aus alt wird neu:Tuberkulose der Lunge, Ziehl Neelsen

Begonnen von ammererlutz, November 26, 2020, 19:03:53 NACHMITTAGS

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ammererlutz

Beim Stöbern in alten Präparaten aus meiner Studentenzeit, stieß ich auf etliche Tuberkulose Präparate, alle auf der Pathologie standardmäßig HE gefärbt.

Bei diesem Präparat hier: einer acinös-nodösen Lungentuberkulose, erkennt  man die Tb-typischen Veränderungen des Gewebes und die diagnostisch wichtigen Langerhansschen Riesenzellen, diese finden sich neben den hellkernigen Epitheloidzellen -die mitunuter auch katzenzungenartige Kernformen aufweisen- rund um den zentral verkäsenden Tuberkel, außen umgeben von Monozyten/  Makrophagen und einen Lymphozytenwall.

Diagnostisch reicht die HE Färbung bei Obduktionen zwar aus, der Nachteil der HE Färbung ist jedoch , dass die Tuberkelbakterien damit nicht sichtbar sind.

Da mehrere Präparate zur Verfügung standen, habe ich dieses neu bearbeitet und mit Ziehl Neelsen "umgefärbt", um eventuell Mykobakterien erkennen zu können. Tatsächlich findet man in Gewebsschnitten aber nur sehr selten Tuberkelbakterien, da das exsudative Anfangsstadium da meist vorüber ist.
Hier hatte ich aber Glück, allerdings fand sich im gesamten Präparat nur eine einzige Stelle mit den rot hervorleuchtenden Mycobakterien.

Mycobakterium tuberculosis hat die Fähigkeit , sich in Abwehrzellen zu "verstecken" und ist resistent gegen die zersetzenden Enzyme der Abwehrzrellen. Nach einer jahrelangen Ruhephase können die Bakterien jedoch wieder aktiv werden, sich teilen und zu einem neuen Krankheitsausbruch führen.

Die eigentliche Krankheit wird durch eine "allergische" Typ 4 Immunreaktion des Körpers auf Bakterienbestandteile ausgelöst.

Tuberkulose ist eine seit dem 19. Jahrhundert laufende Pandemie mit zur Zeit vermutlich über 2 Milliarden Infizierten weltweit. Das Auftreten von multiresistenten Erregern ist eine bedrohliche Herausforderung für die Therapie.
Im 18, und 19. Jahrhundert starben nicht nur die ärmeren Menschen an der "Schwindsucht", sondern auch der Adel ( z. B Kaiser Josef II von Österreich) und viele Künstler ( Friedrich Schiller, Frederic Chopin etc)

1-Ursprüngliches Präparat, HE Färbung 25x

2-gleiches Präparat ZN umgefärbt 50x

3- Randzone eines Tuberkels mit Monozyten/ Makrophagen ( "M"), Epitheloidzellen ("E") und Langerhansschen Riesentellen ( "L") 400x

4- Myocobakterien  rot. 1000x
mit freundlichen mikroskopischen Grüßen,
Lutz

"Mikroskope und Fernrohre verwirren eigentlich den reinen Menschensinn" ( Goethe)

Dünnschliffbohrer

Hallo Lutz,
wieder einmal ein hoch interessanter Beitrag!
ZitatIm 18, und 19. Jahrhundert starben nicht nur die ärmeren Menschen an der "Schwindsucht", sondern auch der Adel ( z. B Kaiser Josef II von Österreich) und viele Künstler ( Friedrich Schiller, Frederic Chopin etc)
Nicht nur Adlige und Künstler, auch der junge Carl Kellner aus Hirzenhain.

Aber wie hast du das mit dem Umfärben gemacht? Die Präparate waren doch bestimmt mit Deckgläschen abgedeckt? War das Einbettungsmittel Kanadabalsam, den du in Xylol lösen konntest?
Vielen Dank für die schöne Darstellung!
"Und Gott sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; und er schuf um ihn Laubmoose und Lebermoose und Flechten und ein Mikroskop!"
[aus: Kleeberg, Bernhard (2005): Theophysis, Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen,  S. 90]

Alfons Renz

@ Dünnschliffbohrer: ... und auch der Nachfolger von Carl Kellner, der Tübinger Mechaniker Friedrich Belthle, erlag der Tuberkulose. Bald nachdem er Ernst Leitz eingestellt und zum Compagnon gemacht hatte.

@ Ammerlutz: Die "säurefesten Stäbchen" kenne ich auch noch aus dem Praktikum der Mikrobiologie, aber in einem histologischen Schnitt habe ich diese noch nie so schön gesehen!  Ein lehrbuchhaftiges Präparat und Bild.

Nicht vergessen sollte man in diesem Zusammenhang die Tuberkulose der Tiere (Rinder speziell), hervorgerufen von M. bovis, die erst in den 60iger Jahren hierzulande eingedämmt und ausgerottet wurde. Die roten Blechschilder 'Tuberkulosefreier Bestand' an allen Stalltüren sind mir noch in lebhafter Erinnerung! 

In den Tropen ist der Befall immer noch immens hoch, bis 40% der Tiere sind +/- befallen, wenn auch meist subklinisch. M. bovis kann gelegentlich auch den Menschen befallen. Man sollte sich dort vor rohen Fleisch- und Milchprodukten hüten - und nicht nur wegen der Tuberkulose!

Beste Grüße,

Alfons

ammererlutz

Zitat von: Dünnschliffbohrer in November 27, 2020, 18:21:25 NACHMITTAGS


Aber wie hast du das mit dem Umfärben gemacht? Die Präparate waren doch bestimmt mit Deckgläschen abgedeckt? War das Einbettungsmittel Kanadabalsam, den du in Xylol lösen konntest?
Vielen Dank für die schöne Darstellung!

Einstellen in Xylol für ein paar Tage, nach Absinken des Deckglases ganz normal absteigende Alkoholreihe, lange in 70% und 30% zum Entfärben, dann klassische Ziehl-Neelsen, aufsteigende Alk Reohe, Xylol, einbetten, bei der Behandlung nach dem dampfenden Fuchsin mit Salzsäurealkohol gehen auch die letzten Farbreste des HE raus, Methylenblau musste etwas länger als üblich einwirken  ( ca 10 Minuten) um eine gute Bläuung  zu erzielen.
mit freundlichen mikroskopischen Grüßen,
Lutz

"Mikroskope und Fernrohre verwirren eigentlich den reinen Menschensinn" ( Goethe)