Botanik: Rotes Waldvögelein (Cephalanthera rubra) *

Begonnen von jcs, September 19, 2021, 16:45:40 NACHMITTAGS

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

jcs

Liebes Forum,

das Rote Waldvögelein (bzw. Purpur-Waldvögelein, Cephalanthera rubra) ist eine der zahlreichen heimischen Orchideenarten. Die Art ist nicht besonders häufig, am ehesten findet man sie noch auf Kalk-Untergrund, z.B. in den nördlichen und südlichen Kalkalpen [1]. Die Pflanze wächst in lichten Wäldern (Föhren- und Laubmischwälder), aber auch auf Straßenböschungen und beschatteten Wiesen. Im Gegensatz zu vielen anderen einheimischen Orchideen kann sie bis jetzt nicht systematisch gezüchtet werden. Beobachten lässt sich die Art also nur in freier Natur an geeigneten Plätzen. Wie alle Orchideen benötigt sie spezielle Bodenpilze um keimen zu können. Natürlich ist die Art im deutschsprachigen Raum geschützt und darf in der freien Natur nicht gepflückt oder ausgegraben werden.

Durch Samenflug hat sich vor einigen Jahren eine Pflanze (Bild 1)  in unserem Garten  etabliert, und über die Jahre haben sich durch Aussaat ca. 20 Exemplare an verschiedenen Stellen (Markierungen in Bild 2) vermehrt. Die Art ist offenbar sehr genügsam und resistent gegen sommerliche Trockenheit. Sie wächst vor allem dort, wo ansonsten nichts wächst. Ich vermute, dass eine dünne Abdeckung mit Buchenlaub hilfreich ist, um neue Pflanzen keimen zu lassen.

Da der Bestand im eigenen Garten mittlerweile sehr stabil ist, habe ich diverse Pflanzenteile unters Mikroskop gelegt, und die Bilder möchte ich hier zeigen.

LG
Jürgen

Literatur
[1] N.Griebl, Die Orchideen Österreichs, 2013, Freya Verlag

jcs

#1
Beginnen möchte ich mit einem Querschnitt durch den Pflanzenstängel (Bild 3 und Bild 4) sowie durch das Blatt (Bild 5). Bild 3 zeigt die Leitbündel, die für eine einkeimblättrige Art relativ regelmäßig angeordnet sind. Phloem (Phl), Xylem (Xyl) und Sklerenchym sind gut erkennbar. Die Leitbündel liegen entweder innerhalb oder am Rande des Markparenchyms (Mp).

Die Leitbündel im Blatt (Bild 5) sind ebenfalls schön erkennbar, so wie auch die Spaltöffnungen.

Die Schnitte sind 20-30µm dick, die Proben waren in PEG 1500 eingebettet, da das Pflanzenmaterial sehr weich ist. Geschnitten habe ich mit einem Schlittenmikrotom. Gefärbt wurde mit Wacker (Stängel) und Etzold FCA (Blatt). Die Aufnahmen wurden mit einem Leica DM 2000 LED und HC PL-Fluotaren (5x, 20x) gemacht.

P.S.: Falls ich etwas falsch zugeordnet habe, bitte um Korrektur.

jcs

Interessant sind natürlich auch die Blüten (Bild 6). Wie viele Orchideen ist auch das Rote Waldvögelein als konkurrenzschwache und genügsame Art sehr sparsam mit Nährstoffen. D.h. potenziellen Bestäubern wird nur vorgegaukelt, dass es Nektar zu holen gibt, und der Blütensporn (SP in Bild 7) ist leer.

Für die Präparation der Blüte habe ich die Blütenblätter entfernt, d.h. Sepalen (SE), Petalen (PE) sowie die Lippe (LI) sind in Bild 7 nur in Ansätzen sichtbar. Dafür sieht man schön, wie der Pollenschlauch (PS) von der Narbe (NA) zum Fruchtknoten (FK) führt. Eine Detailaufnahme des Fruchtknotens zeigt Bild 8.

