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Saharasand

Begonnen von Klaus Wagner, März 02, 2021, 09:31:48 VORMITTAG

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Klaus Wagner

Ut desint vires tamen est laudanda voluntas.
So pflegte vor rd. 50 Jahren der Lateinlehrer immer zu sagen, wenn er die Ergebnisse der Klassenarbeit austeilte :-)

Verehrte Mikroskopiker,

ich fand kürzlich eine eingetrocknete Pfütze mit gelbem Rand auf unserem Gartentisch aus Glas. Im ersten Moment dachte ich an Pollen, verwarf  aber die Idee sofort wieder. Dann wurde mir klar, dass es sich um Saharasand handeln muss, den der Wind vor einigen Tagen zu uns geweht hat. Es gab eigenartige Färbungen des Himmels und einen spektakulären  Sonnenuntergang. So eine riesige "Sonnenscheibe" habe ich noch gar nie gesehen.

Meine Idee war nun, den Sand abzulichten, wobei aber meine Technik vollkommen versagte. Das  hat verschiedene Gründe:

Die Sandkörner sind extrem klein. Es handelt sich eigentlich um Staub. Mit dem 40iger Objektiv und LED-Licht von der Seite ist die Lichtführung fast unmöglich.
Die meisten Körnchen sind Kristalle und erzeugen eigenartigste Lichteffekte. Es war mir unmöglich, ein in irgendeiner Ebene richtig scharfes Bild zu erzeugen.

Dennoch möchte ich Euch ein Foto zeigen. Ich habe die Bitte, dass diejenigen unter Euch, die starke Vergrößerung mit Auflicht durch das Objektiv können, das auch mal zu versuchen. UND wer ein REM zur Verfügung hat, sollte es mal zur Darstellung des Sandes benützen. Es ist sicherlich ein lohnenswertes Objekt.

Ich hoffe, ihr verzeiht mir das schlechte Foto, es ist nur als Anregung gedacht, es selbst mal zu probieren.

Viele Grüße
Klaus

Alfons Renz

Hallo Klaus,

Der von der Sahara durch den Wind fein bis nach Mitteleuropa verteilte Staub hat schon vor langer Zeit den frühen Naturforscher Christian Ehrenberg beschäftigt. In den Abhandlungen der Königlichen Preussischen Akademie der Naturwissenschaften berichtet er 1849 über seine langjährigen Forschung, für welche er u.a. auch Proben von Charles Darwin erhalten hatte.

Er war der Erste, der das Vorkommen von Diatomeenschalen und anderen organischen Resten in diesem Staub beschrieb. Ungefähr ein Sechstel des Staubes seien solche Reste. Seine Abbildungen (Kupferstiche) sind überraschend detailliert!

Heute muss man leider feststellen: Der Staub vom 7. Februar ist auch nicht mehr das, was er früher mal war: Lange musste ich suchen, bis ich einige wenige Reste von Diatomeenschalen erkennen konnte. Jetzt, bei der zweiten Wolke am 27. Februar, dominierten dann schon die Pollen.

Da nur 6 Anhänge erlaubt sind, kommt der Rest der Bilder mit dem nächsten Beitrag!




Alfons Renz

#2
Fortsetzung:

Diatomeenreste im Staub vom 7. Februar 2021.

Die Frage zum Ursprung der Kieselalgen 'Woher' hat Ehrenberg in einer sehr eigenwilligen Hypothese beantwortet: Er vermutete biologisches Leben in den höheren Atmosphären.

Für die schnelle Suche nach organischen Resten empfiehlt sich der Phasenkontrast. Die Bilder sind deshalb nur 'Belegfotos' und erfüllen keineswegs die hohen Kriterien der sonst im Forum üblichen künstlerischen Darstellung von Diatomeen.

TPL

Lieber Alfons,

vielen Dank für Deinen schönen Beitrag und Glückwunsch zu den Diatomeen-Funden. Die kommen nämlich – in Abhängigkeit von der Herkunft innerhalb oder von den Rändern der Wüste – keineswegs in jeder Saharastaubwolke vor. Eine wahrscheinliche "Quelle" sind die küstennahen  Sebchas, die sowohl Salzlaugen, als auch Süßwasser (und deshalb durchaus auch Süßwasser-Diatomeen) enthalten können.

Herzliche Grüße vom Rande einer anderen Wüste,
Thomas

TPL

Zitat von: Klaus Wagner in März 02, 2021, 09:31:48 VORMITTAG(...) Meine Idee war nun, den Sand abzulichten, wobei aber meine Technik vollkommen versagte. Das  hat verschiedene Gründe:
Die Sandkörner sind extrem klein. Es handelt sich eigentlich um Staub. Mit dem 40iger Objektiv und LED-Licht von der Seite ist die Lichtführung fast unmöglich.
Die meisten Körnchen sind Kristalle und erzeugen eigenartigste Lichteffekte. Es war mir unmöglich, ein in irgendeiner Ebene richtig scharfes Bild zu erzeugen.

Dennoch möchte ich Euch ein Foto zeigen. Ich habe die Bitte, dass diejenigen unter Euch, die starke Vergrößerung mit Auflicht durch das Objektiv können, das auch mal zu versuchen. (...)

Hallo Klaus,
danke auch Dir, und entschuldige, dass ich dies zunächst für Alfons' Beitrag gehalten habe.

