Botanik: Auf die Faser geschaut - Cannabis sativa *

Begonnen von Fahrenheit, November 08, 2020, 16:50:09 NACHMITTAGS

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Fahrenheit

Liebe Pflanzenfreunde,

bei einer unserer ersten Pilzexkursionen im Spätsommer (natürlich erfolglos ...) kamen wir an einem Feld mit seltsamen, teils schon gut 3 Meter hohen Pflanzen vorbei. Die Blattform erinnert doch an ... genau. Kurz angehalten, ein paar Bilder gemacht und natürlich eine Probe mitgenommen: ein Stück eines Seitensprosses direkt oberhalb der Sprossgabelung vom Hauptspross. Der musste zwar gut 4 Stunden ungeschützt darben, hat es aber gut überstanden.
Es war das erste Mal, dass wir bei uns im Rheinland ein Feld mit Faserhanf gesehen haben, ich kannte den Anbau bisher nur aus der Bodenseeregion, wo man beim Radeln ab und an mal ein Feld entdecken kann. Dem Faserhanf wurde die THCA-Produktion abgewöhnt und in der EU sind Sorten mit einem Gehalt von weniger als 0,2 % THCA für den Anbau als Faserhanf zugelassen. Dabei handelt es sich vor allem um Sorten der Hanfart Cannabis sativa und dessen Kulturform Cannabis sativa var. sativa. Der Indische Hanf (Cannabis indica) spielt hingegen nur als Drogen- und Medizinalpflanze eine Rolle. Vor dem Anbau muss meines Wissens nach jedoch noch immer eine Genehmigung eingeholt werden.
Hanffasern sind der Ausgangsstoff für sehr robuste Textilien (wer nach z.B. Hanfjeans googled, findet mittlerweile eine breite Auswahl ...) und ich wollte einmal einen Blick auf den Ursprung dieser Fasern werfen.


Wie immer aber zunächst einige Informationen zur Pflanze selbst:

Ursprünglich war Hanf (Cannabis sativa) vermutlich in Zentralasien beheimatet. Da er durch menschliches Zutun seit Tausenden von Jahren immer weiter verbreitet wurde, lässt sich das natürliche Verbreitungsgebiet jedoch nicht mehr sicher genau eingrenzen. Heute ist Hanf als Therophyt fast weltweit in den gemäßigten bis tropischen Zonen zu finden, sowohl kultiviert als auch verwildert.

Bild 1: Der Autor am Feldrand mit dem Faserhanf - die Größe der Pflanzen lässt sich erahnen


Cannabis sativa ist eine meistens diözische einjährige, krautige Pflanze. Die Pflanzen erreichen in der Natur maximal vier Meter Höhe, manche Sorten können aber auch über sechs Meter hoch wachsen. Es gibt größere, aber weniger robuste männliche und weibliche Pflanzen. Cannabis sativa ist eine monokarpe Pflanze mit einer Vegetationsdauer von 90–105 Tagen. Dies bedeutet, dass die Pflanze nach der Blütezeit abstirbt.

Bild 2: Faserhanf-Pflanzen mit den typischen Blättern


Die Hanfpflanze besitzt eine gut entwickelte Pfahlwurzel mit zahlreichen Seitenwurzeln. Die Hauptwurzel kann, abhängig von der Bodenbeschaffenheit, eine Länge von bis zu zweieinhalb Meter erreichen, die Nebenwurzeln werden maximal 60 bis 80 Zentimeter lang. Dabei entwickelt sie sich vor allem in lockerem Mineralboden zu größerer Durchwurzelungstiefe und -dichte, während sie sich in festerem Boden deutlich weniger stark entwickelt und vor allem im oberen Bereich die größte Wurzeldichte und -masse ausbilden. Weitere Einflüsse auf die Wurzeltiefe stellen der Grundwasserspiegel, die Bewuchsdichte und andere Kultivierungsparameter sowie die Hanfrasse dar. Zudem bilden männliche Pflanzen aufgrund der kürzeren Vegetationsphase eine weniger starke Bewurzelung aus als weibliche Pflanzen. Insgesamt stellt die Wurzelmasse bei Faserhanfsorten etwa acht bis neun Prozent der Gesamtmasse der Pflanze dar.
Die kantigen, gerieften und haarigen Stängel stehen meist einzeln und aufrecht, im Bereich des Blütenstandes sind sie verzweigt. Die Seitentriebe sind dicht filzig behaart.

