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Geißeltierchen

Begonnen von Michael Plewka, Dezember 13, 2009, 10:43:29 VORMITTAG

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Michael Plewka

liebes Forum, liebe Tümplerinnen und Tümpler,
ich zeige hier jetzt mal etwas, was es gar nicht gibt, nämlich ein "Geißeltierchen". Soll heißen: dieser Begriff wurde früher für einige Gruppen von begeißelten Einzellern (also keinen "Tieren") verwendet, von denen man heute weiß, dass sie nicht oder nur sehr entfernt miteinander verwandt sind. Insofern ist dieser Begriff obsolet. Es verhält sich also so ähnlich wie mit dem Begriff "Algen". 
Hier verstehe ich  unter Geißeltierchen solche Einzeller, die begeißelt sind und sich heterotroph ernähren (Das ist keine wissenschaftlich korrekte Definition!). Dazu  möchte ich jetzt mal Cyclidiopsis acus zeigen, einen Vetreter der Augenflagellaten (Euglenozoa). Bernhard Lebeda konnte wohl mal ein Massenvorkommen beobachten, bei mir war es nur ein einziges Exemplar. Typischerweise sind die Zellen von C.acus gerade, jedoch hat sich mein Exemplar (unter Lichteinfluss??) gekrümmt. Schon bei schwacher Vergößerung ist der Augenfleck (Stigma) gut zu sehen:




Interessant ist die "Ernährung" von Cyclidiopsis: Es existiert für diesen heterotrophen Organismus kein Organell für die Stoffaufnahme, C.acus ernährt sich offenbar osmotroph, soll heißen, durch Aufnahme gelöster organischer Substanz aus dem umgebenden Wasser durch die Zellmembran. Als Reservestoff finden sich charakteristische Paramylon-Nadeln im Zellkörper:




Hier noch eine Aufnahme vom Vorderende der  Zelle. Man erkennt u.a. Das Flagellum (F), eine apikale Einbuchtung ("Canal",C) einen vermutlcihen Photorezeptor ("Flagellar Swelling", FS), einen Hohlraum ("Reservoir",R), eine Kontraktile Vakuole (CV) und den Augenfleck (Stigma, St).:



viel Spaß beim Anschauen und einen schönen 3. Advent wünscht Michael Plewka







Manfred Melcher

Hallo Michael,

eine tolle Dokumentation die Du uns hier zeigst. Erstaunlich die hochaufgelösten Bilder. Eine Frage stellt sich mir: Was sind die unterschiedlichen Aufgaben von Augenfleck und Photorezeptor. Beides ist wohl funktional das Gleiche, oder ist der "Flagellar Swelling" eher für die Steuerung der Fortbewegung verantwortlich?

Viele Grüße

Manfred

Michael Plewka

#2
hallo Manfred,
funktional gehören Stigma und der Fotorezeptor zusammen, aber sie sind nicht das gleiche. Das Stigma ist ein Pigmentfleck, der je nach Stellung des Flagellaten und damit je nach Lichteinfall  einen Schatten auf den Rezeptor wirft. Der Rezeptor steuert "irgendwie" die Schlagrichtung des Flagellums. Somit ergibt sich ein plausibles Modell für die Phototaxis der Flagellaten.
beste Grüße Michael

Bernhard Kaiser

Danke Herr Plewka für diesen hochinteressanten Beitrag.

Bernhard Kaiser

Detlef Kramer

Hallo,

um Michaels Erläuterungen noch etwas zu präzisieren: Im Elektronenmikroskop erkennt man, dass der Augenfleck = Stigma im Chloroplasten sitzt und aus zahlreichen, zusammen geballten Lipidtropfen, sog. Plastoglobuli besteht, in denen Carotinoide gelöst sind, daher die rote Farbe. Der Fotorezptor sitzt an der Geißelbasis und steuert, je nach Lichteinfall, die Bewegung der Geißel.

Herzliche grüße

Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

Vorstellung: Hier klicken

Michael Plewka

hallo zusammen,

@Detlef:
ZitatIm Elektronenmikroskop erkennt man, dass der Augenfleck = Stigma im Chloroplasten sitzt....
Ich weiß nicht, auf welche "Algen"gruppe sich diese Aussage bezieht, jedoch finde ich für die Eugleniden z.B. bei FOTT  folgende Aussage:
Zitat" Das Stigma ist ein autonomes Organell, das von den Chromatophoren unabhängig ist;...."
(Gemeint sind: Chloroplasten)

Das ist für mich auch nachvollziehbar, da  beispielsweise bei Euglena viridis der Chloroplast auch gar nicht in räumlichem Zusammenhang mit dem Stigma steht.
Ebenso besitzt ja das hier gezeigte Cyclidiopsis keine Chloroplasten, so dass sich das Stigma nicht im Chloroplasten befinden kann, also ein unabhängiges Organell sein muss.
beste Grüße Michael