Erste Versuche mit Fluoreszenz (Blauanregung)

Begonnen von witweb, März 17, 2021, 11:54:44 VORMITTAG

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witweb

Hallo zusammen,

nachdem ich nun einen Zeiss Fluoreszenz-Auflichtkondensor IV FL an mein Standard 18 montiert und mit einem LED-Einsatz (Blau, 467 nm) von Stephan Hiller zum Leben erweckt hatte, konnte es losgehen.
Dabei geht es mir zunächst darum, ein Gefühl für das Präparieren, Beobachten und Fotografieren mit Fluoreszenz allgemein - und Blauanregung im Speziellen zu bekommen. Schon vor einiger Zeit bin ich auf die Anleitung ,,Introducing Students to Epifluorescence Microscopy Using the OPN Scope to Examine Leek Root Tips Stained with Acridine Orange" gestoßen. Hierbei geht es um den bekannten Versuch zur Mitose (Zellkernteilung). Dazu gibt es ja auch hier einige interessante Beiträge, allerdings ohne Fluoreszenz.

Der Aufwand hält sich in Grenzen. Salzsäure in der Apotheke beschafft, Acridinorange hatte ich mir schon vor ein paar Wochen schicken lassen und den Porree gab es im Bioladen um die Ecke.
Hier sind nun ein paar Bilder von diesem ersten Versuch. Dabei ging es mir nicht vorrangig darum, die Stadien der Mitose zu zeigen, das Thema war nur der Aufhänger für meine ersten Experimente zur Blauanregung. Trotzdem ist einiges zu erkennen...
Natürlich sind ein Haufen Fragen aufgekommen, vor allem zur Präparation und zum Färben. Alles Neuland für mich. Aber darauf komme ich später nochmal zurück. 

Viel Spaß beim Anschauen!

Michael
Leitz Orthoplan
Zeiss Standard 18 mit Fluoreszenz-Auflichtkondensor IV FL
Lomo Biolam, Motic SMZ-168
Canon EOS 750D
https://mikrokristalle.net
https://www.youtube.com/@Mikrokristalle

Marcus_S

Moin Michael!

Das ist doch ein großartiger und überaus gelungener Einstand in die Fluoreszenzmikroskopie, finde ich. Und das hat den Aufwand der Auflichtachse doch schon gelohnt.
Ich mag Deine Bilder und Deine ausgegrabene Versuchsvorschrift (hast Du auch mal ein paar Ebene höher bei "Equipment" geguckt? Die Zentrifugen sind ja Oberklasse...).
Magst Du noch ergänzen, mit welchem Objektiv Du mit welcher Belichtungszeit (so ungefähr reicht ja) fotografiert hast?

Danke für den Bericht. Mach weiter, bitte, und berichte!


Viele Grüße von

Marcus

knipser009

#2
Hallo Michael

Versuche einmal eine Fluoreszenzaufnahme eines frischen  Pflanzenschnittes nur mit der Royalblue und Filter ca 510-525nm zu erhalten. Zwischen Schnitt und Aufnahme bleiben allerdings nur ein paar  Minuten Zeit.

Stichwort: Autofluoreszenz
Viele Grüße aus dem SaarPfalzKreis

Wolfgang
gerne per "Du"

Rawfoto

Hallo Michael

Gratulation, ich finde das das ein sehr guter "erster" Versuch ist ...

Liebe Grüße

Gerhard

PS: bin schon gespannt was du uns da noch zeigst :-)
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

witweb

Hallo, danke für eure Rückmeldungen!

@ Marcus - Ja, die haben da eine Menge Ideen entwickelt, incl. Beschreibungen und Dateien für 3D-Druck. Ich werde mir die Projekte auch nochmal im Detail ansehen. Es lohnt sich auf jeden Fall, den Links im o.g. PDF zu folgen.

Zu den Aufnahmedetails: 1. Bild 6,3er, 2. Bild 10er, 3. Bild 25er, Detailaufnahmen 16er, beschnitten.
Das 10er ist ein NEOFLUAR 10/0,3 160/-, was erkennbar lichtstärker ist, als die Plan, die ich sonst verwende. Das sieht man an der Belichtungszeit von 1/10 s. Die Belichtungszeiten der anderen Aufnahmen liegen zwischen 0,3 s und 0,5 s. Ich werde wohl versuchen, die anderen Objektive auch noch gegen NEOFLUAR auszutauschen, soweit das geht. Ein NEOFLUAR 40/0,75 habe ich schon.
Alle Aufnahmen sind gestackt (15-40 Aufnahmen).

