Präzision von Stacking-Schritten

Begonnen von reblaus, Dezember 14, 2021, 20:20:21 NACHMITTAGS

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

reblaus

Hallo -

die Diskussion in Adis neuem Stacking-Stepping-Device-Thread hat mich als Handstapler zum Grübeln gebracht und zu der folgenden Frage:

Für Vergrößerungen über 1x stacke ich (nur falls es der WahrheitsErkenntnisfindung dient) mit einem Canon-Objektiv 1x-5x und benutze dazu eine Mikrometerschraube mit der man ohne Zusatzhilfsmittel die Kamera in 10 um-Schritten verschieben kann. Aber natürlich nur ungefähr, soweit es ungeputzte Brille und die Nervenzuckungen in der Hand halt erlauben.
Ähnliches gilt für Schritte um den 1um-Bereich , die ich am Mikroskop mit dem Feintrieb am Kugelumlaufgetriebe so etwa hinkriege.

Mich würde jetzt interessieren ob mal jemand ausprobiert hat, inwieweit bzw. unter welchen Spezialbedingungen sich stark schwankende Stackschritte bei der Bildqualität tatsächlich bemerkbar machen?

Frustiert fragende Grüße

Rolf

Kay Hoerster

Guten Abend.

@Rolf: Ist es mir erlaubt, hier eine weitere Frage gleich dranzuhängen, die mich als Feinwerktechnikbegeisterter natürlich sofort beschleicht, wenn ich in dem Beitrag von ADi über Schrittweiten von 0,001 mm und sogar 0,0002 mm lese? Wenn es nicht Recht ist, bitte ich um kurze Nachricht und ich starte einen eigenen Beitrag...

In wie weit wird eigentlich bei diesen feinen Schrittweiten (die sich für mich momentan als reine (theoretische) Rechenwerte lesen), einer möglichen Temperaturdehnung oder aber mechanischen Schwingungen Rechnung getragen? Ich setze mal ganz einfach den Wärmeausdehnungskoeffizienten von Alu an, dann beträgt bei einer Temparaturerhöhung von 1K die Ausdehnug eines Teils der Ursprungslänge 100 mm schon 0,00231 mm...das setzt doch sicherlich einen sehr soliden und schwingungsgedämften Tisch sowie einen auf genaue Temperatur geregelten Raum voraus, wenn die Überlagerung dieser Nebeneffekte in den Betrachtungen nicht mit berücksichtigt werden...ansonsten kann ich mir doch diese sehr feinen Schritte sparen, oder?

Ich würde hier gerne mal die Meinung der Stacking-Experten dazu hören, es interessiert mich wirklich sehr.

Viele Grüße
Kay
Mit freundlichen Grüßen
Kay

reblaus

Hallo Kay -

da denke ich, dass Deine Fragen schon in diesen thread passen, obwohl ich eher an den praktischen Erfahrungen mit relativen Werten während kurzer Zeitspannen interessiert bin, bei denen Wärmeausdehnungskoeffizienten keine Rolle spielen sollten; auch ist die heutige Software in der Lage zumindest transversale Schwingungen aus dem Bilderstapel herauszurechnen.
     Auch scheint mir - obwohl ich nicht alles verstehe - die theoretische und praktische Betrachtung zur Summierung ganz feinen Schritte zu einem zuverlässigeren größeren in Adis thread genau der Berücksichtigung Deiner Bedenken zu dienen!

Viele Grüße

Rolf

HDD

Hallo Stacker

Ich habe auf meiner Webseite mal einen ausführlichen Bericht über die Irrungen und Wirrungen beim Stacken verfasst. Wen es interessiert kann unter "Aufnahmetechnik" ja mal reinschauen. So ab Mitte der Ausführungen dürfte es interessant werden. Besonders der Link auf die Arbeit von Frau Dr. Silke Apel unter dem grün markierten Text dürfte von Interesse sein.

