Die Entwicklung der theoretischen Grundlagen zum Berek-Okular-Photometer

Begonnen von hugojun, Oktober 01, 2021, 11:29:50 VORMITTAG

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hugojun

Die Entwicklung der theoretischen Grundlagen zum Berek-Okular-Photometer


In seinem Buch von 1922 ,,Anleitung zur mikroskopischen Bestimmung von Erzen und Aufbereitungsprodukten, besonders im Auffallendem Licht"   hat Dr. Hans Schneiderhöhn, damals Professor für Mineralogie und Petrographie an der Universität Gießen, die Notwendigkeit ausgesprochen , für die Untersuchung von Erzen im auffallenden Licht , eine ähnliche , verlässliche quantitative Mess-Methode an die Hand zu bekommen , wie sie bereits umfänglich zur Bestimmung für Minerale im Durchlicht existiert. Sie sollte die direkte Messung der Reflexion absorbierender Minerale erlauben und in Verbindung mit dem Erzmikroskop eine Einheit bilden, die eine ausreichende experimentelle Stabilität des Aufbaues gewährleisten.
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Es bestanden bereits Methoden die P.Drude für die Metallreflexion theoretisch behandelt hatte: "Über das Verhältnis der CAUCHY´schen Theorie der Metallreflexion zu der VOIGT`schen" , doch waren diese sehr empfindlich gegen experimentelle Fehleinstellungen. Die zu bestimmenden Parameter waren der ,,Haupteinfallswinkel" und das ,,Hauptazimut", aus welchen dann die Lichtbrechung n und der Absorptions-Index k errechnet werden konnten. Die Problematik der Entstehung einer elliptisch polarisierten Lichtkompetente war bekannt und wurde durch einen Kompensator behoben. Im Grunde handelt es sich bei dieser Methode um die Bestimmung des Polarisationszustandes des reflektierten Lichts und nicht um die Bestimmung der Intensität der Reflexion.
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Unter dem gleichen Titel 1 veröffentlichte Schneiderhöhn eine von Dr. Max Berek verfasstes Kapitel zur Einführung in die ,,Grundlagen für die Bestimmung der Mineralien auf Grund der optischen Erscheinungen, welche sie im senkrecht reflektierten gewöhnlichen und linear polarisierten Licht darbieten"
In seiner Zusammenfassung hat Dr. Max Berek, damals tätig für die Optischen Werke E. Leitz in Wetzlar ,   darauf hingewiesen , dass zwar für absorbierende Kristalle hinreichend Möglichkeiten zur Beurteilung und Diagnose durch Beobachtung im normalen und linear polarisiertem Licht bestünden um qualitative Aussagen zu treffen, aber" Dagegen ist bei allen zahlenmäßigen Angaben große Vorsicht geboten , da die Erscheinungen im reflektierten polarisiertem Licht in unvergleichlich höherem Maße als die Erscheinungen im durchfallendem Licht quantitativ durch Unzulänglichkeiten der Beobachtungsbedingungen modifiziert werden".
Dennoch machte sich M. Berek, auf Schneiderhöhn´s Anregung, daran, ein Instrument zur direkten Reflexionsmessung zu entwickeln, welches in der Lage war, auf die ,,Unzugänglichkeiten" in Form von Manipulationen am Instrument Einfluss nehmen zu können. Die Messung ist von subjektiver Art und beruht auf dem Prinzip der Einstellung des Halbschattens, wobei das reflektierte Bild des Kristalls in seiner Intensität mit einem Vergleichsstrahlengang in Übereinstimmung gebracht wird. Die Halbschattenmethode ist vor der Methode der Einstellung auf größte Dunkelheit, die empfindlichste für das menschliche Auge. Da das reflektierte Licht der Erze mitunter einen Farbton besitzt, ist die Messung in monochromen Licht bevorzugt. Die Art des Lichtes ist bei allen Reflexion- Messungen linear, zur Bestimmung der uniradialen Reflexion und der mittleren Reflexion  kommt nur der Polarisator , aber nicht der Analysator zum Einsatz.
Bis zur Auslieferung (1929?) des ersten Instruments vergingen einige Jahre. Dr. H. Schneiderhöhn, nun Professor an der Universität in Freiburg, beauftragte seinen dortigen Schüler, Hans Frick, mit dem neuen Instrument umfängliche Messungen an absorbierenden Kristallen, Metallen und Ganggesteinen durchzuführen. Da zu diesem Zeitpunkt noch keine theoretischen Grundlagen und Anleitung zu einem Messprotokoll bestanden, war es Schneiderhöhn überlassen, für experimentelle konstante Versuchsbedingungen bei der Durchführung der Messungen zu sorgen. Schneiderhöhn bestreben lag in der quantitativen Bestimmung der Parameter ,,uniradiale Reflexion" und ,,Mittlere Reflexion", die gleichzeitig als Mineralkonstanten die Bestimmung ermöglichen sollten. Die Versuchsbedingungen umfassten den Einsatz von ,,nicht-polarisiertem, senkrecht einfallenden Lichts", beliebiger Objektazimut und ,,unbekannter Polarisations-Azimut des   einfallenden Lichtes", da er von nicht-polarisiertem Licht ausging. Die Abbildung 2 in 3 zeigt die Konstruktion des Photometers in einer Schnittdarstellung, wie sie wohl von H. Frick benutzt wurde. Ein Beleuchtungs-Polarisator war in dieser frühen Version noch nicht vorhanden.