@ Wolfgang, werde ich machen. Hast du für den Schnitt etwas bestimmtes im Sinn? Ein paar Aufnahmen mit Autofluoreszenz habe ich schon gemacht, mit der Gelbflechte, die ich noch hier hatte. Zeige ich noch.

@ Danke Gerhard!

Beste Grüße

Michael

Leitz Orthoplan
Zeiss Standard 18 mit Fluoreszenz-Auflichtkondensor IV FL
Lomo Biolam, Motic SMZ-168
Canon EOS 750D
https://mikrokristalle.net
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Marcus_S

Moin Michael!

danke für den Nachtrag. Das hilft mir ein klein wenig, die Helligkeit abzuschätzen, so aus purer Neugier. Beim Einblick ins Okular war das Bild wahrscheinlich nicht blendend hell, aber gut auswertbar.
Und die Ausschnitte mit dem 16er - Respekt. Hätte ich nicht gedacht, schick!

Da muß ich dann mit meiner Fluoreszenz-Baustelle doch nochmal weitermachen.


Nochmal Grüße von

Marcus

mikropit

Hallo Michael!

Deine ersten Ergebnisse sind doch prima.
Ich habe viele Pflanzenschnitte, welche schon jahrelang eingedeckt sind, wo Fluoreszenz sehr gut funktioniert. Nicht nur bei frischen Schnitten (auch mit LED Blauanregung)
Allerdings hatte ich am Anfang Probleme, weil mein Polfilter vor den Okularen standardmäßig eingelegt war. Das hat viel Helligkeit weggefiltert. Da habe ich jetzt auf eine Schieberlösung umgebaut. Jetzt ist das Fluoreszenzlicht so hell, dass ich sogar zum Teil etwas Durchlicht dazuschalten kann. Das verbessert insgesamt die Bildübersicht erheblich.
Weiterhin viel Spass
Peter - mikropit
mikropit

witweb

Hallo,

@ Marcus – im Okular kann man schon noch ganz gut was sehen. Für das Fotografieren nutze ich Helicon Remote. Dort wird das Bild nochmal ordentlich aufgehellt. Also kein Problem. Nur das Fokus-Peaking, das ich für das Stacking gern nutze, kommt an seine Grenzen.
Übrigens, deine unkonventionelle Herangehensweise mit ,,Fluoreszenz im Haushalt" hat mir den letzten Anstoß gegeben, das Thema Fluoreszenz jetzt selbst anzugehen.

@ Peter – Ich bin jetzt nicht der große Schnippler. Da muss ich erst noch üben und Routine entwickeln, um dünne Schnitte zu erhalten. Ich habe ein paar Pflanzenschnitte hier, aber die habe ich geschenkt bekommen (u.a. von Wolfgang). Die sind aber alle gefärbt, also nichts um Autofluoreszenz zu entdecken. Kommt noch!

Viele Grüße

Michael

Leitz Orthoplan
Zeiss Standard 18 mit Fluoreszenz-Auflichtkondensor IV FL
Lomo Biolam, Motic SMZ-168
Canon EOS 750D
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witweb

Stichwort Autofluoreszenz:
Ich hatte von anderen Versuchen noch ein paar Zweige mit Gelbflechte hier liegen. Diese hatte ich in einer Kunststoffdose aufbewahrt. Beim Öffnen sahen die Zweige zum größten Teil verschimmelt aus (siehe Bild 1). Haben auch so gerochen.  :)

Ich habe ein paar Stückchen abgelöst, auf den OT gelegt und mit Blauanregung Fotos gemacht.
Bild 2 und 3: 10er Neofluar. Bildbreite jeweils etwa 1,1 mm, gestackt.
Besonders im Bild 3 kann man gut die ,,Schimmelpilze" erkennen. Ich habe keine Idee, was das sein könnte. Auch die hell-gelb leuchtenden Stellen kann ich mir nicht erklären.

