HISTOLOGIE: Anthrakosilikose

Begonnen von Florian Stellmacher, Dezember 20, 2009, 20:00:54 NACHMITTAGS

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Florian Stellmacher

Liebe Freunde der Histologie!

Inspiriert durch Michael W.'s Beitrag möchte ich heute die Anthrakosilikose, eine Spielart der Anthrakose, vorstellen.

Die Anthrakosilikose ist eine Erkrankung, die durch das Einatmen von quarz- und kohlehaltigem Staub, wie er typischerweise im Bergbau anfällt, entsteht. Hierbei wird der eingeatmete Quarzstaub zwar von Makrophagen in der Lunge aufgenommen, er kann jedoch nicht weiter abgebaut werden. Hieraus resultiert ein chronischer Entzündungsprozess, bei dem es zu einer Vermehrung straffen Bindegewebes kommt, das im Verlauf durch Eiweißeinlagerung und regressive Veränderungen knorpelähnlich umgebaut wird (sog. hyalinisierende Fibrose). Typisch sind hierbei konzentrisch aufgebaute Granulome mit hyalinisiertem Zentrum und einem schmalen Saum aus zellreichem Fasergewebe mit zahlreichen ,,Staubzellen". Später kann es zu einer deutlichen Vernarbung des angrenzenden Gewebes kommen. Die Veränderungen betreffen einerseits die Lungen, andererseits können gleichartige Veränderungen auch in den Lymphkonten der Lungenwurzel und weiteren Lymphknoten des Brustraumes auftreten.

Die Anthrakosilikose ist, wenn sie im Rahmen einer versicherten beruflichen Tätigkeit erworben wurde, u. U. im Sinne einer Berufskrankheit BK 4101 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung anerkennungsfähig. Quarzstaubeinlagerungen ohne Auswirkungen auf Lunge oder Kreislauf werden jedoch nicht als Berufserkrankung anerkannt. Z Zt. gibt es ca. 30.000 Erkrankte in Deutschland, wobei es ca. 500 Todesfälle pro Jahr gibt.

Bild 1
Ein makroskopisches Bild der Lunge. An der Oberfläche sieht man das Lungenfell (Pleura visceralis), das maschenförmige schwarze Kohlenstaubpigmentablagerungen aufweise. Die Partikel werden von Makrophagen über Lympbahnen aus dem Lungenparenchym abtransportiert und dann im Bereich der Poren, die wabenförmig angeordnet sind, deponiert. Auch im Lungengewebe selbst sieht man, die Bronchialäste und Lymphspalten begleitend, dichte Kohlenstaubablagerungen. Außerdem fallen kleine weiße Knötchen auf, die durch das Lungenfell hindurch schimmern. Diese Granulome nennt man anthrakosilikotische Knötchen.



Bild 2
Lungengewebe mit einem größeren (rechts) und einem kleineren (links) anthrakosilikotische Knötchen.
HE, Olympus BX 51 mit UPLAPO 1,25x



Bild 3
Das Zentrum eines Anthrakosilikosegranuloms. Das Bindegewebe ist in typischer Weise zwiebelschalartig ausgebildet, darin liegen mit Kohlenstaubpigment beladene Makrophagen, die optisch leere Aussparungen aufweisen.
HE, Olympus BX 51 mit UPLAPO 40x



Bild 4
Der gleiche Bildausschnitt, diesmal im polarisierten Licht. Man erkennt in den zuvor leer erscheinenden Bereichen zahllose Quarzstaubpartikel – das Charakteristikum der Silikose, die man in Kombination mit der Anthrakose Anthrakosilikose nennt (umgekehrt gibt es auch eine Silikoanthrakose).



Bild 5 und 6
Wiederum ein Anthrakosilikose-Granulom, diesmal in einem Lymphknoten, aufgenommen in höchster Auflösung.
Olympus BX 51 mit UPLAPO 100x




Vielleicht auch interessant.

Herzliche Grüße,
Florian
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Oliver S.

#1
Lieber Florian,
das ist zwar nichts für schwache Nerven aber sicher wichtiges wertvolles Wissen!
Bist du denn auch schon bei Wikipedia aktiv oder hast du mal darüber nachgedacht? Hier (http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Krankheiten_des_Atmungssystems_nach_ICD-10) gibt es eine Tabelle bei der man noch nicht auf diese Krankheit klicken kann und hier (http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Anthrakosilikose&action=edit&redlink=1) wäre der richtige Platz einen entsprechenden Artikel zu schreiben. Man muss sich zwar schon etwas einarbeiten (in dem man z.B. mal guckt, wie ähnliche Artikel verfasst wurden), aber sooo schwer ist das auch nicht. In kleinem Rahmen mache ich das auch manchmal (s. z.B. http://de.wikipedia.org/wiki/Cosmarium).
Gruß,
Oliver
(gern per "Du" )

wasilis

Lieber Florian

Immer wieder tolle Bilder!!

Bei einem Granulom gibt es doch diesen Epitheloidzellwall und um diesen befinden sich Lymphozyten, die die Monozyten/Makrohagen anfeuern. Ich kann das auf deinen Präparaten aber nicht erkennen.

Sehe ich sie nicht oder gibt es verschieden Formen der Granulome (neben verkäsenden und nicht verkäsenden) ??

Beste Grüße
Wasilis

Peter V.

#3
ZitatMan muss sich zwar schon etwas einarbeiten (in dem man z.B. mal guckt, wie ähnliche Artikel verfasst wurden), aber sooo schwer ist das auch nicht. In kleinem Rahmen mache ich das auch manchmal
...wenn man Lust hat, hier Zeit ( und Nerven! ) zu lassen und seine Beiträge gegen -zig Redakteure zu verteidigen. Änderungen an bestehenden Artikeln gehen meistens ( natürlich, wenn sie korrekt sind ) "durch", bei absoluten Neueinträgen stürzt sich ein Heer von platzhirschartigen "Redakteuren" darauf und diskutiert über enzyklopädische Relevanz, Anzahl und Glauibwürdigkeit von Quellen uind und und... - wenn nicht gleich ein Löschantrag gestellt. Sicher ist das alles gut so, denn es hält die Qualiät der Wiki aufrecht und verhindert Junk-Einträge. Allerdings habe ich pesönlich keine Lust ( und zeit ) mehr , künftig neue Artikel gegen diesen "Verteidigungswall" zu platzieren.
Zumal das ganze technische Verfahren ( insbesondere das Einstellen von Bildern ) so komplex ist, dass - zumindest ich - das genaue Procedere nach kurzer Zeit wieder vergessen habe und mich immer wieder neu einlesen müsste. ( Wenn man regelmäßig als Wiki-Autor tätig ist, geht das sicher flüssiger ).

Herzliche Grüße
Peter
Dieses Post wurde CO2-neutral erstellt und ist vegan. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

Fahrenheit

Lieber Peter, lieber Oliver,

auch wenn es OT ist, ich muss hier beipflichten. Die unschöne Geschichte um den Wikipedia-Artikel zur Kreutzblende (wurde hier im Forum dokumentiert) hat auch meinen zarten Gedanken zur Mitarbeit an der Wikipedia im Keim erstickt.

Eigentlich schade.

Lieber Florian,
wie immer vielen Dank für Deinen interessanten Beitrag!

Herzliche Grüße
Jörg
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Florian Stellmacher

Lieber Wasilis,

die sog. anthrakosilikotischen oder silikoanthrakotischen Granulome sind ältere, regressiv veränderte  - daher hyalinisierte - Granulome, in denen keine oder nur wenige Epitheloidzellen mehr nachwesibar sind. Es sind quasi narbig umgewandelte Granulome ohne noch wesentliche Entzündung. Daher unterscheiden sie sich z.B. von den Tuberkulose-Granulomen mit zentraler verkäsender Nekrose. Wenn man so will, kann man sie als alte Fremdkörpergeanulome, i.d.R. ohne Riesenzellen, betrachten. Auch Lymphozyten sind meist nur noch in geringer Zahl vorhanden.


Lieber Oliver,
lieber Peter,
lieber Jörg,

genau da sehe ich auch das Problem. Hier im Forum stelle ich gerne einzelne Krankheitsbilder vor; die sich manchmal daraus ergebenden Fragen beantworte ich, sofern ich es kann, mit großer Freude. Für Wikipedia fehlt mir die Motivation, mich mit den Redakteuren herum zu quälen. Wobei sicherlich auch anzumerken ist, dass eine qualifizierte und kritische Diskussion der einzelen Wikipedia-Artikel sicherlich sinnvoll und notwendig ist, um die bekannte hohe Qualität dieser Wissensdatenbank zu gewährleisten.

Herzliche Grüße,
Florian
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Oliver S.

#6
Lieber Forian,
ja, ich kenne das mit den unsäglichen Relevanzkriterien und dem albernen Platzhirschgehabe. Ich hätte mich sicher auch schon darüber geärgert, wenn bei mir das Gen zum ärgern nicht so schwach ausgeprägt wäre ;D.
Ich bin einfach mal so frei und setze es knapp zusammengefasst hinein:
http://de.wikipedia.org/wiki/Anthrakosilikose

Orientiert habe ich mich übrigens ein wenig am Artikel Asbestose (http://de.wikipedia.org/wiki/Asbestose bzw. hier an der Vorlage: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Asbestose&action=edit)
Es steckt wirklich nicht so viel Aufwand drin, so dass es mir auch nichts ausmacht, wenn es wieder gelöscht wird. Falls er Dir zu schlecht vorkommt, kannst du sogar gern selber den Löschantrag stellen. Ich vertraue da wirklich voll dem Urteil der Fachleute und bin wirklich überhaupt nicht beleidigt!
Falls es nicht gelöscht werden muss, könnte man vielleicht zur Symptomatik und Therapie noch etwas ergänzen.
Überlebenswichtig könnte für den Artikel eine Literaturquelle sein, die ich aufgrund der mir nicht vorliegenden Quellen nicht eintragen kann.
Herzliche Grüße,
Oliver
(gern per "Du" )

Druse

Lieber Florian,

für Deinen interessanten Beitrag, in dem Du den Sachverhalt wieder sehr gut erklärst, möchte ich mich bedanken. Wieder einmal habe ich viel gelernt.

