Botanik: Zwerg – Herzblume Dicentra eximia *

Begonnen von Hans-Jürgen Koch, Februar 17, 2021, 09:32:57 VORMITTAG

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Hans-Jürgen Koch

Liebe Pflanzenfreunde,

zu dieser kleinen Gattung gehören etwa 12 ein- und mehrjährige Arten, die vor allem wegen ihrer mehrfach gefiederten Blätter und der Fülle ihrer Blüten geschätzt werden.

Bild 01 Habitus, Zwerg – Herzblume Dicentra eximia

Quelle: www.biolib.de

Dicentra eximia ist schwer von der nah verwandten Gattung Dactylicapnos (Kletternde Herzblume) abzugrenzen, und viele Arten wurden erst in den letzten Jahren (nach 2000) aus Dicentra ausgegliedert und in die Gattung Dactylicapnos gestellt.
Bereits 1997 wurde das Tränende Herz (Lamprocapnos spectabilis) als eigene Gattung ausgegliedert. Auch die Arten der neuen Gattung Ehrendorferia, Ehrendorferia chrysantha (goldene Ohrentropfen), und Ehrendorferia ochroleuca Fukuhara (weiße Ohrtropfen), wurden vorher zur Gattung Dicentra gerechnet.
Ohne eine winterliche Kälteperiode wachsen und blühen die Herzblumen nicht gut. Die hängenden, herzförmigen Blüten sind rosa, rot, weiß, purpur oder gelb.
Wildwachsend findet man die Herzblume gewöhnlich in Wäldern und bergigen Gebieten Ost-Asiens.
Die Zwerg-Herzblume trägt auffällige Blüten in Form eines gebrochenen Herzens, an dem eine Träne herunterläuft. Sie ist ein wahres Juwel in jedem Garten und zieht die Blicke auf sich. In ihrer Heimat gedeiht Dicentra eximia bis in Höhen von circa 2.000 Metern. Pflanzenforscher und Naturfreunde sorgten für das Verbreiten des Doppelsporns in zahlreichen Gärten Europas. Ihre Blühfreude und ihre Winterhärte, sind gute Gründe, die Staude mit ihrer faszinierenden Blüte anzupflanzen.
Die kleinen Herzen hängen traubenförmig an einem langen Stiel, der aus dem Meer aus Blättern herausragt. Wie ein Schirm aus zartrosa Tupfern, stehen die Blütenstände über den Blättern. Die Blüten bilden einen interessanten Kontrast zu dem hellen Grün der Blätter, die durch ihre Form an einen Farn erinnern. Ihre üppige Blütenpracht entfaltet die Zwerg-Herzblume / Doppelsporn optimal auf einem gut durchlässigen bis sandig-humosen Standort. Ihr buschiger und kriechender Wuchs bedeckt schnell kahle Flächen.
Nicht umsonst bezeichnen Gärtner die Dicentra eximia als Juwel. Dank ihrer einzigartigen Blütenform, hat sie diesen Namen verdient.
Bei dieser Zierstaude haben wir die Besonderheit, dass zwei Arten den Namen Zwerg-Herzblume (auch Zwergige Herzblumen, Doppelsporn) tragen. Das sind Dicentra formosa und Dicentra eximia.
Letztere stelle ich vor. Es sind etwa 30 cm hoch werdende Dauerblüher, welche von Anfang Mai bis September mit hängenden, tief purpurnen Herzblüten punkten. Die mehrjährigen Stauden gedeihen in Sonne und Halbschatten und nach meinen Erfahrungen selbst noch in schattigen Gartenpartien sehr gut und sie tolerieren sogar den Wurzeldruck großer Gehölze! Schnecken fressen an ihnen nicht.
Auch bei der Herkunft könnte man vereinfachend sagen, dass beide Arten ihren Naturstandort in Nordamerika habe.
Dicentra eximia hat ihr natürliches Verbreitungsgebiet von New York und West Virginia bis Georgia und Tennessee
Beide Pflanzen gehören in die Familie der Fumariaceae, den Erdstrauchgewächsen.
Herzblumen sind einjährige oder ausdauernde, krautige Pflanzen. Die Sprossachse steht, wenn vorhanden aufrecht und ist einfach oder verzweigt. Bei ausgewachsenen Pflanzen ist sie hohl. Manchmal fehlt die Sprossachse ganz und es gibt nur grundständige Blätter, der Blütenstand steht dann an einem blattlosen Schaft.
Die Wurzeln sind Pfahlwurzeln. Viele Arten bilden Knollen, Zwiebeln oder Rhizome als Überdauerungsorgane.
Die Laubblätter sind grundständig oder sitzen am Stängel. Sie sind zusammengesetzt. Die Spreite besteht aus zwei bis vier Ordnungen von Fiedern oder Lappen. Die Blattränder sind ganzrandig, gekerbt oder gesägt. Die Blattoberfläche ist kahl und manchmal graugrün, bereift.
Die Blütenstände können achselständig, den Blättern gegenüber oder endständig stehen. Sie sind einblütig oder vielblütig und thyrsoid (straußförmig), rispenartig oder schirmrispig. Die Blüten sind zu beiden senkrechten Symmetrieebenen achsensymmetrisch. Die Kelchblätter fallen in einem frühen Stadium der Anthese (die Zeit vom Aufbrechen einer Blüte bis zum Verblühen) ab.