1 Selbstverlag der Gesellschaft Deutscher Metallhütten- und Bergleute e.V. Berlin 1922
2 "Über das Verhältnis der CAUCHY´schen Theorie der Metallreflexion zu der VOIGT`schen" Wied Ann. 35 S 508 Jahr 1888
3Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Paläontologie .Abt. A 61 S.61-86
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Hans Frick´s umfängliche Arbeit ,,Reflexionsmessungen an Erz- und Metallanschliffen mit Hilfe eines Reflexions-Photometer-Okulars ,,  erfasste Messungen an 150 Mineralien und Metallen, welche im Auflicht in den Medien Luft und Zedern-Öl in grünem, orangenem und rotem Licht durchgeführt wurden. Auf der Basis dieser von H. Frick im Juni 1929 vorgelegten und 1930 veröffentlichten Ergebnisse, beschloss M. Berek, die mathematisch -theoretischen Grundlagen zu erarbeiten.
Wohl in Kenntnis über den Vorschritt der von H. Frick und Schneiderhöhn´s durchgeführten Messungen ,erschien bereits am 12.November 1930 der Erste Teil der durch M. Berek entwickelten
theoretischen Abhandlung über ,, Das Problem der quantitativen Mikroskopie der Erzmineralien und seine Lösung" .
Berek beurteilte in seiner ersten Arbeit(Tabelle2)4 das ,,Differenzierungsvermögen"  der 8 Methoden zur Erfassung der Parameter des Polarisationszustandes des Lichts und 6 Methoden der Erfassung von Parametern der Lichtintensität .Er kam zu dem Schluss , dass unter der Vielzahl der Methoden zur Bestimmung der Parameter der Lichtintensität ,nur eine zur direkten Bestimmung der Reflexion aus den Parametern der Lichtintensität, Verhältnisse schafft , die zu wirklich reproduzierbaren Ergebnissen führen. In Versuchsmessungen konnte er nachweisen, dass das Polarisations-Azimut des einfallenden Lichtes von χ e = 0 und χ e = π/2 ungeeignet ist und im Gegensatz zu J. Orcels explizit ausgesprochenen Warnungen  , den Polarisation -Azimut χ e = π/4 zu nutzen, sich dieser als die bessere Methode herausstellte.
Nach Berek´s Ansicht, mussten die von Frick erhobenen Werte, insbesondere für die schwach bis stark reflektierende Kristalle, allesamt zu niedrig ausgefallen sein. Orcel´s Ergebnisse für die uniradiale Reflexion sollten für den Fall von χ e = 0 erheblich zu hoch, für den Fall χ e = π/2, erheblich zu niedrig ausgefallen sein.
Mit den nun vorhandenen theoretischen Grundlagen und der verbesserten Konstruktion des Okular-Photometers, konnte im Teil II der Arbeit ,,Das Problem der quantitativen Mikroskopie der Erzmineralien und seine Lösung"  die technische Beschreibung und korrekte Einstellung des Photometers erläutert werden. In Abbildung 6 6 ist ein späteres Photometer zu sehen, welches ein Beleuchtungs-Polarisator enthält, der in der Lage ist die Beleuchtungsazimute χ e = 0; χ e = π/2 und χ e = π/4 durch einfache Handgriffe darzustellen.
Die Azimut-Einstellung des einfallenden , linear-polarisierten Lichts  χe = π/4 eignet sich herausragend zur Eichung des Photometers und der Messung von Isotropen Kristallen , sowie anisotropen Kristallen mit deutlichen Anisotropie-Effekten und vollkommener Auslöschung in den diagonal Stellungen bei gekreuzten Nicols. Die Auslöschungsstellungen werden mit den Beleuchtungsazimuten χ e = 0 oder χ e = π/2 ermittelt.
Ist der Anisotropie Effekt noch ausreichend, die Auslöschungsstellungen aber nicht mehr deutlich, machen die Messungen der uniradialen Reflexionen und der Bireflexion keinen Sinn mehr und müssen rechnerisch, über die Parameter des Polarisationszustandes des reflektierten Lichts, ermittelt werden.
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Da zur Auffindung der Auslöschungslagen und somit die Lage der uniradialen Reflexion der Kristalle, die Nicols in die gekreuzte Stellung zu bringen sind und der Kristall auf absolute Dunkelheit einzustellen sind , ergibt sich die besondere  Problematik, die Berek erst 1934 in der Veröffentlichung von ,,Die Anisotropie-Effekte zwischen gekreuzten Nicols im Auf licht" . genauer Behandelt.
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3 Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Paläontologie .Abt. A 61 S.61-86
4Wetzlar 12.Nov. 1930
5 J.Orcel Bl.Soc.Min.France 47 293- 1924
6 Wetzlar 23.Dez. 1930
  7Berek, Μ., Z. Kristallogr. 89  (1934) 125—143.