Viele Grüße
Mila

Florian Stellmacher

Lieber Oliver,

da bist Du aber sehr frei, und ich weiß nicht so recht, wie ich das finden soll...

Ich würde schon gerne "den Daumen" auf meinen Aufsätzen haben und selbst über eine weitere Verbreitung entscheiden können. Daher vielen Dank, aber ich möchte - wie ich bereits gesagt habe - keine Energie in dieses Projekt stecken!

Viele Grüße,
Florian
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Oliver S.

Zitat von: Florian Stellmacher in Dezember 22, 2009, 20:41:41 NACHMITTAGS
Lieber Oliver,

da bist Du aber sehr frei, und ich weiß nicht so recht, wie ich das finden soll...

Ich würde schon gerne "den Daumen" auf meinen Aufsätzen haben und selbst über eine weitere Verbreitung entscheiden können. Daher vielen Dank, aber ich möchte - wie ich bereits gesagt habe - keine Energie in dieses Projekt stecken!

Viele Grüße,
Florian

Hallo Florian,
oh, das tut mir natürlich Leid, dass du das nicht so gut findest , dass ich aus deinem Aufsatz Informationen übernommen habe. Ich dachte, das wäre so etwas wie "fachliches Allgemeinwissen" das man verwenden darf. Obwohl ich ja nichts wörtlich übernommen habe, will ich das ganze noch mal schnell überarbeiten. Ich hab da noch eine andere Veröffentlichung gefunden, die ich dann auch zitieren kann. Moment. Das haben wir gleich wieder.
Gruß, sorry, Oliver
(gern per "Du" )

Florian Stellmacher

Lieber Oliver,

nun bleib mal locker - ich möchte die Sache nur weder in die eine, noch in die andere Richtung eskalieren...

Viele Grüße,
Florian
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Oliver S.

#11
Hallo Florian,
nein, Du hast schon ganz recht, ich hätte Dich ja wenigstens vorher mal fragen können. Ich habs inzwischen auch schon wieder geändert. Manchmal ist schnell eben doch langsam  ;).  
Aber so hab ich jetzt wirklich noch etwas Neues dazugelernt. Das mit der Silikose scheint wohl aufgrund der Dichte des Materials so gefährlich zu sein. Das Zeug kann scheinbar einfach nicht aus der Lunge nach oben abgehustet werden.
Vielleicht sollte man den Bergleuten nach der Schicht erst mal einen Handstand oder Joga auf dem Kopf empfehlen, damit sie das Zeug wieder los werden, bevor es eingewachsen ist.
Gruß,
Oliver
(gern per "Du" )

Ragin

Hallo Florian
Ich danke Dir für den Bericht und die Bilder welche sehr eindrücklich zeigen, wie wichtig ein guter Atemschutz bei der Arbeit mit Quarzstäuben ist.
In meiner Tätigkeit als Landschaftsgärtner, den man ja so gerne als grünen Beruf so romantisch zu sehen pflegt, habe ich schon so einiges an Quarzhaltigem Staub abbekommen. Oft wird Tage lang an Quarzschieferplatten rumgeflext. Nun habe ich auch erfahren, dass die in Wasser gebundenen Stäube die beim nassschneiden verwirbelt werden noch tiefer in die Lunge gelangen können. :(
Ist ganz schön übel, was dabei so passieren kann.
Schönen Gruß
Rainer
Ich pflege das bayrische Du, von Mensch zu Mensch

Ragin

Hallo Oliver
Ich denke, dass bei der Silikose der Quarzstaub durch seine Kieselsäure das Lungengewebe verätzt. Das ist so meine Theorie. In den Nasennebenhöhlen macht sich das auch recht schnell bemerkbar in der Praxis.
Gruß
Rainer
Ich pflege das bayrische Du, von Mensch zu Mensch

Oliver S.

Hallo Rainer,
so weit ich mich erinnern kann, ist Kieselsäure eine sehr schwache Säure, die zudem noch relativ schwer löslich ist. Verätzungen sind da wohl kaum zu befürchten (Quarzsand am Strand ist ja auch nicht ätzend). Ich denke, dass sie eher zu rein mechanischen Verletzungen im Lungengewebe führt, oder andere kanzerogene Stoffe, die an ihr hafteten, in der Lunge hält.
Gruß Oliver
(gern per "Du" )