Botanik: Allerlei vom Weihnachtsstern (Euphorbia pulcherrima) *

Begonnen von othum, Januar 20, 2021, 23:48:50 NACHMITTAGS

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othum

Liebe Mitforisten,

Weihnachten ist gerade vorbei, da möchte ich die Gelegenheit nutzen, einen vertrauten botanischen Begleiter dieser Zeit hier vorzustellen: Den Weihnachtsstern (Euphorbia pulcherrima).
Zunächst die taxonomische Übersicht:
Klasse: Magnoliopsida
Ordnung: Malpighienartige (Malpighiales)
Familie:    Wolfsmilchgewächse (Euphorbiaceae)
Gattung: Wolfsmilch Euphorbia
Art: Weihnachtsstern Euphorbia pulcherrima

Der Weihnachtsstern ist eine Vertreter der Wolfsmilchgewächse, gut daran zu erkennen, dass die Blätter schon bei leichter Verletzung zur Fraßabwehr ein milchiges Sekret abgeben, das mehr oder weniger giftig ist.
Das natürliche Vorkommen des Weihnachtssterns liegt im pazifischen Raum Mittelamerikas. Dort kann er als mehrjähriger Strauch oder sogar Baum mehrere Meter hoch werden [1]. Ganz anders die hierzulande angebotene Zierpflanze, die von der Größe her wohnzimmertauglich daherkommt und meist schon vor Weihnachten in der Biotonne liegt, da sie doch relativ empfindlich ist. Auf jeden Fall gegenüber Kälte, manche sagen auch gegen Zugluft.
Charakteristisch für den Weihnachtsstern sind seine üblicherweise rot gefärbten Hochblätter (wobei es inzwischen auch andersfarbige Züchtungen gibt), die sich in ihrer Form nicht von den darunter liegenden grünen Laubblättern unterscheiden. Die Blattstiele der Hochblätter schwanken manchmal zwischen rot und grün.
Zwischen den Hochblättern liegen relativ unscheinbar die eigentlichen Blüten am Ende der Sprossachsen. Sie sind einfach gebaut und formen komplizierte Pseudanthien.[2] Interessant ist, dass der Weihnachtsstern zum Blühen eine gewisse Dunkelperiode braucht, was man gärtnerisch nutzen kann. Ich zitiere hier mal aus dem Wikipedia-Artikel [1]:
,,In Mitteleuropa wird in Gärtnereien etwa ab Oktober die Dunkelphase künstlich mit dunklen Folien auf mindestens 12 Stunden verlängert, so dass die Pflanzen pünktlich zur Adventszeit farbige Brakteen ausbilden. Durch Manipulation der Hell-/Dunkelphasen im Gewächshaus kann man Weihnachtssterne auch gut zu anderen Zeitpunkten zur Blüte bringen. Diese werden im Handel je nach Blütenbildung dann mit unterschiedlichen Namen wie Herbststern und Winterstern angeboten".
Ebenfalls interessant ist, dass die Triebe meist aus Afrika importiert und im Zielland fertig kultiviert werden [3].

Bild 1 eine gemeinfreie Abbildung aus der Wikipedia. Ich habe ein Hochblatt, Hochblattstiele und ein terminales Stück einer Sprossachse präpariert, sowohl als Frischpräparat als auch nach Fixierung in AFE

