Interessante Pilzfunde 18 - Flächenförmiger Birkenfeuerschwamm

Begonnen von Bernd Miggel, Juli 11, 2021, 07:20:25 VORMITTAG

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Bernd Miggel

Genau wie den Konsolenförmigen Birkenfeuerschwamm findet man den hier beschriebenen, recht seltenen Flächenförmigen Birkenfeuerschwamm Phellinus laevigatus in Moorwäldern an Birkenholz. Mir ist er bisher erst dreimal im Fundgebiet begegnet, zweimal an Moorbirke und einmal an Hängebirke.

Eckdaten:

  • Pilzart: Phellinus laevigatus (P. Karst.) Bourdot & Galzin
  • Rote Liste: Deutschland (2017): RL 3 (gefährdet); Baden-Württemberg (2005): G (Gefährdung unbekannten Ausmaßes)
  • Fundort: Naturschutzgebiet Waldmoor-Torfstich bei Oberreichenbach in Baden-Württemberg.
  • Pflanzengesellschaft: Beerstrauch-Tannenwald (Vaccinio-Abietetum)
  • Substrat: liegende, vermorschte Äste der Moorbirke (Betula pubescens)
  • Funddatum: 7.6.2021
  • Beleg-Nr.: wt21004,vab

Hier der Eindruck, den man am Fundort gewinnt:


Bild 1 - Der Fundort: Fichten-Tannen-Moorrandwald mit eingestreuten Moorbirken und Kiefern. Im Vordergrund das Substrat: am Boden liegende Moorbirken-Äste.


Die stets flächig - also ohne Hutkante - wachsenden Fruchtkörper überziehen das Substrat großflächig, auf den beobachteten Birkenästen bis zu einer Breite von etwa einem halben Meter. Die Poren sind derart fein, dass man sie ohne Lupe nur erahnen kann. Solange sich der Pilz im Wachstum befindet, ist stets eine farbig abgesetzte, ca. 2 mm breite, cremefarbige Zuwachszone zu sehen:


Bild 2 - Der rein flächig (resupinat) wachsende Fruchtkörper: dunkel rotbraun mit cremefarbener Zuwachszone. Der Birkenast befindet sich  im Optimalstadium der Vermorschung.


Den mittleren Porenabstand bestimmte ich über eine quadratische Fläche mit einer Seitenlänge von 2,2 mm und errechnete daraus einen mittleren Abstand von 6,5 Poren je mm. Die Fachliteratur liefert folgende Werte:

  • BERNICCHIA (2005): 6-8 (10) Poren pro mm
  • LÄSSÖE & PETERSEN (2019): 8-10 Poren pro mm
  • RYVARDEN & MELOT (2014): 8-10 Poren pro mm
Das folgende Bild wurde mit einer auf einem Mikroskopstativ befestigten Kamera aufgenommen:


Bild 3 - Die Porenschicht. Wenn man genau hinschaut, erkennt man an der inneren Porenwandung feine, nadelförmige Elemente: die Seten.


Bei den im vorigen Bild an den Innenseiten der Poren nur zu erahnenden, nadelspitzen Elemente handelt es sich um sogen. Setae. Sie sind braun, dickwandig und spitz. Da sie sich innerhalb der Hymenialschicht befinden, werden sie Hymenial-Setae genannt.
Beim Flächenförmigen Birkenfeuerschwamm liegt eine sogen. dimitische Tramastruktur (Trama = Fleisch des Fruchtkörpers) vor. Dimitisch bedeutet, es gibt zweierlei Hyphentypen, die generativen Hyphen und die Skeletthyphen. Die Skeletthyphen sind dickwandig, braun und ohne Septen und machen den überwiegenden Teil des Fruchtkörpers aus. Die generativen Hyphen, die bei unserer Art dünnwandig sind und an ihren Septen Schnallen besitzen, sind nur in den Zuwachszonen zu finden; bei den Röhren sind das die Mündungen. Im Bild ist die Röhrenmündung ganz rechts zu sehen, und wenn man genau hinsieht, erkennt man an einer der Hyphen eine Schnalle:


Bild 4 - Eine Porenwandung im Schnitt, rechts die Mündung. Die Setae sind an der Oberfläche dicht verteilt. 20 µm dicker Mikrotomschnitt, Präparat in SDS-Kongorot nach Clémençon eingefärbt.



