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Waidwunder Mikrobenjäger

Begonnen von Parasklepios, April 30, 2021, 18:11:33 NACHMITTAGS

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Parasklepios

Hallo zusammen,

Vor kurzem konnte ich - wohl dem intensiven Homeoffice der letzten Monate geschuldet - einen Mikrobenjäger schießen.
Die Feinmechanik läuft nach mehreren Behandlungen nun immer besser, aber die Roststellen möchte ich nun auch endlich angehen.
Für ein paar Tipps aus dem Forum zur Lackfarbe (Art?) des Steindorffs oder generelle Tips zur Rostentfernung wäre ich sehr dankbar!

Anbei ein paar Bilder zur Schadenseinschätzung.

Mikrogruß,
Parasklepios

Rawfoto

Guten Tag

In dieser Kategorie bist du besser aufgehoben, da gibt es viele Wieder ins Leben zurück geküsste Schätzchen. Gratulation zu deinem ...

Liebe Grüße

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

Hugo Halfmann

#2
Hallo Asklepios,

Glückwunsch zu diesem außergewöhnlichen und seinerzeit auch recht teuem Mikroskop!

Die Restaurierung dieser Macken im Lack wird, wenn man sie später nicht sehen soll, sehr schwierig. Das ist ein alter Seidenmattlack, welcher es fast unmöglich macht, die ausgebesserten Stellen zu schleifen (sehr feine Körnung) und dann zu polieren, denn dann entstehen hochglänzende "Flecken" die auch wieder stören.

Meiner Meinung nach gibt es nur zwei Möglichkeiten:

- Lass ihn so, wie er ist, mit den Spuren seiner Geschichte. Dies wird heute von vielen Museen bevorzugt, weil die Stücke authentisch und original erhalten bleiben.

- Zerlege ihn komplett und lass das Stativvon einem professionellen Lackierer neu lackieren. Den Glanzgrad kann man auch heute anmischen lassen, ist nicht billig aber eine lohnende Investition. Mit der Sprühdose würde ich da jedenfalls nicht ran.
Ich habe aber keine Ahnung, wie aufwendig die Zerlegung werden wird, den Mikrobenjäger besitze ich leider nicht. Jedwede Hektik ist hier jedenfalls fehl am Platz.


Viele Grüße aus dem Bergischen Land

Hugo Halfmann

Werner

Die Rostentfernung bzw. "Ansehnlichermachung" gelingt auch ohne Zerlegung. Den groben Rost mit einer Spachtel oder einem Messerrücken abkratzen, auch den unter dem Lack (platzt sowieso auf). Dann die Reste mit einer feinen Edelstahl-Drahtbürste bei hoher Drehzahl (Proxxon oder Dremel) entfernen. Es bleibt rohes, leicht narbiges Eisen mit nahezu dunkelgrauer Farbe zurück. Als Korrosionsschutz leicht mit Vaseline einfetten, die kann auch mit Ruß oder Grafit eingefärbt werden. Das Aussehen ist nicht mehr so krank wie vorher.
So behandle ich auch altes Werkzeug aus gutem Stahl (vom Schrott). Ist nämlich viel besser als der heutige Baumarktchinesenmist.

Gruß - Werner

unkenheini

Moin Werner,
Für die rostigen Werkzeuge vom Flohmarkt,ein Tipp.Über Nacht in Essigeszenz ca 24%ig einlegen.Danach mit groben Schwamm mit Wasser mit Spüli schrubben.Hatte ich aus dem Netz,und hat bei den geerbten Werkzeugen von meinem Schwiegervater top funktioniert.Flachwinkel,Zirkel,Winkelmesser und Tiefenmaß ,die Skalen blieben erhalten,der Stahl bekommt eine angenehme graue Farbe.An die Gelenke etwas Balistol und die Sahen funktionieren wieder für weitere 30 Jahre.
Gruß Jörg
Mit freundlichen Grüßen
Jörg G.

p.s. Mir ist es lieber mit Du angesprochen zu werden als mit Sie.Danke.

