Antony van Leeuwenhoek - der Film

Begonnen von d65, Januar 23, 2021, 17:47:11 NACHMITTAGS

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d65

Liebe Foristen,

ich habe mich über die letzten Wochen intensiver mit Leeuwenhoek auseinandergesetzt. Dabei bin ich auch auf einen Film von 1924 mit dem Titel "Antony van Leeuwenhoek" gestoßen. Dieser Film ist auch auf Youtube verfügbar. https://www.youtube.com/watch?v=sNSWwym57Ho. Aus der Zeit natürlich ein Stummfilm zeigt er im Hauptteil Zitate aus Leeuwenhoeks Briefen, um diese dann mit mikroskopischen Filmaufnahmen zu bebildern.

Die Texttafeln sind auf niederländisch, da lohnt sich vielleicht mal die Pausetaste um mehr Zeit zum verstehen zu haben. Bei Sequenzen die einen weniger interessieren ist dagegen vielleicht eine erhöhte Abspielgeschwindigkeit nicht schlecht. Im großen und ganzen fand ich das für einen Film von 1924 aber ziemlich beeindruckend. Zuerst kommen einige biographische Sequenzen, dann Kristallbildung und schließlich viele Aufnahmen der Diertgens oder Animalcules, also Mikroorganismen.

Ich poste das hier aus zwei Gründen. Zum einen denke ich dass es auf Interesse stößt, zum anderen kann vielleicht jemand die Frage beantworten: Gibt es noch ältere mikroskopische Filmaufnahmen? Fotografien sicher, aber Filmaufnahmen?

Herzliche Grüße

Steffen

P.S: Spermatozoen und fließendes Blut in Kapillargefäßen werden gegen Ende auch gezeigt.

Apochromat

Hallo Steffen,

das ist ein sehr interessanter Fund. Wenn Du Dich für Antonie van Leeuwenhoek interessierst, lies mal dieses zauberhafte Buch:
Clifford Dobell: "Antony van Leeuwenhoek an his "Little Animals", Dover Publications. ISBN-10 : 9354008992, ISBN-13 : 978-9354008993 (Erstveröffentlichung 1932). Ich habe die Taschenbuchausgabe von Dover Publications.

LG
Michael

d65

Hallo Michael,

danke, dass ist ein ausgezeichneter Hinweis  ;)

Tatsächlich hat meine Beschäftigung mit Leeuwenhoek mit genau diesem Buch, dem Dover-Nachdruck von 1960, angefangen. Und hat dann Kreise gezogen. Mittlerweile steht auch 'Single Lens' von Brian J Ford (1985; sehr zu empfehlen wenn man sich für einfache Mikroskope interessiert) und "Eye of the Beholder. Johannes Vermeer, Antoni van Leeuwenhoek, and the Reinvention of Seeing" von Laura J. Snyder (2015) im Regal. Die beschäftigen sich jeweils etwa zur Hälfte mit Leeuwenhoek. Und dann noch einige kleinere Arbeiten, was sich so finden ließ.

Was mich überrascht hat ist, dass es anscheinend für einen großen Teil von Leeuwenhoeks Arbeiten keinerlei Übersichtsarbeiten gibt. Nur eben Dobell für Mikroorganismen und dann noch eine Arbeit von Cole über zoologische Themen aus Leeuwenhoeks Briefen, die bis Anfang des 20. Jahrhunderts veröffentlicht waren. Für die Botanik scheint so etwas nicht zu existieren, auch nicht für seine Kristallbeschreibungen.

Liebe Grüße
Steffen

Rene

Even worse, the first description of bacteria has been mis-interpreted as Spirogyra bij Dobell. Actually, it was a cyanobacerial bloom of Anabaena (nowadays called Dolichospermum). Leeuwenhoek wrote about it years before his description of bacteria in old men's tandplaque! Few, very few microbiologists know this.

Best wishes, René

güntherdorn

danke steffen,

...für den youtube-film-link.
auch wenn ich kein niederländisch lesen kann, interessant!
gibt es eine sammlung der skizzen "des meisters"?
im film sind viele zu sehen, die ich noch nie gesehen habe.

ciao,
güntherdorn
- gerne per du -
günther dorn
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=444.0
www.mikroskopie-gruppe-bodensee.de
gildus-d@gmx.de

Newtoo_n

Hallo Steffen,

vielen Dank, das ist interessant.

Herzlichen Gruß
Dieter

d65

Zitat von: Rene in Januar 30, 2021, 18:24:41 NACHMITTAGS
Even worse, the first description of bacteria has been mis-interpreted as Spirogyra bij Dobell. Actually, it was a cyanobacerial bloom of Anabaena (nowadays called Dolichospermum). Leeuwenhoek wrote about it years before his description of bacteria in old men's tandplaque! Few, very few microbiologists know this.

Best wishes, René

Dear René, do you happen to have a reference about the re-identification? That would be very interesting to me.

Zitat von: güntherdorn in Februar 02, 2021, 18:03:27 NACHMITTAGS
gibt es eine sammlung der skizzen "des meisters"?

