Interessante Pilzfunde 26 - Ockerblättriger Weißtäubling

Begonnen von Bernd Miggel, September 24, 2021, 18:26:43 NACHMITTAGS

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Bernd Miggel

Mitte August 2014 hatte ich das große Glück, in einem Kalklaubwald zahlreiche Fruchtkörper des Ockerblättrigen Weißtäublings zu finden. Es standen auf einem Areal von 100-200 qm ca. 50 Exemplare dieser extrem seltenen Täublingsart. In den Roten Listen Baden-Württembergs und Bayerns wird die Art in der Kategorie 1 (Vom Aussterben bedroht), in derjenigen Deutschlands in der Kategorie D (Daten unzureichend) geführt.

Eckdaten:

    Pilzart: Russula pallidospora J. Blum ex Romagn.
    Fundort: Schonwald Römerberg bei Keltern-Dietlingen in Baden-Württemberg
    Begleitbäume: Eichen, Rotbuchen, Hainbuchen, Waldkiefern
    Boden, anstehendes Gestein: Warmer Lehmboden über Oberem Muschelkalk (Trochitenkalk, Weinbaugebiet)
    Funddatum 11.08.2014
    Belegnummer: mi-2014-056


Makroskopische Merkmale:

Hüte der noch recht jungen Fruchtkörper: bis zu 150 mm Durchmesser, frisch klebrig, feinfilzig, elfenbeinweiß, cremefarben, Tendenz gelbbräunlich zu flecken, besonders an Schnecken-Fraßstellen,  flach ausgebreitet mit vertiefter Mitte und grob eingerolltem Randbereich. Voll ausgewachsene Frk. dürften deutlich größer werden:


Bild 1 - Fruchtkörper am Fundort, sie stehen dicht an dicht.


Lamellen - etwas entfernt stehend, eher dicklich, 8-9 Lamellen je cm, 1 cm vom Hutrand gemessen, stark mit Lamelletten untermischt, sehr gleichmäßig aufgebaut, manchmal querverbunden (ähnl. L. acerrimus, aber nicht so deutlich), cremefarben, z.T. stark tränend, bei Lagerung gelbbräunlich fleckend, keinerlei Blau- oder Grünton vorhanden.

Stiel - sehr kurz, z.B. 35 x 22 mm, stabil, fest, bepudert, weiß bis cremefarben,bei Druck bräunl. fleckend, an der Stielspitze ohne jeglichen Blau- oder Grünton:


Bild 2 - Fruchtkörper am Fundort, Blick auf den Stiel und in den Lamellenbereich.


Fleisch - cremefarben, fest, über den Lamellen dick.
Geruch - stark fruchtig
Geschmack - zuerst mild, dann bitterlich und zusammenziehend.

Sporenpulver - mittelcreme, IIc-d (nach der Romagnesi-Tafel sowie dem Tintling Heft 2/2014):


Bild 3 - Der Hut von oben mit frisch ausgefallenem Sporenpulver.


Vergleicht man die Fruchtkörper von Russula pallidospora mit denen des Schmalblättrigen Weßtäublings Russula chloroides, so springt die Robustheit des noch jungen Exemplars von Russula pallidospora sowie seine creme bis gelbbräunliche Färbung ins Auge:


Bild 4 - Artvergleich: links Russula chloroides, rechts Russula pallidospora.


Mikroskopische Merkmale:

Sporen
- ellipsoid mit bis zu 0.5 µm hohen, stumpfen Warzen, die vielfach dünn zusammenfließen oder zu mehreren verschmelzen. Ornament stark, Hilarfleck nur schwach amyloid.
Maße Länge x Breite: 8.5-10 x 7-8 µm, Schlankheitsgrad Q = Länge / Breite: 1.21-1.36:


Bild 5 - Sporen in Melzers Reagenz.


Huthaut - mit 2-3 µm dünnen, geschlängelten Laticiferen, die in SV deutlich grauen. Pileozystiden habe ich keine beobachtet.


Bild 6
- Huthaut-Quetschprärarat in Sulfovanillin.



Ähnliche Arten:

Die beiden anderen, bei uns viel häufigeren Weißtäublingsarten Russula delica und Russula chloroides neigen nicht zum Gilben, ihre Fruchtkörperfarben sind stärker weiß, an der Stielspitze besitzen sie mitunter eine bläulichgrüne Tönung, sie riechen fischig und schmecken leicht scharf. Außerdem sind die Ornamente ihrer Sporen höher (bei R. delica bis 1,0 µm, bei R. chloroides bis 1,5 µm).



Viel Vergnügen beim Anschauen!

Bernd



Weiterführende Literatur:

    MARXMÜLLER, H. (2014): Russularum Icones: 94-99. - Anatis-Verlag.
    MICHAEL, E., HENNIG, B. KREISEL, H. (1983): Handbuch für Pilzfreunde Band V: Nr. 68.
    ROMAGNESI, H. (Reprint 1985): Les Russules d'Europe et d'Afrique du Nord: 232-234.
    SCHWÖBEL, H. (1974):Die Täublinge. Beiträge zu ihrer Kenntnis und Verbreitung II. Z. Pilzk. 39:175-189.
    https://fundkorb.de/pilze/russula-pallidospora-ockerbl%C3%A4ttriger-wei%C3%9Ft%C3%A4ubling

Alle Fundberichte in der Übersicht: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=42360.msg312080#msg312080

Fachausdrücke, Abkürzungen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=41611.msg306729#msg306729