Bild 1: Der Weihnachtsstern
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Material & Methoden:
Proben: Ein Teil der Probe wurde frisch geschnitten, ein weiterer Teil der Probe wurde zunächst 3 Tage in AFE und anschließend bis zu 2 Tage in 70% Ethanol fixiert. Die Proben wurden mit einem Reichert-Jung HN40 Schlittenmikrotom mit Leica 818 Einmalklingen (Deklinationswinkel 150°, Freiwinkel 2°) geschnitten. Hochblatt und Blattstiel in Möhreneinbettung, Sprossachse freistehend, Schnittdicke 35-70µm.
Längsschnitte wurden aus einer AFE-fixierten Probe gewonnen, die auf einen Holzklotz geklebt war, Mikrotomeinstellungen wie oben, Schnittdicke ~75 µm.
Ein Teil der frischen Schnitte wurde 3x in Wasser gewaschen und dann direkt in Wasser eingedeckt und mikroskopiert.
Ansonsten wurden die Schnitte der fixierten Proben 3x in 30% EtOH und 3x in Wasser gewaschen und mit W3ASimI[4] gefärbt (7 Min mit einmaligem Erwärmen), mit Wasser gewaschen und in Isopropanol überführt. Diese Schnitte wurden in Euparal eingedeckt und im Wärmeschrank bei 50°C für 1 Woche ausgehärtet.
Mikroskope:  Zeiss Axiovert S100, DL-Halogenbeleuchtung (HAL100) mit KB15 Filter für HF, DF, Ph, bzw. HBO100 zur AL-FL mit IR Sperrfilter und Blauanregungs-Filtersatz (BP450-490; FT 510, LP515), und UV-Anregungs-Filtersatz (BP365, FT395, LP397), Ph-Kondensor mit Klapplinse und NA=0.9, Trinokulartubus mit 2.5x-Projektiv zur Ausleuchtung des ,,Vollformats". X-Pol mit B&W Polfilter hinter der Halogenlampe, sowie Polfilterfolie im Strahlengang hinter den Objektiven.
Auflicht-DF:  Zeiss Axioskop 50 mit Halogenbeleuchtung (HAL100) mit KB12 Filter. 2.5x-Projektiv am Trinotubus (,,Panzerfaust") zur Ausleuchtung des ,,Vollformats".
Kamera: Pentax K-1 (36MPx Vollformat), Aufnahmen im RAW Format.
Objektive: EC-Plan Neofluar 2.5x/0.075; PlanApochromat 10x/0.45, PlanApochromat 20x/0.60, PlanApochromat 40x/0.95 korr., Epiplan Neofluar HD 10x/0.30 .
Aufnahmen: in Lightroom CC Classic entwickelt (Weißabgleich, Belichtungskorrektur, ggf. Sensorflecken entfernt). Für Stacking/Stitching wurde auf 9MPx verkleinert und als TIFF exportiert. Gestackt wurde mit Helicon Focus Pro 7.6.4 (Methode B8/4), gestitcht mit PTGui Pro 11.28. In Photoshop CC wurde ggf. freigestellt und der Maßstab eingefügt. Zurück in Lightroom wurde geschärft und fein geschliffen sowie als JPG exportiert, für das Forum hier auf 1280 Px Bildbreite weiter verkleinert. Zoombare Versionen wurden mit krpano 1.19 erstellt


Ergebnisse
Beginnen möchte ich mit Frischpräparaten von einem roten Hochblatt. Bild 2 zeigt die Unterseite des Blattes inklusive der Schnitte sowohl durch das Blatt selber als auch durch den Blattstiel.

Bild 2: Übersicht des Hochblatts, inkl Schnittmarken
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Bild 3 zeigt eine Aufnahme der Unterseite in Auflicht-DF. Die sichtbare Erhebung ist eine der Seitenrippen des Blatts (die auch Leitbündel enthält, siehe weiter unten), die vielen Punkte vermutlich Stomata.

Bild 3: Übersicht des ungefärbten Schnitts im AL-DF (Epiplan Neofluar HD 10x/0.30, Stack aus 43 Aufnahmen, Stackingschritte etwa 3 µm)
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Als nächstes habe ich (Premiere für mich!) einen Querschnitt durch das Blatt angefertigt. In Möhreneinbettung gelang dies halbwegs passabel. Bild 4 zeigt zunächst eine Übersichtsaufnahme im HF. Man erkennt den prinzipiellen Aufbau eines bifazialen Blatts. Schön zu sehen sind die intensiv rot gefärbten Zellen auf der Oberseite des Blatts, darunter die quer verlaufenden Leitbündel und wiederum darunter die etwas weniger rot gefärbte Blattunterseite

Bild 4: Übersicht des ungefärbten Blattquerschnitts im HF (EC-Plan Neofluar 2.5x/0.075, Pano aus 2 Aufnahmen)
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Bei stärkerer Vergrößerung erkennt man nun sehr schön den inneren Aufbau des Blatts. Blatt 5 zeigt, dass die obere Abgrenzung durch eine einzellige Epidermis (ungefärbte Zellen) erfolgt. Darunter das Palisadenparenchym, welches hier durch Chromoplasten geprägt wird. In der Mitte bereits deutlich zu sehen ein Leitbündel, welches sich in das Blatt hinein verzweigt. Weiter darunter das Schwammparenchym, welches deutlich weniger Chromoplasten enthält.

