Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl

Begonnen von derda, November 18, 2020, 15:00:41 NACHMITTAGS

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Florian D.

Glückauf!

Am Wochenende haben wir es endlich selbst auf den Kaiserstuhl geschafft!
Während einige Gesteine, wie Phonolith aus der noch aktiven Mine Hauri auf lange Winterabende warten, um geschliffen zu werden, ist ein 26g schweres Stück Carbonatit direkt in die Säure gewandert. Zurück blieben etwa 1g Erzkonzentrat, aus dem ich wenig Magnetit (oder Maghämit) mit dem Magneten aussortiert habe. Die verbleibenden 0.63 g bestehen nun tatsächlich aus Goethit, dem grünlichen Glimmer, bei dem es sich vielleicht um Barium-Phlogopit handelt, sowie den gesuchten Koppit Oktaedern, von denen die grössten immer noch kleiner als 1 mm sind. Aber wenigstens sind sie jetzt doch schön als Oktaeder zu erkennen!
Dieser Koppit ist nicht nur aufgrund seines Niob-Gehaltes interessant, sondern auch weil das Pyrochlorgitter sozusagen ein 3d-Äquivalent des Kagomégitters darstellt (uns Deutschen wohl besser als Wiener Geflecht von Omas Sesseln bekannt), das an der Front der Forschung unter dem Namen "Spin-Eis" untersucht wird.
Na ja, anbei Bilder der beiden Minerale.

Viele Grüsse
Florian

Heiko

Lieber Florian,

endlich ist auch mir ein Pröbchen Karbonatit vom Kaiserstuhl in die Finger geraten – seit Du die Zonierung abgebildet hast, liebäugele ich damit.
Nun benötige ich Interpretationshilfe: Zonarbau versus Kantenwachstum – was sehen wie hier? Die erste Aufnahme zeigt die Oberfläche, die zweite eine ,,untere" Fokusebene.

Viele Grüße,
Heiko

PolMik

Glückauf Florian,
noch eine weitere Frage. Wie unterscheidet man Phlogopit von Biotit? Kannst Du mal ein konoskopisches Abbild des Phlogopits zeigen? Die einzig mögliche Unterscheidung unter dem Mikroskop wären die 2V-Winkel? Ich staune nebenbei gerade, dass in Strunz 8. Auflage auch Lepidolith und Zinnwaldit in die Biotit - Reihe kommen.
Viele Grüße
Michael

Florian D.

Zitat von: Heiko in September 19, 2022, 20:38:20 NACHMITTAGS
Lieber Florian,

endlich ist auch mir ein Pröbchen Karbonatit vom Kaiserstuhl in die Finger geraten

Lieber Heiko,

hätt'ste mal gefragt, ich hätte Dich auch versorgen können. Ich kann auch nicht beurteilen, ob es sich in Deinem Bild um Zonen oder Kanten handelt. Wenn die Körnchen nur in Öl liegen und nicht eingedeckt sind, kannst Du sie vielleicht drehen? Ich habe Zonierung auch nur im Koppit aus einem Stück gefunden, die anderen waren alle unzoniert.

Viele Grüsse
Florian

Florian D.

Zitat von: PolMik in September 19, 2022, 21:16:38 NACHMITTAGS
noch eine weitere Frage. Wie unterscheidet man Phlogopit von Biotit?

Glückauf Michael,

letztendlich gar nicht, weil Phlogopit ja ein Endglied der Biotitgruppe ist. Nachdem er aber kein, oder nur wenig Eisen enthält, ist er im Gegensatz zu den eisen- und titanhaltigeren Biotiten nur schwach gefärbt. Muskovit kommt bei dieser Paragenese nicht in Frage und wäre vom Typ I, während der Phlogopit vom Typ II ist. Dies bezieht sich auf die Lage der Achsenebene im Kristall. Dazu stelle ich noch gesondert Bilder ein. Nachdem in dem oben zitierten Artikel von bariumhaltigen Phlogopit die Rede ist, bin ich davon ausgegangen, diesen gefunden zu haben. Einen letzten Beweis, dass es sich nicht um exotischere Phyllite handelt, muss ich allerdings schuldig bleiben.

Viele Grüsse
Florian

PolMik

#35
Glückauf Florian,
das Problem, das ich mit meinen "Dunkelglimmern" bei den Betrachtungen unter dem Mikroskop hatte, war nämlich, dass alle 2V-Winkel um 0° hatten. Auch bei sehr dünnen Scheiben. Dabei sind auch welche, die Phlogopit sein sollen. Das wäre dann eher Biotit? Ich sehe gerade bei Wikipedia, dass Biotit seit 1999 nicht mehr als eigenständiges Mineral gilt. Die Nomenklaturen der Mineralogen sind verwirrend. Damit wäre die Frage nach der Unterscheidung von Biotit mit 2V-Winkeln zwischen 0° und 25° und Phlogopit mit 2V-Winkeln zwischen 16° und 20° auch geklärt. Meine Mineralogiebücher sind alle vor 1999 erschienen. Ich hatte nämlich gestern bei einem "Dunkelglimmer" mittels Refraktometer sehr klar einen Brechungsindex von 1,54 gemessen und im konoskopischen Bild einen Achsenwinkel von 0°. Das war der Hintergrund für meine Frage, die damit beantwortet ist.
Viele Grüße
Michael

Florian D.