Die Krone ist herzförmig und in der Silhouette verlängert. Die Kronblätter sind verbunden oder nur an der Basis verwachsen. Sie sind nicht porös. Die äußeren Kronblätter sind beide geschwollen oder basal gespornt. Die Spitzen sind bei fast allen Arten gekielt. Die Inneren sind bogen-, löffel- oder pfeilförmig, ihre zugespitzten basalen Enden sind linealisch oder lanzettlich.
Die Staubblätter stehen in Bündeln oder Kreisen. Das jeweils mittlere Filament trägt dabei nektarbildendes Gewebe, es ist häufig umgebogen und zeigt auf die geschwollene Basis des gegenüberliegenden äußeren Kronblatts. Der Fruchtknoten ist breit eiförmig oder umgekehrt eiförmig bis schmal zylindrisch. Die Narbe ist persistent mit zwei Lappen oder Hörnen, seltener mit zwei lateralen Papillen.
Das Tränende Herz war Giftpflanze des Jahres 2017.
Die Herzblumen sind für Menschen giftig und haben in allen Pflanzenteilen giftige Alkaloide.
Der Begriff Alkaloid war ursprünglich eine allgemeine Bezeichnung für aus Pflanzen isolierte basische Stoffe. Später wurden Alkaloide auch aus anderen Organismen, wie Pilzen (z. B. Mutterkornalkaloide) und Tieren (z. B. das Krötenalkaloid Bufotenin) isoliert, sodass die Definition erweitert wurde.

Systematik:
Ordnung: Hahnenfußartige (Ranunculales)
Familie: Mohngewächse (Papaveraceae)
Unterfamilie: Erdrauchgewächse (Fumarioideae)
Tribus: Fumarieae
Gattung: Zwerg-Herzblume
Wissenschaftlicher Name: Dicentra eximia
Trivialname: Zwergige Herzblumen, Doppelsporn
Englischer Name: bleeding heart 

Der botanische Name ist abgeleitet vom griechischen Wort δικεντρόω, dikentros (= zweispornig) nach den zwei äußeren, gespornten Kelchblättern.

Junger Spross, Querschnitt
30 Mikrometer

Fünf ungefärbte Schnitte.
Bild 02 Übersicht, Zwerg - Herzblume Dicentra eximia


Bild 03 Verletzung, Zwerg - Herzblume Dicentra eximia

Vermutlich bildet die Zwerg - Herzblume Kallose.
Kallose wird zur Auskleidung von Plasmodesmen (kleine Plasmastränge in Pflanzenzellen), oder bei Verletzungen von Zellen als ,,Kitt" verwendet.