Bild 5: Detailaufnahme des Blattschnitts im HF (PlanApochromat 10x/0.45, Stack aus 36 Aufnahmen, Abstand ~1.5µm)
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Bild 6 und 7 zeigen das gleiche Präparat in stärkerer Vergrößerung, jeweils etwas unterschiedliche Bereiche. Sehr schön wieder die Tracheen des Leitbündels sowie die unterschiedliche Farbintensität der Blattober- und -unterseite zu sehen

Bild 6: Detailaufnahme des Blattschnitts im HF (PlanApochromat 20x/0.60, Stack aus 50 Aufnahmen, Abstand ~1µm)
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Bild 7: Detailaufnahme des Blattschnitts im HF (PlanApochromat 20x/0.60, Stack aus 35 Aufnahmen, Abstand ~1µm)
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Auch im Dunkelfeld (Bild 8) lässt sich sehr schön die Abgrenzung der einlagigen Epidermis vom Parenchym zeigen.

Bild 8: Detailaufnahme des Blattschnitts im DF (PlanApochromat 10x/0.45, Stack aus 24 Aufnahmen, Abstand ~1.5µm)
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Die Wassereinbettung des Frischschnitts ermöglichte auch die Beobachtung der Primärfluoreszenz. Bild 9 zeigt zunächst eine Übersichtsaufnahme der Blauanregung. Durch die geringer Apertur des Übersichtsobjektivs war eine sehr lange Belichtungszeiten notwendig, was durch Bewegung in den Zellen zu einem sehr verschwommenen Bild führt. Es reicht aber aus, um zu zeigen, dass neben den roten Chromoplasten noch eine Vielzahl an Chloroplasten vorhanden ist (was bei einem Hochblatt durchaus vorkommt), so dass das Schwammparenchym hier auch die Funktion des Assimilationsparenchyms übernimmt.

Bild 9: Übersicht des Blattschnitts in AL-FL (Blauanregung, EC-Plan Neofluar 2.5x/0.075, Pano aus 2 Aufnahmen)
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Die Verwendung eines deutlich höher aperturigen Objektivs erlaubt dann auch den Blick ins Detail. Bild 10 zeigt wieder den mittleren Bereich der Probe, diesmal in UV-Anregung. Die Tracheen werden sehr schön, fast plastisch dargestellt. Auch die rote Fluoreszenz der Chloroplasten ist gut zu erkennen sowie eine leichte Blausignatur der Cuticula. Dieses Bild hatte ich in ähnlicher Form vor kurzen schon mal im Forum gezeigt, optisch mein Favorit.

Bild 10: Detailaufnahme des Blattschnitts in AL-FL (UV-Anregung, PlanApochromat 10x/0.45, Stack aus 7 Aufnahmen, Abstand ~2µm)
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Mit steigender Vergrößerung und Apertur lassen sich die Strukturen noch deutlicher darstellen (Bild 11 und 12).

Bild 11: Detailaufnahme des Blattschnitts in AL-FL (UV-Anregung, PlanApochromat 20x/0.60, Stack aus 7 Aufnahmen, Abstand ~2µm)
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Bild 12: Detailaufnahme des Blattschnitts in AL-FL (UV-Anregung, PlanApochromat 40x/0.95, Stack aus 8 Aufnahmen, Abstand ~2µm)
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Nun zum Querschnitt durch den Blattstiel des Hochblatts. In Möhreneinbettung ging dies ganz passabel, allerdings waren 70µm Schnitte nötig, um einen halbwegs vollständigen Schnitt ohne allzu große ,,Löcher" im Rinden- oder Markparenchym zu bekommen. Bild 13 zeigt eine Übersichtsaufnahme des Schnitts im Hellfeld. Dabei wird der Aufbau sofort deutlich: Man sieht drei Leitbündel konzentrisch um ein Markparenchym arrangiert. Danach ein ausgedehntes Rindenparenchym gefolgt von einem etwas ungewöhnlichem Abschlussgewebe. Schon hier ist eine rote, chromoplastenhaltige äussere Zellschicht gut zu erkennen.

Bild 13: Übersicht des ungefärbten Stängelquerschnitts im HF (Einzelaufnahme, EC-Plan Neofluar 2.5x/0.075)
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Bei stärkerer Vergrößerung sieht man erwartungsgemäß mehr Details. Bild 14 zeigt den Bereich zwischen Leitbündel und Abschlussgewebe. Im Leitbündel sind deutlich die Tracheen zu erkennen, umgeben von reichlich grün gefärbten Zellen (Chloroplasten). Am Abschlussgewebe fällt eine Lage Palisadenparenchyms auf, welches mit Chromoplasten gefüllt ist, darunter einige Chloroplasten. Bild 15 zeigt den gleichen Ausschnitt im DF.