Bild 3: Eine Sprossspitze im Detail


Die wechselständig angeordneten Laubblätter sind in Blattstiel und Blattspreite gegliedert. Der Blattstiel ist 2 bis 7 Zentimeter, manchmal aber auch über 15 Zentimeter lang. Die Blattspreite ist handförmig zusammengesetzt (palmat). Die einzelnen, sitzenden Blättchen sind lanzettlich bis lineallanzettlich und 7 bis 15 (selten 3 bis 15) Zentimeter lang und einen halben bis anderthalb (selten 0,2 bis 2) Zentimeter breit und zugespitzt, der Rand ist grob gesägt. Die Blattunterseite ist hellgrün und die -oberseite dunkelgrün und die Blätter sind beidseitig behaart, sowie unterseits mit klebrigen Drüsen. Die Nebenblätter sind linealisch.

Bild 4: Männliche Blüten

Aus Wikipedia, Autor H. Zell, CC BY-SA 3.0

Blütezeit ist hauptsächlich von Juni bis September. Die männlichen, rispigen Blütenstände sind rund 25 Zentimeter lang. Die an einem zwei bis vier Millimeter langen Blütenstiel hängenden, nickenden Blüten sind gelblich grün. Die bootförmigen und eiförmigen bis lanzettlichen Kelchblätter sind zweieinhalb bis vier Millimeter lang, häutig und behaart. Die Kronblätter fehlen. Die Staubfäden sind zwischen einem halben bis einen Millimeter lang, die großen Staubbeutel sind länglich-rund.

Bild 5: Weibliche Blüten

Aus Wikipedia, User "Bokske", CC BY-SA 3.0

Die weiblichen, scheinährigen Blütenstände sind blattachselbürtig und stehen dicht beieinander zwischen den blattartigen, gelben Tragblättern und Vorblättern. Die Blüten sind sitzend und von grüner Farbe, der kleine, dünne Kelch liegt eng um den elliptischen Fruchtknoten. Die Blüten sind dicht von einem spathaförmigen, drüsigen und behaarten Deckblatt eingehüllt. Der einkammerige und oberständige Fruchtknoten hat zwei lange, fädige und haarige Narbenäste. Die Kronblätter fehlen.

Die Reifezeit der Früchte startet im Juli und reicht je nach Beginn der Blüte bis in den Oktober. Die Frucht ist eine bräunliche, glatte, feinnervig, ellipsoide und teils abgeflachte Achäne mit krustiger Schale und sie erreicht Längen von zwei bis fünf Millimeter.

Bild 6: Illustration zu Cannabis sativa

Aus Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz von Prof. Dr. Otto Wilhelm Thomé, 1885, Gera, gemeinfrei; Quelle www.biolib.de, Kurt Stüber

Die einzelnen Bestandteile der Pflanze (Fasern, Samen, Blätter, Blüten) werden etwas ungenau ebenfalls als Hanf bezeichnet. Aus diesen Pflanzenteilen können jeweils sehr verschiedene Produkte hergestellt werden:

    Bekleidung und Seile (aus den Fasern der Stängel),
    Speiseöl (aus den Samen),
    ätherisches Öl (aus destillierten Blättern und Blüten)
    sowie Haschisch - THCA haltiges Harz - und Marihuana - getrocknete weibliche Blüten und Hochblätter - (aus getrockneten Blättern, Blüten und Blütenständen).

Neben seiner Rolle als wichtiger nachwachsender Rohstoff für Textilindustrie und Bauwirtschaft wird Hanf daher sowohl als Rauschmittel wie auch als Arzneimittel verwendet. Die Nutzung als Rauschmittel ist beim Faserhanf aufgrund des geringen THCA Gehalts nicht möglich.