Hallo Michael,

das mit dem Achswinkel ist bei Biotit (und wohl auch Phlogopit) so eine Sache. Die Kristalle sind ja Stapel feiner Plättchen und die sind oft gegeneinander verdreht, so dass der Achswinkel sich fast zu 0 mittelt.

Viele Grüsse
Florian

Heiko

Lieber Florian,

es ist dann wohl doch nur von Kantenwachstum auszugehen – zumal Du sagst, Zonierung sei nicht Pflicht.
Für das Foto habe ich das Präparat gedreht und durch den Objektträger fotografiert.

Viele Grüße,
Heiko

Florian D.


Florian D.

#39
Glückauf Forum,

das Christkind hat mir einen Dünnschliff gebracht und zwar einen historischen Dünnschliff der Firma Krantz, der als "Gehlenitkalk, Badberg, Oberbergen, Kaiserstuhl" beschriftet ist. Eine schöne Beschreibung dieses Gesteins von 1897 findet sich auf Zobotat:
https://www.zobodat.at/pdf/Ber-Oberhess-Ges-Natur-u-Heilkde_32_0084-0095.pdf
Olaf wurde heute schon von mir verhaftet, um meine vorläufigen Diagnosen abzusichern.
Der Hauptbestandteil dieses merkwürdigen Gesteins ist Hauyn, siehe Bilder 1-2(lin pol, x-pol), der als schmutzige, rundliche, hypidiomorphe, isotrope Kristalle niedrigen Brechungsindex erscheint. Nur in einigen Kristallen findet man das charakteristische Gittermuster aus kleinen Erzausscheidungen (Bild 3). An einer Stelle findet sich auch ganz klarer Hauyn, kenntlich an niedrigem Brechungsindex und Isotropie (Bild 4, 5). Rundherum ein beiges Mineral, das lebhafte Interferenzfarben zeigt. Obwohl untypisch, könnte es sich um Phlogopit handeln. Knop erwähnt den Barytbiotit, der ja auch zusammen mit Koppit in Schelingen gefunden wird.
Schliesslich findet sich ein einachsig-negatives Mineral, geringen Brechungsindex; es kommt wohl nur Nephelin in Frage (Bild 6,7). Schliesslich in Bild 8,9 links der Mitte Calcit, und rechts der Mitte entlag eines Ringes, ein relativ hochbrechendes Mineral mit zahlreichen Spaltbarkeiten, das konoskopisch ebenfalls einachsig negativ ist. Die Interferenzfarben sind etwas höher als erwartet, da der Schliff ca 45 Mikron dick ist. Es kommt eigentlich nur der Gehlenit in Frage.

Schöne Feiertage,
Florian

PolMik

#40
Hallo Florian,

schönen Dank für das Zeigen. Ein interessantes Gestein. Der Schliff ist bestimmt zu dick, weil das in dünneren Scheiben zerbröselt. Hauyn und Kalzit sind gut zu erkennen. Beim Phlogopit hätte ich Zweifel. Mit derartigen Interferenzfarben könnte ich mir Phlogopit nicht vorstellen. Vielleicht könnte es irgendein Karbonat sein? Bei solchen Bildern wäre eine Beschriftung vielleicht nicht schlecht. Gehlenit als einer der Namensgeber des "Kalkes" würde als geologisches Thermometer was aussagen?
 
Viele Grüße
Michael

Florian D.

Hallo Michael,

ich habe nochmal mit Schliffen von Karbonatit aus Schelingen verglichen, die etwas von dem bariumhaltigen Glimmer enthalten. Dieser sieht im Dünnschliff doch deutlich typischer nach Glimmer aus, mit leicht gewellten Schichten mit perferkter Spaltbarkeit. Selbst in sehr dünnen Schliffen ist er noch deutlich pleochroitisch. Das passt nicht so recht zu dem Mineral aus dem Gehlenitkalk. Vielleicht ist es ja Prehnit oder was von der Art.

Viele Grüsse
Florian

Florian D.

An einer Stelle habe ich etwas von dem beigen Zeug gefunden, das relativ homogen war und nahe der Auslöschungsstellung. Es ist einachsig positiv und könnte sich damit um Brucit handeln.

Viele Grüsse
Florian

PolMik

Hallo Florian

Brucit schiene mit der Paragenese schwierig. Aber rechts oben in den Bildern 6 und 7 könnte sich evtl. noch Apatit verstecken?

Viele Grüße
Michael

Florian D.

#44
Ja, Apatit ist auch drinnen. Brucit zusammen mit Calcit ist nicht so abwegig: https://www.alexstrekeisen.it/english/meta/brucite.php
PS: Brauns schreibt, dass Gehlenit anstehend aus Predazzo in Tirol bekannt sei.
In
https://www.zobodat.at/pdf/JbGeolReichsanst_031_0001-0056.pdf
steht über Predazzo:
"Contactrinden, welche aus Calcit, Brucit, Granat und Vesuvian
oder Gehlenit bestehen, trifft man häufig. Stellenweise treten die Contactmineralien sehr massenhaft auf."