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Trichomonaden

Begonnen von Robert Götz, Dezember 25, 2009, 13:42:25 NACHMITTAGS

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Robert Götz


In einem etwas entgleisten Thread wurde gefragt, ob die Vergrößerung eines Billigmikroskopes zum Erkennen von Trichomonaden (zum Zweck der Selbstdiagnose) ausreicht.
Da ich mir vorstellen könnte, dass solche Fragen viele Leute, die nicht über das Wissen der Forumsmitlgieder verfügen, interessieren, möchte ich aufgrund meiner 30jährigen Tätigkeit in der zytologischen Diagnostik dazu eine kurze Anmerkung loswerden:
Die Vergrößerung eines solchen Mikroskops ist völlig ausreichend. ABER: Das Erkennen von Trichomonaden erfordert Übung und Erfahrung. Um sie lebend in einem direkt entnommenen Abstrich zu sehen ist Phasenkontrast nötig, den das Billigmikroskop nicht bietet.
In der Gynäkologie wird üblicherweise die Papanicolaou-Färbung verwendet. Damit kann man die Trichomonaden sehen, aber ohne Übung sind sie schwierig von kleinen Zellen und den Resten zerfallener Zellen zu unterscheiden. Auch erfahrene Zytologie-Assistentinnen übersehen sie gelegentlich (in der Krebsvorsorge sind sie ja auch nicht Gegenstand der Untersuchung sondern Zufallsbefund).
Die Selbstdiagnose durch einen Anfänger ist somit praktisch unmöglich. Ohne Phasenkontrast müsste er das Präparat färben, und dann wäre die Gefahr viel zu groß, dass er sich Trichos einbildet, wo keine sind, oder die, die wirklich da sind nicht sieht.
Und falls wirklich eine Infektion vorliegt, muss sie sowieso vom Arzt behandelt werden. (Das gilt auch für Candida-Infektionen).



liftboy

Hallo erstmal,
das nenne ich jetzt mal eine professionelle Antwort
Danke!
Wolfgang
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=785.msg3654#msg3654
LOMO-Service
Das Erstaunen bleibt unverändert- nur unser Mut wächst, das Erstaunliche zu verstehen.
Niels Bohr

Ralf Feller

Hallo zusammen,
ich denke auch, dass Trichomonasinfektionen nur durch den Fachmann sicher erkannt werden können. Man braucht schon ein Labormikroskop dazu, obwohl ich denke das Phasenkontrast nicht zwingend notwendig ist. Ein abgesenkter Kondensor reicht oft auch. Wichtig ist die Untersuchung sehr frischer Proben, denn nur so kann man die Bewegung der Flagelle sehen. Sonst sind Trichomonaden leicht mit Leukozyten zu verwechseln, sie färben sich aber mit Giemsa nur leer an. Für wichtiger halte ich zu erwähnen, das man manchmal besonders in Urinproben die mit Stuhl verunreinigt sind die apathogenen Trichomonaden (Trichomonas hominis / im Gegensatz zu Trichomonas vaginalis) findet. Man sollte Erreger nur bei berechtigtem Verdacht oder Symptomatik suchen.
Viel interessanter finde ich, das es in diesem Jahr ein Vogelsterben durch Trichomonas gallinae gibt, die sich über Vogeltränken verbreiten.

Gruß Ralf

isoplexis

Für was gibt es eigentlich schon seit Jahren entsprechende Antikörper Kits zu kaufen?

Damit derlei Analysen so ziemlich jeder machen kann, der mit einer Pipette umzugehen in der Lage ist.

Für den Nachweis einer entsprechenden Infektion braucht man heute also kein Mikroskop mehr, ein Kit genügt. Was will man mehr (abgesehen davon, dass die Kits ziemlich teuer sind)?

Robert Götz


Dann machen Sie mal so einen Antikörper-Test zu Hause in der Küche! Das möchte ich sehen.
Außerdem glaube ich nicht, dass es sowas für Trichomonaden gibt. Viel zu teuer und aufwendig.
Ich kenne nur die Hybride Capture Methode für den Nachweis von HPV. Der muss aber unter Laborbedingungen
durchgeführt werden, z.B. braucht man ein genau temperierbares Wasserbad und muss sehr sauber arbeiten.