Bild 7: Hanffasern am Spross

Aus Wikipedia, User "Natrij"; 2002, gemeinfrei

Die pharmakologischen Wirkungen von Cannabis sind erst in jüngster Zeit in den Fokus der medizinischen Forschung gerückt. Verantwortlich für die Wirkungen sind Inhaltsstoffe, die als Cannabinoide bezeichnet werden; allen voran Δ9Tetrahydrocannabinol (THC) aus THCA (Tetrahydrocannabinolsäure) und Cannabidiol (CBD).

Hanfprodukte werden zur Schmerzlinderung bei chronischen Schmerzen eingesetzt und neuere Studien weisen auf ein mögliches arzneiliches Potential von medizinischem Cannabis bei gewissen Krebsformen hin. Die Wirksamkeit und medizinische Anwendung von Cannabis und Cannabinoiden wird derzeit intensiv erforscht.

Die Verschreibungsfähigkeit von Cannabisblüten und Cannabisextrakten ist national unterschiedlich geregelt. In Deutschland ist Cannabis (,,Pflanzen und Pflanzenteile der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen") seit dem 10. März 2017 ein verkehrs- und verschreibungsfähiges Arzneimittel, das theoretisch von jedem Arzt verschrieben werden kann, wenn dieser den Einsatz als sinnvoll erachtet. In Österreich sind Zubereitungen aus Cannabisextrakten gemäß § 14 Zif. 3 Suchtgiftverordnung verschreibbar. In Belgien, den Niederlanden, Spanien, Italien, Finnland, Portugal, der Tschechischen Republik, Israel, Kanada, Neuseeland, dem Vereinigten Königreich, in über der Hälfte der 50 Bundesstaaten der Vereinigten Staaten sowie in weiteren Ländern können Cannabis oder seine Wirkstoffe arzneilich genutzt werden.

Bild 8: Hier noch einmal eine schöne Illustration von Köhler

Aus Köhlers Medizinalpflanzen, Hermann Adolf Köhler (1834 - 1879), gemeinfrei

Als Medizinalhanf kommen sowohl Cannabis sativa als auch Cannabis indica bzw. daraus resultierende Hybride zur Verwendung. Kulturhanf wird nur selten, in weitgehend naturbelassener (und nicht berauschender) Form, als Hanföl und ätherisches Hanföl eingesetzt. Häufiger dient er als Grundstoff zur Gewinnung zugelassener Arzneimittel wie beispielsweise Dronabinol, da Nutzhanf nur pharmakologisch unwirksame THC-Gehalte von unter 1 % aufweist.

Die Informationen habe ich aus den Wikipedia-Artikeln zu Hanf allgemein und Cannabis sativa im Speziellen zusammen gestellt. Informationen zur Anatomie findet man im Atlas of Stem Anatomy in Herbs, Shrubs and Trees (Schweingruber, Börner, Schulze, Springer, 2011) Band 1 Seite 93 ff.
Zu Cannabis sativa hat auch Hans-Jürgen bereits 2013 einen viel beachteten Beitrag hier im Forum geschrieben: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=14990.0.


Hier die Informationen zur Präparation

Geschnitten habe ich den Seitenspross freistehend auf dem Tempelchen (Zylindermikrotom im Halter als Tischmikrotom) mit Leica Einmalklingen 818 im SHK Halter.
Die Schnittdicke beträgt je ca. 50µm.

Anschließend habe ich wieder einige Aufnahmen von den frischen, unfixierten Schnitten gemacht.

Fixiert wurden die Schnitte für ca. 24 Stunden in AFE. Nach Überführen in Aqua dest. waren die Schnitte dann bereit für die Färbung.

Gefärbt habe ich für 7 Minuten mit W3Asim I nach Rolf-Dieter Müller mit einmaligem leichten Erwärmen bis kurz vor den Siedepunkt.
Anschließend habe ich gut mit Aqua dest. gespült und für 18 Stunden bei mehrmaligen Wechsel des Wassers sanft differenziert.

Eingedeckt wurden die Schnitte nach gründlichem Entwässern mit reinem Isopropanol wie immer in Euparal.