Hallo Günther,
mir ist keine vollständige Übersicht bekannt. Es findet sich einiges in der entsprechenden Wikipedia Commons Kategorie, https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Illustrations_from_the_work_of_Antonie_van_Leeuwenhoek. Und seit 1931 gibt es ein Komitee niederländischer Wissenschaftler, die alle seine Briefe veröffentlichen. Im Original und mit englischer Übersetzung, sowie mit zahlreichen Fußnoten zur Erklärung. 2018 erschien der 17. Band von voraussichtlich 19. Die Bände 1-15 sind mittlerweile als pdf frei verfügbar, hier https://www.dbnl.org/tekst/leeu027alle00_01/. Die zu den jeweiligen Briefen gehörigen Abbildungen finden sich jeweils gesammelt am Ende des Bandes. Das könnte sich also auch lohnen, die zu durchsuchen, auch wenn die Bildqualität im pdf nur so mittelgut ist. Die Papierbände sind leider ziemlich teuer, neu ca 160 Euro wenn ich mich recht entsinne, und gebraucht ab etwa 70 mit viel Glück, bis mehrere hundert Euro.

Liebe Grüße
Steffen

d65


Rene

Hi Steffen, Wim wrote an extended article in our (Dutch) magazine Microwereld. Front cover shows the view of the Berkelse lake in the time of Leeuwenhoek.
Let me know if you'd like a copy.

Best wishes, René

rhamvossen

#9
Hallo,

Ein wirklich inspirierender Film. Seine Beobachtunhen waren phänomenal, wenn man bedenkt das sie mit ein einlinsiges mini-Mikroskop gemacht wurde. Seine Zeichnungen waren sehr detailliert, unglaublich. Van Leeuwenhoek ist das ultimative Beispiel das der Mann hinter dem Mikroskop den Unterschied macht. Das Bild was er sah muss schlecht (nach aktuellen Standards ) gewesen sein und voller optische Fehler. Zur selben Zeit muss es gut genug gewesen sein um die vielen Details zu erkennen und seine ausgezeichnete Wahrnehmung hat natürlich dabei geholfen. Ich werde mal wieder durch ein BOB Spielzeugmikroskop schauen, vielleicht kommt das nah was er sah?

@Güntherdorn
Zitatauch wenn ich kein niederländisch lesen kann,

Wieso denn, Niederländisch ist doch nicht so schwierig, ich kann auch Deutsch lesen ;) Aber ich verstehe es schon, da ist viel alte niederländische Sprache drin, und das ist doch ein bischen anders........

@René
A very inspiring picture on the cover, you wish you could travel back in time to go walking there.......

Beste Grüsse,

Rolf


Alfons Renz

Hallo,

Die Frage, 'wie ER das mit seinem einfachen Mikrosköpchen habe beobachten können' wurde schon oft gestellt - und kaum einmal experimentell überprüft.

Es sollte doch wirklich nicht so schwer sein, eine solche Linse herzustellen und ein einfaches Mikroskop zu basteln - oder eines der vielen Replikaten zu verwenden.

Die Vermutung tauchte deshalb schon bald auf, dass der Meister seine Besucher und Bewunderer mit solchen einfachen Mikroskopen foppte, und in seinem Hinterzimmer mit einem weit besseren, zusammengesetzten Mikrokop arbeitete. Das Prinzip der zwei-stufigen Vergrößerung war seit Anbeginn der Mikroskopie ja schon bekannt. Warum sollte L. es nicht verwendet haben`?

Berichte von Besuchern und Andeutungen seinerseits unterstützen solche Gerüchte.

Ein passionierter L-Forscher namens Meyer hat dieser Hypothese eine dickes Buch gewidmet und im Eigenverlag herausgegeben. Es steht 'irgendwo' in meiner Bibliothek, und wenn Niemand aus dem Forum einen sachdienlichen Hinweis hätte, muss ich mich doch noch auf die schwierige Suche machen...

Herzliche Grüße,

Alfons


Rene

Intriguing hypothesis, Alfons. Hope you will find your book back!
Nevertheless, Ockham's razor leads me to believe he could have seen pretty much all he reported with a single lens microscope, however cumbersome in use it might have been.
At least the bluegreen algae from Lake Berkelse do not pose a problem with the now-known microscopes attributed to Leeuwenhoek.

Best wishes,
René


Lupus

#12
Hallo Alfons,

ZitatDie Frage, 'wie ER das mit seinem einfachen Mikrosköpchen habe beobachten können' wurde schon oft gestellt - und kaum einmal experimentell überprüft.
.....
Die Vermutung tauchte deshalb schon bald auf, dass der Meister seine Besucher und Bewunderer mit solchen einfachen Mikroskopen foppte, und in seinem Hinterzimmer mit einem weit besseren, zusammengesetzten Mikrokop arbeitete. Das Prinzip der zwei-stufigen Vergrößerung war seit Anbeginn der Mikroskopie ja schon bekannt. Warum sollte L. es nicht verwendet haben`?
Es gibt doch einige, die sich sowohl mit einem Originalmikroskop oder Repliken beschäftigt haben und die Leistungsfähigkeit dieser einfachen Mikroskope bestätigt haben, auch durch Fotografie durch diese Mikroskope (u.a. Brian Ford).

