von Tubuslinsen, Äpfeln, Birnen und jetzt auch noch Quitten

Begonnen von kmueho, Mai 12, 2021, 02:37:21 VORMITTAG

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kmueho

Hallo zusammen,

gestern hatte ich ein Bild eines billigen China-Objektivs veröffentlicht (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=41037.0), damit der geneigte Leser sich ein ebensolches davon machen könnte. Um das Bild in irgendeiner Form vergleichen zu können, hatte ich noch eins des Objektivs aus meinem Bestand dazugestellt, das diesem am nächsten kommt. Das hätte ich wohl besser unterlassen.

Äpfel mit Birnen würde ich vergleichen, die Apertur (0,10 gegen 0,12) wurde nicht übereinstimmen, die Vergrößerung (4x gegen 5x) wäre ja nicht dieselbe und die Objektivklasse (Achromat gegen Plan-Achromat) schon gar nicht. Sorry, aber das war der fairste Vergleich, den ich anstellen konnte. Ich hätte ja auch einen Plan-Apochromaten nehmen können, wenn es meine Absicht gewesen wäre, das China-Objektiv besonders schlecht/alt aussehen zu lassen.

Am wichtigsten war aber (mit 11 Erwähnungen) die Tubuslinse. Die würde beim Zeiss Axioskop ja zum Zeiss Objektiv passen und daher wäre der Vergleich ganz und gar unzulässig. Und natürlich haben die Kommentatoren recht. Ein Unendlich-Mikroskop bildet eine Einheit aus (wenigstens) Objektiv und Tubuslinse, eventuell kommen noch die Okulare hinzu. Aus eigener Erfahrung weiß ich (mittlerweile) dass das zumindest bei den hochgezüchteten Plan-Apochromaten eine sichtbare Rolle spielt.

Aber wie sieht es denn diesbezüglich bei niedrig-vergrößernden Objektiven der unteren Preisklassen aus? Spielt das da auch eine wahrnehmbare Rolle? Das möchte ich im Rahmen des Artikels an exakt den gestern erwähnten Objektiven testen. Dazu habe ich beide Objektive auf mein Leitz SM-Lux-HL geschraubt. Schauen wir mal, wie die sich dort schlagen.

Vorab: Der Bildkreis bzw. -ausschnitt ist auf dem Leitz deutlich kleiner, als auf dem Zeiss. Hier merkt man die 20 Jahre, die das Axioskop jünger ist. Für den Vergleich der Bilder ist das leider ungünstig, da der eigentlich kleinere Bildausschnitt des Leitz bei gleich großer Darstellung hier - wegen der Vergrößerung - unschärfer erscheinen muss. Der gelbe Bildrand kommt nicht von den Objektiven, sondern vom Tubus, der hier (10x-Okular) bereits den begrenzenden Faktor darstellt. Bei einem 12,5x-Okular ist er nicht vorhanden.

Zunächst das Zeiss A-Plan 5x/0,12 mit einer falschen Tubuslinse:


Zum Vergleich das Bild von gestern, wo das Objektiv noch in Zeiss-Reinkultur arbeiten durfte:

Der wesentliche Unterschied besteht in der Farbe der Linien. Die erscheinen jetzt blau. Könnte an dem kalt-weißen Licht der am Leitz nachgerüsteten LED liegen oder an den Auflicht-Halbspiegeln, die sich beim Leitz nicht wegklappen lassen. Das untere Bild sieht schon schärfer aus. Ob das an der höheren Vergrößerung des oberen Bildes liegt, die sich durch das Zoomen des kleineren Ausschnitts auf die selbe Darstellungsgröße ergibt, oder tatsächlich unschärfer ist, ist schwer zu beurteilen. Zum Bildrand hin wird das obere Foto aber schon etwas unschärfer. Wahrnehmbare chromatische Abberationen gibt es aber keine. Bei einem "normalen" Bild, wo es kein regelmäßiges Raster mit 100%-Kontrasten gibt, dürfte die falsche Tubuslinse nicht auffallen.


Kommen wir zum China-Objektiv. Auch hier zuerst das (neue) Bild vom Zusammenspiel mit dem Leitz:


Und auch hier nochmal das gestrige Bild mit dem Axioskop:

Nunja, in Verbindung mit der leitzschen Tubuslinse werden die Farbfehler nicht weniger. Trotz des kleineren Bildkreises sind sie stark ausgeprägt. "Achromatisch" ist da wenig.
Zur theoretischen (kann ich leider nicht überprüfen) Ehrenrettung des China-Objektivs möchte ich aber einen sachdienlichen Hinweis von Hubert (Lupus) aufgreifen. Der hatte mich nämlich darauf aufmerksam gemacht, dass das China-Objektiv für Olympus-Mikroskope der CX-Reihe angeboten wird (https://www.ebay.de/itm/264055567570). Könnte natürlich sein, dass dort deutlich weniger Farbfehler auftreten. Für wahrscheinlich halte ich das aber nicht.

Abschließend komme ich zu den "Quitten" in der Artikelüberschrift - und damit dazu, was Achromaten leisten können.
Ich habe noch ein "altes Schätzchen", das bei der Gelegenheit auch mal seine optische Qualität zeigen darf. Ein frühes Leitz-Mikroskop von ca. 1897.


Da ich es vollständig zerlegt habe um die Linsen zu reinigen, weiß ich, dass sowohl das Objektiv, als auch die beiden Okulare, die ich dafür habe, nur aus jeweils zwei Linsen bestehen - ohne Verkittungen. Mehr als eine achromatische Korrektur ist damit nicht machbar. Die Beleuchtung wurde mit einer LED-Taschenlampe auf ein weißes Blatt Papier auf dem Spiegel realisiert. Ich bitte die leichte Bildverzerrung zu entschuldigen. Das Okular hat eine sehr kleine Austrittspupille und es war schwierig das Handy von Hand exakt darüber zu halten.

Von Farbfehlern keine Spur. Nicht schlecht, was die Erbauer und Erfinder vor beinahe 125 Jahren geleistet haben. Hier verdient der "Achromat" seinen Namen.

Viele Grüße,
Kai

Bob

Hallo Kai,
ein ähnlicher Leitz-Oldtimer wird hier beschrieben: http://www.museum-optischer-instrumente.de/leitz_2977.html
Daraus leite ich ab, dass das Objektiv Nr. 3 etwa 10x vergrößern muss. Das kleinere Bildfeld gegenüber den Fotos mit den 4er und 5er Objektiven kommt also nicht daher, dass nur die hübsche Mitte gezeigt wird. Das Ergebnis ist wirklich erstaunlich gut. Es lohnt sich manchmal, ein Stück gut erhaltene alte Technik zu benutzen, um der aktuellen nicht mehr Überlegenheit zuzusprechen, als sie hat.

Viele Grüße,

Bob

Aurum

Ich hoffe, hilfreich zu sein: Vor ein paar Tagen wollte ich mehrere ähnliche Objektive ausprobieren, aber ich weiß nicht, ob ich es richtig mache. Der Blendenwert ist der gleiche und ich habe mich auf die einfache Fokussierung beschränkt. Ich bin ein bisschen enttäuscht vom Olympus-Tor, aber wahrscheinlich stimmt etwas nicht, was ich noch nicht weiß. Jetzt möchte ich auch Zeiss und Lomo ausprobieren.
Ich erwarte deine Kommentare!

China S40/065 160/0.17 - https://ibb.co/xFpLM5R
Leitz Fluotar 40/0.70 160/0.17 - https://ibb.co/3cY2cy7
Olympus 40/0.65 160/0.17 - https://ibb.co/92tBwmG
Olympus SPlanAPO 40/0.95 160/0.11-0.23 (0.17) - https://ibb.co/9tDMLJZ
Reichert SPl 40/0.65 160/0.17 - https://ibb.co/T8pD8Lc
Ich verwende den Übersetzer!

deBult

#3
Zitat von: Aurum in Mai 13, 2021, 12:56:32 NACHMITTAGS
Ich hoffe, hilfreich zu sein: Vor ein paar Tagen wollte ich mehrere ähnliche Objektive ausprobieren, aber ich weiß nicht, ob ich es richtig mache. Der Blendenwert ist der gleiche und ich habe mich auf die einfache Fokussierung beschränkt. Ich bin ein bisschen enttäuscht vom Olympus-Tor, aber wahrscheinlich stimmt etwas nicht, was ich noch nicht weiß. Jetzt möchte ich auch Zeiss und Lomo ausprobieren.
Ich erwarte deine Kommentare!

China S40/065 160/0.17 - https://ibb.co/xFpLM5R
Leitz Fluotar 40/0.70 160/0.17 - https://ibb.co/3cY2cy7
Olympus 40/0.65 160/0.17 - https://ibb.co/92tBwmG
Olympus SPlanAPO 40/0.95 160/0.11-0.23 (0.17) - https://ibb.co/9tDMLJZ
Reichert SPl 40/0.65 160/0.17 - https://ibb.co/T8pD8Lc

May I suggest to use a slide with a Zeiss (or equivalent) coverslip 0.17mm with 0.005 tolerance plus a diatom mounted directly on the coverslip.
Alternatively use a micrometer slide as per the examples above.

