Es ist schon ein besonderes Erlebnis, wenn einem Mitte November der Gebänderte
Hainbuchenmilchling Lactarius circellatus begegnet. So erging es mir vor ein paar Tagen, als ich mir ein kleines Feldgehölz mit alten Stieleichen, Hainbuchen und Haselnusssträuchern anschaute.
Lactarius circellatus geht eine Mykorrhiza ausschließlich mit Hainbuchen ein!
Bild 1 - Alte, mehrstämmige Hainbuche am Standort, Spätherbstaspekt.
Die im Weiteren beschriebenen Merkmale beziehen sich auf den Fund!Makroskopische MerkmaleDie drei folgenden Bilder zeigen den
Fruchtkörper am Standort, vom dicken Herbstlaub fast verdeckt. Mit 50 mm Hutdurchmesser und 45 mm Stiellänge ist der Fruchtkörper für diese Art eher klein geraten, was für den Spätherbst aber möglicherweise typisch ist.
Hut gezont, blass graubraun, Oberfläche klebrig, Rand eingerollt, ungerieft und glatt.
Stiel zylindrisch, etwas gebogen, grau mit heller Basis. 12 mm dick.
Lamellen cremefarben (am Exsikkat trüb orange), etwas gedrängt, stark mit Lamelletten untermischt, in Stielnähe ausgerandet ("Burggraben") und ab und zu gegabelt.
Fleisch weißlich, nahezu geruchlos, im Geschmack schärflich.
Milch weiß, graugrün eintrocknend, scharf schmeckend.
Bild 2 - Deutlich erkennbar ist der konzentrisch gezonte Hut.
Bild 3 - Hutrand eingerollt, Lamellen untermischt, Stiel zylindrisch, Basis aufgehellt.
Bild 4 - Lamellen ab und zu in Stielnähe gegabelt, Milch weiß.
Mikroskopische MerkmaleSporen breit ellipsoid, gratig und warzig, Grate oft überkreuzend, V-förmig oder zebriert angeordnet. Ornamente meist bis 0,6, maximal 0,9 µm hoch und deutlich amyloid. Hylarfleck nicht amyloid oder nur halbkreisförmig am Rand. Hier von 22 repräsentativen Sporen der
95-prozentige Erwartungswert der Durchschnittswerte (L = Länge, B = breite, Q = Schlankheitsgrad = L/B, V = Volumen = 0,523 x L x B x B):
L x B = 6,3-6,7 x 5,3-5,6 µm Q = 1,16-1,23 V = 92-110 cµm
Bild 5 - Sporen in Melzers Reagenz: breitellipsoid, gratig-warzig, Ornamente bis 0,6 µm hoch, Hilarfleck meist inamyloid.
HymenialbereichBasidien 4-sporig, zylindrisch mit verschmälertem Basalbereich.
Pleuro- und
Cheilomakrozystiden zahlreich, zylindrisch bis spindelförmig, in Sulfovanillin mit schwärzenden Inhaltsstoffen.
Die
Bilder 6 und 7 zeigen die Lamelle im Schnitt, gefärbt in SDS-Kongorot,
Bild 6 die Lamellenfläche,
Bild 7 den Bereich der Schneide.
Bild 6: innen das aus Sphärozysten und Hyphen bestehende Mediostratum, weiter außen die hier hell abgebildete Subkutis, ganz außen den Hymenialbereich. Da Bild 7 unmittelbar an der
Schneide keine Basidien zeigt, ist zu vermuten, dass sie
steril ist.
Bild 6 - Schmitt der Lamellenfläche in SDS-Kongorot. Die Pleuromakrozystiden überragen weit die Basidienfront.
Bild 7 - Schnitt der Lamelle im Bereich der Schneide, gefärbt in SDS-Kongorot. Der unmittelbare Bereich der Schneide (ganz rechts) ist steril.
Bild 8 - Quetschpräparat der Lamellenfläche in Sulfovanillin.
Pleuromakrozystiden zahlreich, mit schwärzenden Inhaltsstoffen.
Bild 9 - Lamellenschneide in Sulfovanillin.
Cheilomakrozystiden zahlreich, Inhaltsstoffe schwärzend. Im unteren Bildteil die geschlängelten, stark schwärzenden
Latiziferen.
HuthautUm
Huthautstruktur bei Milchlingen darzustellen, fertigt man Schnitte an und färbt diese am besten mit Kongorot. Ist der frische Hut und/oder Stiel klebrig, schleimig oder fühlt sich irgendwie wie Wachs an, liegt die Vermutung einer
verschleimten Epikutis nahe. Dann sollte man zusätzlich eine spezielle Schleimanfärbung durchführen.
