Zwei, drei Anfängerfragen (CZJ Nf)

Begonnen von Llewelyn, Mai 06, 2021, 15:51:10 NACHMITTAGS

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Llewelyn

Hi,
ich konnte nicht widerstehen ein altes Carl Zeiss Jena Nf zu kaufen. Ehrlich gesagt hat es mir einfach gefallen und das Dunkelfeld hatte mich gereizt und es ist vielleicht ein gutes Papa/Kind Spielzeug 😂 Ich weiß, dass ich das Gerät erst noch auseinander nehmen und komplett neu fetten muss und hoffe, dass es keine weiteren Probleme damit gibt. Davon abgesehen habe ich mit Ausnahme meines alten Kindermikroskops null Erfahrung und trotz stundenlanger Einlesearbeit hier und anderswo noch zu viele Fragen.

Die erste: Es gibt scheinbar eine Vielzahl an Montage und Justierschlüsseln. Braucht man die? Geht auch ein Schraubenzieher oder Feinmechaniker Werkzeug? Und wenn nein, reicht es, wenn "Jena" draufsteht? Oder sind die nicht untereinander kompatibel?

Die Kompatibilitätsfrage ist meine zweite: Ich hätte vermutet, dass Zeiss Jena nicht mit Zeiss Winkel oder Zeiss Germany kompatibel ist, habe aber Jena Mikroskope mit Lomo Binokular gesehen. Weiß jemand, welche Kompatibilitäten es zu dem Nf gibt? Oder ob zumindest Zeiss Jena immer untereinander kompatibel ist?
Ich finde nämlich gerade das vielfältige Zubehör sehr interessant. Passen die Revolver und Fototuben untereinander etc.?
Oder ist die Frage zu pauschal?

Für den Fall, dass ich mit dem Mikroskop zurecht komme, hätte ich großes Interesse an einem Auflichtkondensor. Gerade bei meinen kleinen Kindern ist das vielleicht weniger abstrakt, als die Durchlichtmikroskopie.
Passen die CZJ Auflichtkondensoren grundsätzlich auf jedes Jena oder zumindest auf die L und N Reihen gleichermaßen? In den Broschüren des Nf und des Polmi sieht der Auflichtkondensor zumindest völlig identisch aus.
Und in der Hoffnung, dass es irgendjemand weiß: brauche ich, wenn ich den Kondensor gefunden habe noch den zusätzlichen Winkeltubus mit 1.6 Faktor? Oder ist das nur ein nice to have?

Bei meinem Mikroskop waren ein paar Objektive von Zeiss Germany dabei. Auf den ersten Blick sehen sie überraschend intakt aus. Jetzt hatte ich gelesen, dass der Dunkelfeldkondensor des Nf grundsätzlich mit Immersionsöl funktioniert. Leider ist die hervorragende Mikro Fibel bei dem Thema Dunkelfeld etwas knapp. Muss ich immer Objektiv und Kondensor ölen, oder reicht es, den Kondensor zu ölen und kann ansonsten die Trockenobjektive nutzen?

Und die vorerst letzte Frage: Es war kein Trafo dabei. Benötigt werden 6V mit 15W. Ich finde die alten Trafos ganz cool und es tauchen ja immer Mal welche auf. Aber kann ich grundsätzlich nicht auch eine modernes Schaltnetzteil benutzen, wenn ich zwei Bananenbuchsen an das Kabel löte?  Ansonsten könnte ich vorerst vielleicht meinen alten Eisenbahntrafo nutzen, wenn ich vorher durchmesse, wann ich bei 6V lande.

Vielen Dank und liebe Grüße.

plaenerdd

#1
Hallo,
das Nf ist ein ganz feines Mikroskop, wenn alles ordentlich läuft.
Zur Kompatibilität: Zeiss-West (ZEISS, Zeiss-Winkel, Zeiss-Opton) passen i.d.R. wirklich nicht, außer die Objektive der Endlichreihe.
LOMO passt i.d.R., zumindest solche Sachen wie Binotuben, da ein großer Teil der Jenaer Maschinen nach dem WWII als Reparationsleistungen nach Leningrad (heute Petersburg) geschafft wurden und dort noch bis Ende der 60er Jahre Mikroskope z.T. 1:1 nach Jenaer Vorbild gebaut wurden. Dort wurde schon vor dem Krieg für Zeiss-Jena in Lohnarbeit produziert.

Zum Werkzeug: Grundsätzlich geht das ganz normale Uhrmacherwerkzeug/Feinmechanikwerkzeug aus dem Baumarkt für die kleinen Schrauben, hauptsache der Schraubendreher passt richtig gut rein (Breite und Dicke müssen stimmen). Andererseits gibt es ein paar Teile am Mikroskop, da kommt man ohne etwas speziellere Schlüssel nicht aus (Stirnlochschlossel, Lenswrench).
Diesen Beitrag zum Zerlegen und Neufetten des Nf hast Du gefunden?

Auflichteinheiten: Gab es mindestens zwei verschieden, die an das Nf passen: Die "normale" und die mit Auflicht-Polarisation, wie sie am POLMI verbaut war.
Für jüngere (graue) Stative der MICROVAL-Serie gab es andere Auflicheinheiten, die oben angesetzt werden, statt am Revolveransatz wie die älteren. Die passen prinzipiell auch, aber damit bekommst Du nur Auflicht-Hellfeld hin, was ganz andere Informationen liefert und für Ungeübte sehr enttäuschend unnatürlich aussieht. Das ist nur was für Metallurgen und Geologen, wenn sie Anschliffe von Metall- oder Gesteinsstücken betrachten. Du brauchst schon die originale Einrichtung, aber achte auf Vollständigkeit. Einzelne Teile nachzukaufen ist nicht nur schwierig sondern oft auch kostspielig. Was Du unbedingt brauchst sind die Hohlspiegelkondensoren für die Auflicht-Dunkelfeldbeleuchtung. (Licht wird am Objektiv vorbei seitlich auf die Probe gelenkt).

