Sonnentierchen Fressgemeinschaft - Fotosammlung

Begonnen von Eckhard, Dezember 31, 2009, 20:01:28 NACHMITTAGS

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Eckhard

Liebes Forum und andere Mitlesende,

als letzter Beitrag von mir im alten Jahr etwas ganz Spezielles. Beim Durchmustern einer Tümpelprobe fielen mir nette Sonnentierchen auf:



An einer Stelle hatten 2 Individuen eine Verbindung gebaut. Ich hatte schon einmal zwei Sonnentierchen beobachtet, die eine Fressgemeinschaft bildeten und sich zu einem Doppelwesen zusammengeschlossen haben. Diesmal konnte ich zwar nicht die gemeinsam zu verdauende Beute sehen jedoch den Prozess des Zusammenschlusses genau beobachten. Das Ganze dauerte exakt 30 Minuten.

Viel Vergnügen  ::)







1 Minute


10 Minuten


nach 15 Minuten


nach 30 Minuten

Alle Bilder mit dem 40x Objektiv, DIK. Ich weiss leider nicht mehr ob mit dem 1.6x oder 2.5x Adapter - deswegen keine Grössenangabe, sorry. Ich denke aber 20 µm für jedes einzelne Sonnentierchen kommt etwa hin.

Ich wünsche Euch ein tolles neues Jahr und weiterhin spannendende Einblicke in die Mikrowelt!

Herzlicher Gruss
Eckhard
Zeiss Axioscope.A1 (HF, DF, DIK, Ph, Pol, Epifluoreszenz)
Nikon SE2000U (HF, DIK, Ph)
Olympus SZX 12 (HF, DF, Pol)
Zeiss Sigma (ETSE, InLens SE)

www.wunderkanone.de
www.penard.de
www.flickr.com/wunderkanone

steffenclauss

Hallo Eckhard

sehr interessante Aufnahmen! Es könnte sich dabei um Raphidiophrys (ambigua?) handeln. Für eine sichere Zuordnung müsste man jedoch vor allem die Spicula und Schuppen etwas genauer betrachten. Hast Du noch Aufnahmen in höherer Vergrößerung?

Ebenfalls alles Beste fürs neue Jahr und immer eine klare Optik!

viele Grüße
Steffen

Martin Kreutz

Hallo Eckhard, hallo Steffen,

Raphidiophrys kann es meiner Ansicht nach nicht sein, da bei dieser Gattung die Tangentialschuppen die Axopodien hinaufreichen und einen "flaumigen" Überzug bilden. Soweit man auf den Bildern erkennen kann, liegen die Tangentialschuppen jedoch panzerartig um den Plasmakörper, durchbrochen von radiär abstehenden Radiärskleriten. Letztere sind schwach gekrümmt und schwach entwickelt. Das muss dann die Gattung Acanthocystis sein. Die Art ist schwieirig zu bestimmen, evtl. A. erinaceus (s. auch PM, Vol. 3, S. 118, Abb. 3).

Martin

Eckhard

#3
Hallo Steffen, hallo Martin,

ein Bild mit dem 100x Objektiv hab ich noch:



Herzliche Grüsse
Eckhard
Zeiss Axioscope.A1 (HF, DF, DIK, Ph, Pol, Epifluoreszenz)
Nikon SE2000U (HF, DIK, Ph)
Olympus SZX 12 (HF, DF, Pol)
Zeiss Sigma (ETSE, InLens SE)

www.wunderkanone.de
www.penard.de
www.flickr.com/wunderkanone

Martin Kreutz

Hallo Eckhard,

danke für die Ergänzung. Mit diesem Bild ist die Zuordung möglich: Acanthocystis penardi

(s. auch PM, Vol. 3, S. 119, Abb. 1 + 2).

Guten Rutsch in 2 h!

Martin

reblaus

Hallo -
könnte es sich um einen Sexualvorgang (Gamontogamie) handeln? Oder wie müsste der bei dieser Art aussehen?
Erfolgreiches Neues Jahr und weiter solch tolle Bilder für mein Zweitstudium.
Gruß
Rolf

Michael Plewka

hallo Eckhard,
so etwas  habe ich noch nicht beobachten können. Insofern Gratulation zu deinem tollen Fund, den du auch sehr schön dokumentiert hast.
Beste Grüße und ein Gutes Jahr 2010
wünscht Michael

Daniel Steiner

Liebe Protistenfreunde,

in diesem Zusammenhang ist vielleicht folgendes Bild noch interessant. Es ist zwar nicht dieselbe Art, sondern - wie ich meine - Actinosphaerium eichhornii, zeigt aber ebenfalls eine Fressgemeinschaft:



Pikanterweise scheint es sich hier um Kannibalismus zu handeln. Ich lasse mich gerne eines besseren belehren - konntet ihr sowas schon mal beobachten?

Mit den besten Wünschen zum neuen Jahr,

Daniel

Alfons Renz

Liebe Bewunderer des Sonnentierchens,

Dessen interessante Lebensweise hat schon vor langer Zeit den Glaskünstler Blaschka bezaubert:



(Modell aus der Schausammlung des Tübinger Zoologischen Instituts).

Was dabei ganz besonders auffällt, ist die offenbar sehr bewusst gefällte Entscheidung dieser Tierchen für das individuelle Leben.

Das sollte uns Mehrzeller nachdenklich machen. Denn die Sonnentierchen sind ja keine Einzeller, weil sie zu einer sozialen Lebensweise in einem Vielzellenstaat nicht befähigt wären. Zu Jagdgemeinschaften und zum Festmahl geben sie gerne ihre Individualität auf - aber mehr Gemeinsinn und jede Gewalten- oder Machtteilung ist ihnen suspekt. Damit kommen sie seit Urzeiten bestens zurecht.

Mit herzlichen Grüßen und Wünschen für ein sozial verträgliches Miteinander in diesem für mich immer hochinteressanten Forum, auf gemeinsamer Jagd noch mikroskopisch faszinierenden Objekten!

Alfons Renz

Detlef Kramer

Lieber Herr Renz,

Sie sprechen mir aus der Seele!

Auch Ihnen von mir ganz herzliche Grüße und die besten Wünsche für 2010!

Detlef Kramer
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

Vorstellung: Hier klicken

Eckhard

Hallo,

vielen Dank an Martin für die Bestimmung.

Da dieser Thread zur Sammlung Fressgemeinschaften geworden ist hier noch eine Fressgemeinschaft von Actinophrys sol:



Herzliche Neujahrsgrüsse
Eckhard

Zeiss Axioscope.A1 (HF, DF, DIK, Ph, Pol, Epifluoreszenz)
Nikon SE2000U (HF, DIK, Ph)
Olympus SZX 12 (HF, DF, Pol)
Zeiss Sigma (ETSE, InLens SE)

www.wunderkanone.de
www.penard.de
www.flickr.com/wunderkanone

Michael Plewka

hallo zusammen,

@ Herrn Renz:
vielen Dank, dass Sie uns auf dieses wunderbare Modell aufmerksam gemacht haben! ich kann mich auch noch gut an Glasmodelle von Wirbellosen im Naturhistorischen Museum in Wien erinnern, weiß aber nicht mehr, wer die gemacht hat.

Zitat.. ist die offenbar sehr bewusst gefällte Entscheidung dieser Tierchen für das individuelle Leben.
Zitat...aber mehr Gemeinsinn und jede Gewalten- oder Machtteilung ist ihnen suspekt


Als Mensch mit einer großen Liebe zu der Naturwissenschaft und ihrer methodischen Vorgehensweise (ganz grob umrissen: überprüfbare Fakten als Basis des menschlichen Handelns zu liefern (siehe POPPER: Logik der Forschung)) sind mir derartige Äußerungen ein echter Graus.

Verstehe ich Sie richtig, dass für Sie aus dem  (bewussten ????!!!!???? ) Verhalten von Einzellern  mit dieser Argumentation ein biologisch begründbares und begründetes  Vorbild   für  (gutes) menschliches Sozialverhalten abzuleiten ist ??


allerhöchst irritierte Grüße Michael Plewka




Holger Adelmann

Schöne Bilder, auch ich möchte noch eines von einer Fressgemeinschaft beisteuern (Leitz Orthoplan DIC, auf Fujichrome Velvia mit Doppelkollektor-Mikroblitz nach Stahlschmidt, dann digitalisiert).

Viele Grüsse
Holger Adelmann



Alfons Renz

@Plewka, "Verstehe ich Sie richtig, dass für Sie aus dem  (bewussten ?!!!!? ) Verhalten von Einzellern mit dieser Argumentation ein biologisch begründbares und begründetes Vorbild für (gutes) menschliches Sozialverhalten abzuleiten ist ??"

Lieber Herr Plewka,

Gestatten Sie mir eine weitere 'echt grausige und allerhöchste Irritation', indem ich Ihre Frage vor dem Hintergrund der hier im anderenorts im Forum tobenden Diskussionen mit einem schlichten "JA" beantworte?