Viele Grüße

Michael
Leitz Orthoplan
Zeiss Standard 18 mit Fluoreszenz-Auflichtkondensor IV FL
Lomo Biolam, Motic SMZ-168
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witweb

#9
Hallo,

Fragen an die Experten

Zum Ergebnis meines ersten Versuchs mit den Lauch-Wurzelspitzen (s.o.) habe ich ein paar grundsätzliche Fragen.
Ich bin der oben verlinkten Anleitung gefolgt. Danach wurden die Wurzelspitzen zunächst für ca. 10 min. in Salzsäure (1.0 M HCl) eingelegt.
Frage – Was bewirkt die Salzsäure? Ist das ein übliches Verfahren?

Nach einer Wässerung von 10 min folgt für 0,5 -2 min eine Behandlung mit Acridinorange (AO).
Frage – wie weit dringt AO in dieser relativ kurzen Zeit in das Material ein?
Was wird durch AO wie gefärbt? Man findet in verschiedenen Quellen Hinweise auf DNA/RNA und den Einfluss des pH-Werts. Aber was bedeutet das für solche Pflanzen-Präparate wie diese Wurzelspitzen? Die Farben (Bilder oben) sind ja bei Blauanregung durchaus interessant, aber was kann man daraus erkennen?

Ich habe mal Quetschpräparate  von zwei weißen Stängeln (Daikonkresse) nach o.g. Schema angefertigt, einen mit AO gefärbt, den anderen Teil ohne Färbung gelassen.
Die Bilder (unten), ISO und Belichtungszeit waren gleich, zeigen mir vor allem, dass die Verwendung von AO (Bild 1) einen gewaltigen Helligkeitszuwachs bei Blauanregung bringt. Das Bild, dass ich ohne AO (Bild 2) gemacht habe, ist erheblich dunkler (ca. -5EV!). Zur besseren Beurteilung habe ich das Bild im Nachgang mit Adobe Camera Raw aufgehellt (Bild 3).
Ist das so zu deuten, dass AO bei Pflanzenpräparaten generell alles mehr oder weniger aufhellt, ohne dabei besonders selektiv zu wirken? Oder kann man das aus diesem simplen Versuch nicht schließen?

Acridinorange ist ja auch in Alkohol löslich. Gibt es dafür im Hobbybereich sinnvolle Anwendungen?

Kann jemand helfen?

Viele Grüße

Michael
Leitz Orthoplan
Zeiss Standard 18 mit Fluoreszenz-Auflichtkondensor IV FL
Lomo Biolam, Motic SMZ-168
Canon EOS 750D
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bewie

Hallo Michael,

meine etwas intensivere Beschäftigung mit Acridin-Orange liegt zwar schon einige Jahrzehnte zurück, aber ein bisschen was weiß ich noch. AO bindet an DNA und RNA und fluoresziert dann bei Bindung an doppelsträngige DNA grünlich, bei einsträngiger DNA und RNA gelb bis rötlich. Allerdings gibt es im Präparat meist immer noch eine Menge überschüssiges AO, das zur einer unspezifischen Fluoreszenz führt, die dann auch die RNA-Fluoreszenz überlagert und von rot ins Gelbgrüne zieht. AO ist außerdem schwach basisch und fühlt sich daher vor allem zu sauren Gewebebestandteile hingezogen, beispielsweise zu Mucopolysacchariden oder auch zu sauren Organellen wie Lysosomen, die daher ebenfalls fluoreszieren. Das kann man auch nicht einfach wie überschüssiges freies AO schnell wieder auswaschen. AO ist also relativ unspezifisch, und färbt nicht nur Nukleotide. Weshalb wir früher dann auch meist Ethidiumbromid oder noch besser DAPI verwendet haben, wenn wir selektiv und möglichst störungsfrei die DNA zum Leuchten bringen bzw. messen wollten. Diese unspezifischen Fluoreszenzen hast du ja reichlich gesehen.
Was die Salzsäure bewirken soll, weiß ich nicht - wahrscheinlich sollen starre Bestandteile (wie z.B. Cellulose) hydrolysiert werden, um die Strukturen aufzubrechen und weicher zu machen.

