Welche (gebrauchte) Stereolupe für Insektenbestimmung?

Begonnen von Carabus, November 15, 2020, 18:05:05 NACHMITTAGS

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Carabus

Hallo,

ich bin neu hier im Forum und auf der Suche nach einer Stereolupe für den Privatgebrauch. Seit ich in meinem studentischen Nebenjob (Bestimmung von Syrphiden und Hymenopteren) mit dem Zeiss Stemi 508 arbeite, spiele ich mit dem Gedanken, mir auch ein ,,Bino" für Zuhause anzuschaffen. Ich möchte mich gerne mit weiteren Insektengruppen beschäftigen und mich evtl. auch näher in die Botanik einarbeiten.
Folgende Wunsch-Kriterien sollte das Gerät in etwa erfüllen:


  • Vergrößerung mind. bis 45-fach, gerne auch bis 90-fach
  • stufenfreier Zoom
  • am liebsten in Trino-Ausführung (also mit der Möglichkeit, eine Kamera zu installieren)
  • möglichst flexible Beleuchtung (Schwanenhals-LED o.ä.)

Nun habe ich nicht das nötige Kleingeld, mir das Stemi 508 selbst zuzulegen, das wären bei meiner präferierten Ausstattung immerhin rund 3.800 €; mehr als ~ 600 € möchte ich aber eigentlich nicht ausgeben. Ich habe auch mal ein Motic SMZ-171 ausprobiert, das hat mir ganz gut gefallen, nur die Beleuchtung war mir etwas zu gelbstichig, und der Neupreis ist auch deutlich zu hoch.

Gibt es überhaupt Geräte auf dem (Gebraucht-)Markt, die meine Kriterien in etwa erfüllen? Oder muss ich hier an der einen oder anderen Stelle (Zoom, Trino-Ausstattung, Beleuchtung) doch zurückstecken? Und taugen die Bresser-Binos was oder ist das rausgeschmissenes Geld, wie man oft liest?

Grüße
Carabus

jochen53

Hallo Carabus,
ist nicht eine 90 fache Vergrößerung etwas hoch? Ein Trinokulartubus treibt den Preis ganz schön hoch. Es gibt für < 30 € LED-Ringlichtbeleuchtungen, die an viele Stereomikroskope passen und bei Weitem nicht um so viel schlechter sind, wie die Originalteile der großen Hersteller teurer sind. Der große Geheimtip für Beleuchtung am Stereomikroskop ist immer noch die Jansjö LED-Leuchte von IKEA, 2 Stück am besten. Ein chinesisches Zoom-Gerät kostet auch um einiges mehr als eines mit nur 2 Stufen, z.B. 10- oder 20-fach oder 20- oder 40-fach. Viele arbeiten auch gerne mit russischen Geräten (nicht die AK-47!).
Die China-Geräte sind natürlich nicht mit den hochwertigen Olympus oder Zeiss oder Leica-Geräten zu vergleichen, aber da sind auch einige € Differenz dazwischen.
Viele Grüße, Jochen.

plaenerdd

Hallo Carabus,
für 600,-€ solltest Du schon was brauchbares findes, allerdings wirds Du vielleicht den einen oder anderen Abstrich machen müssen. ICH würde auf den stufenlosen Zoom verzichten. Dann kämen schon einige gute gebrauchte Geräte in Frage, z.B. ein TECHNIVAL II von Zeiss-Jena oder der russische Variante: Das MBS-10. Für letzteres ist der Fototubus, der zwischen Bino und Grundkörper geschraubt wird. für ca. 150,-€ zu haben, das Gerät selber um 250,-€. Das TECHNIVAL bewegt sich in ähnlichen Preisbahmen, aber wie gesagt: Da ist der Fototubus seltener und wahrscheinlich auch teurer. Beide Geräte verfügen über eine Schaltwalze mit der man 5 verschieden Vergrößerungen anwählen kann. Für eine 90fache Vergrößerung benötigst Du dann aber auch noch eine 2x Vorsatzlinse.
Ich schlage Dir vor, im Mikromarkt, den Du vor Deiner Anmeldung noch nicht sehen konntest, eine Schuchanfrage zu stellen, in der Du so genau wie möglich Deine Wünsche beschreibst, aber auch wo Du eventuell Abstriche machen würdet. Es gibt einige Firmen, die gute Stereomikroskope gebaut haben.
Beste Grüße
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Fabse

würde dir einfach ein Zeiss Stemi Vorschlagen, musst schauen ob du irgendwo ein gutes mit viel Zubehör / komplettes bekommst. Oder ein neueres günstig kaufen kannst.