Kurz zur verwendeten Technik

Die Aufnahmen sind auf dem Leica DMLS mit dem NPlan 5x sowie den PlanApos 10x, 20x, 40x und 100x entstanden. Die Kamera ist eine Panasonic GX7, die am Trinotubus des Mikroskops ohne Zwischenoptik direkt adaptiert ist. Die Steuerung der Kamera erfolgt durch einen elektronischen Fernauslöser. Die notwendigen Einstellungen zur Verschlusszeit und den Weißabgleich führe ich vor den Aufnahmeserien direkt an der Kamera durch. Der Vorschub erfolgt manuell anhand der Skala am Feintrieb des DMLS.

Alle Mikroaufnahmen sind mit Zerene Stacker V1.04 (64bit) gestackt. Die anschließende Nachbereitung beschränkt sich auf die Normalisierung und ein leichtes Nachschärfen nach dem Verkleinern auf die 1024er Auflösung (alles mit XNView in der aktuellen Version). Bei stärker verrauschten Aufnahmen lasse ich aber auch mal Neat Image ran.


Und nun zu den Präparaten

Geschnitten habe ich einen Seitenspross knapp über der Sprossgabel zum Hauptspross, etwa so wie in Bild 9 eingezeichnet:

Bild 9: Makro vom Längschnitt eines Sprosses von C. sativa mit Schnittposition

Aus Wikipedia, User Fenrisulfir, CC BY-SA 3.0

Betrachten wir zunächst die ungefärbten, frischen Schnitte:

Bilder 10a-c: Aufnahmen vom frischen, ungefärbten Querschnitt des Sprosses in ansteigender Vergrößerung




Erläuterungen zur anatomie und zum Maßstab findet Ihr in den folgenden Bildern von den mit W3Asim I gefärbten Schnitten. Auffällig aber schon hier die Sklerenchymfasern im Rindenparenchym und natürlich die grünen Chloroplasten.
Und nun wird es bunt ...

Bilder 11a-f: Aufnahmen vom gefärbten Schnitt, Bilder 11b,d&f mit Maßstab und Beschriftung







Von innen nach aussen finden wir das Markparenchym (MP), zum Zentrum hin ist auch der Nebenspross hohl. Darauf folgt das primäre Xylem (pXl) und das Xylem (Xl), unterbrochen von vielen ein- bis zweireihigen Markstrahlen (MS). Im Xylem liegen viele, teils geclusterte Tracheen (T) und wir erkennen Ringe von Reaktionsholz (RH), das wir uns später noch genauer ansehen. Auf das Xylem folgt das Cambium (Ca) und das Phloem (Pl) mit teils faserig verstärkten Phloemparenchymzellen. Im Rindenparenchym eingelagert finden wir dann die Faserstränge (SklF), aus denen die Hanfgewebe hergestellt werden, Vergleiche auch Bild 7. Den Abschluss bilden die Epidermis (Ep) und die Cuticula (Cu).
Informationen zu den Abkürzungen in den beschrifteten Bildern findet Ihr wie immer auch auf der Webseite des MKB: Tabelle mit den Kürzeln und den zugehörigen allgemeinen Erläuterungen.

Gehen wir nun ein wenig ins Detail:

Bilder 12a,b: Primäres Xylem, Bild 12b mit Beschriftung



Schön bunt. :) Das primäre Xylem und die umgebenden Gewebe sind immer wieder eine Aufnahme wert. Anatomie wie im Bild 11b beschrieben.

Schauen wir uns nun einmal das "Reaktionsholz" an, das ich schon in Bild 11b angesprochen habe. Es handelt sich um Zellen mit deutlich verdickter sekundärer Zellwand. Durch diese Zubildung reagieren Zellen, die unter länger andauernder mechanischen Belastung stehen, was an der Schnittstelle kurz oberhalb der Sprossgabelung sicher aufgrund des Gewichts des Nebensprosses und der Windlast (die Probe stammt von einer Pflanze direkt am Rand des Feldes) der Fall ist. Die verstärkten Zellwände nehmen die wirkenden Kräfte auf und verteilen sie im Gewebe, sodass der Spross keinen Schaden nimmt (Knick oder Bruch).

