Interessante Pilzfunde 24 - Grubiger Tannenmilchling

Begonnen von Bernd Miggel, August 19, 2021, 09:57:38 VORMITTAG

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Bernd Miggel

Der Grubige Tannenmilchling gehört zu den "ganz Großen" rund um den Grubigen Milchling Lactarius scrobiculatus.
Einen Verbreitungsschwerpunkt stellt wegen der Bindung an die Weißtanne der Schwarzwald dar.
In der Roten Liste gefährdeter Pilze Deutschlands (2016) wird die Art als sogen. Verantwortungsart mit der Zusatzkennung "!" als "in hohem Maße verantwortlich" ausgewiesen.

Eckdaten:

  • Pilzart: Lactarius intermedius (Krobmh.) Berk. & Broome
  • Fundort: Tannen-Fichten-Altholz bei Loßburg, Baden-Württemberg
  • Bodenart: Muschelkalk-Fließerden über Unterem Muschelkalk
  • Lebensweise: Mykorrhiza mit der Weißtanne
  • Funddatum: 14. August 2021
  • Belegnummer: hor21002,dot

Der Fundort:
Die Pilze fand ich am typischen Standort, einem feuchten, bemoosten Weißtannen-Fichten-Altholz auf Kalkboden, zusammen mit zahlreichen kalkholden wie auch eher kalkmeidenden Begleitpilzarten. Beispiele: Erdigriechender Schleimkopf, Bocks-Dickfuß, Gilbender Raukopf, Hirschbrauner Risspilz, Schweinsohr, Semmel-Stoppelpilz, Fichtenreizker, Lachsreizker, Graublasser Milchling, Pechschwarzer Milchling, Flatter-Milchling, Langstieliger Pfeffer-Milchling, Stinktäubling, Amethyst-Täubling, Gold-Täubling, Dichtblättriger Schwarztäubling, Lederstieltäubling, Stachelbeer-Täubling, Kammporling, Fichtensteinpilz, Flockenstieliger Hexenröhrling, Pfefferröhrling, Gallenröhrling, Starkriechender Pfifferling, Pfifferling, Trompeten-Pfifferling.


Makroskopische Merkmale:


Die Fruchtkörper werden recht groß. Laut Fachliteratur erreichen die Hutdurchmesser 12 (13) cm, was nach eigenen Beobachtungen oft deutlich übertroffen wird. Die Hüte sind ungezont, einheitlich creme bis hellgelb gefärbt und bei Feuchtigkeit schleimig. Bei jungen Exemplaren ist der Hutrand stark eingerollt und ganz kurz behaart. Mit zunehmendem Wachstum stecken sich die Hüte und nehmen ein trichterförmiges Aussehen an; die Randbehaarung verliert sich dabei.
Die Stiele sind kurz, stämmig und hart, weiß und mit gelben bis hellbraunen Gruben versehen.
Die Lamellen sind weißlich-creme bis hellgelb, gedrängt stehend, sichelförmig, am Stiel angewachsen, kaum einmal gegabelt, jedoch vom Hutrand her stark mit Lamelletten untermischt. Die Schneide ist glatt und von gleicher Farbe wie die Fläche.
Das Fleisch ist weißlich, fest und im Stiel knorpelig hart und bald hohl. Die Milch quillt bei Verletzung in großer Menge rein weiß hervor, färbt sich aber in Sekunden nach schwefelgelb um. Der Geschmack ist sehr scharf; einen Geruch konnte ich nicht feststellen.


Bild 1 - Zwei Fruchtkörper am Fundort. Die austretende Milch färbt sich schwefelgelb um.


Bild 2 - Der Hut eines jungen Exemplars von oben. Er ist hellgelb und völlig ungezont.  Man erkennt klebende Tannennadeln.


Bild 3 - Blick auf die hell cremefarbenen Lamellen und den eingerollten, sehr kurzhaarigen Hutrand eines junges Exemplar.


Bild 4 - Stiel eines jungen Fruchtkörpers von außen und im Schnitt. er ist kurz, dick und bereits hohl. Das weiße Fleisch hat sich durch die Milch hellgelb gefärbt.




Bernd Miggel

#1
Die Sporen sind breitellipsoid, warzig-gratig-teilnetzig mit bis zu 0,8 µm hoher Ornamentation. Ornamentation stark amyloid, Hilarfleck nur am äußeren Ende amyloid, und zwar schwach:


Bild 5 - Sporen, Präparat in Melzers Reagenz

Werte von 27 repräsentativen Sporen des Fundes, basierend auf einem 95-Prozent-Konfidenzintervall:

Lav x Bav = 8,3-8,7 x 6,9-7,3 µm     Qav = 1,17-1,21     Vav = 210-240 µm3

(Länge L, Breite B, Schlankheitsgrad Q = L / B, V = Volumen, Index für Durchschnitt av (average).

