Ersatz für Chroma "Kernschwarz"

Begonnen von jako_66, April 20, 2021, 19:47:15 NACHMITTAGS

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jako_66

Liebe Foristen,

am kommenden Samstag halten Bob und ich einen Vortrag zur "Suche nach dem geheimnisvollen Kernschwarz". Die Versuche mit der Eisen-Tannin-Tinte klappen ganz gut, wenn auch nicht unbedingt einfach umsetzbar.
Der Wunsch nach einer einfacher zu händelden Methode führte über das Kernschwarz von Chroma zu einer Anilinschwarz-Lösung, die im Gegensatz zu Chroma allerdings auch verholzte Strukturen schwarz anfärbt.
Vergleiche mit Nigrosin wasserlöslich, Chlorazolschwarz, Anilinschwarz, Amidoschwarz 10B, Eisengallus-Farbstoff nach Mayer und dem Direkttiefschwarz E mit dem Chroma Kernschwarz zeigten, dass der Chroma-Farbstoff etwas anderes sein muss.

Kennt jemand von Euch schwarze Farbstoffe, die spezifisch für Cellulosefasern sind?

Dank` Euch vorab & viele Grüße

Sven

Fraenzel

Moin Sven,
eine Google-Recherche ergab eine ganze Reihe Färbemittel, die du nicht erwähnt hast. Sehr preiswert wie ich fand. Allerdings habe ich Null Erfahrung mit den Färbemitteln:
https://www.google.com/search?client=firefox-b-d&q=Cellulose+schwarz+f%C3%A4rben
Mikrogrüße
Peter
auch ich mag das "Du"

Bob

Hallo Sven,
da hatte ich auch schon mal nach gesucht und war auf zweikomponentige Reaktivfarbstoffe gestoßen, siehe Link von Peter. Das ist vermutlich aber etwas anderes. Eigentlich müsste ein schwarzer Farbstoff für Papier ja passen, aber da gestaltete sich die Suche wegen zu vieler abseitiger Treffer schwierig. Schwarze Tintenstrahlertinte war jedenfalls ein Reinfall (hat kaum gefärbt), aber die könnte auch schon zu alt gewesen sein. Georg hatte da ja auch eher Pigmente drin erwartet. Es bleibt also spannend!

Viele Grüße,

Bob

jako_66

Hallo zusammen,

Danke für Eure Antworten! Das Reaktivschwarz 5 für 1 € pro Gramm wäre ein Versuch wert, muss aber alkalisch umgesetzt werden. Ist also auch nicht verwandt mit dem Chroma Kernschwarz.
Iod-Zinkchlorid dürfte eher nur mit weiterem roten Farbstoff eine tiefschwarze Farbe geben. Aber ob sich das Iod lange im Schnitt halten würde?

Vielleicht ist der Trick die Zellwände mit Zink(II) etwas aufzuweiten, um dann mit einem Schwarz (aber mit welchem?) die Zwischenräume zu färben?

Ist das Chroma Kernschwarz vielleicht ein Beizenfarbstoff?

Viele Grüße

Sven



jako_66

#4
# Update 25.4.21:

Wie beim Eisen-Tannin-Komplex läßt sich auch beim Chroma Kernschwarz mit etwas verdünnter 85%iger Phosphorsäure Fe(III) herauslösen. Ein Nachweis mit gelben Blutlaugensalz ergab Berliner Blau! Die Phosphorsäure selber ist eisenfrei.

Somit erhärten sich die Hinweise, dass das Chroma Kernschwarz vielleicht etwas mit einem Eisen-Hämatein-Komplex zu tun haben könnte. Ein Versuch ergab mit Hämatein-Fe(III)chlorid zwar die gewünschte Gewebespezifität, allerdings bildeten sich große runde schwarze Punkte an den unverholzten Zellwänden. Der weitere Weg wäre dann eine Eisenhämatoxylin-Färbung nach Weigert für die Botanik zweckentfremdet. Und idealerweise als eine Eintopffärbung mit langer Haltbarkeit.

Es bleibt spannend!

Viele Grüße

Sven

jako_66

#5
Hallo zusammen,

heute kam der Holzessig an. Chroma-Kernschwarz riecht angenehm süßlich, aber Holzessig ist da nicht drin. Selbst wenn man noch mehr Kreosol in den Holzessig schütten würde, der Geruch nach verbranntem Holz würde alles übertönen.

Horst hatte neulich gefragt, ob Chlorid (wäre Hinweis auf Eisen(III)) oder Sulfat (wäre ein Hinweis auf Eisen(II)alaun) im Chroma-Kernschwarz nachweisbar wäre. Nach einigem Suchen in der Literatur fand ich dies:

Hansen hatte 1905 Eisen-Hämatein-Lacke beschrieben (1905_Hansen_Über Eisenhämatein, Chromalaunhämatein, Tonerdealaunhämatein, Hämateinlösungen und einige Cochenillefärblösungen). Er geht davon aus, dass Eisen(II) mit Hämatein die "wertvolleren" Lacke ergibt. Nur ist Eisen(II) auf Dauer nicht stabil und wird an der Luft oxidiert. Von den Eisen(III)gallussäure-Komplexen wissen wir, dass mit Eisen(III) stabile Koordinationsverbindungen gebildet werden. Selbst im Saurem deprotonieren die aromatischen Hydroxylgruppen und binden an das Eisen-Ion.

