Botanik: Große Sterndolde Astrantia major *

Begonnen von Hans-Jürgen Koch, April 12, 2021, 15:13:27 NACHMITTAGS

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Hans-Jürgen Koch

Liebe Pflanzenfreunde,

in Europa reicht das Verbreitungsgebiet von Spanien über den Balkan bis zum Kaukasus. Die Sterndolde ist in den Alpen häufig und bis zu einer Höhe von 2.000 Meter anzutreffen.
Als Standort werden feuchte, kalkhaltige Lehmböden, Bergwiesen, Bergwälder und Hochstaudenfluren bevorzugt.

Bild 01 Große Sterndolde Astrantia major, Mitterbach am Erlaufsee, Niederösterreich

Urheber: Uoaei1
In Österreich werden zwei Unterarten unterschieden:
Kärntner Große Sterndolde (A. m. subsp. carinthiaca) – die Hülle ist fast zweimal so lang wie die Dolde; sie fehlt in Wien, Burgenland und Niederösterreich.
Gewöhnliche Große Sterndolde (A. m. subsp. major) – die Hülle ist meist so lang wie oder nur wenig länger als die Dolde; sie kommt in allen Bundesländern vor.

Systematik:
Ordnung: Doldenblütlerartige (Apiales)
Familie: Doldenblütler (Apiaceae)
Unterfamilie: Saniculoideae
Gattung: Sterndolde (Astrantia)
Art: Große Sterndolde
Wissenschaftlicher Name: Astrantia major
Travialnamen: Sternblume, Große Strenze, Stränze, Moister, Rietdolden und Holznägeli.
Englischer Name: large star umbel (?)

Bild 02 Illustration der Großen Sterndolde in Otto Wilhelm Thomé "Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz" (Gera 1885)

A = blühende Pflanze, 1 = männliche Blüte, 2 = zwittrige Blüte, 3 = Querschnitt durch ein Teilfrüchtchen; 1 bis 3 vergrößert.
Dieses Werk ist gemeinfrei.

Durch die Ähnlichkeit ihrer Blätter mit dem Wald-Sanikel (Sanicula europaea) wird sie auch als Schwarzer Sanikel (nach dem schwarzbraunen Wurzelstock) genannt.
Der wissenschaftliche Gattungsname leitet sich vom griechischen astron: Stern und antios: Blüte ab. Das Epitheton major: groß bezieht sich auf die Wuchshöhe im Vergleich zur Kleinen Sterndolde (Astrantia minor).

Bild 03 Detailansicht der Einzelblüten, Große Sterndolde Astrantia major

Urheber: Holger Casselmann

Die mehrjährige krautige Pflanze mit aufrechtem, wenig verzweigtem Stängel erreicht Wuchshöhen zwischen 30 und 100 Zentimetern. Der hohe kahle, der Länge nach mit feinen Riefen versehene Stängel ist nur wenig beblättert. Am Ende verzweigt er sich und trägt je eine Dolde. Eine große Dolde überragt meist die übrigen.
Die fünf- siebenteiligen Blätter haben grobe gezähnte Lappen. Die beiden seitlichen sind hierbei oft miteinander verwachsen. Die Grundblätter werden 10 bis 20 Zentimeter breit und sind somit etwas größer als die Stängelblätter.

Bild 04 Laubblätter, Große Sterndolde Astrantia major

Urheber: Hectonichus

Die sternförmigen Hüllblätter täuschen eine einzige große Blüte vor, was für Doldenblütler untypisch ist, ebenso dass die kleinen Einzelblüten noch einen deutlichen Kelch besitzen.
Die Große Sterndolde ist ein Hemikryptophyt (Pflanze, deren Überwinterungsknospen am Erdboden oder an Erdsprossen sitzen (z. B. Erdbeeren, Alpenveilchen) und eine Schaftpflanze.
In den Dolden stehen männliche, weibliche und zwittrige Blüten.