http://www.hdds-mikrowelten.de/Willkommen/Aufnahmetechnik.html

Gruß an Alle
Horst-Dieter

Kurt Wirz

Hallo
Auf der Suche nach Schärfe und hoher Auflösung stösst man auf das Problem der Erschütterungen während des Belichtens.
Bewegt sich das Objekt zur Kamera, die mit einem 1/125 Sek auslöst bei einem Abbildungsmasstab von 1:10, um eine Pixel Breite, dann sinkt die Auflösung um 50%.
Der Chip einer Nikon D7000 hat eine Breite von 23.6mm mit 4928 Pixel.
Die Breite eines Pixels ist somit 23.6 mm / 4'928 = 0.00479mm also etwa 4,8 Mikrometer. Bei einem Abbildungsmassstab von 1:10 bildet ein Pixel eine Fläche ab die in Realität eine Breite von 48 Mikrometer hat.
Verschiebt sich nun die Kamera zum Objekt während 1/125 Sek um 48 Mikrometer, dann sinkt die Auflösung auf die Hälfte.
Dies entspricht einer Geschwindigkeit von 21,6 Meter/Stunde.
Die Geschwindigkeit einer Schnecke ist etwa 7 Meter/Stunde.
Bewegt sich ein Gegenstand zur Kamera (oder umgekehrt) mit dreifacher Schneckengeschwindigkeit, so sinkt die Auflösung auf 50%.
Um solche Verwackelung zu verhindern, wird die Kamera auf einem Stativ befestigt, das Objekt fixiert (oder bei Windstille fotografiert) und ev. ein Bohnensack auf die Kamera oder Optik gelegt, ein Fernauslöser wird verwendet.
Weitere Erschütterungen von viel höherer Geschwindigkeit erzeugt die Kamera selber.
Das Spiegelhochklappen erschüttert die Kamera, kann aber eine Sekunde vor der Belichtung erfolgen. Diese Erschütterung (Nikon D7000) dauert etwa 0,25 Sekunden.
Die nächste Erschütterung (Verschluss öffnen) ist etwa halb so stark wie das Spiegelhochklappen, dauert aber nur 0.12 Sekunden (halb so lang wie die Spiegelerschütterung) bis zur völligen Ruhe. 0.12 Sekunde entspricht 1/8 Sekunde. Die stärkste Erschütterung dauert 0.03 Sekunden (1/33 Sek.) danach sinkt sie kontinuierlich ab und nach 0.12 Sekunde ist Ruhe.
Daraus zeigt sich, dass es Sinnvoll ist den Blitz am Ende der Belichtungszeit auszulösen.
Wird nicht geblitzt, dann ist bei einer Belichtungszeit von 1/33 Sek. die ganze Belichtungszeit die hauptsächliche (stärkste) Erschütterung des Verschlusses vorhanden. Belichtet man mit 1/8 Sekunde dann wäre die Haupterschütterung nur 1/4tel der Belichtungszeit und somit müsste die Auflösung besser sein!?
Jedoch ist es nicht eine Bewegung in einer Richtung, sondern um einen Punkt herum, um wie viel Pixelbreite sich der maximale Ausschlag bewegt, konnte ich bis jetzt nicht fest stellen.
Um zu sehen, wie sich diese Erschütterung auf die Auflösung auswirkt habe ich die Auflösung bei unterschiedlicher Belichtungsdauer gemessen.
Sowohl die Kamera, wie auch das Objekt sind fix montiert.
Um für mich massgebende Resultate zu erhalten habe ich ein Abbildungsmassstab von 2:1 gewählt, hier sollte sich eine Verwackelung eher zeigen wie gross sie ist, wie bei einem Abbildungsmassstab von 1:10.
Die Messresultate:
Bei einer Belichtungszeit von 5 Sekunden bis 1/8 Sek. beträgt die maximale Auflösung 160 Zeilenpaare pro mm.
Bei 1/15 Sek. 125 Zeilenpaare
Bei 1/30 Sek. sind es nur noch 110 Zeilenpaare!
Bei 1/60 und 1/125 Sek. sind es 125 Zeilenpaare.
Bei 1/250 bis 1/500 Sek. sind es 160 Zeilenpaare.
Bei 1/1'000 bis 1/2'000 Sek. sind es 180 Zeilenpaare.
Bei 1/4'000 bis 1/8'000 Sek. sind es 160 Zeilenpaare.
Mit Blitz sind es durchweg 180 Zeilenpaare.
Bei der kurzen Belichtungszeit mit Blitz ist die Erschütterung an wenigsten spürbar.
Hier wird die maximale Auflösung von 180 Zeilenpaare erreicht
Ohne Blitz ist die gute Auflösung von 160 Zeilenpaare bei 1/8 Sekunde und länger zu erreichen und ebenfalls auch bei einer Belichtungszeit von 1/250 bis 1/500 Sekunde.
Bei einer Belichtungszeit von 1/1'000 bis 1/2'000 wird die maximale Auflösung von 180 Zeilenpaare erreicht.
Bei 1/4'000 bis 1/8'000 Sekunde sinkt die Auflösung wieder auf 160 Zeilenpaare. Bei diesen extrem kurzen Zeiten ist der Schlitz des Verschlusses extrem schmal. Bei 1/4'000 Sek. ist der Schlitz etwa 1mm hoch und bei 1/8'000 nur noch 0.5mm, dadurch entsteht vermutlich Beugungsunschärfe an den Schlitzkanten.
Am meisten wackelt die Kamera bei 1/30 Sekunde, da ist die Auflösung am geringsten.
Die höchste gemessene Auflösung beträgt 180 Zeilenpaare, die niedrigste ist bei 110 Zeilenpaare, das sind nur noch 61%!