Ich lerne aber gerne dazu. Falls es wirklich einen Antikörpertest für Trichomonaden gibt, noch dazu einen, den
man zu Hause durchführen kann, würde ich mich über einen entsprechenden Link freuen.


Ralf Feller

@isoplexis
Antikörper-Teste sind auch mit der Problematik der falsch positiven oder falsch negativen Ergebnisse behaftet. Ich konnte dieses erst vor einigen Monaten erleben als uns hunderte von Schnelltests auf Schweinegrippe abverlangt wurden. Beim simultanen Vergleich mit der PCR ergab sich eine Sensitivität von nur 60-70%. Ähnliches kenne ich von Schnelltesten auf z.B. Malaria. Es sollte zwar im Gesundheitswesen nicht so sehr auf das Geld ankommen, trotzdem kostet ein Schnelltest wahrscheinlich einige Euro, und er zeigt nur einen Erreger an. Eine Mikroskopische Untersuchung erfasst eine Vielzahl von Befunden, kostet nur einen Objektträger und sichert einer MTA den Arbeitsplatz.

Gruß Ralf

isoplexis

#6
@ Ralf Feller

Gut, Sie haben natürlich Recht. Mit einem Mikroskop und einer erfahrenen Person kann man sehr viel mehr machen und obendrein ist es auf Dauer noch wesentlich billiger, der Vorteil von ELISAs liegt eben in der einfachen Durchführbarkeit und der Möglichkeit zur Automatisierung durch Roboter, da man alles in 96 Well Platten machen kann.
Einen ELISA könnte man schon in einer Küche machen, etwas Ausrüstung vorrausgesetzt.

Antikörper gibt es fertig zu kaufen, z. B. hier:

http://www.abcam.com/Trichomonas-vaginalis-antibody-ab24317.html

Bezüglich der korrekt heit der Ergebnisse macht es auch einen Unterschied ob man nur ein polyklonales Serum oder monoklonale AK nimmt und gegen welches Antigen, ich weiss nicht wie es da aktuell auf dem Markt aussieht.

Alternativ könnte man den Erreger auch per PCR nachweisen, aber welcher Arzt hat schon eine PCR Maschine und das obwohl diese gebraucht gar nicht mal mehr so teuer sind. Damals im Studium haben wir auch mal PCR für arme gemacht, drei Wasserbecken, drei Timer und ein paar Eppies. Geht auch  ;D

Robert Götz

#7
ZitatAntikörper gibt es fertig zu kaufen, z. B. hier:

http://www.abcam.com/Tric...lis-antibody-ab24317.html

Lebe und lerne!

Vielen Dank für den link

Dennoch ging es hier ja um die Frage der Darstellbarkeit von Trichomonaden im Mikroskop. Mit Antikörpern hat das ja wohl nichts zu tun.
Und ich bleibe dabei, dass die Untersuchung mit Antikörpern nichts für Anfänger zu Hause ist!




heinrich

Hier einige Bemerkungen eines altgedienten Gynäkologen zum Thema Trichomonaden, Mikroskopie und Selbstdiagnose:
Phasenkontrast 40x10 ist ideal. Das Präparat muss ganz frisch entnommen untersucht werden. Färbung und andere Nachweisverfahren können zu Fehldiagnosen führen! Das hat Konsequenzen, denn Trichomonaden werden fast ausschliesslich beim Geschlechtsverkehr übertragen und sind hoch infektiös. Es stellt sich somit immer die Frage woher habe ich sie und an wen habe ich sie bereits weitergegeben. Die Psyche ist immer mit betroffen. Verdächtigungen, Eifersucht. Der Facharzt kann Trichos bei der Frau leicht diagnostizieren und sicher behandeln. Beim Mann ist die Untersuchung etwas aufwändiger.Eine Selbstdiagnose beim Mann halte ich wegen der Probenentahme für unmöglich. Da hilft das beste Mikroskop nichts. Sowieso kommt es beim Mikroskopieren sehr auf das Präparat an.
herzliche Grüße von
Heinrich Neumann

isoplexis

ZitatMit Antikörpern hat das ja wohl nichts zu tun.