Bilder 13a-c: Reaktionsholz im Xylem von Cannabis sativa (Bild 13b mit Beschriftung) und normales Xylemparenchym zum Vergleich (Bild 13c)


 

Die verdickten Zellwände sind deutlich zu erkennen. Eine Zeichnung von Dr. Michael Rosenthal (TU Dresden) verdeutlicht den grundsätzlichen Aufbau:

Bild 14: Druckholz bei Nadelhölzern

Von Dr. Michael Rosenthal, TU Dresden, CC BY-SA 3.0

P bezeichnet die primäre Zellwand und S1 und S2 Lagen der Sekundären Zellwand. Die Zeichnung gilt für Nadelhölzer, aber aus meiner Sicht sehen wir hier beim Hanf anatomisch die gleiche Reaktion auf die physikalische Belastung des Sprosses.

Nun aber zu den Fasern im Rindenparenchym und dem Phloem. Besonders gut sind sie mit der W3Asim I Färbung ja nicht zu sehen: das Astrablau hat sich einfach darüber gelegt, da sie nicht verholzt sind. Da geht natürlich noch mehr ...

Bilder 15a,d: Fasern im Bast der Hanfpflanze, Bilder 15b&d mit Beschriftung, Bilder 15c&d im Polarisationskontrast





Im Hellfeld erkennen wir die Fasern (SklF) im Rindenparenchym nur an den verdickten Zellwänden, das sklerifizierte Phloemparenchym (Skl PlPa) lässt sich dort eigentlich gar nicht aus machen. Das ändert sich erst im Polarisationskontrast, wo die Faserzellen uns deutlich entgegen leuchten: die Bausteine der verdickten Sekundärwände sind doppelbrechend.

Mit der sehr ähnlichen W3Asim II Färbung sieht das ganz anders aus: das Alcianblau kann sich nicht in den Zellwänden der Faserzellen etablieren und überlässt dem Acriflavin das Feld. Dazu kann ich Aufnahmen eines Präparates zeigen, das auf dem Dörnberg III Treffen 2015, ebenfalls von einem Sprossstück vom Faserhanf, entstanden ist. Die Färbung des jüngeren und daher kantigen Sprosses ist W3Asim II:

Bilder 16a,d: Spross vom Faserhanf in W3Asim II Färbung, Bild 16b&d mit Beschriftung





Hier fallen uns die Faserzellen (von mir damals als Bast gekennzeichnet, was nicht ganz korrekt ist) dank der gelben Farbe sofort ins Auge. Das Beispiel zeigt einmal mehr, dass die Wahl der richtigen Färbung für die Bildaussage einer Mikroskopischen Aufnahme wesentlich sein kann. Ein wenig Experimentieren lohnt also.

Zum Schluss möchte ich noch eine Aufnahme von einer Calciumoxalatdruse in einem Markstrahl zeigen:

Bilder 17a,b: Markstrahl mit Calciumoxalatdruse im Polarisationskontrast, Bild 17b mit Beschriftung



Im Atlas of Stem Anatomy of Herbs, Shrubs and Trees finden wir im Band 1 auf Seite 95 (Fig. 7) die Aufnahme zweier Calciumoxalatdrusen in Zellen der Markstrahlen von C. sativa. Dazu heißt es: "Rectangular, prismatic crystals and crystal druses occur in ray cells.". Ich habe mich also auf die Suche gemacht, solche in meinen Präparaten zu finden. Die oben gezeigte war definitiv die einzige.
Entweder sind die Einlagerungen sehr selten, oder sie wurden im Laufe der Präparation ausgewaschen. Ohne den Hinweis aus dem Atlas hätte ich das Detail mit Sicherheit übersehen oder als Artefakt eingestuft...

Vielen Dank fürs Lesen, Anregung und Kritik sind wie immer willkommen.

Herzliche Grüße
Jörg
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deBult

#1
Nice and full of information as ever.

Prefer the W3Asim II colors, but the differentiation in I is pretty good.

Best, Maarten
Reading the German language is OK for me, writing is a different matter though: my apologies.

A few Olympus BH2 and CH2 stands with DIC and phase optics.
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liftboy

Hallo Jörg,

also das erste Bild... so entspannt....

viele Grüße vom exKiffer
Wolfgang

Denk dran: Haschisch macht gleichgültig
(mir doch egal)
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=785.msg3654#msg3654
LOMO-Service
Das Erstaunen bleibt unverändert- nur unser Mut wächst, das Erstaunliche zu verstehen.
Niels Bohr

Fahrenheit

Lieber Maarten, lieber Wolfgang,

vielen Dank für Euer Lob, das mich sehr freut!