Meine Messungen basieren auf Vergleichsmesswerten und haben somit keine Relevanz für Vergleiche mit anderen Messungen ausserhalb meiner Messanordnung und Beurteilung. So gelten die Werte auch nur für mein Exemplar einer Nikon D7000!

Beim folgenden Bild sieht man den ganzen Ablauf.
Die obere Kurve zeigt den negativen Ausschlag des Blitzes (rechts am Ende des markierten Bereiches).
Die untere Kurve zeigt die Erschütterung der Kamera.
Von etwa 1.60 bis 1.95 die Erschütterung des Spiegel hoch klappen, eine Sekunde vor Auslösung.
Der dunkel markierte Bereich zeigt die Belichtungszeit von 1/8 Sekunde.
Links die Erschütterung durch das öffnen des Verschlusses, diese Erschütterung dauert etwa 2/3 der Belichtungszeit.
Rechts neben dem dunklen Bereich folgt die Erschütterung durch das Schliessen des Verschlusses und das Herunterklappen des Spiegels.




Beim folgenden Bild sieht man noch einmal vergrössert, bei der unteren Kurve auf der linken Seite die Erschütterung durch das öffnen des Verschlusses, dann folgt bei der oberen Kurve der Impuls des Blitzes und gleich danach bei der Unteren Kurve die Erschütterung des sich schliessenden Verschlusses und dem Herunterklappen des Spiegels.



Gut Licht

Kurt

reblaus

Hallo -

interessante Erfahrungen - HDDs Seite werde ich mir dankbar zu Gemüte führen, zumal mir das Lesen noch keine Schwierigkeiten bereitet und besonderen Dank auch an Kurt, der trotz aller Details schneller war als meine Antwort!

Natürlich kommt es immer darauf an was man zeigen will (Fakten ... Kunst...).
Leider bin ich beruflich geprägt - es ging immer darum eine neue Erkenntnis fotografisch klar zu dokumentieren: Objekt im Zentrum, Rand und künstlerische Betrachtungen wurscht, da keine Pathologe. Als Tattergreis bin ich ehrgeiziger geworden aber meine bastlerischen Möglichkeiten sind zunehmend eingeschränkt ...
Deshalb möchte ich keinen überflüssigen Aufwand betreiben und die negativen Erfahrungen andere machen lassen, die ich dann ausnützen will  ;D

Vielen Dank!

Rolf

Aljoscha

Zitat von: Kay Hoerster in Dezember 14, 2021, 20:45:31 NACHMITTAGS

In wie weit wird eigentlich bei diesen feinen Schrittweiten (die sich für mich momentan als reine (theoretische) Rechenwerte lesen), einer möglichen Temperaturdehnung oder aber mechanischen Schwingungen Rechnung getragen?

Hallo,

Kurz gesagt: überhaupt nicht. Das sind theoretische Werte, die unter Idealbedingungen erreicht werden würden.

In der Praxis testet man den eigenen Aufbau aus.

Viele Grüße

Alexander

Stuessi

#7
Zitat von: Kurt Wirz in Dezember 14, 2021, 23:08:04 NACHMITTAGS
..
Bewegt sich das Objekt zur Kamera, die mit einem 1/125 Sek auslöst bei einem Abbildungsmasstab von 1:10, um eine Pixel Breite, dann sinkt die Auflösung um 50%.
Der Chip einer Nikon D7000 hat eine Breite von 23.6mm mit 4928 Pixel.
Die Breite eines Pixels ist somit 23.6 mm / 4'928 = 0.00479mm also etwa 4,8 Mikrometer. Bei einem Abbildungsmassstab von 1:10 bildet ein Pixel eine Fläche ab die in Realität eine Breite von 48 Mikrometer hat.
Verschiebt sich nun die Kamera zum Objekt während 1/125 Sek um 48 Mikrometer, dann sinkt die Auflösung auf die Hälfte.
...

Hallo Kurt,

Deine Herleitung kann ich nicht nachvollziehen, denn einmal bezieht sich die Angabe von 1 Pixel auf die Änderung der Bildgröße, dann aber auf den 10 fachen Wert der Änderung der Gegenstandsweite.

meiner Meinung nach gilt

Änderung der Gegenstandsweite = Bildweite / ( 3 * Abbildungsmaßstab)

Die Bildweite hängt aber von der Brennweite ab.