Ich habe mich mit dem Thema der optischen Qualität einfacher Mikroskope oder historischer Mikroskope intensiver beschäftigt. In einem früheren Beitrag hatte ich Rechenergebnisse der Abbildungsqualität zusammengesetzter (einlinsiges Objektiv + Okular) und einfacher (einlinsiger) Mikroskope mit vergleichbarem Abbildungsmaßstab gegenübergestellt. Es ist eindeutig, dass die theoretische Abbildungsqualität (also losgelöst von der Qualität der damals nicht immer so guten Linsen) der einfachen Mikroskope prinzipbedingt besser ist.
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=27085.msg203489;topicseen#msg203489
Ich habe gerade festgestellt dass die Abbildungen aus dem Beitrag verschwunden sind, ich muss sehen ob ich sie noch irgendwo abgespeichert habe.

Hubert

Alfons Renz

#13
Hallo Hubert,

Die Gesetze der Optik galten natürlich schon zu AvL's Zeiten, und Deine Berechnungen möchte ich auf keinen Fall bezeifeln. Zumal ich kein Experte auf diesem Gebiet bin und mich nur ganz flüchtig mit dem Nachbau eines derartigen einfachen Mikroskops beschäftigt habe.

Mir wurde jedoch schnell klar: Leicht ist die Arbeit nicht, mit einer solchen, mechnisch höchst klapprigen Konstruktion. Und wenn es bessere Lösungen gibt und (seit 1679, s. Huygens) auch schon gab, weshalb sollte AvL diese nicht verwendet haben?

Die Arbeiten von Ford, Bracegirdle und Anderen kenne ich, wenn auch nicht im Detail.  Es sind Versuche die vorliegenden Fakten zu beschreiben, d.h. die wenigen, bis heute erhaltenen Instrumente und deren sehr unterschiedlich hergestellten Linsen, von denen die Meisten geschliffen, die Beste jedoch geschmolzen war.

Es besteht gar kein Zweifel, dass mit solchen Linsen die nötige Auflösung erzielt werden kann. Nur die Handhabung lässt kaum eine intensive Beschäftigung mit dem Objekt zu, so wie sie es etwa für die Sektion von Insekten oder bei der Beobachtung des Wachstums von Insekten nötig ist.

Klaus Meyer (von Beruf Internist) hat sich in seinem Buch 'Geheimnisse des Antoni van Leeuwenhoek' auf 647 Seiten sehr ausführlich mit dessen Werk und seiner Technik beschäftigt, vor allem auch experimentell,  und kommt, auf S. 644, zum Schluss: 'Nachdem ich mich jahrelang mit dieser Frage beschäftigte, hege ich kaum noch einen Zweifel, dass Leeuvenhoek seine eigentlichen Forschungen mit einem Arbeitsmikroskop betrieben hat, das nach seinem Tod nicht gefunden wurde'.

Es steht hier eine wohlbegründete Annahme gegen den offensichtlichen Befund, dass nämlich Niemand dieses Arbeitsmikroskop jemals gesehen hat. Andeutungen von Zeitgenossen gab es mehrfach, und sein Grab, wo es Manche vermuten, wurde nie geöffnet.

Solche Widersprüche bei der Interpretation historischer Objekte, von denen es nur mündliche Berichte und oder (schlechte) Gemälde gibt, sind nichts Ungewöhnliches in der Wissenschaftsgeschichte. Ich tendiere dazu, die Leistung der fraglichen Erfinder nicht zu unterschätzen und ihrem Kenntnisstand zumindest zuzutrauen, dass dieser auf der Höhe der damaligen Zeit war, bzw. diesen eher übertraf. Das zusammengesetzte Mikroskop und die Durchlichtbeleuchtung durch einen Spiegel waren ihm gewiss bekannt. Weshalb sollte er diese Vorzüge nicht genutzt haben? 

Man kann solche Versuche schon mit einfachsten Mitteln anstellen: Es genügt, die Frontlinse eines 40x oder 100x vergrößerenden Objektivs zu verwenden und damit zu experimentieren. In der Verwendung als einfaches oder als zusammengesetztes Mikroskop.

Es bleibt Jedem überlassen, daraus seine eigenen Schlüsse zu ziehen: Einfach mal ausprobieren!

Herzliche Grüße,

Alfons

Lupus

Hallo Alfons,

ich sehe keinen Grund daran zu zweifeln dass Leeuwenhoek nicht auch mit einem zusammengesetzten Mikroskop gearbeitet hat, vielleicht auch für den Hauptteil seiner Arbeiten. Dass davon nichts erhalten ist sagt gar nichts. Ich sehe da kein Problem und keinen Widerspruch. Dass aber zur damaligen Zeit das einfache Mikroskop mehr Details zeigte, auch wenn es schwierig zu gebrauchen war bin ich aber überzeugt. Der Hinweis von Wollaston (siehe Zitat meines verlinkten Beitrages) geht in die gleiche Richtung.

Hubert