Ja, für den Cannabisspross passt W3Asim II auf jeden Fall besser. Ich habe noch welches da und auch noch etwas vom Spross in Ethanol liegen. Vielleicht lege ich noch mal nach.

@Wolfgang: nach so was habe ich das ganze Feld durchkämmt: nix. So'n Sch ... ;)
 
Herzliche Grüße
Jörg
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deBult

Wolfgang: next time I would appreciate you ask permission before you publish a picture of my w.  ehh girlfriend.
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D.Mon

Hallo Jörg,

wie üblich sehr schöne Bilder und ein sehr informationsreicher Bericht.
Danke sehr dafür.

Zur Nutzung kann ich nich ergänzen, dass ich vor einiger Zeit gelesen habe, dass mit Hanffasern sehr erfolgreich experimentiert wird, diese im Verbund mit anderen Stoffen im Karosseriebau (u. a. für PKW) einzusetzen. Sozusagen das nachwachsende Auto. Die Vorteile sollen u. a. Kostenreduzierung, Energie- und CO2-Einsparung bei der Produktion und eine umweltfreundlichere Entsorgung sein.

Abgesehen davon, werden Cannabisprodukte wohl mittlerweile in einigen Kosmetikartikeln und sogar in Nahrungsmitteln legal verarbeitet.
Scheint wohl so eine Art Hype zu sein.

Viele Grüße
D.Mon
Bitte per "Du" - Martin alias D.Mon
--
Glück kann man nicht kaufen.
Aber man kann ein Mikroskop kaufen und das ist eigentlich dasselbe!
--
Mikroskope: Motic Panthera U, Lomo MBS-10, Orthoplan mit DIC
Kamera: Sony ILCE-6400

Fahrenheit

#6
Guten Morgen ADi und D.Mon,

auch Euch vielen Dank für Euer Lob!

Das mit dem ersten Foto erschließt sich mir nicht: da steht ein etwas dicklicher Mann vor Grünzeug, das gibt's jeden Tag ...  ;D ;D ;D

Zur Nutzung der Hanfpflanze und ihren Fasern gibt es in Hans-Jürgens Thread, den ich oben verlinkt habe, schon einiges zu lesen. Neben Karosseriebau ist auch Wärmedämmung im Gespräch und was die Nahrungsmittel angeht: Hanföl aus der Hanfsaat wird ja zur Zeit mal wieder im Radio angepriesen, Ihr wisst schon, die mit dem Berg und dem Müsli. :)
Meine Frau schwört auf CBD Creme aus Holland, das Zeugt hält die Hände nach dem vielen Waschen und Desinfizieren tatsächlich schön geschmeidig - ob's am CBD liegt? Wer weiss?

Tatsächlich gibt es zwischenzeitlich (wieder) eine ganze Bandbreite an Hanfprodukten aus allen von mir oben aufgezählten Bereichen, wie man es von einer seit Jahrtausenden genutzten Kulturpflanze auch erwarten kann.

Mich persönlich würde eine Hanfjeans interessieren, aber die Konfektionsgrößen der normalen Angebote sind für mich zu klein - siehe oben. Leider finde ich die Schweizer Firma nicht mehr, die anhand einer eingesandten Hose eine Maßanfertigung gemacht hat, die seinerzeit so um die 170 Franken gekostet hätte. Die legendäre Haltbarkeit der Fasern würde ich gerne mal selbst ausprobieren.

Eine Frage an die Botaniker habe ich noch: Reaktionsholz ist ja ein eher technischer Begriff aus der Holzwirtschaft: bei Nadekhölzern eher als Druckholz, bei Laubhölzern als Zugholz. Und dann gibt es natürlich noch Drehwuchs und Reaktionsholz im Rahmen z.B. eines Virenbefalls. In der Literatur ist aber in der Regel nur von klassischen Nutzhölzern die Rede.
Hanf als krautige Pflanze zeigt da aber aus meiner Sicht aus gleichem Grund die gleiche Reaktion (siehe Bilder 13a&b). Auch bei der Brennessel gibt es die gleichen Befunde: dokumentiert im Thread zur Urtica dioica, Bild 10: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=10516.0. Wie seht Ihr das?