Bild 5 - Zwei isolierte Seten mit den beiden typischen Formen: links gerade, rechts hakenförmig.


Die Sporen sind breitellipsoid, dünnwandig und hyalin. Legt man ein Vertrauensintervall von 95 % zugrunde, ergeben sich für den Fund folgende statistisch gesicherten Messwerte (L Länge, B Breite, Q Schlankheitsgrad = L/B, V Volumen; Index av = geschätzter Mittelwert):

L x B = 3,9-5,2 x 3,0-4,1 µm2; Lav x Bav = 4,4-4,7 x 3,4-3,7 µm2; Qav = 1,24-1,32; Vav = 27-33 mm3.

Die Fachliteratur liefert folgende Werte:

  • BERNICCHIA (2005):4-5 x 3-3,8 mm2
  • LÄSSÖE & PETERSEN (2019):4-5 x 3-4 mm2
  • RYVARDEN & MELOT (2014): 4-5 x 3-4 mm2



Bild 6 - Die breitelliptischen Sporen; Präparat in Phloxin.



Viel Freude beim Anschauen!

Bernd


Literatur:
BERNICCHIA, A. (2005): POLYPORACEAE s.l. - Fungi Europaei 10, Edizioni Candusso, Alessio.
LÄSSÖE, T. & PETERSEN, J (2019): Fungi of Temperate Europe, Volumes 1 & 2. - Princeton.
RYVARDEN, L. & MELO, I. (2014):Poroid fungi of Europe. - Fungiflora.
https://fundkorb.de/pilze/phellinus-laevigatus-birken-feuerschwamm

Alle Fundberichte in der Übersicht: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=42360.msg312080#msg312080

jcs

Hallo Bernd,

einen interessanten Pilz zeigst Du uns da! Schon erstaunlich, wie viele Arten der Profi in hiesigen Wäldern finden kann. Die Bilder sind natürlich wie immer sehr interessant und lehrreich.

Jürgen

Bernd Miggel

Hallo Jürgen,

da reicht ein Pilzlerleben nicht aus, um alle Pilze der hiesigen Wälder zu bearbeiten und zu beschreiben.

Viele Grüße
Bernde

A. Büschlen

Hallo Bernd,

ansprechend schöne Doku!

Hast du die Seten in Wasser eindeckt?

Gruss Arnold
Schwerpunkt z.Z.:
- Laub- und Lebermoose.
- Ascomyceten als Bryoparasiten.
- Nikon Optiphot I mit HF, DIC.
- Nikon Microphot mit HF, Pol.
- Zeiss Standard Universal mit HF, Ph, Pol.
- Wild M3Z mit Ergotubus.
- Nikon SMZ-U Zoom 1:10 mit ED Plan Apo 1x.

Bernd Miggel

#4
Hallo Arnold,

danke für das Lob!
Bei den Setae bin ich so vorgegangen:

  • Fragment des Hymenialbereichs in PEG1500 eingebettet,
  • 20 µm dicken Mikrotomschnitt angefertigt,
  • PEG mit Wasser herausgelöst,
  • in SDS-Kongorot nach Clémençon eingefärbt,
  • mit GDS nach Clémençon durchgezogen (also kein Wasser verwendet),
  • die Setae mittels Radiergummi aus dem Präparat herausgeklopft,
  • Foto angefertigt (Stacking),
  • am PC mit Gimp die Setae ansprechend gruppiert,
  • mit Gimp die Farbe an einem typischen Bildteil aufgenommen und als Hintergrund verwendet.

Viele Grüße
Bernd