von den China Geräten würde ich dir abraten, kosten zwar nicht ganz so viel, aber im Wiederverkauf sind die dann halt absolut Nichts mehr Wert.

jochen53

#4
Hallo,
nur zur Information: Vieles, wo heute ein Zeiss- oder Leica-Logo drauf ist, kommt aus China, genau aus denselben Fabriken, deren Erzeugnisse auch unter diversen anderen Namen angeboten werden (incl. der einfachen Optiken).
Das Problem mit dem durchrutschenden Feintrieb beispielsweise, über das hier kürzlich an einem Motic Mikroskop berichtet wurde, habe ich schon vor Jahren auf der Analytika-Messe am Zeiss Messestand an einem umgelabelten Mikroskop mit Zeiss-Logo festgestellt.
Als ich den Zeiss-Mitarbeiter darauf angesprochen habe und bemerkte "....da kann ich ja gleich ein Motic kaufen...", sagte er nur ganz teilnahmslos "....Sie kennen sich aber gut aus....".
Jochen

Carabus

Hallo zusammen und erstmal vielen Dank für die zahlreichen Antworten!

@Jochen: Witzig, dass du den Feintrieb bei den Zeiss-Stemis ansprichst - das Problem haben wir bei zwei Geräten an der Uni auch...
Und ja, das stimmt, die 90-fache Vergrößerung ist wirklich sehr hoch, allerdings kommt man mit 50-fach in manchen Fällen an seine Grenzen - z.B. bei der Chagrinierung (also der Runzelung) der Cuticula bei kleinen Käfern. Das ist durchaus ein bestimmungsrelevantes Merkmal, manchmal laut Literatur sogar das einzige. Hierfür werden oftmals Vergrößerungen > 100-fach empfohlen...
Der Tipp mit der Ringleuchte ist für mich sehr hilfreich, dann kann ich ja zumindest an der Beleuchtung schon einiges sparen!
Beim Trino-Tubus bin ich mir auch nicht so sicher, ob ich den brauche. Andererseits kann es auch sehr praktisch sein, weil man ein unsicheres Bestimmungsergebnis so ganz leicht anhand von Fotos überprüfen lassen kann.

@Gerd: Ja, den stufenlosen Zoom würde ich mir auch sparen, wenn es denn zumindest mehrere Vergrößerungsstufen gibt (5 sollten es da schon sein). Von daher werde ich mir die von dir vorgeschlagenen Geräte mal ansehen. Auch praktisch, dass ich hier den Fototubus separat bekommen könnte. Gut, dann werde ich mal eine Anzeige für den Marktplatz schreiben, ich denke, ich habe nun eine ungefähre Vorstellung, was ich brauche. Nach meinem Beitrag hier habe ich auch schon ein paar Angebote per PN bekommen, vielleicht ist da schon was dabei, muss ich mir nochmal anschauen.

@Fabse: Das wäre für mich natürlich ideal, aber leider habe ich bisher noch keine gebrauchten Zeiss Stemis gefunden, bzw. wenn, dann nur am anderen Ende der Welt, wo der Versand manchmal teurer ist als das Gerät an sich...

@all: Was ich noch vergessen habe: Ein ausreichend großer Arbeitsabstand ist natürlich auch wichtig für mich, nämlich zur Präparation der Insekten! Da sollte schon Platz sein für einen Styroporblock von ~ 5 cm Dicke + Hände mit Pinzetten oder Nadeln.