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Auf Grundlage dieser neuen Erkenntnisse wurden von Anton Cissarz eine Großzahl an Messung erneut unternommen. Die Ergebnisse wurden wohl erstmals im ,,Lehrbuch"  von Schneiderhöhn und Paul Ramdohr veröffentlicht und später auch von P. Ramdohr in seinem Buch "Die Erzmineralien und ihre Verwachsungen ,,  ohne Änderung übernommen.
Folgende Diagramme (eigene Auswertung der Daten aus 2 und 6) zeigen die Auswirkungen bei unkorrekter Voreinstellung der Messanordnung, wie sie zu Beginn von Frick durchgeführt wurde, und im Anschluss unter den Vorgaben Berek´s durch Schneiderhöhn und Cissarz korrigiert wurden.



Es bestätige sich nicht Bereks Annahme, dass Fricks Messungen allesamt zu niedrig ausgefallen sind. Es bestätigte sich wohl Bereks Annahme, dass je nach Verwendung des Polarisations-Einfallwinkels χ e = 0 oder χ e = π/2 die Werte höher oder niedriger ausfallen müssen. Ursache für die fehlerhafte Einschätzung sind die von Schneiderhöhn falsch angenommenen experimentellen konstanten Bedingungen. In der Annahme, nicht-polarisiertes einfallendes Licht zu nutzen (siehe Konstruktion Abb. 26), nahm er die Messungen allesamt ohne Berücksichtigung der polarisations-Einfallsrichtung vor. Seine Messeinrichtung war auch nicht frei von parasitärem, polarisiertem Licht (Fehlstellung des Opakilluminators). Auch das geforderte streng senkrecht einfallende Licht, bezogen auf das Mineral, war durch die Verwendung von Optiken mit großen numerischen Aperturen nicht gegeben.