Bild 14: Detailaufnahme des ungefärbten Stängelquerschnitts im HF (PlanApochromat 10x/0.45, Stack aus 14 Aufnahmen, Abstand ~1.5µm)
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Bild 15: Detailaufnahme des ungefärbten Stängelquerschnitts im HF (PlanApochromat 10x/0.45, Stack aus 14 Aufnahmen, Abstand ~1.5µm)
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Bild 16 zeigt nun noch einmal eine stärkere Vergrößerung des Palisadenparenchyms. Man sieht wie die inneren Zelllagen aus Chromoplasten bestehen und zwischen PP und RP noch einige Chloroplasten zu finden sind.

Bild 16: Detailaufnahme des ungefärbten Stängelquerschnitts im HF (PlanApochromat 40x/0.95, Stack aus 6 Aufnahmen, Abstand ~1µm)
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Bild 17 zeigt nochmals ein Leitbündel. Wie bereits bei Verwendung des 10x-Objektivs sind hier sowohl die Tracheen als auch die Chromoplasten gut zu erkennen.

Bild 17: Detailaufnahme des ungefärbten Stängelquerschnitts im HF (PlanApochromat 20x/0.60, Stack aus 15 Aufnahmen, Abstand ~1.5µm)
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Zum Abschluss auch hier Aufnahmen zur Untersuchung des Verhaltens bei Fluoreszenzanregung. Blauanregung (Bild 18/19) liefert eine deutliche rote Fluoreszenz, die vom Chlorophyll verursacht wird. Insbesondere in den Leitbündeln überstrahlt sie alles andere; die grüne Fluoreszenz der Tracheen ist nur zu erahnen. Auch im Abschlussgewebe dominiert eindeutig die rote Emission.

Bild 18: Detailaufnahme des ungefärbten Stängelquerschnitts in AL-FL, Leitbündelbereich (Blauanregung, PlanApochromat 10x/0.45)
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Bild 19: Detailaufnahme des ungefärbten Stängelquerschnitts in AL-FL, (Blauanregung, PlanApochromat 10x/0.45)
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Zusätzliche Informationen lassen sich allerdings aus UV-Anregung gewinnen. Die Chlorophyllfluoreszenz ist dort deutlichweniger ausgeprägt, so dass sowohl im Bereich der Leitbündel als auch des Abschlussgewebes nun deutliche blaue Emission zu sehen ist (Bild 20/21).

Bild 20: Detailaufnahme des ungefärbten Stängelquerschnitts in AL-FL (UV-Anregung, PlanApochromat 10x/0.45)
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Bild 21: Detailaufnahme des ungefärbten Stängelquerschnitts in AL-FL (UV-Anregung, PlanApochromat 40x/0.95)
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Weiter geht es mit AFE-fixierten Proben. Durch die Fixierung ließ sich die Probe deutlich besser schneiden, in Möhreneinbettung waren problemlos 35µm Schnitte zu gewinnen. Zunächst erneut die Übersichtsaufnahmen eines ungefärbten Schnitts (Bild 22) zum Vergleich mit den nicht fixierten Proben. Es fällt sofort auf, dass diese Probe nicht über die zusätzliche Schicht chromoplastenhaltiger Zellen verfügt, obwohl sie makroskopisch von den anderen Blattstielen nicht zu unterscheiden war!

Bild 22: Übersicht des ungefärbten, AFE-fixierten Stängelquerschnitts im HF (Einzelaufnahme, EC-Plan Neofluar 2.5x/0.075)
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Bild 23 zeigt einen mit W3A-SimI gefärbten Schnitts. Wie bei den vorherigen Proben sind sehr schön die drei Leitbündel zu erkennen, die offensichtlich und wie erwartet offen kollateral vorliegen.

