Versuche rund um Kernschwarz

Begonnen von Bob, Dezember 08, 2020, 16:41:13 NACHMITTAGS

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jako_66

#75
- ok, Bismarckbraun alleine ist es nicht. Aber eine Mischung aus einer verdünnten Anilinschwarz-Lösung mit einem Tropfen Bismarckbraun sieht vielversprechend aus, zumindest was den Farbton der Lösung im Vergleich zur Chroma-Version angeht.

3.4.21: Leider färbte die Chroma-,,Kernschwarz"-Lösung Paraffinschnitte gar nicht. In der Dünnschichtchromatographie konnte selbst nach zig-fachem Substanzauftrag nichts detektiert werden.

Viele Grüße

Sven


Bob

Hallo Sven,
es handelt sich hier wirklich um ein schön anspruchsvolles Rätsel! Die falschen Fährten mit den Aprikosenkernen und dem alkalischen Ansatz waren schon gut gelegt, aber die unterschiedlichen Farbstoffe, die unter dem selben Namen verkauft wurden, setzen dem ganzen die Sahnehaube auf. Das ganz dann vor dem Hintergrund einer sicherlich minimalen kommerziellen Bedeutung - Leidenschaft pur!

Meine Dünnschichtchromatografiekenntnisse sind etwas eingestaubt: Ich hätte gedacht man lässt den Stoff vom Lösungsmittel weitertransportieren, und dann gibt es immer irgendwo mindestens einen Fleck. Was bedeutet es, wenn es keinen gibt?

Dass die Chroma-Lösung so zwischen uneingebetteten und Paraffinschnitten unterscheidet, ist ja auch rätselhaft.

Viele Grüße,

Bob

jako_66

#77
Hallo Bob,

wenn es keinen Fleck gibt ist kein Farbstoff drin oder bleibt am Start liegen. Da ich mehrere Laufmittel probiert habe, scheidet letzteres aus. Vermutlich ist eine Komponente im Laufe der Zeit ausgefallen. Zumindest lässt sich das Wacker-Simultan-Gemisch von Klaus Herrmann gut trennen. D.h. wir haben ein Laufmittel für die Acridinrot-Synthese, immerhin.

Bearbeite gerade für Fotos von heute. Denke wir haben jetzt auch einen Ersatz für das Chroma "Kernschwarz" gefunden. Doch vorab ein Paraffinschnitt mit dem Chroma-"Braun" aus dem Jahre 1997, gefolgt von einem Paraffinschnitt 20 µm gefärbt mit dem Chroma-Nachbau "Hamburger Anilinschwarz". Große Unterscheide zur Eisen-Färbung gibt es nicht, finde ich. Dagegen ist der Nachbau viel leichter (!) anzuwenden und färbt nicht so aggressiv mögliche Verunreinigungen.

Anwendung wie das Chroma Kernschwarz nach dem MKB 90 min bei Raumtemperatur als Erstfärbung, Gegenfärbung im Anschluss. Die Rezeptur ist noch ca. zu 1/3 mit Wasser verdünnt. Ein bisschen Spielraum ist also noch.

Viele Grüße

Sven

# Update 20.4.21: die fertige "Hamburger Anilinschwarz" Lösung hält nur ca. 1 Woche, danach wird der Schnitt überwiegend braun gefärbt. Für randscharfe schwarze Zellwände am besten vorher Anilinschwarz-Filtrat mit einer geringen Menge Bismarckbraun mischen. Im Gegensatz zum Chroma Kernschwarz färbt die neue Färbung auch verholzte Regionen an, ist somit etwas völlig anderes.


Bob

#78
Hallo zusammen,
ich habe mich nochmal an meinen Palmenblättern versucht. Diesmal in Glycerinseife eingeschlossen, gut zu schneiden war das aber auch nicht, 40µ. Aber mit der Färbung bin ich weiter gekommen. Ein Problem war vorher oft, dass das Chryosidin nicht wiederzufinden war. Deshalb habe ich es eben mal so probiert:

- Chryosidin 0,05% für wenige Mintuen, dabei einemal bis kurz vorm Sieden erwärmen
- Safranin 1 Tropfen/100ml kalt für eine Stunde
- Ein paar Tropfen Svens Kernschwarz V8 Lösung A, kurz einwirken lassen, ein Tropfen Lösung B dazu, mit Pipette mischen, absaugen
- Spülen, Iso, Euparal

So gefärbt kommen alle drei Farben gut zur Geltung, im Original sind Chryosidin und Safranin noch besser zu unterscheiden.

Viele Grüße,

Bob

Horst Wörmann

Hallo Sven,

nochmal zum Chroma-Produkt: kann man darin wohl Sulfat oder Chlorid nachweisen?

Viele Grüße
Horst

Zitat von: jako_66 in März 31, 2021, 18:37:25 NACHMITTAGS
Hallo zusammen,

es riecht leicht süßlich. Kann sein, dass Essig mit enthalten ist. In Verbindung mit 45% Ethanol schwer heraus zu schnuppern. Herstelldatum 8/1997 und nicht von Holborn.

