Leishmaniose, Inpressionen aus Indien

Begonnen von Ralf Feller, Dezember 26, 2009, 23:11:15 NACHMITTAGS

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Ralf Feller

Leishmaniose
Liebe Kollegen, zur Weihnachtszeit möchte ich hier doch einige
Impressionen aus einem anderen Teil der Welt, aus Indien, zeigen,
die die Rolle der Mikroskopie in der Praxis aufzeigen. Ich hoffe
der kleine Exkurs gefällt euch.

Die Leishmaniose ist eine durch Sandmücken (Phlebotominen)
übertragene Krankheit, die Menschen und andere Wirbeltiere
(besonders Hunde) befällt. Die viscerale Leishmaniose ist besonders
ein Problem von Entwicklungsländern, wo viele Menschen
Krankheitserregern und Überträgerinsekten relativ schutzlos
ausgeliefert sind.



Je nach Organbefall tritt die Leishmaniose als cutane Form
(nur die Haut befallen, Orientbeule), mucocutane Form
(Haut und Schleimhäute befallen) oder als viscerale Form mit
Befall vieler Organe auf.



Letztere Form nennt man auch Kala Azar, sie stellt eine
chronische Infektionskrankheit dar, die besonders durch die
starke Milzvergrößerung auffällt und die unbehandelt oft,
besonders im Zusammenspiel mit anderen Infekten,
Unterernährung u.d.g. tödlich endet.
Die humanpathogenen Leishmanien kommen in der Sandmücke
als begeißelte promastigote Formen vor und werden bei der
Blutmahlzeit auf Wirbeltiere übertragen. Hier werden sie von
Makrophagen aufgenommen und wandeln sich in die unbegeißelte
amastigote Form um, die man als Leishman-Donovan-Bodies in
Punktatmaterial sehen kann. Die amastigoten Formen vermehren
sich durch Teilung und können freigesetzt werden, andere Zellen
infizieren oder mit dem Blut wieder von Sandmücken aufgenommen
werden. Die Patienten entwickeln im laufe der Zeit eine Vielzahl
von Symptomen.



Es fällt besonders die meist sehr stark vergrößerte Milz auf. Ich kann
mich an eine junge Patientin in Afrika erinnern, die ich im ersten
Moment für im 8. Monat schwanger gehalten habe. Diese enormen
Milzvergrößerungen kommen aber auch bei einer Vielzahl anderer
Parasitosen in den Tropen vor, z.B. auch bei der chronischen Malaria.



Die Diagnose erfolgt in tropischen Ländern meist durch Milzpunktion
mit einer einfachen Injektionsspritze.





Das gewonnene Aspirat wird auf einem Objektträger ausgestrichen
und wie Blut nach Pappenheim (MayGrünewald-Giemsa) gefärbt.





Bei starkem Befall kann man in den Makrophagen die typischen
Einschlüsse sehen.



Ist der Befall nur sehr gering, so findet man manchmal keine Einschlüsse.
Das Restaspirat wird dann in ein Insektenkulturmedium gebracht und im
Brutschrank inkubiert. Im positiven Fall entwickeln sich dann die
begeißelten promastigoten Formen, die man dann wieder im Ausstrich
nachweisen kann.





Diese Ausstriche kann man auch als Serologisches Reagenz für die
Indirekte Immunfluoreszenz, also den Antikörpernachweis in
erkrankten Patienten verwenden, doch ist der serologische
Antikörpernachweis oft unzuverlässig weil viele Patienten eine
Immunschwäche (z.B. HIV) aufweisen. In Europa verwendet man
zur Diagnosestellung oft die Knochenmarkspunktion weil viele
Ärzte glauben, die Milz würde platzen wenn man hinein sticht,
im Knochenmark sind befallene Makrophagen aber
ungleich schwerer nachzuweisen.

Aktualität für Europa hat die viscerale Leishmaniose durch die
Einfuhr von infizierten Hunden von den Kanarischen Inseln
erlangt. Es wurde ein Fall in Aachen beschrieben, bei dem ein
Kleinkind infiziert wurde, http://abenteuerwissen.zdf.de/ZDFde/inhalt/10/0,1872,5584522,00.html
denn es sind nicht nur die infizierten Hunde, sondern auch die
Sandmücken eingeschleppt worden. An dieser Problematik arbeitet Herr
Torsten Nauke in Bonn http://www.leishmaniose.de/ mit seinen Verein
Parasitus Ex http://www.parasitus.com/parasitus/

Die Leishmaniose ist therapierbar, doch gibt es in Entwicklungsländern
oft keine Therapie auf Tablettenbasis (ein Oraltherapeutikum Miltefosin
ist erst kürzlich eingeführt worden).
Die Medikamente müssen meist intravenös als Infusionen
zugeführt werden. Das große Problem ist, dass weder genügend
Infusionslösungen (0,9%ige sterile Kochsalzlösungen) noch genügend
Infusionsbestecke vorhanden sind. Durch Mehrfachgebrauch von
Infusionsbestecken ergibt sich zudem noch ein enormes Risiko einer
Ansteckung mit Hepatitis und HIV.



Eine tolle Zusammenfassung zum Thema Leishmaniose und
anderer Parasiten hat Herr Alfons Renz, dem ich immer wieder
für seine guten Ratschläge danke, geschrieben.
http://www.vektorbiologie.uni-tuebingen.de/buch/text/kalar.html

Gruß aus dem nicht tropischen Mülheim-Ruhr,
Ralf Feller


rekuwi

Lieber Ralf Feller,

das macht mich ganz traurig. So viele Menschen müssen darunter leiden und: mein erstes Hündchen ist daran gestorben.

Liebe Grüße
Regi

Ralf Feller

Liebe Regi,
ich möchte niemanden traurig machen, aber man kann doch nur versuchen Dinge zu ändern wenn man sie kennt.

Wo hat sich dein Hündchen denn die Leishmanien eingefangen?
Das könnte sehr wichtig sein um weitere Infektionen zu verhindern?

viele Grüße, Ralf

rekuwi

Lieber Ralf,

ich bekam Partita vom Tierschutz (ist 14 Jahre her) als gesunden Hund vermittelt. Sie lebte vorher wild auf der Insel Mallorca. Da hatte sie sich Leishmaniose und Ehrlichose eingefangen. Sie hat immerhin noch fünf Jahre bei mir verbringen können bevor ich sie von ihren Leiden erlösen mußte. Heute werden diese Hündchen alle getestet ehe sie nach Deutschland kommen. Ist natürlich gut daß es solche Test jetzt gibt.

Liebe Grüße
Regi

Günter

vielen Dank Ralf für diesen hochinteressanten Bericht

Grüße
Günter
über mich   
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