Bild 23: Übersicht des W3A-SimI-gefärbten Schnitts im HF (EC-Plan Neofluar 2.5x/0.075)
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Bild 24 zeigt die gleiche Probe, nun aber als Panostack, die auch in einer hochaufgelösten (56MPx), ,,zoombaren" Version zur Verfügung steht:
http://www.thum.li/Mikro/ Euphorbia/Bild-24_full/index.html

Bild 24: Übersicht des W3A-SimI-gefärbten Schnitts im HF (PlanApochromat 10x/0.45, Panostack aus 12 Stapeln á ~22 Aufnahmen, Abstand ~1.5µm)
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Bild 25 zeigt einen Ausschnitt aus Bild 24 und ein gefärbtes Leitbündel, inklusive Beschriftung. Phloem und Xylem sind klar von einem Kambium getrennt, die Tracheen kräftig lignifiziert.

Bild 25: Detailaufnahme des W3A-SimI-gefärbten Schnitts im HF (PlanApochromat 10x/0.45, Stack aus 22 Aufnahmen, Abstand ~1.5µm)
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Ein anderes Leitbündel ist in etwas höherer Auflösung in Bild 26 gezeigt.

Bild 26: Detailaufnahme des W3A-SimI-gefärbten Schnitts im HF (PlanApochromat 20x/0.60, Stack aus 16 Aufnahmen, Abstand ~1µm)
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Die Bilder 27 und 28 zeigen nochmal eine Übersicht des Schnitts, einmal im Dunkelfeld, einmal in gekreuzter Polarisation. Obwohl ästhetisch ansprechend liefern diese Aufnahmen aber keine weiteren Erkenntnisse.

Bild 27: Detailaufnahme des W3A-SimI-gefärbten Schnitts im DF (PlanApochromat 10x/0.45, Stack aus 22 Aufnahmen, Abstand ~1.5µm)
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Bild 28: Detailaufnahme des W3A-SimI-gefärbten Schnitts im X-Pol (PlanApochromat 10x/0.45, Stack aus 14 Aufnahmen, Abstand ~1.5µm)
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ENDE Teil 1, Teil 2 folgt als Antwort (Größenbegrenzung...)
Zeiss Axiovert S100 HF/Ph/DF, Auflicht-FL
Zeiss Axioskop 50 HF/Ph/Pol, Auflicht-HF/DF/Pol
Kamera: Pentax K-1

othum

#1
Teil 2:

Als nächstes wurden Längsschnitte (50µm) angefertigt und mit W3A-SimI gefärbt.
Zunächst (Bild 29) eine Übersicht. Man sieht, dass der Schnitt eines der Leitbündel sehr schön getroffen hat. Links von der Probe hängen einige Tracheen wie Federn aus der Probe heraus; ein Motiv, das man schon beim Blattquerschnitt beobachten konnte (Bilder 6 und 10-12)

Bild 29: Übersicht des W3A-SimI-gefärbten Längsschnitts im HF (EC-Plan Neofluar 2.5x/0.075, Einzelaufnahme)
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Bei etwas stärkerer Vergrößerung kann aber auch hier in den Leitbündeln die Struktur der Tracheen erahnen. Bild 30 zeigt einen entsprechenden Panostack aus 4 Stapeln.

Bild 30: Detailaufnahme des W3A-SimI-gefärbten Längsschnitts im HF (PlanApochromat 10x/0.45, Panostack aus 4 Stapeln á ~12 Aufnahmen, Abstand ~1.5µm)
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Sehr interessant finde ich, sich den Bereich des Xylems mit noch stärkerer Vergrößerung anzuschauen. Bilder 31-34 zeigen den gleichen Ausschnitt, der mit dem 40er PlanApo gemacht wurde. Jedes Bild ist ein Stapel aus 10 Aufnahmen mit einem Abstand von etwa 0.7µm, die Stapel liegen räumlich direkt hintereinander. Während die ersten beiden ,,nur" die Spiralen zeigen, sind auf den letzten beiden auch die Tüpfel sehr schön zu sehen.

Bild 31: Detailaufnahme des W3A-SimI-gefärbten Längsschnitts im HF (PlanApochromat 40x/0.95, Stack aus 10 Aufnahmen, Abstand ~0.7 µm)
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Bild 32: Detailaufnahme des W3A-SimI-gefärbten Längsschnitts im HF (PlanApochromat 40x/0.95, Stack aus 10 Aufnahmen, Abstand ~0.7 µm)
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Bild 33: Detailaufnahme des W3A-SimI-gefärbten Längsschnitts im HF (PlanApochromat 40x/0.95, Stack aus 10 Aufnahmen, Abstand ~0.7 µm)
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Bild 34: Detailaufnahme des W3A-SimI-gefärbten Längsschnitts im HF (PlanApochromat 40x/0.95, Stack aus 10 Aufnahmen, Abstand ~0.7 µm)
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Als letzte Probenquelle dient nun das Ende eine Sprossachse, etwa 2cm unterhalb der Blüte geschnitten. Die Probe konnte nach AFE-Fixierung gut frei geschnitten werden, aufgrund des großen Durchmessers (etwa 5 mm) mit 50 µm Schnittdicke.
Bild 35 zeigt zunächst einen ungefärbten Schnitt. Er ist gut gelungen, die Epidermis ist fast komplett, das Rindenparenchym annähernd lochfrei. Auch ungefärbt sieht man, dass sich die Leitbündel hier konzentrisch zu einem Ring zusammengeschlossen haben und Rinden- deutlich vom Markparenchym trennen.