Aber auch das ist eher nix für Kinder! Die Arbeitsabstände der Objektive sind z.T. sehr gering und die höheren Vergrößerungen nur fpr halbwegs flache Objekte geeignet. Wenn man in die "Täler" zwischen Erhebungen sehen will, stößt das Objektiv mit der Frontlinse schnell auf die "Berge".
Für kleinere Kinder (von denen Du ja redest) ist eine Stereoplupe angesagt: Alles richtig herum, großer Arbeitsabstand und geringe Vergrößerungen, die noch eine Beziehung zu dem herstellen lassen, was man drunter gepackt hat. Beim Nf und auch bei der Auflichteinheit sind alle diese Punkte genau umgekehrt. Mit dem kleinesten Objektiv (4x) und dem 10 Okular bist Du da wo die Stereolupe aufhört: 40fache Vergrößerung. Da ist auch im Auflicht alles schon sehr abstrakt.

Wenn Du keinen Originaltrafo bekommen solltest, kannst Du ein preiswertes Labornetzteil verwenden.
Beste Grüße
Gerd
EDIT: Vielleicht magst Du Dich im Board Mikroskopiker im Netz kurz vorstellen? wir sprechen uns auch gerne mit einem (Vor-)Namen an ;)
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Llewelyn

Vielen Dank für die rasante und detaillierte Antwort.

Zitat von: plaenerdd in Mai 06, 2021, 18:35:00 NACHMITTAGS
Zeiss-West (ZEISS, Zeiss-Winkel, Zeiss-Opton) passen i.d.R. wirklich nicht, außer die Objektive der Endlichreihe.

Gut zu wissen. Zum Glück sind endliche Zeiss Germany am Revolver. Liegt das sonst an der Paarung mit den Okularen? Also, dass bei einem Unendlich, das für 160 gerechnet ist, dann einfach mein Okular nicht passt?

Zitat von: plaenerdd in Mai 06, 2021, 18:35:00 NACHMITTAGS
Andererseits gibt es ein paar Teile am Mikroskop, da kommt man ohne etwas speziellere Schlüssel nicht aus (Stirnlochschlossel, Lenswrench).
Diesen Beitrag zum Zerlegen und Neufetten des Nf hast Du gefunden?

Ja. So bin ich auf das Forum gestoßen. Hätte mich sonst nicht getraut, das Mikroskop zu kaufen.
Stirnlochschlüssel und Co. kaufe ich, wenn ich die entsprechenden Teile zerlegt habe und besser sehe, was ich vor mir habe. Dauert vermutlich paar Wochen, bis ich soweit bin.

Zitat von: plaenerdd in Mai 06, 2021, 18:35:00 NACHMITTAGS
Was Du unbedingt brauchst sind die Hohlspiegelkondensoren für die Auflicht-Dunkelfeldbeleuchtung. (Licht wird am Objektiv vorbei seitlich auf die Probe gelenkt).

Danke für den Hinweis. Sind die Hohlspiegelkondensoren immer Teil des Sets? (Also Punkt Vollständigkeit) In der Broschüre stehen sie dabei, aber laut der Tabelle gibt es unterschiedliche, je nach Objektiv. Das klingt eher nach separat kaufen.
Aber wahrscheinlich hast du Recht und ein Stereomikroskop ist die bessere Wahl für Kinder und kostet vermutlich ähnlich viel. Und falls ich es zum Laufen kriege und keine weiteren Defekte existieren, hat das Nf ja auch so erst Mal viel zu bieten.

Vorstellung folgt.

Gruß,
Wolfram


plaenerdd

Hallo Wolfram,
ZitatGut zu wissen. Zum Glück sind endliche Zeiss Germany am Revolver. Liegt das sonst an der Paarung mit den Okularen? Also, dass bei einem Unendlich, das für 160 gerechnet ist, dann einfach mein Okular nicht passt?
Grundsätzlich führen gemischte Paarungen von Objektiven und Okularen i.d.R. nicht zu optimalen Ergebnissen. Für die visuelle Beobachtung stößt das oft nicht groß auf. Beim Fotografieren wird es schneller kritisch. "Ein Bid gibts immer" sagt man, aber die unterschiedlichen Hersteller haben verschiedene Maße verwendet, auch wenn das Objektiv an den Revolver und das Okular in den Tubus passt. Selbst beim gleichen Hersteller sollten die Okulare zum Korrekturgrad des Objektives passen. Apochromate brauchen andere Okulare als Achromate, um ihre volle Leistung bringen zu können. In der Mikrofibel solltest Du Dir mal die Kapitel 2.3 und 2.4 zu Gemüte führen.
Für Unendlichobjektive braucht es immer die Tubuslinse des jeweiligen Herstellers. Da ist eigentlich kaum noch ein Herstellermix möglich. An Endlichstativen ohne Tubuslinse geht da gar nix.
Ich hatte Dir noch eine PM zum Werkzeug geschrieben.
Beste Grüße
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph