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Beton vs. Naturstein

Begonnen von JanC, Mai 25, 2021, 20:21:20 NACHMITTAGS

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JanC

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich bitte um Entschuldigung, falls dies eine dumme Frage sein sollte:

Im Internet werden ja allerlei Theorien verbreitet, und eine davon ist, dass die Pyramiden von Gizeh nicht aus Natursteinen gebaut sind, sondern die einzelnen Steine aus Beton gegossen wurden.

Meine Frage: Kann man am mikroskopischen Bild eines Dünnschliffs feststellen, ob Beton (ein paar tausend Jahre alt) oder Naturstein vorliegt?

Viele Gruesse,
Jan



Geo

Hallo Jan,
dumme Fragen gibt es nicht aber viele fragwürdige Theorien im Internet.
Anhand von Dünnschliffen lässt sich mit Sicherheit festellen, ob es sich um Beton oder Natursteine handelt.
Ein einzelner Schliff wird vielleicht nicht ausreichen und Vergleichsmaterial von Natursteinen die den alten Ägyptern
in zumutbarer Umgebung zur Verfügung standen wären sicher hilfreich. Voraussetzungen für die Bestimmung sind ein
für petrographische Untersuchungen ausgerüstetes Polarisationsmikroskop und Grundkenntnisse der Petrographie.

Grundsätzlich muss man sich natürlich dann auch noch fragen: Wenn die Ägypter schon Beton  (Basis = Zement) herstellen
konnten, warum haben sie dann einzelne, schwere Steine gegossen und nicht gleich eine ordentliche Schalung gebaut und
das Ding in einem Guss ( oder auch mehreren ) hergestellt?

Viele Grüsse

Geo

plaenerdd

#2
Hallo Jan,
dazu braucht es nichteinmal eine Lupe: Die Pyramiden in Gizaeh wurde aus eozänem Nummulitenkalk erbaut. Diese größten bekannten Einzeller sind mit bloßem Auge erkennbar. Sie sehen aus wie Linsen.
Natürlich gibt es Kalksteine, die künstlichen mit Kalk gebundenen Gesteinen ähneln. Die natürlichen Gesteine sind als Sedimente i.d. Regel geschichtet im Gegensatz zu den künstlichen, die ja i.d.R. als Guss-Stücke hergestellt werden. Die Steinbrüche, in denen die Steine gebrochen wurden, sind überwiegend bekannt und die Technologien inzwischen überwiegend nachvollziehbar.
Mikroskopisch lassen sich in historischen künstlichen Gesteinen, die aus Brandkalk hergestellt wurden i.d.R. Holzkohlereste vom Brennprozess finden, die nicht selten sogar die Bestimmung der benutzten Holzart zulassen.
Beste Grüße
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

JanC

Vielen Dank für die Antworten!

(Zur Ergänzung: Die Betonthese für die Pyramiden wird vom französischen Chemiker Joseph Davidovits vertreten, der als Aussenseiter gilt.
Im Jahr 2006 gab es im deutschen Blätterwald einiges über das Thema.)

Viele Gruesse,
Jan

mlippert

Eine interessante Frage. Soweit ich mich entsinne redet man da von einem speziellen Beton, der Naturstein sehr ähnlich sein soll. Ist natürlich irgendwie Quatsch, wenn man schon theoretisch keine Unterschiede finden kann. Erinnert dann an Russels Teekanne...
Das Argument mit der Schalung ist zusätzlich noch tödlich, als dass man auch keine Abdrücke von Schalungen findet. Da gibt's echt bessere Theorien als den Betonkäse. Dann doch lieber Aliens, die die Pyramiden da hingebeamt haben 😂
Für mich haben sich die Theorien aber erledigt als ich die Dinger dann selbst gesehen habe. Groß, eindrucksvoll aber ganz sicher nichts, was eine antike Hochkultur mit Geld, Willen und Bewohnern, die in der Flutzeit nicht auf den Feldern arbeiten können nicht schaffen kann.

D.Mon

#5
Hallo zusammen,

Zitat von: Geo in Mai 25, 2021, 21:05:16 NACHMITTAGS
... warum haben sie dann einzelne, schwere Steine gegossen und nicht gleich eine ordentliche Schalung gebaut und
das Ding in einem Guss ( oder auch mehreren ) hergestellt?

Vielleicht weil Ägypten schon in der Antike wenig Holz hatte oder weil der Transport des Frischbetons und des gesamten Schalmaterials inkl. Abstützungen und Verspannungen an den Einsatzort aufwändiger gewesen wäre, als "nur" die Blocks hochzuschaffen - bei der CheopsPyramide immerhin knapp 140 m hoch.
Überhaupt stelle ich mi den Schalungsbau auf den abschüssigen Seitenflächen nicht gerade einfach vor, vom Abstützen und Versteifen der Schalungen gar nicht erst zu reden. Da treten beim Gießen immerhin enorme Kräfte auf.

Hinzu käme noch, dass man zum Weiterbauen immer warten müsste, bis die letzte Betonage ausreichend abgebunden hätte. Die Vorfertigung der Blöcke am Boden hätte man
hingegen unabhängig von der "Montage" vorantreiben können.

Auch das Fehlen von Schalungsabdrücken an den Blöcken ist für mich kein Kriterium.
Immerhin könnten auch gegossene Blöcke nachträglich bearbeitet worden sein.
Das wird auch in neuester Zeit teilweise gemacht und war beispielsweise in den 50er und 60er Jahren noch weit verbreitet (z. B. bei Fenstergewände oder Hauseingängen).

Ich glaube auch nicht an die Betontheorie, aber die Gegenargumente finde ich auch nicht gerade überzeugend.

Viele Grüße
Martin
Bitte per "Du" - Martin alias D.Mon
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Glück kann man nicht kaufen.
Aber man kann ein Mikroskop kaufen und das ist eigentlich dasselbe!
--
Mikroskope: Motic Panthera U, Lomo MBS-10, Orthoplan mit DIC
Kamera: Sony ILCE-6400

Geo

Hallo Foristen,

etwas verspätet bin ich zu dem Thema auf das folgende Buch gestoßen: https://de1lib.org/book/2267427/8d6840

Viele Grüße

Georg

reblaus

Hallo Georg -

danke für diesen Riesenwälzer, der mich dazu veranlasst hat längst verschüttete Kenntnisse aus Studientagen wieder auszugraben!

Viele Grüße

Rolf