Flaue Bilder mit einem Ultrafluar Objektiv 40x

Begonnen von Dieter Stoffels, Dezember 21, 2009, 17:21:28 NACHMITTAGS

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Dieter Stoffels

Liebe Mikroskopiker,

ich habe als Leihgabe ein Ultrafluar-Objektiv folgender Beschriftung erhalten:

Zeiss Ultrafluar 40x /0,5, unendl. /0,20 Qu (Zeiss-Nr. 440014)

Das Objektiv besitzt eine Kappe, in der ein "Glas" gefasst ist. Wenn ich das Objektiv einschraube und Präparate bei 400x-facher Vergrößerung betrachte, erhalte ich im Vergleich zu einem Plan-Neofluarobjektiv gleicher Maßstabszahl ein eher flaues Bild. Ich weiß, dass Ultrafluare für die Fluoreszensmikroskopie gebaut werden und eine hohe UV-Durchlässigkeit besitzen. Somit vermute ich, dass das flaue Bild auf den eigentlichen Verwendungszweck des Objektives zurückzuführen ist. Eine Beschädigung des Objektives (Delaminationen, Kratzer, usw.) liegt nicht vor.

Vielleicht hat jemand Erfahrungen mit diesen Objektiven und kann mir erklären, was die Beschriftung / 0,20 Qu bedeutet und ob das flaue Bild tatsächlich mit der Bauart oder dem Verwendungszweck des Objektives zusammenhängt.

Vielen Dank !!!

Dieter


Rene

Hallo Dieter, I think the 0.2 is for coverslip (?, quartz coverslips were generally 0.35). If you compare the NA's of this objective compared to that of the neofluar, you will understand why the image is 'flau'.

HTH, Rene.

Eckhard

Hallo Dieter,

Fluar und Ultrafluarobjektive sind Spezialobjektive für UV Fluoreszenz Anwendungen. Die Ultrafluare sind aus Quarzglas hergestellt und haben von allen Zeiss Objektivklassen die schlechteste Farbkorrektur und die geringste Bildfeldebnung. Dieses und die geringe NA erklärt Dein flaues Bild.

Herzlicher Gruss
Eckhard
Zeiss Axioscope.A1 (HF, DF, DIK, Ph, Pol, Epifluoreszenz)
Nikon SE2000U (HF, DIK, Ph)
Olympus SZX 12 (HF, DF, Pol)
Zeiss Sigma (ETSE, InLens SE)

www.wunderkanone.de
www.penard.de
www.flickr.com/wunderkanone

Jürgen Boschert

Hallo,

Zitat...Dieses und die geringe NA erklärt Dein flaues Bild.

... und  - so denke ich - die Tatsache, dass dieses Objektiv mit einem Quarzdeckglas von 0,2 mm Dicke verwendet werden muss.

Gruß !

JB
Beste Grüße !

JB

Dieter Stoffels

Hallo Rene, hallo Eckard, hallo Herr Boschert,

vielen Dank für Eure und Ihre raschen Rückmeldungen. Eure Antworten haben meine Annahme bestätigt, dass es sich um ein Sonderobjektiv handelt, das nicht für die die Standard-Hellfeldmikroskopie gedacht ist, sondern für fluoreszensmikroskopische Untersuchungen entwickelt wurde. Die flauen Bilder sind sicher auf die geringe Apertur zurückzuführen. Ich werde versuchen, geeignete Quarzdeckgläser zu besorgen. Anschließend werde ich das Ultrafluar- und ein Plan-Neofluar gleicher Maßstabszahl  im UV-Licht einsetzen um zu sehen, ob sich deutliche Unterschiede zeigen.  

Nochmals vielen Dank für Eure Hilfe!

Dieter

TPL

Hallo Dieter,
es war jetzt viel die Rede von Fluoreszenz-Anwendungen. Allerdings eignen sich die Ultrafluare wegen ihrer sehr mäßigen Apertur wohl eher begrenzt für typische/klassische BioMed-Fluoreszenz-Anwendungen (für meine schwach autofluoreszierenden Kohlen sind sie jedenfalls zu düster). Das sind eher die Objektive mit der Bezeichnung Fluar.

