vorhanden.

Vielen Dank fürs Lesen, Anregung und Kritik sind wie immer willkommen.

Herzliche Grüße
Jörg
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Fahrenheit

Ah, fast vergessen!

Auf den Blättern der Schlangenbohne fand sich dieser hübsche Beifang:



Eine Büffelzikade (Stictocephala bisonia).

Herzliche Grüße
Jörg
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jcs

Hallo Jörg,

wie immer, sehr gelungene Bilder. Und auch sehr interessante Infos zu dieser Pflanze. Das Anbauen hat sich offenbar gelohnt, und im Notfall können die Büffelzikaden ja die gewünschten Proteine liefern, anstatt der ursprünglich geplanten Bohnen.

Jürgen

Fahrenheit

Lieber Jürgen,

danke Dir! Es freut mich sehr, dass Dir der Beitrag gefällt.

Gelohnt hat sich der Anbau bei mir nur in der Hinsicht, dass ich beim Abräumen der Pflanzen etwas zum Schnippeln hatte. Leider haben sie bei mir nicht geblüht.
Die Büffelzikade wäre bei meinem Chamäleon als dorniger Snack durch gegangen, mir war sie zu schade zum Verkosten ...  ;D

Herzliche Grüße
Jörg
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limno

Hallo Jörg,
schade, dass es mit der Bohnenernte nicht geklappt hat. Lag's an der Witterung? Bei uns im ländlichen Südostoberbayern war es jedenfalls wunderbar ausgegichen. Deine Schnitte sind dagegen wie stets sehr gelungen. Am schönsten aber fand ich doch - Verzeihung- die Büffelzikade, die mich sehr eine Pokemonfigur erinnert.
Danke für diesen Beitrag von
Heinrich
So blickt man klar, wie selten nur,
Ins innre Walten der Natur.

Fahrenheit

Lieber Heinrich,

auch Dir vielen Dank für Dein Lob, das mich sehr freut!

Ja, ich denke, für die Bohnen war es bei uns trotz des guten Sommers zu kalt und vielleicht standen sie auch nicht sonnig genug.
Die Büffelzikade hat mich auch ehr fasziniert. Ich habe noch nie eine gesehen und war erstaunt zu lesen, dass sie bei uns mittlerweile heimisch sind.

Herzliche Grüße
Jörg
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Fahrenheit

Lieber Adalbert,

gerne geschehen und danke für Dein Lob!

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Jörg
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beamish

Lieber Jörg,
tolles Ding uns diese exotischen Schnitte zu zeigen! Da gäbe es vielleicht noch mehr in den Asia-Märkten?
Die uns gewohnten grünen Bohnen, die ja urspünglich aus Amerika stammen, sind ja roh giftig. Die Schlangenbohne aber wohl  nicht, oder?
Grüsse
Martin
Zeiss RA mit Trinotubus 0/100
No-Name China-Stereomikroskop mit Trinotubus
beide mit Canon EOS 500D

Nikonudo

Hallo Jörg,


zu diesem Beitrag kann ich nur gratulieren.
Was für eine gelungene Doku in Bild und Text.



LG Udo
Meine Fotos werden nie perfekt sein. Aber wenn ich ein Foto zeige, dann gefällt es MIR.
Ich arbeite mit Olympus BH 2 Mikroskope in Auflicht, Durchlicht, Polarisation und Fluoreszenz.
Fotografiert wird mit Nikon D850 und Z6II in Kombi mit Stackshot, Helicon Focus 7, Zerene Stacker, Smartshooter 4


Fahrenheit

Lieber Martin, lieber Udo, lieber Leo,

auch Euch vielen Dank für Euer Lob, das mich sehr freut.

Klar gibt es auf den Asiamärkten noch mehr zum Schnippeln - Koreander hat hier z.B. auch noch nie jemand gezeigt. :)
Wir hatten dieses Jahr noch Wasserspinat (Ipomoea aquatica) und Thai-Basilikum (Ocimum basilicum var. thyrsiflora) sowie Flügelerbsen (Tetragonolobus purpureus) ausgesäht. Wasserspinat ist wegen seiner hohlen Stängel biestig zu schneiden, Thai-Basilikum ist ereignislos und bei den Erbsen hab' ich gar nicht ans Schnippeln gedacht (sind leider auch nix geworden, die Schoten waren viel zu klein). 

Vigna unguiculata subsp. sesquipedalis kann laut Literatur roh gegessen werden, wir hatten sie bisher allerdings immer im Hot Pot.

Herzliche Grüße
Jörg
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wejo

Hallo Jörg,
für Deinen interessanten und mit tollen Bildern bereicherten Beitrag möchte ich mich auch bei Dir bedanken, denn es steckt viel Arbeit darin. Ich freue mich auch schon auf die weiteren optischen Speisen Deiner asiatischen Speisekarte!
Viele Grüße
Werner

Fahrenheit

Lieber Werner,

danke Dir fürs Lesen und schön, dass Dir der Beitrag gefallen hat. :)
Klar steckt da ein gewisser Aufwand drin: aber es ist ja mein Hobby und es macht Spaß! :)

Unsere Asiaten sind erst mal alle abgeräumt, mal schauen, was wir nächstes Jahr wieder aussähen. Meiner Frau hat sich in einem Suppermarkt in Vietnam am Samenregal eingedeckt, es sind also noch ein paar Überraschungen drin.

