Interessante Pilzfunde 33 - Gallentäubling

Begonnen von Bernd Miggel, Oktober 29, 2021, 10:05:12 VORMITTAG

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Bernd Miggel

Eine in Deutschland recht häufig vorkommende Pilzart ist der Gallentäubling. Er ist als Mykorrhizapilz meist an Rotbuchen gebunden und wächst von August bis zu den ersten Nachtfrösten im November. Der Pilz ist äußerst scharf im Geschmack und riecht deutlich fruchtig, etwa wie Obstkompott.

Eckdaten des Fundes:
    • Pilzart: Gallentäubling Russula fellea.
    • Funddatum 24.10.2021.
    • Fundort: NSG Waldmoor-Torfstich bei Oberreichenbach in Baden-Württemberg.
    • Begleitbäume: Fichten, Weißtannen, Kiefern, Rotbuchen, Lebensbäume.
    • Boden: Braunerde, aus sandsteinreichen Fließerden, über Oberem Buntsandstein (Plattensandstein).
    • Belegnummer: Miggel wt21025,nsg.


Bild 1a - Fruchtkörper am Fundort.


Nimmt man ein Exemplar in die Hand, so stellt man fest: der gesamte Fruchtkörper ist irgendwie creme bis ocker gefärbt. Sogar die Lamellen sind hellockerfarben, obwohl das Sporenpulver weiß ist! Im Bereich der Hutmitte ist die Färbung intensiver, etwa honigfarben oder in der Farbe kross gebackener Brötchen. Die Hüte dieses Täublings waren am Fundort bis zu 7 cm breit. Eine Ausnahme bildete ein wahres Riesenexemplar mit einem Hutdurchmesser von 11 cm, einer Stiellänge von 9 cm und einem Stieldurchmesser von 3 cm.


Bild 1b - Weitere Fruchtkörper am Fundort.


Bei feuchtem Wetter ist die ansonsten trockene und matte Hutoberfläche klebrig und glänzend. In der Fachliteratur wird der Lamellenstand meist als gedrängt bezeichnet. Das ist in der Realität nicht immer der Fall, wie es in Bild 2 erkennbar ist.


Bild 2 - Links die klebrige, speckig glänzende, etwas körnige Hutoberfläche, rechts die hellockerfarbenen Lamellen.


Die makrochemischen Farbreaktionen mit  Eisensulfat und Guajaktimktur sind beide nahezu null, was bei Täublingen recht selten vorkommt:


Bild 3 - Fruchtkörper im Schnitt mit Blick auf das weiße Fleisch (links) bzw. auf die Stieloberfläche (rechts). Auf das obere Stielviertel wurde sowohl links als auch rechts Eisensulfat aufgebracht. Zu sehen ist die äußerst schwach rosa Farbreaktion nach 2 Minuten Einwirkzeit, sie ist also quasi null.



Bild 4 - Der bräunliche Fleck zeigt die quasi negative Guajak-Reaktion (5-prozentige Guajaktinktur nach 10 Sek. Einwirkzeit).

Das Sporenpulver ist weiß oder weißlich (Ia oder Ib nach der Farbtafel von Romagnesi).

Die Sporen sind breit ellipsoid bis ellipsoid mit warzig-kurzgratig-teilnetziger Ornamentation. Die Warzen sind meist bis 0,6 µm, in Ausnahmefällen bis 0,8 µm hoch. Sowohl die Ornamentation als auch der Hilarfleck sind stark amyloid.
Die hochgerechneten Durchschnittswerte (95-prozentiges Vertrauensintervall, 43 repräsentative Sporen):

Lav x B av = 7,4-7,7 x 5,9-6,1 µm     Qav = 1,23-1,27     Vav = 135-150 mm3
(Mit L Länge, B Breite, Q Schlankheitsgrad = L/B, V Volumen, av Average/Durchschnitt).


Bild 5 - Die Sporen-Collage zeigt die Präparat-Oberseite in Melzers Reagenz.