Die zugehörigen Verteilungsdichten sind in Bild 6 als blaue Kurven dargestellt:


Bild 6 - Verteilungsdichte-Kurven der Sporenprobe (blaue Kurven), oben rechts: Breite hier als (D) bezeichnet.

Diskussion zu den Verteilungskurven:
Die Volumenkurve besitzt zwei lokale Maxima, was darauf hindeuten könnte, dass es zwei Sprorengröße-Klassen gibt. Um dies weiterzuverfolgen, müsste man wesentlich mehr repräsentative Sporen ausmessen, d.h. etwa 100-200 Sporen. Ggf. würden dann die beiden Maxima stärker hervortreten, und man könnte entsprechende Schlüsse ziehen.


Die Huthaut besteht besteht von oben nach unten aus einer dicken Schleimschicht mit wenigen, mehr oder weniger liegenden Hyphen (hier 300 µm dick), gefolgt von einer dichteren, weniger stark verschleimten Hyphenlage (hier 350 µm dick), darunter schließlich die aus Sphaerozystennestern bestehenden Trama:


Bild 7 - Huthaut: eine Ixokutis mit sehr dicker Schleimschicht. Präparat in NH3-Kongorot.


Bild 8 - siehe Bild 7.


Ähnliche Arten:


  • Der Grubige Milchling Lactarius scrobiculatus (Scop.) Fr. besitzt einen konzentrisch gezonten, am Rand zottig behaarten Hut. Durch die dunkleren, angedrückten Schuppen wirkt der Hut insgesamt dunkler. Auch die Lamellen sind deutlich dunkler als bei der vorgestellten Art. Schließlich geht  der Grubige Milchling eine Mymorrhiza mit der Fichte ein.
  • Der Fransenmilchling Lactarius citriolens Pouzar besitzt zwar ebenfalls einen ungezonten Hut, ist jedoch am Hutrand stark fransig-zottig behaart. Er geht eine Mykorrhiza mit Laubbäumen ein.


Viel Vergnügen beim Anschauen!
Bernd



Weiterführende Literatur:
BASSO, T. (1999): Lactarius Pers., Fungi Europaei 7: 426-431.
DÄHNKE, R. (2001): 12 Pilze in Farbfotos: 937.
KRÄNZLIN, F. (2005): Pilze der Schweiz Band 6: Nr. 31.
KRIEGLSTEINER, G.J. (2000): Die Großpilze Baden-Württembergs Band 2: 369-370.
https://fundkorb.de/pilze/lactarius-intermedius-grubiger-tannenmilchling

Alle Fundberichte in der Übersicht: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=42360.msg312080#msg312080

Fachausdrücke, Abkürzungen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=41611.msg306729#msg306729

Peter Reil

Hallo Bernd,

sehr gelungene Darstellung!

Freunliche Grüße
Peter
Meine Arbeitsgeräte: Olympus BHS, Olympus CHK, Olympus SZ 30

Bernd Miggel

Hallo Peter,

danke für das Lob.
Schade, dass sich hier im Forum niemand mit der gezielten Anfärbung mit der Schleimanfärbung bei Pilzen auskennt. Das hier angewandte Verfahren, dass das (angeblich) kongophobe Verhalten von Schleim anwendet, funktioniert leider nicht immer. Auch hier (Bilder 7 und 8 ) ist das Ergebnis eher suboptimal.
Beim nächsten Mal will ich es mit der klassischen Einsen-Tannin-Methode versuchen.

Viele Grüße
Bernd

jcs

#4
Hallo Bernd,

zur Kongo-Färbung kann ich leider nichts beitragen. Den Beitrag finde ich aber wieder einmal sehr interessant, und die Bilder wie gewohnt von Dir sehr eindrucksvoll.

LG

Jürgen

Bernd Miggel

#5
Hallo zusammen,

hier noch der REM-Scan einer Spore des Fundes, aufgenommen von Stefan Diller aus Würzburg, dem ich dafür herzlich danke:




Viele Grüße
Bernd

beamish

Hallo Bernd,

bei Asco-Sporen mit Schleimhülle nimmt man zur besseren Sichtbarkeit letzterer "Indian Ink". Ich benutze dafür die blauschwarze Füllertinte von Waterman. Die Schleimhülle hebt sich dann hell vor dem dunkleren Hintergrund ab.
Das ist also sozusagen "negative" Anfärbung.

Grüße
Martin
Zeiss RA mit Trinotubus 0/100
No-Name China-Stereomikroskop mit Trinotubus
beide mit Canon EOS 500D

Bernd Miggel

Hallo Martin,

danke für den Hinweis, das werde ich demnächst ausprobieren! Bei Ascosporen ist mir das Verfahren bekannt.

Herzlichen Gruß
Bernd