Meines Wissens wurden Ultrafluare eher für die Photometrie über weite spektrale Bereiche entwickelt. In der Überschrift im Carl Zeiss Objektiv-Assistent, (der über den Mikro-Shop erreichbar ist) steht zwar auch etwas von Fluoreszenz, aber der Langtext ist da etwas zurückhaltender: "Diese Variante der Fluar Objektive wurde für spezielle Anforderungen der UV-Mikroskopie entwickelt. Bei der Herstellung werden konsequent Quartzgläser verwendet. Ultrafluar Objektive besitzen eine ausgezeichnete Transmission bereits ab 240 nm bis in den IR-Bereich und damit für den breitesten Spektralbereich überhaupt. Die Bildfeldebnung ist ausreichend gut bis zu einem Feld von 20 mm."

Übrigens: Quarzglas schreibt man natürlich ohne "t".

Dieter Stoffels

Hallo Thomas,

vielen Dank für Deine ergänzenden Ausführungen. Ich habe mir überlegt mit diesem Objektiv Untersuchung an einer fein zerkleinerten Zellulose durchzuführen.  Diese müsste relativ stark autofluoreszieren. Mein größtes Problem hierbei wird sein, Quarzdeckgläsern aufzutreiben. Im Internet habe ich bisher noch keinen Lieferanten finden können.

Vielleicht hast Du eine Idee, woher man solche Deckgläser beziehen kann.

Viele Grüße!

Dieter

Rene

#7
If all fails, you could try to find polycarbonate or acrylic sheets, that works down to about 380nm; there is UV-acryl that goes down to ca 325-350nm.

But what do you have in mind with cellulose? That works fine already with blacklight, what exc/emission filters are you planning to use? As Thomas mentioned, the ultrafluars were primarily developed for durchlicht UV microscopy, not really for fluorescence.

HTH, René.

TPL

Hallo Dieter,
zu Deiner geplanten Anwendung kann ich als ausgewiesener Bio-Laie nichts sagen. Quarz-Deckgläser gibt es z.B. hier: http://www.mccronemicroscopes.com/store/products.asp?category_id=29. Nicht gerade geschenkt, für ein einziges Deckläschen, aber ich meine mich zu erinnern, dass diese Gläser geschliffen und poliert werden, also nicht, wie übliche Deckläser in langen Bahnen aus der Schmelze gegossen (bitte nicht ungeprüft glauben ;)).

Viel Erfolg und...

Dieter Stoffels

Hallo Thomas,

vielen Dank für Deinen Link. Das solche Deckgläser sehr teuer sind, habe ich erwartet. Bleibt die Frage offen, ob ich das Glas vor dem Mikroskopieren bei einem Juwelier fassen lasse. Vielleicht greife ich zunächst auf Renes Vorschlag zurück, zunächst Material aus Polycarbonat zu verwenden. Auch habe ich meine eigenen Bestände noch nicht durchforstet. Sollte ich hierbei nicht fündig werden, werde ich ein derartiges Deckglas bestellen.

Vielen Dank für Eure Hilfe!!!

Dieter




Klaus Henkel

Zitat von: TPL in Dezember 23, 2009, 18:41:44 NACHMITTAGS
Hallo Dieter,
zu Deiner geplanten Anwendung kann ich als ausgewiesener Bio-Laie nichts sagen. Quarz-Deckgläser gibt es z.B. hier: http://www.mccronemicroscopes.com/store/products.asp?category_id=29. Nicht gerade geschenkt, für ein einziges Deckläschen, aber ich meine mich zu erinnern, dass diese Gläser geschliffen und poliert werden, also nicht, wie übliche Deckläser in langen Bahnen aus der Schmelze gegossen (bitte nicht ungeprüft glauben ;)).

Hallo TPL!
Schauen Sie mal hier:

5.3.7     Was von Deckgläsern sonst noch wissenswert ist
Deckgläser werden übrigens erst seit einigen Jahrzehnten als Flachglas maschinell gewalzt und gezogen, das Verfahren wurde von Johannes RÖDER im Institut für angewandte Silikatforschung der Deutschen Akademie der Wissenschaften in Berlin entwickelt (Patent 1955). Die Glashütte in Ilmenau wandte das Verfahren zuerst an. Davor wurden Deckgläser mit der Glasmacherpfeife am Mund geblasen. Der Glasmacher entnahm mit ihr einen Glasklumpen aus dem Schmelzofen, blies ihn zu einer Kugel von fast einem Meter Durchmesser auf und rollierte die Pfeife, so daß eine flache Halbkugel entstand, von der nur der ,,ebene" Boden als Deckgläschenglas verwendet werden konnte. Er wurde herausgeschlagen und zerfiel in unterschiedlich große Flächen, die auf Schneidbrettern mit dem Diamanten in die entsprechenden Größen geschnitten wurden.
Es ist bei dieser Technik nicht verwunderlich, daß manche Deckgläser alles andere als plan waren. Da konnte es schon passieren, daß ein Präparat je nach Wölbung des Deckglases an der einen Stelle scharf und kontrastreich im Bild erschien, an der anderen aber weniger, weil dort erheblich mehr Kanadabalsam darunter war.
Bei dem geringen Preis für Deckgläser sollte man nur neue verwenden. Bei alten kann, je nach früherer Lagerung, das Glas bereits verwittert sein, so daß sie auch durch Putzen nicht mehr klar werden. Alte Deckglasschächtelchen aus Pappe sollte man deshalb höchstens als Erinnerungsstücke aufheben, aber die alten Gläser nicht mehr verwenden.

QUELLE: Die Mikrofibel.
Gruß KH


TPL

Lieber Herr Henkel,
im Gegensatz zu meiner - leider vergessenen - Quelle, kenne ich die Passage aus Ihrer Mikrofibel fast auswendig. Glauben Sie nicht? Ist aber wirklich so, denn die Passagen zur Industriegeschichte in Ihrer Mikrofibel decken sich mit meinem historischen Interesse an der Mikroskopietechnik.
Nein, ich glaube, die Quelle ist Gerlachs Geschichte der Mikroskopie. Diese Monografie habe ich eben wieder aufgeschlagen. Was ich zuerst fand, hat mit der Fertigung der Deckgläser nur indirekt zu tun; ist aber zu schön, um nicht genannt zu werden:

"Ein einziges Deckglas aus geschmolzenem Quarz kostete nicht weniger als 3 Mark! Für diesen Betrag konnte man bei Zeiss in der Kantine fast eine Woche lang zu Mittag essen, denn im Jahre 1900 bezahlte hier ein Mitarbeiter für sechs Essen mit je einem Bier 3,75 Mark!"

und, auf Seite 502 zur Monobromnaphtalin-Immersion wird zitiert:
"Die Herstellung der Deckgläser in der üblichen Weise - durch Anblasen vor dem Ofen - verbot sich von vornherein schon durch die Substanz derselben. Der vorher genannte Umstand machte es sogar nöthig, die Deckgläser durch sorgfältiges Dünnschleifen etwas dickerer Platten in einer Genauigkeit von 0,01 bis 0,02 mm auf die erforderliche Dicke zu bringen und dieselben mit Sorgfalt - wie Linsen mittlerer Qualität -zu poliren, was natürlich solche Deckgläser sehr kostspielig macht."

Das heißt natürlich noch nicht, dass auch heute noch solche speziellen Deckgläser planparallel geschliffen werden. Ich suche weiter...

Wer übrigens Quarzglas im Internet sucht (der bessere Begriff ist Kieselglas), kommt auf englisch mit fused silica weiter.

Allseits gute Transmission und...