Die weißlichen Blüten sind sehr klein und stehen zahlreich in einer dichten, köpfchenartigen, einfachen Dolde. Jede Dolde wird von vielen derben Hüllblättern umgeben, die grünlich-weiß bis rötlich gefärbt sein können. Am Grund verwachsen, enden sie spitz mit gut erkennbaren Quernerven.
Die Blüten sind ,,Körbchenblüten in Analogie zu den Korbblütlern. Neben zwittrigen Blüten kommen auch rein männliche mit langen Stielen und verkümmerten Fruchtknoten sowie kurzstielige weibliche Blüten vor.
Die Blüten sind vormännlich; die männlichen Blüten können benachbarte zwittrige Blüten bestäuben, man spricht in diesem Fall von Nachbarbestäubung.

In einer vormännlichen (proterandischen) Blüte reifen zuerst die Staubblätter und erst danach die Fruchtblätter (typisch für die meisten Samenpflanzen).
Bei einbrechender Dunkelheit krümmen sich die Doldenstiele nach unten, so dass der Pollen vor Feuchtigkeit geschützt ist. Der Insektenbesuch ist spärlich. Blütezeit ist von Juni bis August.
Die dichtgeschuppten Früchte sind als Doppelachänen ausgebildete Spaltfrüchte und werden bis zu sieben Millimeter lang; sie sind Windstreuer, wahrscheinlich kommt es auch zur Zufallsausbreitung durch Weidetiere. Fruchtreife ist von September bis Oktober. Die Samen sind Kaltkeimer.

Als Kaltkeimer, früher auch Frostkeimer genannt, bezeichnet man Pflanzen, deren Samen eine Kälte- oder Frostperiode durchlebt haben müssen, bevor die Keimung ausgelöst wird.
Bekannte Kaltkeimer sind zum Beispiel die Christrose (Helleborus niger), die Pfingstrose (Paeonia), die Schlüsselblume (Primula veris), der Bärlauch (Allium ursinum), verschiedene Enziane, die Kuhschelle (Pulsatilla vulgaris) oder das Alpenveilchen (Cyclamen).

Bild 05 Fruchtstand und Achänen, Große Sterndolde Astrantia major

Die Achäne ist eine besondere Form der Nussfrucht. Ihre Hülle besteht sowohl aus Teilen der Fruchtwand als auch aus der Samenschale, die eng miteinander verbunden sind.
Fotograf: Roger Culos

Blattstiel Übergang zur Blattspreite, Querschnitt
30 Mikrometer

Bild 06 Schnitte in einem Blockschälchen.


Sieben ungefärbte Schnitte.

Bild 07 Übersicht, Große Sterndolde Astrantia major


Bild 08 Detailaufnahme, Große Sterndolde Astrantia major


Bild 09 Detailaufnahme, Große Sterndolde Astrantia major


Bild 10 Übersicht, Autofluoreszenz, Übersicht, Große Sterndolde Astrantia major

Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz iLED 455 nm
LED Modul 455 nm
Reflektormodul FL mit Filtersatz 67
Erregerfilter: BP 470 nm
Strahlenteiler: FT 477 nm
Emission (Sperrfilter): LP 485

Bild 11 Detailaufnahme, Autofluoreszenz, Große Sterndolde Astrantia major


Bild 12 Detailaufnahme, Autofluoreszenz, Große Sterndolde Astrantia major


Bild 13 Detailaufnahme, Autofluoreszenz, Große Sterndolde Astrantia major


Wacker 3 A - Färbung (Acridinrot – Acriflavin - Astrablau)
1. Schnitte liegen in 30 % Ethanol.
2. Aqua dest. 3x wechseln je 1 Minute.
3. Vorfärbung Acridiorot 8 Min.
4. 1x auswaschen mit Aqua dest.
5. Acriflavinlösung (differenzieren bis gerade keine Farbwolken mehr abgehen - Lupenkontrolle) 30 Sekunden
6. 2 x auswaschen mit Aqua dest.
7. Nachfärbung Astrablau 60 Sekunden
8. Auswaschen mit Aqua dest. bis keine Farbstoffreste verbleiben.
9. Entwässern mit 2x gewechseltem Isopropylalkohol (99,9 %
10. Einschluss in Euparal
Fotos: Nikon D5000

Bild 14 Übersicht, Große Sterndolde Astrantia major


Bild 15 Detailaufnahme, Große Sterndolde Astrantia major


Bild 16 Detailaufnahme, Große Sterndolde Astrantia major


Bild 17 Detailaufnahme, Große Sterndolde Astrantia major


Bild 18 Dunkelfeld, Große Sterndolde Astrantia major


Bild 19 Übersicht, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Große Sterndolde Astrantia major