Wenn ich also den Sonnentierchen ein 'weises Bescheiden' andichte, so reite ich hier allerdings nicht auf einem 'Benedictus Pope' gegen Ihren 'Sir Popper', vertrete hier keineswegs kreationistische oder teleologische Anschauungen oder naturphilosophe Ansichten eines Schellings. Gehe allenfalls in Deckung hinter einem fabulierenden Lafontaine oder dichtenden Goethe und bemühe Wilhelm Busch und Christian Morgenstern, wenn es um die freie Interpretation von Gefühlen in der Natur geht. Die Fabel als Parabel der Gesellschaft.

Daher meine ich, es lohnt die Frage zu stellen, ob denn die Entwicklung vom - vermeintlich - Einfachen zu immer Höheren (Organisationsformen), also von Einzellern zu mehrzelliger Organismen oder vom Individuum zur Bildung von Staaten eine 'natürliche Notwendigkeit', also eine zwingende Folge eines 'Struggle for Existence' sei?

Letzteres wollen uns ja die nach immer größerer Stärke strebenden Staats-Gemeinschaften und die nach Weltherrschaft gierenden globalisierten Unternehmen vergaukeln, ebenso wie Philosophen unterschiedlichster Couleurs: Alles strebe zu auf eine Revolution, einen Krieg der Sterne und Kulturen, einen Weltuntergang oder einen Punkt Omega: Es kann nur Einer herrschen.

Wie wohltuend, das stille Bescheiden der Sonnentierchen, die (mir zumindest) in ihrer Schönheit sagen: Wir wollen garnicht größer sein, sind uns groß und schön genug, wie zu Anfang, so in alle Ewigkeit! Wir könn(t)en auch anders, aber es macht 'irgendwie' keinen Sinn!

Hier im Forum scheinen die sich frei entfaltenden Kräfte der Evolution ähnlich zu wirken: Junior, Senior und Hero-Member werden, offenbar voll automatisch, nach höherem Plan kreiert, Moderatoren mutier(t)en flugs zu Imperatoren und eine Netikette braucht man jetzt, um die Forum'Gemeinschaft' zu regeln und zusammen zu schweissen.  Ging's nicht ein bischen formloser und legerer?: Leben und leben lassen.

Jede höhere Organisation beruht auf Arbeitsteilung und Differenzierung, auf Dienen und Herrschen. Besonders schön zu erkennen bei den staatsbildenden Quallen, die primär auch nur 'Fressgemeinschaften' bilden (wollten), und mit denen sich die Blaschkas sehr ausgiebig beschäftigt haben. Natürlich nicht wissenschaftlich, nur künstlerisch. 

@Adelmann
Lieber Herr Adelmann,

Angesichts Ihres reizenden Duetts, das in harmonischem Einklang frisst und verdaut, wage ich die Behauptung: Auch bei diesen Einzellern geht Liebe durch den Magen. Es mag Sir Popper selbigen verdrehen. Aber ich glaube, auch er würde diese freie Interpretation mit Humor verstehen.

In diesem Sinne mit herzlichen Grüßen und besten Wünschen

Ihr / Euer Alfons

p.s. Für die, die es genau wissen wollen: Wenn ich hier etwas ex cathedra und im Rahmen meiner Venia legendi für das Fach Zoologie/Parasitologie verkünden möchte - was ich aber gar nicht beabsichtige -, so werde ich das mit vollem Namen unter Nennung aller akademischen Titel tun.

Mit Vornamen allein gezeichnete Beiträge berechtigen zur Replik im Duz-Komment, je nach Lage mit dem Unterton 'Du Alter Sempel, Sack oder Freund', und dazwischen gibt es den schmalen und beschwerlichen Grat üblicher Konventionen, wie sie Herr Klaus Henkel treffend beschrieben hat, auf dem wir uns im täglichen Leben bewegen und uns gegenseitig wertschätzen (können und wollen).

Im übrigen vermute ich sogar, die Sonnentierchen würden sich 'Siezen', jedenfalls solange sie sich nicht zur Grande Bouffe zusammengefunden haben oder hatten.

Und vielleicht weiss hier Jemand (Herr Plewka vielleicht?) etwas Interessantes und Sachbezogenes zu ihrer Fortpflanzung und Geschlechtsleben zu berichten? Ist dies nur blinder Zufall oder Folge stürmischer Liebe, gibt es Triebe und Tränen? Da zeigen die Sonnentieren dem guten Nietsche ja eine lange Nase: Nur fort, nicht empor tun diese Ignoranten sich pflanzen! Ja, -pflanzen, nicht -tieren...


Bernhard Lebeda

Na wenn das kein brillianter Konter war!!

Ich verneige mich, Alfons!

Mein Buchtipp zum Thema:

http://www.amazon.de/Alles-f%C3%BChlt-Mensch-Revolution-Lebenswissenschaften/dp/3827006708


Ich mag es!!


Viele Grüsse

Bernhard
Ich bevorzuge das "DU"

Vorstellung