Überblick über die Verteilung der Über- und Unterbemessung der Reflexion für 150 Minerale in den Medien Luft und Öl bei 3 verschiedenen Lichtfarben (eigene Auswertung der Daten aus 2 und 6). Im Bereich von -10% Reflexion bis +15% Reflexion finden sich auf 97 % der gemessenen Minerale. Diese gehören den Isotropen, kubischen und anisotropen wirteligen Kristallsystemen an und habe allesamt eine optisch einachsige Indikatrix. Berek war sich dessen bewusst und hat in seinen theoretischen Ausführungen diesem Umstand Rechnung getragen, da bis Dato keine Messungen aller 3 uniradialen Reflexionen an anisotropen – zweiachsigen Mineralen vorlagen. Dazu erschienen im Februar 1931 und März 1932 die Arbeiten von Arnold Cissarz "Beiträgen zur Kenntnis der Komplexen Indikatrix von Antimon"  und ,,Reflexions-Messungen an absorbierenden Kristallen mit besonderer Berücksichtigung der Erzmineralien"  respektive.         
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Die wohl ursprünglich im Vordergrund gestandenen Absicht, das Reflexionsvermögen der Minerale in Form der Messparameter ,,Uniradial-Reflexion" und ,,Mittlerer Reflexion" , bei beiden handelt es sich um Parameter der Intensität des Lichtes , als Mineral-Konstanten zu bestimmen , ohne den Polarisationszustand des Lichtes zu berücksichtigen , erwies sich für die ,,Uniradial-Reflexion" nur bedingt , für die ,,Mittlere Reflexion" unter Verwendung des Beleuchtungsazimut χe = π/4 als ausreichend konstant 7.
Alleine die Parameter der ,,Mittleren Reflexion":
(R₂+R₁) /2
die ,,Bireflexion":
R₂-R₁
und das Verhältnis der beiden ,,Uniradialen-Reflexionen":
R₂/R₁
erwiesen sich als im Bereich der zu erreichenden Messfehler als konstant.
Die Schwierigkeiten, die mit den Methoden der Reflexions-Bestimmung im Speziellen und der Bestimmung der Anisotropie -Parameter absorbierender Minerale im Allgemeinen, beschäftigt Berek weiterhin. In einer weiteren Veröffentlichung  unter dem Titel ,,Die Bestimmung der optischen Anisotropie Konstanten absorbierender Kristalldurchschnitte aus Polarisationsbeobachtungen im senkrecht reflektierten Licht" , welche 1936 erschien beklagte Berek:
" Wie ich kürzlich ausführen konnte 7, sind die Auslöschungslagen im reflektierten
Licht außerordentlich empfindlich gegen geringste Veränderungen und
Störungen im Polarisationszustand des einfallenden Lichts. Schon durch kleinste
Fehleinstellungen des Polarisators und durch winzige Spuren elliptischer Polarisation,
hervorgerufen durch die ablenkende Vorrichtung im Opakilluminator,
werden die Auslöschungslagen des Kristallanschliffs gefälscht und bis zur völligen
Entstellung im Azimut verändert" Dies bewegte Berek dazu, die Bestimmung der uniradialen Reflexion besser und genauer über den Umweg der Messung der Elliptizität des reflektierten , polarisierten Lichts zu ermitteln. Die direkte Bestimmung der mittleren Reflexion mittels Photometer wurde einzig zu einem Parameter der Bestimmung der uniradialen Reflexion über den Umweg der Bestimmung der Elliptizität des reflektierten Lichts. Zu diesem Zweck lies Berek ein Okular-Ellipsometer bauen.

8 Lehrbuch
9 Ramdohr
10 I Mitteilung Freiburg Februar 1931
11 III Mittelung Freiburg März 1932
12 Berek, Μ., Z. Kristallogr. 93  (1936) 116-135 .

LG
Jürgen