Auflicht Beleuchtung Fluoreszenz iLED 455 nm
LED Modul 455 nm
Reflektormodul FL mit Filtersatz 67
Erregerfilter: BP 470 nm
Strahlenteiler: FT 477 nm
Emission (Sperrfilter): LP 485

Bild 20 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Große Sterndolde Astrantia major

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Hans-Jürgen Koch

Etzold – Blau: Fuchsin; Safranin; Astrablau (FSA) Dr. Helmut Etzold

Arbeitsablauf :
1. Mit AFE fixierte Schnitte gründlich in 70 % Ethanol auswaschen 5 Minuten.
2. 50 % Ethanol (kein Brennspiritus) 3 Minuten
3. 30 % Ethanol 3 Minuten
4. Wasser entmin. 3 x wechseln je 1 Minute
5. FSA -Farblösgung, 8 Min. gelegentlich schwenken. (verdünnte Etzold-Lösung-2 Tropfen auf 5 ml dest.Wasser)
6. Kurz abspülen in Aqua dest. , je 1 x wechseln, je 1 Minute
7. In 100 % Isopropylalkohol sorgfältig entwässern 2 x wechseln. 1. Stufe = 30 Sekunden, 2. Stufe = 3 Minuten, 3. Stufe = 5 Minuten
9. Einschließen in Euparal

Bild 21 Übersicht, Große Sterndolde Astrantia major


Bild 22 Detailaufnahme, Große Sterndolde Astrantia major


Bild 23 Detailaufnahme mit Beschriftung, Große Sterndolde Astrantia major

Xylem: Wasserleitung des Leitbündels, Transport von Wasser mit gelösten Mineralien von den Wurzeln bis in die Blätter, durch Unterdruck erzeugt, durch die Verdunstung von Wasser durch die Blattspalte/Stoma.
Kambium: Bildungsgewebe, ringförmiges Meristem zwischen Xylem und Phloem.
Phloem: Struktur zum aktiven Nährstofftransport in den Leitbündeln, bestehend aus Siebröhren und Geleitzellen.
Meristem oder Bildungsgewebe bezeichnet einen Gewebetyp der Pflanzen, der aus undifferenzierten Zellen besteht und an dem Wachstum durch Zellteilung beteiligt sein kann.

Bild 24 Detailaufnahme, Große Sterndolde Astrantia major


Bild 25 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Große Sterndolde Astrantia major

Auflicht Beleuchtung Fluoreszenz iLED 455 nm
LED Modul 455 nm
Reflektormodul FL mit Filtersatz 67
Erregerfilter: BP 470 nm
Strahlenteiler: FT 477 nm
Emission (Sperrfilter): LP 485

Bild 26 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Große Sterndolde Astrantia major


Bild 27 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Große Sterndolde Astrantia major


Färbung mit Safranin-Astrablau-Chrysoidin (SAC)
Fixiermittel auswaschen in 70% Ethanol, 5 Minuten
Über 50% Ethanol, 3 Minuten.
30% Ethanol, 3 Minuten.
In Wasser entmin., 3x wechseln je 1 Minute.
Färben mit
• Safranin (>5 Minuten),
• 3x gut spülen in Wasser
• Differenzieren in Salzsäurealkohol
• 5x gut spülen in Wasser
• Astrablau (30 Sekunden),
• 3x spülen in Wasser
• Chrysoidin (>5 Minuten),
In Wasser entmin. auswaschen, 1x wechseln, je 1 Minute.
In 100% Isopropylalokohol, sorgfältig entwässern, >2x wechseln
1.Stufe = 30 Sekunden,
2.Stufe = 3 Minuten,
3.Stufe = 5 Minuten.
Einschließen in Euparal.

Bild 28 Sekretgang, Große Sterndolde Astrantia major


Bild 29 Detailaufnahme, Große Sterndolde Astrantia major


Bild 30 Detailaufnahme, Große Sterndolde Astrantia major


Bild 31 Detailaufnahme, Große Sterndolde Astrantia major


Bild 32 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Große Sterndolde Astrantia major

Auflicht Beleuchtung Fluoreszenz iLED 455 nm
LED Modul 455 nm
Reflektormodul FL mit Filtersatz 67
Erregerfilter: BP 470 nm
Strahlenteiler: FT 477 nm
Emission (Sperrfilter): LP 485

Bild 33 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Große Sterndolde Astrantia major


Bild 34 Gegenüberstellung der drei Färbungen.