Was spricht dagegen, dass dies mit dem Hämatein ebenso ist? Hat da jemand Erfahrung (Hämatoxylin nach Weigert)? Wenn damit so ein Bild wie oben herauskommt, könnte man schon zufrieden sein.

Viele Grüße

Sven

jako_66

#6
Hallo zusammen,

anbei ein Bild von der 4. Schwarzfärbemethode "Eisenhämatoxylin nach Weigert" an einem 10 µm Brenn-Nesselschnitt. Wie bei Aeisner beschrieben Lösung A + B 1 : 1 vorher gemischt und nach der Safranin-Chrysoidin-Färbung eingesetzt. Im Gegensatz zum Chroma Kernschwarz verschwindet die Eisenhämatoxylin-Färbung, wenn man sie zu Beginn durchführt. D.h. aber auch, die Chroma-Rezeptur ist etwas anderes und hält sich Jahre, während das Eisenhämatoxylin sich durch das Eisen(III) irgendwann von alleine weiter hoch oxidiert.

Immerhin werden nur die unverholzten Regionen angefärbt!

1) Ansatz mit 1 Tropfen Safranin 1% auf 200 ml  Wasser 1 : 1 mit 0.1% Chrysoidin gemischt + 2% Eisessig und als Simultanfärbung 1 h bei 40 °C eingesetzt
2) 1%ige Hämatoxylin-Lösung in 96% Ethanol 1 Woche unter Luftzufuhr reifen lassen, dann 1 : 1 mit Eisen(III)chlorid (43 mM mit 1% Salzsäure 25% versetzt) mischen, Färbezeit 2-3 min

Mein Fazit: Chroma Kernschwarz funktioniert doch noch am besten, ist einfach einzusetzen und liefert reproduzierbar gute Ergebnisse

Viele Grüße

Sven

jako_66

Hallo zusammen,

hier zum Abschluss ein Färbeversuch mit alkohollöslichem Nigrosin. Damit kommt man fast an das heute noch käufliche Chroma-Kernschwarz ran, finde ich.

Schnitte aus der Entparaffinisierung liegen in 30% Ethanol (oder wieder nach DanKlorix), gefärbt habe ich mit

- einer 0.1%igen Nigrosin-Lösung in 50% wässrigem Ethanol für 8-12 min
- kurz Waschen mit 30%igem Ethanol, dann 2-3x mit dest. Wasser
- Simultanfärbung mit einer verd. Safranin (1 Tropfen einer 1%igen Lösung in 100 ml Wasser) : Chrysoidin 0.1%ig in dest. H2O = 1 : 1 für >>5 h

Safranin würde ich das nächste Mal etwas höher konzentriert für Paraffinschnitte ansetzen.

Das Schöne am Nigrosin ist, dass es keine Farbstoffklumpen bildet und sich auch bei langer Nachfärbung nicht wieder auswäscht. Zellwände werden ähnlich trennscharf schwarz gefärbt wie mit dem Chroma-Kernschwarz.

Viele Grüße

Sven


Bob

Hallo Sven,
sehr gelungenes Ergebnis! Einen entscheidenden Vorteil vom Negrosin sehe ich in der bekannten Rezeptur. Ich werde die beiden Kandidaten ja auch noch vergleichen, mal sehen, wie sie sich auch bei dickeren Schnitten schlagen...

Viele Grüße,

Bob

jako_66

#9
Hallo zusamen,

unter folgendem Link findet Ihr die Bilder, Anleitungen und Rezepte verschiedener Kernschwarz-Färbungen (als Ausgangspunkt für weitere Optimierungen), die ich beim Tübinger Mikroskopischen Stammtisch am 9.10.22 gezeigt hatte:

https://www.tmg-tuebingen.de/

https://www.tmg-tuebingen.de/wp-content/uploads/2022/10/2022_Kernschwarz-Farbstoffe_Anleitungen_Rezepte.pdf

Fazit: alle Kernschwarz-Nachbauten zeigen ein anderes Färbeverhalten als das heutige Chroma-Kernschwarz, wenn auch z.T. die Spezifität für unverholzte Regionen ähnlich ist. Worauf das ursprüngliche Kernschwarz basiert, worauf sich Schömmer, Mayer, Thaler u.a. beziehen, wird wohlmöglich nicht geklärt werden können.

Jetzt wäre es ein nächstes Ziel, eine andere Gegenfärbung als mit Safranin O und Chrysoidin zu entwickeln...


Viele Grüße


Sven