Herzliche Grüße
Jörg
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jcs

#7
Hallo Jörg,

sehr professionelle Bilder mit interessanten Infos, wie immer. Eine Frage habe ich auch: Die Zellen im Bast sehen recht zerknautscht aus, ist das ein Artefakt von Schneiden oder sind die wirklich so unförmig? Ich hatte mich das auch schon bei einigen meiner Schnitte gefragt, und bin da zu wenig Spezialist.

Eine Anmerkung zur "Hanfkarosserie": Die wird es in Bezug auf Nachhaltigkeit schwer haben, mit der klassischen Stahlkarosserie mithalten zu können. Verbundwerkstoffe, und hier speziell langfaserverstärkte Verbunde (z.B. Kohle-, Glas- oder auch Hanffaserverstärkung) sind extrem schwer bis gar nicht recyclierbar und landen meistens auf der Deponie oder bestenfalls in der Verbrennung. Da sieht es bei Stahl deutlich besser aus mit der Wiederverwertbarkeit.

Da finde ich die Idee mit den Hosen deutlich attraktiver.

Jürgen

Fahrenheit

Lieber Jürgen,

auch Dir vielen Dank!

Nach meiner Erfahrung sind die Zellen so unförmig: sprich sie sind in sich verwunden, was gute gestappelte Aufnahmen schwierig macht. Aber es zeigen sich auch Artefakte, wie z.B. in den Bildern 15 zu sehen:

Bild 18: Artefakte aus Bild 15a


Hier hat sich die sekundäre Zellwand gelöst und ragt ins Zelllumen hinein (rote Pfeile). Dies ist meines Erachtens ein Ergebnis des Schnittes und lässt sich je nach Vorbehandlung nicht ganz vermeiden.

Ich hatte Karosseriebau so interpretiert, dass Hanfmatten mit einem passenden Bindematerial als Dämmstoffe verwendet werden. Tragende Teile aus Hanf-Verbundstoffen kann ich mir auch nur schwer vorstellen.

Herzliche Grüße
Jörg
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jcs

Zitat von: Fahrenheit in November 10, 2020, 21:57:57 NACHMITTAGS
Nach meiner Erfahrung sind die Zellen so unförmig: sprich sie sind in sich verwunden, was gute gestappelte Aufnahmen schwierig macht. Aber es zeigen sich auch Artefakte, wie z.B. in den Bildern 15 zu sehen:

Hier hat sich die sekundäre Zellwand gelöst und ragt ins Zelllumen hinein (rote Pfeile). Dies ist meines Erachtens ein Ergebnis des Schnittes und lässt sich je nach Vorbehandlung nicht ganz vermeiden.

Hallo Jörg,

danke für die Erläuterung!

Jürgen

Holger Adelmann

Wieder ein didaktisch, technisch, und ästhetisch sehr schöner Beitrag lieber Jörg!
Bild 11(x) sieht ja fast wie ein Querschnitt durch Holz aus.
Vermutlich ist das die bevorzugte Struktur, die die Natur aufgrund von Statik / Stabilität aufgrund der Wuchshöhe gewählt hat - trotz der nur kurzen Vegetationszeit...

Herzliche Grüße,
Holger

Hans-Jürgen Koch

Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

<a href="http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=2650.0" target="_blank">Hier geht es zur Vorstellung</a>

Gerne per "Du"

Fahrenheit

Lieber Jürgen,

gerne!

Lieber Hans-Jürgen, lieber Holger,

Euch vielen Dank für Euer Lob!

Ja, ich denke auch, dass der "Mechanismus" zur Bildung von Reaktionsholz in Form von extra verdickten sekundären Zellwänden des Xylemparenchyms bei allen Pflanzen, die ein lignifiziertes Xylem bilden, gleich ist.