Make sure you have NO camera shutter or mirror shake whatsoever (e.g. Canon 600 series with electronic first shutter option).

Objective and eyepieces should be matched (same supplier, same period) as in the 160 period it was common for the eyepieces to correct some of the imaging errors of the objectives.

Best, Maarten
Reading the German language is OK for me, writing is a different matter though: my apologies.

A few Olympus BH2 and CH2 stands with DIC and phase optics.
The correct number of scopes to own is N+1 (Where N is the number currently owned).

Aurum

Hallo, danke für die Antwort. Die Kamera passt direkt in das Okular und hat daher den elektronischen Verschluss und natürlich gibt es kein Okular dazwischen. Jetzt muss ich nach einem prismenfreien Kopf suchen = einem einfachen Rohr, weil ich denke, dass sie etwas an Qualität verlieren. Ich weiß, dass die Okulare die Fehler direkt ausgleichen. Ich versuche herauszufinden, ob ein 160-mm-System für die Fotografie geeignet ist, oder ich muss ein korrigiertes unendliches System ändern und nehmen. Ich versuche nicht, Fotos für einen Wettbewerb zu machen, aber ich bin Fotograf, deshalb möchte ich, dass sie gut aussehen! Ich frage mich auch, inwieweit die optische Anordnung des Kondensators und die Lichtquelle das Endergebnis beeinflussen. Danke an wer antwortet!
Ich verwende den Übersetzer!

deBult

#5
In my setup (Olympus BH2) removing the Trino (and prisms) has only limited effect. The correction eyepiece is what you need (exception some of the older Nikon objectives).

A good read on how to setup A 160mm system for taking pictures (and a very nice picture gallery as well).

http://krebsmicro.com/photomic1/photomic1.html

Best, Maarten
Reading the German language is OK for me, writing is a different matter though: my apologies.

A few Olympus BH2 and CH2 stands with DIC and phase optics.
The correct number of scopes to own is N+1 (Where N is the number currently owned).

kmueho

Zitatein ähnlicher Leitz-Oldtimer wird hier beschrieben: http://www.museum-optischer-instrumente.de/leitz_2977.html

Hallo Bob,

das Museumsstück ist nochmal 20 Jahre älter und hat noch ein Parallelogramm-Stativ, statt Schwalbenführung. Das ist - im Gegensatz zu meinem - richtig was wert.
Vielleicht es hat Ernst Leitz noch selber zusammengeschraubt :)

Viele Grüße,
Kai



Stuessi

#7
Hallo,

hier eine "Pflaume" zum Vergleich.

Im Bereich niedriger Vergrößerung bieten sich ein Stereo-, ein Makroskop oder ein Balgen mit Makroobjektiv an.

Für den ABM 4:1 habe ich ein umgekehrt am Balgen an der Sony A7RII montiertes ApoRodagon 50mm/2,8 Vergrößerungsobjektiv ausgewählt.



Die Ausleuchtung ist noch nicht optimal.

Gruß,
Rolf

edit

2. Versuch mit neuer Ausrichtung und Beleuchtung:



Aurum

Danke für die Antwort, Maarten!
Ich habe auch die Anleitung hier im Forum zum Anschließen der Kamera gefunden. Ich habe passende Okulare und Objektive. Unter den Stücken, die ich habe, konnte ich einen Okularadapter (Trichter!) Finden, aber ein letztes Stück fehlt, das Schwalbenschwanzadapter. Wenn ich eine Nikon D610 aufgrund nicht elektronischer Verschlussvibrationen nicht verwenden kann, ist alles umsonst. Ich möchte keine weitere Spiegelreflexkamera kaufen. Ich habe einen Satz Leitz Fluotar-Objektive und möchte diese weiterhin verwenden, ohne weitere zu kaufen. Aber die Straße scheint mir schwierig zu sein: viele Teile, viele Adapter, die mich dazu bringen würden, ein unendliches System zu bevorzugen.

LG Franz

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Thanks for the reply, Maarten!
I also found the guide here on the forum on how to connect the camera. I have matching eyepieces and objectives. Among the pieces I have, I was able to find an eyepiece adapter (funnel!), But one last piece is missing, the dovetail one. If I can't use a Nikon D610 due to non-electronic shutter vibration, it's all in vain. I would not like to buy another SLR camera. I have a set of Leitz Fluotar lenses and would like to continue using them without buying any more. But the road seems difficult to me: many pieces, many adapters, which would make me prefer an infinite system.
Ich verwende den Übersetzer!