Zur Technik: Auflicht ist bei so kleinen, nicht-ebenen Objekten immer problematisch. Peter-h hatte hier kürzlich Bilder gezeigt, die das – trotz aufwändiger Stapelung und Bildbearbeitung – verdeutlichen. Bei Beleuchtung durch's Objektiv würden die Ergebnisse nicht etwa besser, sondern noch verwirrender, da hierbei nicht die Eigenfarben, sondern die Reflexionsfarben abgebildet werden. In beiden Fällen gäbe es mit gewöhnlichen Durchlicht-Objektiven Probleme, da diese eine Deckglas-Korrektur haben und daher ein solches im Strahlengang erwarten.

Bei solchen Proben mit geringen, aber immer noch stark unterschiedlichen Korngrößen bietet sich ein Durchlicht-"Schmierpräparat" (engl. smear slide) an. Die Suspension aus Staub und demin. Wasser wird dabei am besten auf dem Deckglas aufgebracht, um bei starker Vergrößerung auch noch die feinsten Partikel scharf zu bekommen. Müssen es keine Dauerpräparate sein, reicht es, das umgedrehte Deckglas mit der Probe nach dem Eintrocknen auf einen Objektträger mit einem Tropfen Wasser oder Immersionsöl aufzubringen (langsam und geneigt, damit Luft entweichen kann).

Viel Erfolg,
Thomas

bernd552

Hallo Klaus,

mit einer REM Aufnahme kann ich dienen.

Die Konglumerate sind ungewollt durch mich zustande gekommen, weil ich Alkohol statt Wasser zum Auftragen der Probe genommen habe. Mich hat jedoch vorrangig die Größenverteilung der Partikel interessiert, deshalb ging ich den bequemeren Weg ;).

LG
Bernd

liftboy

Hallo Alfons,

Folie 8, linke Seite sieht mir verdächtig nach einem Stück Oedogonium-Alge aus. Ich häng mal ein Bild von einem Präparat dran.

Grüße
Wolfgang
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=785.msg3654#msg3654
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Das Erstaunen bleibt unverändert- nur unser Mut wächst, das Erstaunliche zu verstehen.
Niels Bohr

Klaus Wagner

Zitat von: bernd552 in März 02, 2021, 15:50:59 NACHMITTAGS
Hallo Klaus,

mit einer REM Aufnahme kann ich dienen.

LG
Bernd

Hallo Bernd,
Du bist Dir ganz sicher, dass es keine neuen Bilder vom Mars sind?
Gruß
Klaus

Im Ernst: Es freut mich, dass Du gleich meine Anregung aufgenommen hast. Die Fotos sind klasse!

Klaus Wagner

Hallo Thomas,

danke für den Tipp. Werde ich gleich morgen ausprobieren.

Viele Grüße
Klaus

Klaus Wagner

Hallo Anlfons,

Danke für Deine Antwort.
Blutregen: Ich habe irgendwo gehört, dass diese Algen gelegentlich "runterregnen". Wenn man nicht weiß, was das ist, könnte es einen schon grausen :-)

Viele Grüße
Klaus

Klaus Wagner

Zitat von: Klaus Wagner in März 02, 2021, 09:31:48 VORMITTAG
Ut desint vires tamen est laudanda voluntas.

Danke für die große Resonanz auf meinen Beitrag.

Viele Grüße
Klaus

TPL

Zitat von: Klaus Wagner in März 02, 2021, 18:03:39 NACHMITTAGS(...) Blutregen: Ich habe irgendwo gehört, dass diese Algen gelegentlich "runterregnen". Wenn man nicht weiß, was das ist, könnte es einen schon grausen :-) (...)
Hallo Klaus,
keine Sorge: die dramatische Bezeichnung hat mit den Algen nichts zu tun, sondern stammt von den rostbraun bis dunkel-orangefarbenen Eisenoxid- oder -hydroxid-Überzügen der Mineralkörner. Diese lösen sich beim äolischen (windverfrachteten) Transport gerne ab und sind, als noch feinere Partikel, eine wesentliche Ursache für die malerisch schönen Sonnenuntergänge. Außerdem "düngen" sie seit Jahrmillionen die karibischen Inseln und die Amazonas-Senke (kein Scherz!). Was Ihr kürzlich in Mitteleuropa erlebt habt, ist ein schönes Beispiel dafür, wie innig klimatische Phänomene auf unserem Globus miteinander verwirkt sind.

Viele Grüße,
Thomas

Alfons Renz

Hallo Klaus,

Dieser 'Blutregen' hat in der Geschichte tatsächlich eine interessante Rolle gespielt. Als Zeichen des Himmels oder Prophezeiung gedeutet, wurde er schon zu Moses Zeiten und vor der Schlacht bei Cannae beobachtet. Ehrenberg gibt eine ausführliche Übersicht der historischen Dimension dieses Phänomens:

https://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10944305_00005.html

Für heutige Beobachter zählt eher die Suche nach den Resten von Diatomeen und anderen Zeichen seiner irdischer Herkunft.

Man braucht viel Geduld, bis man die ersten Reste/Zeichen findet! Phasenkontrast ist eine große Hilfe beim Erkennen der geometrischen Strukturen!

Viel Erfolg!

Alfons