Naja wie man es nimmt. Man kann natürlich auch einen direkt gelabelten Antikörper auf einem Ausstrich unter einem Fluoreszenzmikroskop anwenden, wenn man sowas denn hat. Wie heißt es doch so schön: Endecke die Möglichkeiten  ;)

@ Heinrich

Vielen Dank für Ihren Beitrag, sehr informativ!

heinrich

Hallo isoplexis,
ganz richtig. Der Unterschied ist nur der Aufwand. Nativpräparat im Phako kostet 3 Minuten und bringt 2,50 €.
Es müssen unbedingt falsch positive Befunde vermieden werden wegen der Partnerproblematik. Wenn jemand bei sich selbst Trichos nachweisen will, dann hegt er doch einen Verdacht. Das trübt die objektive Wahrnehmung selbst bei Ärzten. Es kann zu viel unnötig kaputt gehen. Deswegen meine ich, dass die Beschäftigung mit Krankheitserregern nicht zur Hobbymikroskopie gehört. Die Keime sollen nicht irgendwie erahnt, sondern sicher erkannt werden. Deswegen Phako -oder auch Dunkelfeld - ,ausreichende Vergrösserung 400x, frisches Material. Die Trichos sterben sehr schnell ausserhalb des Körpers ab. Deswegen werden sie fast nur beim Geschlechtverkehr übertragen, denn dann müssen sie die Körper nicht verlassen. Das gilt übrigens auch für die Erreger anderer Geschlechtskrankheiten. Liegt ein altes eingetrocknetes Material vor, dann führt nur noch die Immunfluorezens zur Diagnose.
herzliche Grüße von
Heinrich Neumann

Robert Götz


Auch wenn es hier OT ist, könnte man vielleicht noch anmerken, dass eine Trichomonadeninfektion nicht meldepflichtig ist.
Manche Leute zögern, mit einem solchen Verdacht zum Arzt zu gehen, weil sie befürchten, dem Gesundheitsamt
gemeldet zu werden, wenn sich der Verdacht bestätigt.
Diese Befürchtung wäre hier unbegründet.

(in einem Befund las ich mal Trichonomaden - eine durchaus begründete Schreibweise  :D)


Peter V.

Hallo!

Mir ist auch die durch einen Hörfehler zustande gekommene  - und ebenfalls nicht einer gewissen Logik entbehrende - Bezeichnung "Strichomonaden" untergekommen.

Herzliche Grüße
Peter
Dieses Posting ist frei von kultureller Aneigung, vegan und wurde CO2-frei erstellt. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

Florian Stellmacher

#13
Und weil wir schon dabei sind (extrem OT): Solche Kostbarkeiten gab es auch schon in Befunden:

"Desobliterat der Cannabis-Bifurkation" (gemeit war Carotisbifurkation)

oder

"der Sinn des Morphyten" (gemeit war Syndesmophyt)

oder auch schön

als Quellenangabe: Capella@al (gemeit war Capella et al.)

usw.

Besonders gefreut habe ich mich mal über einen Brief einer Berufsgenossenschaft, der mit "Sehr geehrter Herr Perfesser" begann (wie man hier so in der Gegend sagt aber eben nicht schreibt) - man ist geschmeichelt und amüsiert!

Herzliche Grüße,
Florian

Vorwiegende Arbeitsmikroskope:
Zeiss Axioskop 2
Olympus BHS (DL, Pol, Multidiskussionseinrichtung)
Zeiss Axiophot (DIK und AL-Fluoreszenz)
Zeiss Axiovert (Fluoreszenz)
Wild M400 Fotomakroskop (DL, DF, AL, Pol)

Druse

... und eine ärztliche Verordnung mit einer Rezeptur, bei der

Aquid perficata (Aqua purificata)

verwendet werden sollte, kann ich noch beisteuern :)

(überhaupt ist es immer wieder amüsant, was wir in der Apotheke zu lesen bekommen)

Lästerliche Grüße
Mila

sorry, auch völligst OT... ;)