Alfons Renz

Hallo Carabus,

DAS Arbeitsmikroskop für Entomologen war lange Zeit des Wild M5 - und es gibt m.E. bis heute kaum ein Besseres und, vor allem Praktischeres, was den Platzbedarf, die Durchlichteigenschaft und die mechanische Stabilität anbetrifft.

Das legendäre, weil auch im härtesten Feldeinsatz unverwüstliche - M5 wurde gegen Ende der 80iger Jahre aus der Produktion genommen, da es zum Einen von der Konstruktion zu aufwendig und zum Anderen vom Strahlengang nicht kompatibel zu den Zoom-Geräten von Wild war (M7, M8 etc.). Der separate und stärker divergierende Strahlengang unterstützt den stereoskopischen Effekt, ist aber eher von Nachteil bei der Mikrofotografie. Da würde ich auf jeden Fall zu einem separaten Auflicht-Makroskop mit Stacking raten. Kostengünstige Lösungen hierfür gibt es mehr als genug.

Ein gebrauchtes M5 gibt es zu Preisen ab 200 bis 400 Euro immer wieder in den bekannten Börsen.

Herzliche Grüße,

Alfons


Carabus

Hallo Alfons,

das M5 klingt auch sehr gut - und ich muss sagen, das Gerät sieht auch nicht schlecht aus. Das wirkt absolut robust.
Ich habe mich gerade ein bisschen auf den bekannten Verkaufsplattformen umgesehen, konnte aber leider kein passendes Angebot finden. Aber ich werde die Augen offen halten!

@all: Je länger ich ich mich umsehe und recherchiere, desto mehr bin ich erschlagen von der Vielzahl verschiedener Marken und Modelle. Ich hätte nie gedacht, dass es da eine solche Vielfalt gibt - aber man lernt nie aus! Dennoch ist es für einen Technik-Anfänger wie mich nicht leicht einzuschätzen, ob ein Angebot etwas taugt oder nicht. Bei mehreren Händlern aus der Bucht ist mir z.B. aufgefallen, dass für verschiedene Stereolupen ein und dasselbe Beispielbild verwendet wird (meistens eine Münze). Das wirkt auf mich nicht gerade seriös...
Na ja, jedenfalls werde ich mir mit der Entscheidung wohl noch etwas Zeit lassen und auf ein Angebot warten, bei dem ich ein gutes Gefühl habe; vielleicht ergibt sich ja hier im Forum schon etwas.

Grüße
Carabus

Carabus

Ach ja: Mir ist auch noch das Motic SMZ 140 ins Auge gesprungen. Hat damit jemand Erfahrungen? Ich habe ja mal ein SMZ 171 ausprobiert und fand das ganz brauchbar...

JB

Zitat von: Carabus in November 18, 2020, 16:00:10 NACHMITTAGS
das M5 klingt auch sehr gut - und ich muss sagen, das Gerät sieht auch nicht schlecht aus. Das wirkt absolut robust.
Ich habe mich gerade ein bisschen auf den bekannten Verkaufsplattformen umgesehen, konnte aber leider kein passendes Angebot finden. Aber ich werde die Augen offen halten!

[....] nur die Beleuchtung war mir etwas zu gelbstichig

Hallo,

Der Empfehlung moechte ich mich anschliessen. Durch die apochromatische Optik des Stemi 508 sind Sie vermutlich verwoehnt  ;) aber das M5A (und M5) sind eine gute Wahl in der Preisklasse. Ein Link zu den Wild-Stemis ist hier: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=39151.msg288051#msg288051

Gute Idee, dass Sie versuchen die Mikroskope vor dem Kauf auszuprobieren. Das ist die beste Stategie fuer den Kauf!

Wie schon oben beschrieben, die eingebaute Beleuchtung reicht in der Regel nicht aus. Mit externen Lichtquellen (heutzutage LED) koennen Sie sehr gute, diffuse Beleuchtung erziehlen, die den Bildeindruck sehr verbessert.

Viel Erfolg,

Jon