Wenn das ursprüngliche Kernschwarz eine Eisentinte ist (so schreibt es Schömer auch), sollten wir jetzt verschiedene Wege für die Färbung gefunden haben.

Ein anwendungsfreundlicherer Chroma-Nachbau ist dann eine andere Baustelle.

Viele Grüße

Sven

# Bob: Bismarckbraun gebe ich Dir gerne ab, wenn es funktioniert. Die andere Idee ist, Anilinschwarz mit APS im Schnitt zu entwickeln

jako_66

Hallo Horst,

wenn Du Barium2+ oder Silbernitrat hast, kann ich es versuchen.

Viele Grüße

Sven

jako_66

#81
Hallo zusammen,

bevor hier nur noch die schönen Bilder mit dem Anilinschwarz gezeigt werden, anbei 2 weitere "Kernschwarz"-Bilder mit der Eisengallus-Methode "Quick & Dirty".

Hier sieht man den "Vorteil" dieser Färbung in einer gewissen Dreckigkeit, die insbesondere dem letzten Bild ein "moosiges" Aussehen gibt. Habe lange überlegt ob es mir gefällt...

Beides Brenn-Nesselschnitte in 20 µm. Das erste Bild sollte eine Schwarz-Rot-Gold-Färbung werden. Färbung mit Acridinrot (incl. der rosa-Komponente), Acriflavin & zusätzlich mit Alcianblau im 2. Bild mit den üblichen Zeiten.

Viele Grüße

Sven

Bob

Hallo Sven,
das Acriflavin sieht auch gut aus und würde auch in Fluoreszenz etwas hermachen. Meine nächsten Versuche werden mit der Zimmerpalme in Paraffin sein, vorgestern Infiltration begonnen, gestern Blöcke gemacht, heute geschnitten. Die Blätter sehen ja im Querschnitt sehr spannend aus. Da sie offenbar durchweg aus röhrenartigen Strukturen bestehen, lagert sich das Eisengallus-Schwarz zwar gut an, aber nicht ein, und so bleibt das Bild recht sauber. Das Problem mit dem Einlagern ist auch, dass der Umfang von der individuellen Handhabung und vom Objekt abhängt. Baum-Zweige ließen sich z.B. gar nicht gut damit färben. Auf das Hamburger Anilinschwarz bin ich schon gespannt, aber heute war mein Schwarz des Tages erstmal Erdschwarz, Gartenarbeit mit alle Mann war angesagt....

Viele Grüße,

Bob

Bob

Hallo zusammen,
heute habe ich die ersten Schnitte entparaffiniert und gefärbt. Die Palmenblätter waren in Paraffin besser zu schneiden, aber das Einbetten ist nicht ohne Folgen an dem Material vorbeigegangen, die Spannkraft ist raus, der Schnitt sieht etwas schrumpelig aus.
Gefärbt mit:
Chryosidin 0,1% kurz erwärmt bis kurz vorm Sieden, insgesamt für 4 Minuten
Safranin 1Tropfen 1% pro 30ml Wasser für 20 Minuten
Hamburger Anilinschwarz für 20 Minuten

Verglichen mit dem Eisengallus-Farbstoff geht das Hamburger Anilinschwarz etwas in Richtung braun und ist viel zahmer in der Anwendung. Das Problem der beliebigen Einlagerung des Farbstoffs in Bereiche des Schnitts besteht damit nicht. Damit dürfte es auch leichter werden, Kombinationsfärbungen zu entwickeln. Die obige Reihenfolge ist vermutlich nicht optimal, ich würde beim nächsten Durchgang wohl eher zuerst schwärzen.

Viele Grüße,

Bob

M Beier

Hallo,
inzwischen habe ich noch einen Versuch mit Kernschwarz gestartet. Geschnitten habe ich eine Ginsterzweig und einen jungen Austrieb einer Lantane (Wandelröschen). Ich habe die Stücke in Glycerinseife eingebettet und dann geschnitten und fixiert.
Färbung mit Chrysoidin und Safranin wie von Bob angegeben:
Chryosidin 0,1% kurz erwärmt bis kurz vorm Sieden, insgesamt für 4 Minuten
Safranin 1Tropfen 1% pro 30ml Wasser für 20 Minuten
Kernschwarz für ca. 5 min und FeCl3 nur kurz.

Lantane und Ginster
Durch das Schwarz sehen die Schnitte immer schmutzig aus. Wahrscheinlich müssen die Schnitte sehr dünn sein und gar keinen Zellinhalt mehr haben. Das klappt bei  mir so nicht und Paraffin ist mir zu umständlich.