Allen herzliche Grüße
Jörg
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Fahrenheit

#13
Liebe Pflanzenfreunde, lieber Maarten,

die Tage habe ich noch einmal Schnitte erstellt, diesmal vom schnittfixierten Spross meiner Probe. Dann musste ich leider feststellen, dass bei meinem W3Asim II Ansatz das Alcianblau ausgefallen war. Sehr ärgerlich, da muss ich einen neuen Ansatz machen.
Allerdings habe ich von Klaus Herrmann noch eine Zweikomponentenfärbung W Asim II da: einmal die Lösung Acridinrot /Acriflavin (auf der Flasche ohne Konzentrationsangabe, ich denke aber, dass es sich um die übliche 1%ige Lösung der Farbstoffe handelt). Und dann Alcianblau 0,2%. Das entspricht im Prinzip dem üblichen W3Asim II Ansatz.
Ich habe mit diesen beiden Lösungen allerdings noch nie gefärbt, musste also auf Basis der Angaben von Robin Wacker etwas improvisieren. Hier das Rezept:

- Erneuter Schnitt des stückfixierten Materials auf dem Tempelchen mit Leica Klingen 818 im SHK Halter, Schnittdicke ca. 50 µm
- Spülen mit Ethanol 70% für 15 min
- Stufenweises Überführen in Aqua dest.

- Färbung mit W-Asim II 2 Komponenten nach Klaus Herrmann
  Lösung 1 mit Acridinrot und Acriflavin für 15 Minuten (hier hätte man ggf. noch kurz erwärmen können)
  Spülen mit Aqua dest.
  Lösung 2 mit Alcianblau für ca. 5 Minuten

- Gründliches Spülen mit Aqua dest.,
  anschließend sanftes Differenzieren mit Aqua dest. für ca. 2 Stunden

- Entwässern mit reinem Isopropanol (3* im direkten Wechsel, 2 * 2 Minuten, 2 * 60 Minuten)
 
- Eindecken mit Euparal 

Eine Bitte: wenn jemand die beiden Lösungen von Klaus benutzt und die genaue Arbeitsanweisung bezüglich Färbedauer und Erwärmen hat, würde ich mich sehr freuen.


Aber hier nun zu den Ergebnissen.

Zunächst noch einmal die bekannten Bilder mit der W3Asim I Färbung zum Vergleich:

Bilder 11b&f sowie 13f (Wiederholung - Übersicht, Rindenparenchym und Reaktionsholz)




Nun hatte ich einen Schnitt dabei, der etwas dünner ausgefallen ist (etwa 30 µm), daher hier die Bilder bei zwei Dicken (zuerst ca. 30 µm, dann ca. 50 µm) mit der Zweikomponenten-W3Asim II:

Bilder 18a-f: Hanf Spross quer, jeweils Übersicht, Rindenparenchym und Reaktionsholz, zunächst 30 µm, dann 50 µm, alle Bilder mit Maßstab







Ziel erreicht: die Faserzellen zeichnen wieder gelb und sind nicht blau überdeckt. Das Alcianblau geht also, wie erwartet, nicht so agressiv zu Werk, wie das Astrablau und die leichte Acriflavinfärbung bleibt erhalten.  Was noch auffällt:
- Die höhere Schnittdicke führt insbesondere bei den Bastzellen zu einer etwas intensiveren Anfärbung
- Ein einmaliges Erwärmen der ersten Färbekomponente während der Einwirkzeit von 15 Minuten dürfte zu einer intensiveren Gelbfärbung führen
- Im direkten Vergleich mit der alten W3Asim Färbung in den Bildern 16a,b ist die aktuelle Färbung blass. Aber: Stückfixierung statt Schnittfixierung, jüngerer Spross, andere Verarbeitung der drei Farbkomponenten.

Die bessere Differenzierung, ein bekannter Vorteil des W3Asim II Ansatzes mit Alcianblau, kommt aber auf jeden Fall zum Tragen.

Allen herzliche Grüße
Jörg
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deBult

Jorg,

Thank you, there is alway a balance between aesthetics and differentiation, I usually aim at a pleasant colour distribution as I'm not a trained botanic.

As I my scope is fully overhauled and have an PlanApo 4* objective and matching condenser I hope to do some cuts and colouring in the Christmas holidays

Best, Maarten
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