War jetzt nicht viel, was mir da noch eingefallen ist, aber vielleicht hilft es Dir ja ein bisschen weiter.

Deine Zwiebelexperimente haben übrigens wunderbare Ergebnisse gebracht. Die unspezifischen Anteile sind gering, die DNA kommt gut und sauber raus, die Mitosen sind prächtig zu sehen.

LG
Bernhard

witweb

Hallo Bernhard,

na, das bringt mir doch schon etwas Klarheit in diese Sache. Vielen Dank für deine Erläuterungen!

Was die Salzsäure betrifft, könntest du mit deiner Vermutung recht haben. Die Wurzelspitzen sollen sich ja leicht quetschen lassen. Ich hatte mir auch noch die entsprechenden Links angeschaut, die im o.g. PDF angegeben waren. Da scheint HCL für den ersten Schritt wohl üblich zu sein. Teilweise auch in noch wesentlich höherer Konzentration. Was all diesen Versuchsbeschreibungen gemeinsam ist, die Dauer des HCL- Bades beträgt nur wenige Minuten.

LG

Michael

Leitz Orthoplan
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witweb

Hallo,

Stichwort Autofluoreszenz.
Ich habe, dem Tipp von Wolfgang folgend, eine Kiefernnadel ohne Fixierung und Färbung - direkt nach dem Schneiden - unter Blauanregung angeschaut und fotografiert.
Das Besondere ist, es war auch mein erster Pflanzenschitt überhaupt (Handschnitt mit Rasierklinge). Dabei habe ich schon gemerkt, beim Schnippeln habe ich noch viel Luft nach oben. :)
Welche Kiefernart das ist, kann ich sagen, stand halt am Waldrand...
Vielleicht mache ich mit der Kiefernnadel noch Färbeversuche. Allerdings bin ich mit Färbemitteln noch nicht gut ausgestattet. Mal schauen.

Beste Grüße

Michael

Kiefernnadel, Bildbreite 1,1mm, Stack aus 19 Aufnahmen


Leitz Orthoplan
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witweb

#13
Hallo zusammen,

soweit erst mal. Hier noch drei Bilder von den letzten Tests (Bilder nach unten verschoben!).


Viele Grüße

Michael
Leitz Orthoplan
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witweb

Hallo,

schon bevor ich mit Fluoreszenzversuchen begonnen habe, hatte ich mir ein ,,Fluorescent Dye Starter Kit" kommen lassen, vor allem wegen Acridinorange (AO), welches in dem Kit enthalten ist. Nach ersten Versuchen mit AO (s.o.) versuche ich nun, sinnvolle Anwendungen für die anderen Fluoreszenzfarbstoffe zu finden. Außerdem schaue ich noch nach den Dosierungen, oder Randbedingungen für den Einsatz. Leider habe ich dazu bisher nicht viel Infos  gefunden, jedenfalls nicht für den Einsatz in der Fluoreszenzmikroskopie.

Hier die Bestandteile des ,,Fluorescent Dye Starter Kit"

1 x 5g  Rhodamine B500      
1 x 5g Erythrosine B   Disodium Salt         
1 x 10g Fluorescein Disodium
1 x 10g Bromofluorescein (Eosin)
1 x 10g Acridine orange          
1 x 10g Pyronine Y
1 x Optical Brightener 25ml

Um wenigstens ein Gefühl für Fluoreszenzfarbstoffe zu bekommen, habe ich zunächst einfach mal Schnipsel von der Küchenrolle mit verschiedenen Verdünnungen gefärbt und dann mit ein paar Tropfen Wasser unter einem DG angeschaut.
Bisher habe ich dazu, neben Wacker Asim III und Etzold blau, AO und Fluorescein verwendet. Die anderen kommen noch dran. Der Optical Brightener wird wohl ein Weißmacher sein, wie er für Textilien oder Papier verwendet wird.

Vielleicht hat der eine oder andere ein paar grundsätzlichen Tipps zu den Fluorochromen aus dem Kit?
Hier die Bilder, die Fluoreszenzfarben stehen im Dateinamen.

Beste Grüße

Michael
Leitz Orthoplan
Zeiss Standard 18 mit Fluoreszenz-Auflichtkondensor IV FL
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