Da gefällt mir die Wacker-Färbung doch besser




Ich weiß nicht, ob ihr noch andere Ideen habt, mir sind sie erst mal ausgegangen.
Viele Grüße
Maria

Bob

Hallo Maria,
einen hübschen neuen Weißabgleich hast Du da! Was sehr gut rauskommt ist das Chryosidin, besonders in der Cuticula. Bei Paraffinschnitten habe ich dagegen Schwierigkeiten, Chryosidin deutlich genug im Schnitt zu halten.
Ginster sah bei mir auch nicht so toll aus, weder mit W3A noch mit Kernschwarz V3 und Safranin, manche Pflanzen geben da mehr her, andere weniger.
Sehr gut gefällt mir der Blattstiel der Zimmerpalme, die ich neulich geschnitten habe, aber die ist auch nicht so leicht perfekt zu schneiden und wegen der U-Form schwierig einzukarottieren. Im Vergleich zum Ginster ist das Bild filigraner, die Zellen sind praktisch alle hohl und eine Schwarzfärbung kann richtig auftrumpfen. Hast Du vielleicht eine Yucca-Palme oder sowas (Aufpassen, Vogelspinne  ;D)?

Viele Grüße,

Bob

M Beier

Hallo Bob,
eine Yucca steht bei mir nicht rum, wohl aber der Goldtüpfelfarn, den ich schon mal geschnitten habe (s.S 4 Antwort 58). Die Stiele lassen sich gut schneiden. Aber auch hier sehen die Färbungen (Wacker / Etzold ) besser aus, wenn der Zellinhalt grün oder Blau ist. Den Tuschezeichnungseffekt fand ich bisher am besten bei Sven Bildern der Brennessel (Antwort 59), aber das waren halt sehr dünne Paraffinschnitte.
Für deine gebogene Palmblätter könnte sich tatsächlich die Glycerinseife als Einbettungsmittel eignen. Ich habe jetzt mal Blattqueschnitte mit Glycerinseife getestet. Die feinen Blätter von Oxalis halten die Temoeratur (80°C) nicht  aus. Helleborus geht gut! Ich bekomme auch deutlich dünnere Schnitte hin als mit der Möhre. Dann habe ich noch einen Stängel der Lantane geschnitten, der sich aber recht schlecht von der Glycerinseife trennen ließ. Der Grund war vermutlich, das ich den Stängel noch in die weiche Glycerinseife gedrückt habe und auch sofort noch überschichtet habe. Hier wäre ein völliges Erkalten zwischen durch wahrscheinlich besser gewesen.
Die Schnitte will ich heute färben.
Viele Grüße
Maria

jako_66

Hallo Maria,

den Tuschezeichnungseffekt bekommst Du noch viel besser mit dem "Hamburger Anilinschwarz" hin. Bob und ich testen zur Zeit die Mischung. Es läuft wahrscheinlich auf 2 Pipettenflaschen hinaus, 1x stark verdünnt Bismarckbraun & 1x das Anilininschwarz. Im Gegensatz zum Chroma Kernschwarz werden auch verholzte Regionen angefärbt, aber die sehr saubere scharfe Membranfärbung entschädigt für vieles.
Kann Dir gerne ein Probierset zusenden. Am Ende gefärbt verdrängt es vielleicht auch nicht die Farben, die sich in den verholzten Bereichen festsetzen.

Die Farbintensität Eurer Bilder gefällt mir sehr gut! Das bekommt man natürlich nicht mit dünnen Paraffinschnitten hin.

Viele Grüße

Sven

M Beier

Hallo Sven,
ja ich könnte mir vorstellen, noch in eine Testreihe zu gehen. Die Gegenfärbung wäre wieder Safranin und Chrysoidin? Dann würde ich auch die Einbettung in Glycerinseife weiter testen.
Viele Grüße
Maria

jako_66

#89
Hallo zusammen,

ethanol-lösliches Nigrosin CI 50415 färbt in hoher Verdünnung ähnlich spezifisch die nicht-verholzten Bereiche von Pflanzenschnitten wie das originale Kernschwarz von Chroma. Auch das Eisen-Gallustinten-Kernschwarz sowie das Eisen-Hämatoxylin nach Weigert funktionieren ähnlich spezifisch, letzteres allerdings nicht so trennscharf. Das Nigrosin-Rezept muss noch ausgearbeitet werden. Mit Rhodamin 6G probiere ich noch eine Eintopf-Variante in 50% Ethanol mit anschließender Eindeckung nach IPA-Entwässerung. Dann ist mein einer Brenn-Nesselblock auch aufgebraucht...

Nigrosin hat einen blau-schwarzen "Schmeißfliegen"-Farbton, während Chroma-Kernschwarz eine warme braune Nuance aufweist. Ähnlich dem Chrysoidin sind auch eher 0.05%ige Ansätze vom Nigrosin ratsam. Den Rest kann man ja zum Schuheputzen nehmen.

Beigefügtes Foto zeigt die Schwarzfärbung; das Rhodamin 6G hat sich fast vollständig wieder entfärbt.

Viele Grüße

Sven

PS: frisches Chroma-Kernschwarz duftet nicht süßlich wie eines, welches schon länger herumsteht. Essigester ist es nicht, Vanillin auch nicht. Vielleicht bildet sich Propionsäureethylester aus Propanol mit der zugesetzten Essigsäure?