Die Blüte wurde nach fixieren in AFE in Isopropanol entwässert und danach in Paraffin eingebettet. Die Schnittdicke ist 15µm, nach dem Schneiden wurde das Paraffin in Xylol entfernt und der am Objektträger liegende Schnitt über 2 Ethanolstufen in Wasser überführt und mit Etzold FCA gefärbt.

Rawfoto

Hallo Jürgen

Du bist ja quer durch die Einbettungs-Methoden unterwegs, spannend. Einen schönen Garten hast auch ...

Toll geworden, liebe Grüße

Gerhard

Ps: kommst am Dienstag?
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

jcs

Hallo Gerhard,

danke für Deine Rückmeldung! Den Dienstag habe ich mir schon länger notiert, bin schon gespannt, was es zur Fluoreszenzmikroskopie zu hören gibt.

Mit den Einbett-Methoden geht es voran, wobei gerade bei Paraffin schon noch viel Luft nach oben ist. Etwas üben ist da noch angesagt.

Für Übungszwecke musste unter anderem bereits eine Wurzel der Waldvöglein dran glauben: Der Mäuseplage im Frühjahr fielen auch einige frisch sprießende Waldvöglein im Garten zum Opfer,. Die Überbleibsel des Nagetier-Festmahls habe ich ausgegraben und in AFE gelagert. In Bild 9 sieht man, wie der unterirdische Teil aussieht, Bild 10 zeigt dieselbe Wurzel in höherer Vergrößerung im Stereomikroskop. Man erkennt bereits die Mykorrhiza mit ihren schwarzen Hyphen.

Ein Wurzelstück habe ich in Paraffin eingebettet, geschnitten und mit Pianese-Färbung gefärbt (Bild 11). Neben dem zentralen Leitbündel und dem umgebenden Parenchym erkennt man dank dieser Färbung auch schön die Hyphenknäuel (HK) jener Pilze, mit denen die Orchidee in Symbiose lebt.

Fahrenheit

Lieber Jürgen,

ein schöner Beitrag, den ich gerne gelistet habe. Auffällig die innen liegenden geschlossen kollateralen Leitbündel im Spross.

Herzliche Grüße
Jörg
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

jcs

Hallo Jörg,

danke für Deine Anmerkung und das Listen de Beitrages!

Neben Querschnitten der Wurzel habe ich es auch noch mit einem Längsschnitt probiert (Bild 12). Auch hier sieht man (Paraffineinbettung, 15µm dicker Schnitt, Pianese Färbung) die rosafarbenen Hyphenknäuel im Inneren der Wurzel. Im direkten Anschluss an die Rhizodermis ist viel "rosa" sichtbar. Ich nehme an, dass das ebenfalls Hyphen sind.

Interessant auch die Aufnahme im polarisierten Licht (Bild 13), in dem die Stärkekörner sehr schön sichtbar werden.

Eine Detailaufnahme mit dem 100x-Objektiv aus der Randschicht der Wurzel (Bild 14) zeigt noch einmal deutlich die Hyphenknäuel, sowie auch einzelne Hyphen (Hy), die zum Teil im Inneren der Wurzel verlaufen, teilweise aber auch nach außen ragen. Der Schnitt ist, wie oben erwähnt,  15µm dick. Für die hohen Vergrößerungen ist das schon zu dick, finde ich. Das werde ich beim nächsten Durchlauf dünner versuchen. Mal schauen, wie weit ich mit einem Schlittenmikrotom komme.

LG
Jürgen

jcs

Interessant sind natürlich auch die Samen der Pflanze. In der recht großen Samenkapsel (Bild 15) befinden sich tausende winzige Samen (Bild 16). Der eigentliche Samen ist ca. 0,25mm groß (Bild 17) und wird von einer dünnen und transparenten Samenschale (Testa) umgeben. So kann der Samen leichter durch den Wind verbreitet werden.