Gruß,
Rolf

Stuessi

Zitat von: reblaus in Dezember 14, 2021, 20:20:21 NACHMITTAGS...Mich würde jetzt interessieren ob mal jemand ausprobiert hat, inwieweit bzw. unter welchen Spezialbedingungen sich stark schwankende Stackschritte bei der Bildqualität tatsächlich bemerkbar machen?

Hallo Rolf,

solange die Schritte im Bereich der Schärfentiefe bleiben wird die Bildqualität wenig beeinflusst.
Anders sieht es für die Erzeugung eines 3-D Bildes aus. Dieses setzt gleiche Schrittgrößen voraus.

Gruß,
Rolf

Rawfoto

#9
Hallo

Da sich innerhalb der Schärfentiefe der Zerstreuungskreis & damit verbunden die Schärfenqualität ändert ist meine Erfahrung, dass mehrere Schichten in der Schärfentiefe unumgänglich für die Qualität ist, daher unterscheide ich zwischen Kernschärfe und Bereich der Schärfentiefe.

Die Toleranzen können wesentlich durch die Fortbewegungsrichtung beeinflusst werden (bei gleichem Aufbau). Auf "Zug" arbeiten verringert das Spiel und damit die Toleranzen. Bei mir im Studio schwankt die Temperatur so im Bereich von 17 bis 30 Grad, natürlich hat das theoretischen Einfluss aber auf das Ergebnis hat sich das nicht negativ ausgewirkt. Ob ich jetzt 5 oder 6 Bilder in der Kernschärfe fotografiere hat keine Auswirkung.

Liebe Grüße

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

Kurt Wirz

Hallo Stuessi

Bei einem Abbildungsmassstab von 1:10 (0.1x) ist eine Strecke im Bild (auf dem Sensorchip) 1/10 der realen Strecke.

Kurt

Stuessi

#11
Zitat von: Kurt Wirz in Dezember 15, 2021, 16:15:10 NACHMITTAGS
Bei einem Abbildungsmassstab von 1:10 (0.1x) ist eine Strecke im Bild (auf dem Sensorchip) 1/10 der realen Strecke.

Hallo Kurt,

das bestreite ich ja nicht. Beide Strecken sind aber senkrecht zur optischen Achse und damit senkrecht zu diskutierten Bewegungsrichtung.

Du schreibst von 48 µm (in Richtung der optischen Achse, so verstehe ich Dich), die in 1/125 s zurückgelegt werden.
Diese Strecke ist bei gleichem Abbildungsmaßstab und unterschiedlichen Brennweiten des Objektivs unterschiedlich groß...

Gruß,
Rolf

Kurt Wirz

#12
Hallo Stuessi

Eine Erschütterung kann in allen Richtungen gehen.
Mein Beispiel bezieht sich auf eine horizontale und vertikale Verschiebung.
Eine Verschiebung in der optischen Achse findet natürlich auch statt, der Fokus ist dadurch in einem anderen Bereich, dies wird bei Focus Stacking durch mehrere Bilder innerhalb der Schärfentiefe kompensiert.
Sind Erschütterungen vorhanden, kann man pro Stackschritt auch zwei oder mehrere Bilder anfertigen, der Fokus ist dann jeweils an unterschiedlichen Orten, also noch mehr Bilder innerhalb der Schärfentiefe, das Bild wird dadurch etwas klarer.
Zwei Bilder, ohne dass sich der Schlitten bewegt, ist bei sehr hohen Abbildungsmassstäben und Erschütterung, mit kurzzeitigem Blitzlicht zu empfehlen.

Mit Dauerlicht und dadurch massiv längerer Belichtungszeit kommt man, bedingt durch Erschütterung, die immer vorhanden ist, nicht in den Genuss dieser Gegebenheiten,
sondern zu Bildern die eher weniger hoch aufgelöst und weniger klar sind.

Alles so wie Alexander schreibt:
"In der Praxis testet man den eigenen Aufbau aus."

Kurt

Eckhard F. H.

ZitatIch würde hier gerne mal die Meinung der Stacking-Experten dazu hören, es interessiert mich wirklich sehr.

Hallo Kay,
mich auch. Wenn man bei Vergrößerungen von 100 die Lupenfunktion aktiviert, ist die Bewegung loser Objekte(z.B. Pilzsporen) augenfällig. Die Ursache sei dabei dahingestellt. Bei hoher Vergrößerung ist Stacking offensichtlich untauglich.
Gruß - EFH

Rawfoto

Guten Morgen

Stimmt Adi, beide Produkte haben. Da Vorsorge getroffen - zum Glück, das greift auch mit dem 100x noch sehr gut👌

Liebe Grüße

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...