Werner

Ich kenne fast alle Entrostungsrezepte aus dem Netz, ob mit oder ohne Strom. Leider ist bei keinem, das mit Säuren arbeitet, eine Neutralisation mit Ammoniak als nötig erwähnt. Auch schwache Säuren wirken langzeitkorrosiv. Natron und Soda werden meist gleichgesetzt, obwohl sie unterschiedlich sind. Das Lesen aller dieser alchemistisch angehauchten Netzrezepte ist reine Zeitverschwendung, weil fundierte Hintergrundinformation fehlt, es sind vielfach wiederholte Erfahrungsberichte, teilweise schon jahrhunderte alte bekannte Methoden. Es ist absolut nichts Neues dabei. Die aufwendig angepriesenen neuen Wundermittel für das Auto sind auch nur alter Wein in neuen Schläuchen. Erinnert mich irgendwie an die Haarwuchsmittel, die waren auch schon vor 1900 in Zeitungen angepriesen, heute sind sie im Fernsehen...

Korrosion ist Elektrochemie und viel komplizierter als zunächst gedacht, es gibt dicke Fachbücher darüber, aber eben nichts im Netz. Reinigungsfachleute sind auch die Galvaniker, die arbeiten mit Salz- und Schwefelsäure, aber immer mit dem unbedingt nötigen Inhibitor. Und die arbeiten im erprobten richtigen Temperatur-, Konzentrations- und Zeitdauerbereich.
Die einzige einfache Methode funktioniert mit Phosphorsäure, das gibt aber einen Schichtaufbau, für Einhaltung genauer Maße (Bohrung - Welle) also ungeeignet. Ich habe diverse Versuchsreihen zur Phosphatierung durchgemacht, mit Zusatz von Zink- und Manganphosphaten verschiedener Konzentration. Das kostet für gute Ergebnisse alles sehr viel Mühe, Thermostatisierung und Kontrolle. Und für andere Eisensorten können andere Bedingungen nötig werden.

Deshalb habe ich wieder zu "rein mechanischen" Verfahren zurückgefunden, mit anschließendem Korrosionsschutz durch Vaseline oder Schmierfett. Am günstigsten (für große Gebinde) ist der Landwirtschaftshandel. Das Fett-Verfahren funktioniert auch für Eisenteile im Freien, Rost muß nicht immer entfernt werden, wenn er mit Fett getränkt wird. Die Schnecken freuen sich, die lutschen das Fett weg, es muß also zeitweise nachgestrichen werden. (Schnecken fressen sogar Tesakrepp quantitativ, mit Papier und Kleber, es bleibt nichts zurück).

Gruß - Werner

Peter Reil

Hallo Parasklepios,

wenn das mein Mikroskop wäre, würde ich ganz vorsichtig den losen Rost entfernen und fertig.
Das mit der Vaseline von Werner klingt logisch und ist als Schutz bestimmt gut.

Alles andere würde ich so lassen. Es sind die Spuren der Zeit.

Freundliche Grüße
Peter
Meine Arbeitsgeräte: Olympus BHS, Olympus CHK, Olympus SZ 30

Rawfoto

Guten Morgen

Es gibt auch noch die Möglichkeit mit Rostumwandler nach Enfernen des Lacks und Behandlung mit der Drahtbürste drüber zu gehen.

Dann Rostschutzlack und Klarlack ....

Das wird in der Konservierung so gemacht, das Alter bleibt erhalten aber der Schutz für die nächsten Jahre ist gegeben

Liebe Grüße

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

Peter V.

Hallo Parasklepios,

zunächst einmal: Herzliche Glückwunsch zum Fang des "Jägers"! Er ist ja wirklich extrem rar und ich kenne außer mir nur zwei weitere Besitzer im Forum.

Was die Waidwunden betrifft: Ich sehe es genau wie Peter Reil! Eine Neulackierung wäre für mich ein absolutes NoGo. Der Mikrobenjäger sieht zwar so aus, als wäre er tatsächlich selbst zum Gejagten geworden und hätte eine Ladungs Schrot abbekommen, aber es ist halt seine Geschichte. Natürlich kann man versuchen, mit einem schwarzen Mattlack etc. die Stellen etwas unsichtbarer zu machen, aber ich würde vom Original nicht mehr "zerstören" als nötig.

Herzliche Grüße
Peter





Dieses Post wurde CO2-neutral erstellt und ist vegan. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

Parasklepios

Guten Morgen,

Tatsächlich geht es mir ja auch mehr um die Erhaltung des Mikroskops als um reine Optik.
Zur Geschichte kann ich sagen, dass der Mikrobenjäger aus dem französischsprachigen Teil Kanadas stammt und dort länger an der Uni im Einsatz war bevor er die ,,Heimreise" angetreten hat.

