Tranzschelia pruni-spinosae

Begonnen von Erich T., April 08, 2021, 16:55:06 NACHMITTAGS

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Erich T.

Liebes Forum,
Heute möchte ich die Ergebnisse meines aktuellen Versuches, wieder einmal etwas Neues zu lernen, zeigen. Dazu habe ich einen Rostpilz, den ich auf einer Anemone ranunculoides gefunden habe (Bild 1) benutzt. Auf den Blättern dieser Pflanze sind bereits auf der Oberseite helle Flecken und dunkle, bräunliche Punkte zu sehen (Bild 2). Die dunklen Punkte sind die Pyknidien oder Spermogonien des Pilzes, in dem haploide Spermatien (=Pyknosporen) gebildet werden (Bild 2, Bild 5). Die Spermatien werden auf, ebenfalls haploide, Empfängnishyphen übertragen. Entlang dieser Hyphen wandert der Kern der Pyknosporen zu den, nur an der Blattunterseite befindlichen Aescidienanlagen. Dort verschmelzen sie mit den Basalzellen der Aescidienanlagen. Es entstehen paarkernige Aecidien, in denen die Aecidiosporen gebildet werden (Bild 6, Bild 8). Das heißt das Blatt ist von haploiden Hyphen durchzogen, welche die Pyknidien und Aecidienanlagegn verbinden. Die äußersten Sporen in den Aecidien bilden eine Pseudoperidie genannte Schicht, die schließlich aufsgesprengt wird und die Aecidiosporen entläßt.
Hier erfolgt ein Wirtswechsel. Die paarkernigen Aecidiosporen besiedeln den Zweitwirt, in diesem Fall Prunus. Dort dringen die auskeimenden Hyphen in das Blattgewebe ein und es werden große Menge an Uredosporen gebildet, die schließlich die Epidermis aufbrechen und den namensgebenden "Rost" bilden. Diese paarkernigen Sporen werden vom Wind verweht und befallen andere Prunus, wodurch erheblicher Schaden in Obstplantagen entstehen kann.
Erst im Herbst bilden sich andere Sporen. Es findet die Karyogamie statt und die diploiden Sporen werden Teleutosporen genannt. Diese überwintern und im Frühjahr findet die Meiose statt, bei der wieder haploide Basidiosporen gebildet werden, die vom Wind auf den Erstwirt übertragen werden. Damit ist der Kreislauf geschlossen.

Zu den Bildern möchte ich noch anmerken, dass die Aecidien auf der Blattunterseite liegen. D.h. die Querschnitte liegen alle verkehrt, die Blattunterseite zeigt in den Bildern nach oben.

Bild 1: Anemone ranunculoides


Bild 2: Blattoberseite mit Pyknidien und Aecidienanlagen


Bild 3: Blattunterseite


Bild 4: Blattunterseite eines in AFE fixierten Blattes, neben Pyknidien auch aufgesprungene Aecidien


Bild 5:Blattquerschnitt ungefärbt mit Pyknidie ungefärbt


Bild 6: Aecidienquerschnitt ungefärbt mit Aecidium


Bild 7: Aecidienquerschnitt ungefärbt mit Pseudoperidienzellen (am rechten Bildrand)


Bild 8: Aecidienquerschnitt gefärbt (Wacker3Sim)


Diesen komplizierte Entwicklungsgang finde ich wirklich erstaunlich. Die Übertragung der Pyknosporen soll durch Insekten erfolgen, die Pyknidien mancher Rostpilze bilden dafür sogar Nektar aus. Wie sich solche Entwicklungszyklen von Pilzen, die verschiedene Pflanzenarten und sogar Insekten einschließen, evolutiv gebildet haben, wird für mich immer ein unverständliches Wunder bleiben.

Literatur:
KLENKE Friedmann, SCHOELLER Markus: Pflanzenparasitische Kleinpilze, Springer Verlag 2015
STRASBURGER E.: Lehrbuch der Botanik, G. Fischer Verlag, 1998

Liebe Grüße
Erich

Jürgen Boschert

Lieber Erich,

danke, dass wir mitlernen durften. Sehr interessanter und vorbildlich gestalteter Beitrag.
Beste Grüße !

JB

Heiko

Hallo Erich,

eine beeindruckende Dokumentation für mich, besonders die Schnitte natürlich, und ein Pyknidium in dieser Ansicht habe ich noch nicht gesehen.
Wenn Du erlaubst, eine Teleutospore würde den Zyklus komplettieren.


Tranzschelia pruni-spinosae, Teleutospore, Schlehe

Viele Grüße,
Heiko

Erich T.

Hallo Heiko,
danke für die Ergänzung. Vielleicht gelingt es mir auch noch diese Stadien zu finden. Würde mich freuen den gesamten Zyklus dokumentieren zu können.

Liebe Grüße
Erich


Peter Reil

Hallo Erich,

schöner Beitrag!

Freundliche Grüße
Peter
Meine Arbeitsgeräte: Olympus BHS, Olympus CHK, Olympus SZ 30