Interessante Pilzfunde 07 - Gedrungener Täubling oder Wolfstäubling

Begonnen von Bernd Miggel, Mai 02, 2021, 08:18:06 VORMITTAG

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Bernd Miggel

Hallo miteinander!

Im Spätherbst 2019 hatte ich das Glück, in meinem Pilz-Kartierungsgebiet Essigberg dem Gedrungenen Täubling Russula torulosa Bres. zu begegnen. Diese recht seltene Art wuchs an mehreren Stellen in der Wacholderheide und im umgebenden Waldgürtel an hellen, teilweise sonnenbeschienenen Stellen. Wenn man dem LGRB-Kartenviewer https://maps.lgrb-bw.de/ folgt, handelt es sich dort um Pararendzina-Böden über Unterem Muschelkalk, also um gut durchlässige, basenreiche, warme Böden.
Am gleichen Standort findet man dort z.B. den Weinroten Kiefernreizker  Lactarius sanguifluus und den Satansröhrling Rubroboletus satanas.
Der typische Wuchsort dieser Art ist, wenn man diese Funde zu Grunde legt, ein lichter Wald oder eine baumbestandendene Heidelandschaft mit warmen, gut durchlässigen, basenreichen Böden. Als Mykorrhizapartner ist wohl die Kiefer anzusehen.


Bild 1 - Der Standort: Waldgürtel einer Wacholderheide bei Kiefern, Rotbuchen und Elsbeeren.

Die im Weiteren beschriebenen Merkmale beziehen sich auf den Fund!


Makroskopische Merkmale

Bei Russula torulosa handelt es sich um eine mittelgroße Art.
Hut der vorgefundenen Fruchtkörper ca. 8 cm im Durchmesser, reif ausgebreitet und mittig leicht vertieft, matt glänzend, feucht etwas klebrig, ungezont, Rand ungerieft. Von der Farbe her rotviolett (nach Kornerup & Wanscher etwa 14A4 purpurrosa), dabei etwas fleckig und mittig dunkler. Huthaut nur am Rand dünn abziehbar.
Stiel zylindrisch bis leicht keulig, immer kürzer als der Hutdurchmesser, stämmig, längsadrig, in der Farbe des Hutes, bei den gefundenen Exemplaren jedoch deutlich heller.
Lamellen sehr gleichmäßig, dünn, am Rand zuweilen mit Lamelletten untermischt, in Stielnähe häufig gegabelt, hell cremefarben, am Rand etwas bauchig und am Stielansatz schwach herablaufend. Schneide gleichfarbig mit der Fläche, glattrandig.
Fleisch fest, weißlich, fast geruchlos, deutlich scharf schmeckend, jedoch nicht brennend scharf.
Farbreaktionen: Eisensulfat rosa, Salmiakgeist negativ.
Sporenpulver cremefarben, nach der Farbtafel von Romagnesi etwa IIc.


Bild 2 - Reifer Fruchtkörper am Standort.



Bild 3 - Blick auf die recht hellen, sehr gleichmäßigen, dünnen Lamellen. Man erkennt Elsbeer-Blätter und eine Buchecker.



Bild 4 - Blick von oben auf den hell rotvioletten, etwas fleckigen Hut. Es ist keinerlei Zonierung oder Randriefung zu sehen. Der anhaftende Blattrest weist auf die Klebrigkeit der Huthaut hin.



Mikroskopische Merkmale

Ein Huthaut-Quetschpräparat in Sulfovanillin zeigt unmittelbar die sehr zahlreichen Pileozystiden. Sie sind unizellular, sehr lang, zylindrisch bis schwach keulig und färben sich in diesem Medium deutlich schwarz an.


Bild 5 - Pileozystiden, gefärbt in Sulfovanillin.


Die Sporen sind ellipsoid, Ornamentation warzig-gratig-teilnetzig, mit bis zu 0,55 µm hohen Warzen. Ornamentation und Hilarfleck sind stark amyloid, färben sich also in Melzers Reagenz stark blauschwarz bis schwarz an.
Sporengröße (es wird das 95 % Konfidenzintervall zu Grunde gelegt):

LxB 7.2-9.4 x 6.0-7.3 µm, LxB(av) 8.1-8.5 x 6.6-6.8 µm, Q 1.10-1.38, Q(av) 1.21-1.27, V 137-251 µm3, V(av) 183-205 µm3
Hierin sind Q = Schlankheitsgrad = Länge / Breite, V = Volumen, av = Durchschnittswert (average).


Bild 6 - Sporen, gefärbt in Melzers Reagenz. Es ist die obere, also dem Betrachter zugewandte Sporenhälfte zu sehen. Man erkennt deutlich die warzig-gratig-teilnetzige Oberflächenstruktur. Der Appendix (das Stielchen, mit dem die Spore an der Basidie angeheftet war) ist bei den beiden mittleren Sporen erkennbar. Auch beachte man den unterhalb des Appendix angeordneten Hilarfleck, der sich bei dieser Täublingsart deutlich färbt.


Verwechslungsmöglichkeiten

  • Der Zitronenblättriger Täubling Russula sardonia schmeckt wesentlich schärfer, kommt eher auf sauren Böden vor, besitzt zironengelbliche Lamellen und Fleisch und zeigt eine deutlich rosa Salmiakgeist-Reaktion.
  • Der Stachelbeertäubling Russula queletii schmeckt wesentlich schärfer, riecht stark nach Stachelbeerkompott und besitzt isoliert warzige Sporen.


Herzliche Grüße

Bernd


Literatur
KORNERUP, A. & WANSCHER, J.H. (1961): Taschenlexikon der Farben. Muster Schmidt Verlag, Zürich, Göttingen.
ROMAGNESI, H. (1967): Les Russules d' Europe et d'Afrique du Nord, Paris.
https://fundkorb.de/pilze/russula-torulosa-gedrungener-t%C3%A4ubling-wolfst%C3%A4ubling
https://www.pilzforum.eu/board/thread/62455-ein-feldschl%C3%BCssel-f%C3%BCr-t%C3%A4ublinge/?pageNo=1#post591631

Alle Fundberichte in der Übersicht: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=42360.msg312080#msg312080

Hans Stern

Hallo Bernd,
tolle super gute Aussagekräftige Standort Bilder, Sporen und Pileozystiden Mikro Bilder.

Liebe Grüße
Hans

Ole Riemann

Hallo Bernd,

danke für die Bildersequenz; ich freue mich immer über gut gemachte Darstellungen der Pilzler unter uns. Vielleicht auch deshalb, weil ich gerne hier auch aktiver würde, es aber nicht alles gleichzeitig einrichten kann.

Beste Grüße

Ole

Bernd Miggel

#3
Hallo Hans & Ole,

danke für das Lob! Das Sporenfoto wurde übrigens aus ca. 200 Einzelbildern einer Videosequenz gewonnen.

Viele Grüße

Bernd

Bernd Miggel

#4
Hier noch drei REM-Aufnahmen der Sporen, aufgenommen von Stefan Diller, dem ich dafür herzlich danke!
Die zweite Aufnahme zeigt sehr schön den völlig glatten Hilarfleck

Bernd