Fazit: Ich hätte gerne noch mehr Schnitte vom Spross und vom Blatt gezeigt, leider war das Aufbewahrungsgefäß nicht richtig verschlossen.
Retten konnte ich nur den Blattstiel mit dem kleinen Rest vom Blatt.

Quellen und weiterführende Informationen:
Wikipedia; Freie Enzyklopädie
Aichele ,,Der Kosmos Pflanzenführer", ISBN: 3-86047-394-8
Helmut Bechtel ,,Pflanzenführer", 1988950483X 4453 6271
Bruno P. Kremer ,,Waldblumen, "ISBN: 3-7742-1648-7
Bruno P. Kremer ,,Wiesenblumen", ISBN: 3-7742-1357-7
Bertram Münker ,,Wildblumen"
,,Was blüht denn da?", ISBN: 978-3-440-11379-0
,,Botanica", ISBN: 3-8290-0868-6

Die Informationen für Beschreibungen werden von mir selbst aus verschiedenen Quellen zusammengetragen. Dabei benutze ich sowohl Bücher als auch Internet Quellen. Texte werden anschließend individuell von mir selbst verfasst.
Sollte ich ein Copyright © verletzt haben, so geschieht dies nicht mit Absicht. Bitte schicke mir ein E-Mail, wenn es der Fall sein soll.
Für konstruktive Kritik bin ich ebenso offen wie für lobende Worte.

Gruß
Hans-Jürgen




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Gerne per "Du"

jcs

Hallo Hans-Jürgen,

sehr schöner Vergleich der Färbungen und gelungene Schnitte in Kombination mit interessanten Infos zur Pflanze, gefällt mir. Eine Frage zur Färbung mit Acridinrot: Hat es einen Grund, warum Du von Ethanol zu Wasser wechselst, und erst dann mit der Ethanol-hältigen Acridinrot-Färbung weitermachst?

LG

Jürgen

Hans-Jürgen Koch

Hallo Jürgen,

danke.

Acridinrot 3B ist ein basischer Xanthenfarbstoff.
Wenn ich eine Acridinrotlösung herstelle verwende ich dieses Rezept:
1g Acridinrot 3B werden in 100ml 50%igem Ethanol gelöst und mit 2ml Eisessig versetzt, damit die Farblösung nicht verpilzt gebe ich einige Kristalle von Thymol hinzu (mit Thymol stabilisieren).
Wenn die Schnitte in 50%igem Ethanol lagern kann man sicher den 2. Schritt (Aqua dest. 3x wechseln je 1 Minute) bei der Wacker 3 A - Färbung (Acridinrot – Acriflavin - Astrablau) überspringen.

Gruß
Hans-Jürgen
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Fahrenheit

Lieber Hans Jürgen,

vielen Dank für Deinen schöne Artikel, den ich wie immer gerne gelistet habe.

Ich nehme an, die Probe ist etwas älter und hat schon länger (eventuell sogar stückfixiert) im Ethanol gelegen? Bei der Autofluoreszenz vermisse ich nämlich das Rot der Chloroplasten.

Schön, die drei Färbungen im Vergleich zu sehen! Wenn ich original Wacker in drei Schritten färbe, gehe ich auch nur bis 50% Ethanol, bevor ich mit Acridinrot färbe. Den zusätzlichen Stress kann man den Schnitten ersparen. Auch von 30% Ethanol auf die 50% der Acridinrot-Lösung ist weniger belastend als zunächst runter ins Aqua dest..
Bei längerer Liegezeit ist es aber sicher nicht schlecht, vor der Färbung noch zwei / drei mal mit Ethanol 30% zu spülen ...

Herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Hans-Jürgen Koch

Lieber Jörg,

danke für dein Lob.
Die Pflanzenstücke habe ich schon Jahre in Ethanol aufbewahrt, sie  waren auch mit AFE – Gemisch III fixiert.

Gruß
Hans-Jürgen
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