Herzliche Grüße
Jörg
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Fahrenheit

Liebe Pflanzenfreunde,

die hier gezeigte Schlangenbohne Vigna unguiculata subsp. sesquipedali ist ja in der "asiatischen" Variante eine kletternde Pflanze, während die "afrikanische" Variante eher buschig wächst. Vielleicht auch einfach aufgrund extensiver Anbauformen? Jedenfalls habe ich mich über den wenig typischen Sprossquerschnitt gewundert: einzig die großen Tracheen weisen eine Analogie z.B. zu den sprossen der ebenfalls rankenden Kürbispflanzen auf, die jedoch - auch wegen der schweren Früchte, eher Bodendecker sind.

Nun habe ich einmal meine Bilddatenbank nach kletternden und rankenden Pflanzen durchsucht, um einen kleinen, unvollständigen Vergleich zu wagen.

Zunächst noch einmal die relevanten Bilder vom Spross der Schlangenbohne:

Bilder 7a-c: Spross der Schlangenbohne - Wiederholung





Schauen wir nun einmal den Gartenkürbis (Cucurbita pepo) an:
Forenthread Gartenkürbis

Bilder 14a-d: Kartenkürbis, Pflanze und Spross, Bild 14d mit Beschriftung





Wie oben schon angedeutet: wir finden in Analogie eine ausgeprägte Markhöhle und die großen Tracheen. Eine Besonderheit bei den Cucurbitaceae ist das innen liegende Phloem (bikollaterales Leitbündel), mit dem die Schlangenbohne nicht aufwarten kann.
Der Spross des Kürbis ist von seiner Anatomie her nicht für hohe Zugbelastungen gemacht, stellt aber die Wasserversorgung der großen Früchte mit den großen Tracheen sicher.


Der nächste Kandidat ist die Gewöhnliche Osterluzei (Aristolochia clematitis):
Forenthread Gewöhnliche Osterluzei
Forenthread Aristolochia gigantea

Bilder 15a,b: Osterluzei Pflanze und Spross, Bild 15b mit Beschriftung



Das Präparat ist von einem seinerzeit über 80 Jahre alten Schnitt, den Klaus Herrmann im Jahr 2011 zur Kornrade nach Darmstadt mit gebracht hat. Wir haben ihn dann dort zu ende präpariert (Färbung mit W3A), die dunkle Färbung ist dem alter geschuldet. Die gewöhnliche Osterluzei ist keine echte Kletterpflanze (anders als z.B. A. gigantea), sondern wächst eher als Bodendecker oder buschig.
Hier sehen wir, typisch für die Osterluzeigewächste (Aristolochiaceae), die von starken Markstrahlen unterbrochenen Leitgewebe, die dem Spross eine relative Verwindungssteifigkeit geben und auch Zugkräfte etwas abfangen. Auch ältere Sprosse von Aristolochia clematitis haben aber ein intaktes Mark, nur die auch hier recht großen Tracheen passen ins allgemeine Bild.


Nun schauen wir einmal nach der Fingerblättrige Akebie (Akebia quinata):
Forenthread Fingerblättrige Akebie

Bilder 16a-d: Fingeblättrike Akebie, Pflanze und Spross, Bild 16d mit Beschriftung





Der Sprossaufbau der Fingerblättrigen Akebie gleicht dem der Gewöhnlichen Osterluzei auf frappierende Weise und so gilt das oben gesagte auch hier, obwohl Akebia quinata eine ausgemachte Kletterpflanze ist, die aber sehr nah an ihrer Stützpflanze rankt und sie auch erdrosseln kann. Selbst dünne Seile werden bei uns im Garten perfekt umrankt. Somit ist eine Zugfestigkeit des Sprosses nicht gefordert.


Zu guter Letzt möchte ich Euch noch zwei Beispiele aus der Gattung Clematis - der Liane meiner Jugend - vorstellen:
Forenthread Gewöhnliche Waldrebe
Forenthread Clematis Hybride

Bilder 17a-d: Gewöhnliche Waldrebe (Clematis vitalba), junger Spross, Bild 17d mit Beschriftung





Wir sehen eine kleine Markhöhle, starke Sklerenchymkappen und nur mäßig große Tracheen. Wie schaut das ganze bei einem älteren Spross aus?

Bilder 18a-c: Clematis Hybride ("Miss Bateman"), Pflanze und 5-jähriger Spross, Bild 18c mit Beschriftung




Die Pflanzen der Gattung Clematis sind gute Kletterer und wir finden ihre Sprosse oft frei von den Bäumen hängend. Und ja, nicht nur als Kind kann man daran Tarzan spielen.
Die Zugfestigkeit spielt also eine große Rolle und wird hier durch die Xylempakete, wie bei Akebia und Aristolochia eingebettet in breite Markstrahlen, und entsprechende Bastfasern erreicht.

Man sieht: hier haben verschiedene kletternde und rankende Arten genau die Sprossanatomie, die ihre Lebensweise am besten unterstützt.

Herzliche Grüße
Jörg
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jcs

Hallo Jörg,

wieder einmal gelungene Aufnahmen und eine interessante Gegenüberstellung der verschiedenen Kletterpflanzen!

Wenn ich mir die verschiedenen Querschnitte der Sprosse anschaue, sehe ich eher eine Optimierung hinsichtlich Steifigkeit, und weniger in Richtung Festigkeit. Die Schlingpflanzen müssen ja immer ohne Halt ein Stück nach oben wachsen, bis sie wieder irgendwo andocken können. Da ist in erster Linie Steifigkeit gefragt, ansonsten kippt der Spross zu leicht nach unten. Das würde auch die sternförmigen Versteifungen bei der Waldrebe und den großen Markraum beim Kürbis erklären. Beide Geometrien bringen wenig bis nichts für die Zugfestigkeit (die von der tragenden Querschnittsfläche abhängt), aber viel für eine Erhöhung der Biegesteifigkeit.

LG

Jürgen