Bild 04 Markparenchym mit gelben Chloroplasten Amyloplasten, Zwerg - Herzblume Dicentra eximia


Bild 05 Autofluoreszenz, Übersicht, Zwerg - Herzblume Dicentra eximia

Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz iLED 455 nm
LED Modul 455 nm
Reflektormodul FL mit Filtersatz 67
Erregerfilter: BP 470 nm
Strahlenteiler: FT 477 nm
Emission (Sperrfilter): LP 485

Bild 06 Autofluoreszenz, Zwerg – Herzblume Dicentra eximia


Wacker 3 A - Färbung (Acridinrot – Acriflavin - Astrablau)
1. Schnitte liegen in 30 % Ethanol.
2. Aqua dest. 3x wechseln je 1 Minute.
3. Vorfärbung Acridiorot 8 Min.
4. 1x auswaschen mit Aqua dest.
5. Acriflavinlösung (differenzieren bis gerade keine Farbwolken mehr abgehen - Lupenkontrolle) 30 Sekunden
6. 2 x auswaschen mit Aqua dest.
7. Nachfärbung Astrablau 60 Sekunden
8. Auswaschen mit Aqua dest. bis keine Farbstoffreste verbleiben.
9. Entwässern mit 2x gewechseltem Isopropylalkohol (99,9 %
10. Einschluss in Euparal
Fotos: Nikon D5000

Bild 07 Übersicht, Zwerg - Herzblume Dicentra eximia


Bild 08 offenes kollaterales Leitbündel mit Beschriftung, Zwerg - Herzblume Dicentra eximia

Bei offenen Leitbündeln sind Xylem und Phloem durch ein Kambium voneinander getrennt.
1. Metaxylem darüber Protoxylem
Wasserleitungen des Leitbündels, Transport von Wasser mit gelösten Mineralsalzen von den Wurzeln bis in die Blätter, durch Unterdruck erzeugt, durch die Verdunstung von Wasser durch die Blattspalte / Stoma.
2. Phloem
Struktur zum aktiven Nährstofftransport in den Leitbündeln, bestehend aus Siebröhren und Geleitzellen.
3.  noch unverholztes Sklerenchym Festigungsgewebe.
4. Kambium
Bildungsgewebe, ringförmiges Meristem zwischen Xylem und Phloem.
5.  noch unverholztes Sklerenchym Festigungsgewebe.
MP = Markparenchym, RP = Rindenparenchym, EP = Epidermis, CU = Cuticula
Das Leitbündel ist für den Wasser- und Assimilat -Transport zuständig. Von unten nach oben wird Wasser im Xylem transportiert. Im Phloem werden die Assimilate von oben nach unten transportiert. Mit dem Längenwachstum der Sprossachse geschieht gleichzeitig auch das Dickenwachstum. Hierbei vergrößert sich das Leitbündel. Dies geschieht durch das Kambium.

Bild 09 Detailaufnahme, Zwerg - Herzblume Dicentra eximia


Bild 10 Detailaufnahme, Zwerg - Herzblume Dicentra eximia


Bild 11 Detailaufnahme, Zwerg - Herzblume Dicentra eximia


Bild 12 Übersicht, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Zwerg – Herzblume Dicentra eximia

Auflicht Beleuchtung Fluoreszenz iLED 455 nm
LED Modul 455 nm
Reflektormodul FL mit Filtersatz 67
Erregerfilter: BP 470 nm
Strahlenteiler: FT 477 nm
Emission (Sperrfilter): LP 485

Bild 13 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Zwerg – Herzblume Dicentra eximia


Fazit:
Da der junge Spross so gut wie keine verholzten Zellen hat ist er extrem weich und lässt sich schlecht schneiden. Leichter Druck beim Einspannen in Styrodur (grüne Hartschaumplatte) reichte aus, um den Spross zu zerquetschen.

Quellen und weiterführende Informationen:
Wikipedia
,,Botanica", ISBN: 3-8290-0868-6
Frances Welland ,,Pflanzen", ISBN: 0-75259-615-2
Die Informationen für Beschreibungen werden von mir selbst aus verschiedenen Quellen zusammengetragen. Dabei benutze ich sowohl Bücher als auch Internet Quellen. Texte werden anschließend individuell von mir selbst verfasst.
Sollte ich ein Copyright © verletzt haben, so geschieht dies nicht mit Absicht. Bitte schicke mir ein E-Mail, wenn es der Fall sein soll.
Für konstruktive Kritik bin ich ebenso offen wie für lobende Worte.

Gruß
Hans-Jürgen


Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

Bernd Miggel

Lieber Hans-Jürgen,

wieder mal ein Meisterstück, vielen Dank!
Kannst du noch etwas zur Schneidetechnik bei diesem weichen Material schreiben?