Bild 35: Übersicht des ungefärbten, AFE-fixierten Stängelquerschnitts im HF (EC-Plan Neofluar 2.5x/0.075, Pano aus 12 Aufnahmen)
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Wie schon in der Übersichtsaufnahme angedeutet, zeigt sich nicht nur eine Auswölbung des Leitbündelrings rechts, die dort vermutlich zu einem Hochblatt führt. Insbesondere bei stärkerer Vergrößerung (Bild 36) sieht man an dem Abschlussgewebe rechts, dass dort auch ein Blattstil getroffen wurde, inklusive eines Leitbündels. Auch hier sind die Tracheen im Schnitt zu erahnen und schauen als ,,Federn" aus der Probe hinaus.

Bild 36: Detailaufnahme des ungefärbten, AFE-fixierten Stängelquerschnitts im HF (PlanApochromat 10x/0.45, Stack aus 10 Aufnahmen, Abstand ~1.5µm)
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Bild 37 und 38 zeigen noch einmal den Schnitt im DF, einmal eine Übersicht, einmal ein Ausschnitt aus dem Leitbündelring. Hier sind allerdings keine neuen Erkenntnisse zu gewinnen.

Bild 37: Übersicht des ungefärbten, AFE-fixierten Stängelquerschnitts im DF (EC-Plan Neofluar 2.5x/0.075, Pano aus 6 Aufnahmen)
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Bild 38: Detailaufnahme des ungefärbten, AFE-fixierten Stängelquerschnitts im HF (PlanApochromat 10x/0.45, Stack aus 20 Aufnahmen, Abstand ~1.5µm)
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Spannender sind die Aufnahmen bei gekreuzt polarisiertem Licht (X-Pol)! Bild 39 zeigt zunächst eine Übersichtsaufnahme, die der DF-Aufnahme (Bild 37) sehr ähnelt.

Bild 39: Übersicht des ungefärbten, AFE-fixierten Stängelquerschnitts in X-Pol (EC-Plan Neofluar 2.5x/0.075, Pano aus 6 Aufnahmen)
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Aber auch hier bringt die detaillierte Betrachtung des angeschnittenen Leitbündels des Blattansatzes Interessantes zum Vorschein. Schon bei mäßiger Vergrößerung (Bild 40) lassen sich die Strukturen der Tracheen ausmachen, die bei starker Vergrößerung sehr schön aufgelöst werden können (Bild 41/42), ganz ohne Anfärben oder komplexe Kontrastverfahren!

Bild 40: Detailaufnahme des ungefärbten, AFE-fixierten Stängelquerschnitts in X-Pol (PlanApochromat 10x/0.45, Stack aus 15 Aufnahmen, Abstand ~1.5µm)
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Bild 41: Detailaufnahme des ungefärbten, AFE-fixierten Stängelquerschnitts in X-Pol (PlanApochromat 40x/0.95, Stack aus 17 Aufnahmen, Abstand ~0.7µm)
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Bild 42: Detailaufnahme des ungefärbten, AFE-fixierten Stängelquerschnitts in X-Pol (PlanApochromat 40x/0.95, Stack aus 32 Aufnahmen, Abstand ~0.7µm)
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Zum Abschluss noch Aufnahmen des W3A-SimI gefärbten Sprossquerschnitts. Bild 43 zeigt zunächst eine Übersicht im HF, Bild 44 im DF. Durch das freistehende Schneiden ist die Probe leider etwas ausgekeilt, was bei dieser Übersicht etwas stört. Dies hat aber den Vorteil, Detailaufnahmen bei unterschiedlichen Schnittdecken anfertigen zu können (siehe unten).