Will man Täublinge sicher bestimmen, dann sollte man auch bestimmte Huthautelemente auf Vorhandensein auf und Abmessungen untersuchen. Beim Gallentäubling sind es zum einen die sogen. "Haare", das sind die Endabschnitte der Huthauthyphen, zum anderen die Pileozystiden, also die Huthaut-Zystiden. Man fertigt dazu zwei Quetsch- oder Zupfpräparate an, das eine schaut man sich in Kongorot, das andere in Sulfovanillin an. In Kongorot untersucht man die Haare, und man ermittelt, wie viele Septen die einzelnen Pileozystiden besitzen. Beim Gallentäubling sind die Haare 3-5 µm dick, recht derb, oft knorrig geschlängelt und apikal vielfach kopfig. Die Pileozystiden sind schlankkeulig bis zylindrisch, etwa 4-10 µm dick und besitzen meist null oder eine (maximal zwei) Septen:


Bild 6 - Huthaut-Präparat in NH3-Kongorot. Zu sehen sind die "Haare" und die dickeren Pileozystiden mit ihrem griesig-grauen Inhalt.

In Sulfovanillin schaut man nach, ob der Inhalt der Pileozystiden sich schwarz, grau oder gar nicht verfärbt. Außerdem kann man manchmal die Latiziferen als lang geschlängelte, schwarz gefärbte Gebilde erkennen. In Bild 7 sieht man schwarz gefärbte, schlankkeulige Pileozystiden und eine Latizifere:


Bild 7 - Huthaut-Präparat in Sulfovanillin. Zu sehen sind Latiziferen und Pileozystiden.


Verwechslungsmöglichkeiten mit anderen gelbhütigen Täublingen:

• Der Ockertäubling Russula ochroleuca besitzt einen weißen Stiel mit schwach gelblich überzogener Basis, weiße Lamellen und weißes Fleisch. Außerdem ist er geruchlos und schmeckt mild oder nur leicht scharf.
• Der Pfirsichtäubling Russula violeipes besitzt manchmal einen gelben Hut und einen weißen Stiel. Er ist geruchlos und absolut mild schmeckend.
• Der Gelbe Graustieltäubling besitzt einen wunderschön kanariengelben oder orangegelben Hut. Fleisch und Stiel sind zwar weiß, werden aber bei Verletzung oder längerem Liegenlassen deutlich grau. Er ist geruchlos und schmeckt absolut mild. Er wächst in Mooren oder an Moorrändern und geht eine Mykorrhiza mit Birkenarten ein.


Weiterführende Literatur:
• Dähnke,6R.M. (2004): 1200 Pilze in Farbfotos: 849.
• KRÄNZLIN, F. (2005): Pilze der Schweiz Bd. 6: Nr. 132.
https://de.wikipedia.org/wiki/Gallen-T%C3%A4ubling
  https://fundkorb.de/pilze/russula-fellea-gallent%C3%A4ubling



Viel Vergnügen beim Anschauen!

Bernd
Alle Fundberichte in der Übersicht: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=42360.msg312080#msg312080

Fachausdrücke, Abkürzungen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=41611.msg306729#msg306729

jcs

Hallo Bernd,

wieder einmal ein sehr schön vorbereiteter Beitrag von Dir. Neben Infos zu Deinen mikrosksopischen Techniken findet man in Deinen Beiträgen auch immer Interessantes zum Aufbau dieser Pilze. Immer lesenswert.

Jürgen

Bernd Miggel

Hallo Jürgen,

schön, dass dir der Beitrag gefällt!

Eigentlich würde ich gerne noch ein paar Bilder gegen bessere austauschen - aber ich getraue mich nicht!

Oder kennt jemand einen Trick, wie man im Beitrag nachträglich Bilder austauschen kann, ohne dass sich dann die gesamte Struktur ändert?
In der Vergangenheit hatte ich das Problem mehrfach: Nach Austausch oder Hinzufügen von Bildern waren urplötzlich andere verschwunden oder doppelt vorhanden.

Herzlichen Gruß

Bernd