Herzliche grüße
Bernd

Wutsdorff Peter

Grüß Dich Hans-Jürgen,
ich schließe mich dem Lob von Bernd an, und bin gespannt auf Deine Ausführungen zur Scheidetechnik. Auch hatte das Problem. In meiner Naivität habe ich einfach drauflos geschnitten. Der Schnitt verkrumpelte sich, aber in Ethanol 70 hat er sich dann wieder entfaltet.
Gruß und bleib negativ i.S.v. Corona
    Peter

Hans-Jürgen Koch

Lieber Bernd, lieber Peter,

danke für eure Rückmeldung.
Der junge Spross war sehr weich, sehr viele Schnitte unbrauchbar.
In der Histologie wird häufig mit Instant-Gefrierspray gearbeitet.
1 Verpackung (200 ml) kosten ca. 13.00 CHF zzgl 7,7% MwSt.

Ich habe ,,Zamrazacz" Gefrierspray verwendet es kühlt sehr schnell von – 55 Grad C bis - 67 Grad C.
300 ml Gefriermittel – Spray kosten etwa 5,99 Euro; wird auch für Reinigungen verwendet, farblos und geruchsarm.

Gruß
Hans-Jürgen

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Bernd Miggel

Lieber Hans-Jürgen,

spannst du den Spross dazu vor dem Einsprühen zwischen Styrodur ein? ... Und dann schnell schneiden, bevor er auftaut?

Herzliche Grüße
Bernd

jcs

Hallo Hans-Jürgen,

wieder eine, wie von Dir gewohnte, gelungene und gründliche Darstellung! Eine Frage zur Fluoreszenz: Normalerweise sieht man da vielfach die rote Fluoreszenz des Chlorophyls. Bei Dir ist fast nur grün zu sehen. Ist das wehen dem fehlenden Chlorophyl, oder hast Du einen speziellen Filter verwendet?

LG

Jürgen

Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

vielen Dank für den schönen Artikel, den ich gerne gelistet habe.

Um die -60 Grad? Und man sieht eigentlich keine Artefakte. Ich hätte gedacht, dass das "Schockfrieren" gerade solch filligranen Gewebe mehr in Mitleidenschaft zieht.
Danke für den Hinweis auf das von Dir verwendete Spray: muss ich auch mal probieren.

Jürgen,

ich denke, Hans-Jürgen hatte die stixierte Probe schon länger in Ethanol. Das überleben Chloroplasten in aller Regel nicht. Man sieht auch im ersten Bild vom ungefärbten Schnitt keinerlei Chloroplasten mehr.
Jürgen, bitte korrigiere mich, wenn ich falsch liege.

Herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Hans-Jürgen Koch

Lieber Bernd,
den jungen Spross habe ich mit dieser Probenhalterung eingespannt.


Hallo Jürgen,
die Pflanzenprobe liegt schon seit April 2013 in einem AFE III – Gemisch.

Lieber Jörg,
danke.
Ich vermute, dass es sich im Bild 04 um gelben Chloroplasten handelt.
Der Schnitt ist nicht gefärbt.

Gruß

Hans-Jürgen
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Bernd Miggel

Lieber Hans-Jürgen,

sprühst du sowohl Metallhalterung als auch Messer mit dem Spray an, und für wieviele Schnitte bleibt die Probe dann kalt genug?

Herzliche Grüße
Bernd

Hans-Jürgen Koch

Lieber Bernd,

die Metallhalterung lagert im Kühlschrank, ich sprühe nur die Pflanzenprobe ein.
Zu deiner Frage (wieviel Schnitte) ist abhängig von: Raumtemperatur, Erfahrung mit dem Mikrotom -------
Man kann doch beliebig oft mit dem Kältespray nachsprühen.

Gruß
Hans-Jürgen
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Bernd Miggel

Lieber Hans-Jürgen,

das liest sich für mich sehr vielversprechend! Meine zu schneidenden Pilzfragmente sind ja auch oft sehr weich.  :)

Herzliche Grüße
Bernd

Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

von der Lage der gelben Körperchen in Bild 4 im Markparenchym her würde ich eher auf Amyloplasten tippen.
Du könntest das ggf. im Pol verifizieren.

Herzliche GRüße
Jörg
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Hans-Jürgen Koch

Lieber Jörg,

es sind Amyloplasten, charakteristische Doppelbrechung der Stärkekörner im Polarisationsmikroskop.
Danke für deinen Tipp.

Gruß
Hans-Jürgen
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