Da sich der Hut unseres Fundes klebrig anfühlte, wurde die klassische Tannin-Eisen-Schleimfärbung durchgeführt (Bild 10), wobei sich der Schleim und die Hyphenwände grau färben. Außerdem wurden Schnitte in SDS-Kongorit (Bild 11 links) sowie in NH3-Kongorot (Bild 11 rechts) gefärbt.
Bild 10 zeigt eine etwa 80 µm dicke Schicht verschleimter, liegender Hyphen (Ixokutis), darunter eine Schicht stark verdichteter Hyphen (fast schwarz erscheinende Subkutis), ganz unten das aus Hyphen und Sphärozysten bestehende Hutfleisch (Huttrama).
Bild 10 - Huthautschnitt in Tannin-Eisen. Oben verschleimte Schicht liegender Hyphen (Ixokutis)
Bild 11 - Huthautschnitt in SDS-Kongorot (links) sowie in NH3-Kongorot (rechts). Wie man sieht, ist das kongophobe Verhalten des Schleims (Schleim weist Kongorot ab) nicht immer wirksam.
EckdatenFund - ein einzelner kleinerer Fruchtkörper
Funddatum - 13.11.2020
Fundort - Baden-Württemberg, Gemeinde Straubenhardt, Biotop "Feldgehölz W Langenalb"
Koordinaten - WGS84 N48,841962;E8,486933
Begleitgehölze -
Carpinus betulus, Quercus robur, Corylus avellanaStandort - trocken, Halbschatten
Begleitpilzarten -
Inocybe geophylla, Lepista nuda, Tricholoma lascivum, Amanita rubescensleg. & det. - Bernd Miggel
Beleg-Nr. - div20013,fwl
Ähnliche ArtenIn einem Gebiet, in denen Hainbuchen und Haselnusssträucher gemischt vorkommen, ist eine Verwechselung mit dem ähnlich aussehenden
Haselmilchling Lactarius pyrogalus (Bull.: Fr.) Fr., einem Mykorrhizapilz des Haselnussstrauchs, durchaus möglich. Allerdings ist der Haselmilchling auf dem Hut ungezont, die Lamellen stehen weiter entfernt und sind stärker in Richtung Orangegelb gefärbt.
Material, Methoden, ArbeitsgeräteFotos am Fundort: Smartphone Moto-G7+
Mikrofotos: Digicam Canon EOS-600D auf Mikroskop Olympus BHS
Sporen: gefärbt in Melzers Reagenz
Hymenium: Vom Exsikkat angefertigt. Zum Aufweichen für 3 Stunden in GSM nach Clémençon eingelegt.
Sämtliche Schnitte manuell mit Rasierklinge unter dem Stereomikroskop
Lamellenschnitte: Seifeneinbettung zum Schneiden. Bilder 6 und 7gefärbt in SDS-Kongorot, Bild 9 in Sulfovanillin
Lamellenflächen-Quetschpräparat Bild 8 gefärbt in Sulfovanillin
Bild 10: 5 Min. Tannin 3 % in Borsäure 2 %, gründlich gewaschen in Wasser, 5 Min. FeCl3 5 % in Wasser, mikroskopiert in Wasser
Bild 11: Färbung links in SDS-Kongorot. rechts in NH3-Kongorot
LiteraturBASSO, M.T. (1999): Lactarius Pers. Fungi Europaei 7. - Mykoflora. Alassio.
CLÉMENÇON, H. (2009): Methods for Working with Macrofungi. Laboratory, Cultivation and Preparation of Larger Fungi for Light Microscopy. – IHW-Verlag, Eching.
HEILMANN-CLAUSEN, J., VERBEKEN, A. & VESTERHOLT, J. (2000): The genus Lactarius. Fungi of Northern Europe, Vol. 2. – Svampetryk, Kopenhagen.
KORNERUP A. & WANSCHER J.H. (1981:) Taschenlexikon der Farben. - Kopenhagen.
VERBEKEN A. et al. (2018): Lactarius Per. In: Flora Agaricina Neerlandica, Volume 7. - Candusso Editrice, Origgio.
https://fundkorb.de/pilze/lactarius-circellatus-geb%C3%A4nderter-hainbuchenmilchlingViele Grüße
Bernd
Alle Fundberichte in der Übersicht: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=42360.msg312080#msg312080