Vielen Dank für eure Tipps, ich werde erstmal nichts überstürzen. Dem Rost mit Bürste und Dremel behandeln und mit Vaseline den weiteren Verlauf mildern. Das hilft mir erstmal sehr gut 👍
Und Danke an alle, besonders Werner, für die schnellen Antworten!

@Peter V. gibt es schon einen geheimen Bund der Mikrobenjäger-Fans um sich über Zubehör, Optik, Prismenzustand oder ähnliches auszutauschen? Natürlich nur falls Interesse besteht, über die Suchfunktion konnte ich bisher nur einzelne Threads finden.



Besten Gruss,
Parasklepios


Werner

Nachtrag:
Behandlung mit Rostumwandler ist eine Behandlung mit Phosphorsäure, also eine bewährte Phosphatierung. Die besten dichten Schichten gibt es bei Temperaturen oberhalb 50°. Näheres unter Wikipedia "Phosphatieren" (mit Links).

Beim Kaltphosphatieren mit Rostumwandler kann das langzeitlich schiefgehen, wenn nicht umgesetzte Phosphorsäure in der Schicht verbleibt. Verhindern kann man das durch Nachbehandlung mit Salmiakgeist (Ammoniak) und Nachspülen, damit wird die freie Säure beseitigt. Das steht aber leider nie in der Anleitung dazu.

Ich verwende das Phosphatieren (in der Wärme) für große rostige Ketten, mit anschließender Salmiakgeistbehandlung, Nachspülen und Trocknen. Danach wird die Kette in mit Benzin verdünntes Öl getaucht und zum Trocknen aufgehängt. Über eine eventuelle Wasserstoffversprödung durch die Säure habe ich noch keine fundierte Abhandlung gefunden. Die Kette hält entweder, oder sie bricht. Jedenfalls ist eine brechende Kette viel ungefährlicher als ein reißendes Stahlseil.

Gruß - Werner

Rene

Hallo Werner, what concentration Phosphorsäure do you recommend?

Gruß, René

Mikroman

Hallo,
auch ich besitze den Mikrobenjäger. Nach einem Sturz in der Vitrine, ist er auch ein bißchen waidwund - mit allerdings nur leichten Lack- und keinen Rostschäden. Ich würde mit einem Glasfaserstift rangehen und anschließend (ein Tipp von einem Foristen) mit einem Lackstift von Edding Typ 750 rangehen.

Gruß
Peter
Zu sehr auf sich selbst zu beharren,
ist ein unvernünftiges Vergeuden der Weltsubstanz (Juarroz, 9. Vertikale Poesie,1)

Werner

Hallo René!

Der "Turbo-Entroster" aus ebay ist 50-%ige Phosphorsäure mit etwas Detergens. Den verdünnte ich ca. 1:4, also etwa 12-%ig. Die Konzentration ist unkritisch, solange noch Phosphorsäure enthalten ist. Coco-Cola hat <0,5 %, damit dauert es aber ewig, nicht empfehlendwert. In der Hitze geht es halt schneller.

Wichtig bei alten, verschmutzten Teilen ist gute Entfettung (!). Hierfür nehme ich eine kochende Lösung von "Waschsoda" (ca. 10 %ig). Ein Sack aus ebay ist billig und hält sehr lange, unbegrenzt lagerfähig. Man muß etwa 10 Minuten kochen. Der oben schwimmende Dreck wird abgeschöpft, das Eisen rausgehoben, in einen Eimer Wasser getaucht und ab in die Phosphorsäure.
Zum Kochen verwendete ich einen großen Topf und zum ersten Mal einen Raketenofen (rocket stove, Youtube) aus gestapelten Ziegelsteinen im Freien. Das funktioniert erstaunlich gut, kann ich nur empfehlen. Auch für Grillfeste (Pfanne) geeignet, da braucht es keine große teure BBQ-Dampfmaschine...

Wenn gut entfettet ist, gibt das Phosphatieren eine schöne Graufärbung auf dem Eisen, bei Gußeisen werden die Flecken abgewischt, aber Guß rostet sowieso nicht gerne, da genügt leichtes Einfetten. Das gebrauchte Bad ist mehrfach verwendbar. Entsorgung über das normale Abwasser, weder Phosphorsäure noch Soda sind schädlich.

Gruß - Werner

Rene