Bild 43: Übersicht des W3A-SimI gefärbten, AFE-fixierten Stängelquerschnitts im HF (EC-Plan Neofluar 2.5x/0.075, Pano aus 4 Aufnahmen)
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Bild 44: Übersicht des W3A-SimI gefärbten, AFE-fixierten Stängelquerschnitts im DF (EC-Plan Neofluar 2.5x/0.075, Pano aus 4 Aufnahmen)
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Bilder 45 und 46 zeigen Ausschnitte aus dem dünnen (linken) Bereich des Schnitts. Auch hier sind die offen kollateralen Leitbündel gut zu erkennen, sowie die Unterbrechung durch Markstrahlen.

Bild 45: Detailaufnahme des W3A-SimI gefärbten, AFE-fixierten Stängelquerschnitts im HF (PlanApochromat 10x/0.45, Stack aus 19 Aufnahmen, Abstand ~1.5µm)
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Bild 46: Detailaufnahme des W3A-SimI gefärbten, AFE-fixierten Stängelquerschnitts im HF (PlanApochromat 20x/0.60, Stack aus 14 Aufnahmen, Abstand ~1 µm)
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Bilder 47-49 zeigen Ausschnitte aus dem dicken (rechten) Bereich des Schnitts. Hier sind die Markstrahlen besonders gut zu erkennen.

Bild 47: Detailaufnahme des W3A-SimI gefärbten, AFE-fixierten Stängelquerschnitts im HF (PlanApochromat 10x/0.45, Stack aus 15 Aufnahmen, Abstand ~1.5µm)
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Bild 48: Detailaufnahme des W3A-SimI gefärbten, AFE-fixierten Stängelquerschnitts im HF (PlanApochromat 20x/0.60, Stack aus 14 Aufnahmen, Abstand ~1 µm)
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Bild 49: Detailaufnahme des W3A-SimI gefärbten, AFE-fixierten Stängelquerschnitts im HF (PlanApochromat 40x/0.95, Stack aus 14 Aufnahmen, Abstand ~0.7 µm)
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Zu guter Letzt noch zwei Ausschnitte aus dem Bereich des angeschnittenen Leitbündels des Blattansatzes, einmal im HF (Bild 50), einmal im DF (Bild 51). Auch hier kann man die Tracheen bereits sehr gut erahnen.

Bild 50: Detailaufnahme des W3A-SimI gefärbten, AFE-fixierten Stängelquerschnitts im HF (PlanApochromat 10x/0.45, Stack aus 18 Aufnahmen, Abstand ~1.5µm)
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Bild 51: Detailaufnahme des W3A-SimI gefärbten, AFE-fixierten Stängelquerschnitts im DF (PlanApochromat 10x/0.45, Stack aus 13 Aufnahmen, Abstand ~1.5µm)
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Ich hoffe, Ihr habt es bis hierhin geschafft ;) und Euch gefällt dieser Beitrag.
Ich freue mich über jegliches Feedback.
Bis dahin: Viel Spaß beim Lesen!
Beste Grüße, Oliver

Literatur:

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Euphorbia
[2]J.W. Kadereit, C. Körner, B. Kost, U. Sonnewald ,,Strasburger Lehrbuch der Pflanzenwissenschaften", 2014 (37.Auflage), Springer: Heidelberg; p. 679.
[3] https://www.rnd.de/wirtschaft/weihnachtssterne-kommen-zum-grossen-teil-aus-afrika-YF7YYL6XIJEONEP4PHIVOSFT5I.html
[4] http://www.mikroskopie-bonn.de/_downloads/MKB_Artikel_W3Asim_I_und_II_RDM_WSS_110619_1.pdf
Zeiss Axiovert S100 HF/Ph/DF, Auflicht-FL
Zeiss Axioskop 50 HF/Ph/Pol, Auflicht-HF/DF/Pol
Kamera: Pentax K-1

Fahrenheit

#2
Lieber Oliver,

vielen Dank für Deinen aufwändigen Beitrag zu einer Pflanze, die wir noch nicht oft im Forum hatten, obwohl sie sicher regelmäßig zur Weihnachtszeit bei vielen Kolleginne und Kollegen im Haus zu finden ist.

Teils sind die Schnitte etwas dick (beim Blatt) oder ungleichmäßig, aber sonst passt alles.

Herzliche Grüße
Jörg

p.s.
Natürlich gelistet.
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Rawfoto

Hallo Oliver

Beachtliche Bandbreite zeigst du uns da👏

Dunkelfeld habe ich persönlich noch nicht versucht, werde ich auch einmal versuchen ....

Liebe Grüße

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

jcs

Hallo Oliver,

sehr schöner und umfangreich dargestellter BEitrag mit eindrucksvollen Bildern! Eine Frage: Aus welcher Substanz bestehen diese spiralförmigen Verstärkungen der Tracheen? In der Fluoreszenz sind die doch recht auffällig.

LG

Jürgen

Fahrenheit

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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

othum

Hallo Jürgen,

Zitat von: jcs in Januar 21, 2021, 11:15:38 VORMITTAG
Hallo Oliver,

sehr schöner und umfangreich dargestellter BEitrag mit eindrucksvollen Bildern! Eine Frage: Aus welcher Substanz bestehen diese spiralförmigen Verstärkungen der Tracheen? In der Fluoreszenz sind die doch recht auffällig.

LG

Jürgen

danke für das Lob. Die Tracheen sind üblicherweise lignifiziert. Und das Lignin ist Fluoreszenzaktiv, deshalb kann man in AL-FL eigentlich die Leitbündel immer ganz gut erkennen.

Beste Grüße, Oliver
Zeiss Axiovert S100 HF/Ph/DF, Auflicht-FL
Zeiss Axioskop 50 HF/Ph/Pol, Auflicht-HF/DF/Pol
Kamera: Pentax K-1

othum

Hallo gerhard,

Zitat von: Rawfoto in Januar 21, 2021, 11:08:49 VORMITTAG
Hallo Oliver

Beachtliche Bandbreite zeigst du uns da👏

Dunkelfeld habe ich persönlich noch nicht versucht, werde ich auch einmal versuchen ....

DF nutze ich ganz gerne. Ehrlich gesagt ist der wissenschaftlicher Erkenntnisgewinn allerdings überschaubar; es kommen aber sehr "schöne" Fotos dabei raus. Und in dem Falle hier habe ich noch nicht mal einen DF Kondensor eingeschraubt, sondern einfach mit der Ph3-Blende DF "für Arme" gemacht. (Was erstaunlicherweise sogar mit dem PlanApo 10x/0.45 funktioniert...).

Beste Grüße, Oliver
Zeiss Axiovert S100 HF/Ph/DF, Auflicht-FL
Zeiss Axioskop 50 HF/Ph/Pol, Auflicht-HF/DF/Pol
Kamera: Pentax K-1

othum

Hallo Jörg,

Zitat von: Fahrenheit in Januar 21, 2021, 09:58:11 VORMITTAG
Teils sind die Schnitte etwas dick (beim Blatt) oder ungleichmäßig, aber sonst passt alles.

vielen Dank für das Feedback. Beim Blatt war ich (wie geschrieben: Erstversuch) etwas zu ambitioniert mit der Größe des Schnitts. Um den 5mm langen Querschnitt heil und vollständig überführen zu können, musste ich relativ dick (75µm) schneiden. Nächstes mal werde ich kleinere Schnitte probieren...

Ungleichmäßig sind, wir im Text geschrieben, hauptsächlich die Schnitte durch den Spross. Ich denke, das liegt an dem Freischnitt bei dem großen Durchmesser. Vermutlich hätte ich hier besser etwas wie Bobs Schneidehilfe verwendet...

Beste Grüße, Oliver
Zeiss Axiovert S100 HF/Ph/DF, Auflicht-FL
Zeiss Axioskop 50 HF/Ph/Pol, Auflicht-HF/DF/Pol
Kamera: Pentax K-1

othum

Hallo Adi,

Zitat von: Adalbert in Januar 21, 2021, 10:30:40 VORMITTAG
klasse Beitrag, schöne Fotos!

Die Pflanze habe ich immer zu Weihnachten 😊

Anbei noch die Pollen im Auflicht:

Danke für das Lob. Das Pollenbild hatte ich natürlich gesehen und daher gar erst versucht, das zu wiederholen ;)

Beste Grüße, Oliver
Zeiss Axiovert S100 HF/Ph/DF, Auflicht-FL
Zeiss Axioskop 50 HF/Ph/Pol, Auflicht-HF/DF/Pol
Kamera: Pentax K-1

JaRo

Hallo Oliver,
ganz tolle Fotos! Gerade die Fluoreszenz-Bilder finde ich klasse :)
Viele Grüße
Jan