Kalibriergewichte für Feinwaage

Begonnen von witweb, Februar 08, 2022, 13:13:57 NACHMITTAGS

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witweb

Hallo zusammen,

ich wiege meine Chemikalien mit solch einer Low-Cost 50g - 0.001g Feinwaage ab, bevor ich sie auf einen Objektträger, in ein Eppi oder so gebe.



Dabei geht es meist um Mengen von etwa 10 mg-100 mg. Für höhere Gewichte verwende ich eine andere Waage. Natürlich gibt es bessere und genauere Waage. Ist aber aktuell nicht mein Thema.

Da hinsichtlich der Genauigkeit, auch über die Zeit betrachtet, von dieser Waage wohl nicht allzu viel zu erwarten ist, überprüfe ich die Waage gelegentlich. Dazu lege ich z.B. eine 1-Cent-Münze darauf. Diese hat ein Gewicht von 2,30 g, was mit der Anzeige auch ziemlich genau übereinstimmt.
Das ist aber nicht der Gewichtsbereich, der mich interessiert, was mir fehlt, sind Kalibriergewichte im Bereich 10 mg bis 100 mg. Nun gibt es bei Ebay und Co. verschiedenste Angebote, von Alu-Plättchen bis zu verbogenen Drahtenden.

Hat vielleicht jemand eine Idee, was da das Beste (für meine Anwendung) wäre? Gibt es etwas im Haushaltsumfeld, was man, entsprechend der Cent-Münze, nutzen könnte? 50 mCent sozusagen?

Waaghalsige Grüße

Michael
Leitz Orthoplan
Zeiss Standard 18 mit Fluoreszenz-Auflichtkondensor IV FL
Lomo Biolam, Motic SMZ-168
Canon EOS 750D
https://mikrokristalle.net
https://www.youtube.com/@Mikrokristalle

Fraenzel

Hallo Michael,
ich habe mir auch so eine schlichte Feinwaage us dem Reich der Mitte für ca. 10 € gekauft. Allerdings gehörte hier ein praktischer (ich finde gepflegter) Gewichtssatz dazu. Hier mein Ergenis der Kalibrierwägungen.
Mikrogrüße
Peter
auch ich mag das "Du"

hugojun

Hallo Michael ,

mit Kalibriegewichten kann ich nicht dienen, aber man kann die Reproduzierbarkeit testen und steigern,
indem man mit einem kleinen Gewicht, die Waage aus der Nullstellung bringt. Sagen wir 10% des Maximal-Wertes.
Dann würde ich ein zweites, ähnlich schweres Gewicht dazu legen, 10-mal wiegen und sehen ob du in deinem 10mg- oder 1mg Bereich konstant bist.

So bist du schon mal sicher, ob sich die Anschaffung eines Eich-Gewichtes überhaupt lohnt.

LG
Jürgen

Lupus

Hallo Michael,

es kommt darauf an wie genau die Kalibrierung werden soll. Aber mit Haushaltsmitteln kann man doch recht brauchbare Ergebnisse erzielen. Indem man z.B. ein größeres Stück Folie (z.B. Alufolie, Kunstoffhülle für Dokumente o.ä., sogar kurzzeitig Papierblätter) bzw. gleich mehrere davon im kalibrierten Grammbereich wiegt, und dann definierte rechteckige Stücke im mg-Bereich abschneidet und die Masse über die Fläche ausrechnet. Rein mathematisch kann man damit die Masse sehr genau erreichen. Das Problem ist eventuell die Inhomogenität solcher Folien über die ganze Fläche, aber meine Erfahrung ist dass die durch die modernen Herstellungsprozesse sehr gut ist. Man kann die Streuung auch dadurch testen indem man mehrere gleich große Stücke aus unterschiedlichen Folienbereichen anfertigt und die dann vergleichend wiegt.
Ähnliches geht mit Draht, aber meist nicht ganz so genau.

Hubert

Flagellate

Hallo Michael,
du suchst ja offensichtlich nach einer möglichst günstigen und genauen Lösung.

Ich schließe mich in der Hinsicht Hubert an.

Offensichtlich ist deine Waage im ~ 2mg Bereich genau. Nimm doch einfach eine Alufolie und versuch ein möglichst 2 mg Stück abzuschneiden. Dieses kannst du dann halbieren und beide Hälften wiegen. Wenn die Summe stimmt, kannst du daraus äquivalent weitere kleine Stücke schneiden usw. bis du in dem Bereich angekommen bist den du gerne hättest. Die ganzen Schnipsel kannst du dann getrennt von einander sicher aufbewahren und markieren. So hast ein halbwegs vernünftigen Set an Kalibriergewichten für weniger Cent und, falls es dir Spaß macht, auch noch ein paar schöne Experimentier-Stunden  ;)

Ein wichtiger Punkt , falls er dir nicht eh bewusst ist, wäre noch zu nennen. Du solltest die Alufolie auf keinen Fall mit den Fingern anfassen, sondern zuvor gut reinigen und dann nur noch mit einer sauberen Pinzette und Schere bearbeiten. Je kleiner die Schnipsel werden, desto größer wird der Fehler durch Fett/Schmutzablagerungen durch Berührung.

Grüße,
Tobias

Werner

Hubert (Lupus) hat die brauchbare Methode oben beschrieben. Statt Alufolie kann man auch dünnen Draht nehmen, der ist im Durchmesser gut konstant, auf errechnete Länge mit der Schere kürzen. Ein Seitenschneider erzeugt einen Grat, der die Längenmessung unsicher macht.
Apropos Länge: Ein "Zollstock" (Gliedermaßstab) darf auf 2 m bis zu 2 mm (!) falsch sein, das erfüllt die Norm. Besser sind feste Werkstattlineale aus Stahl.
Aber man sollte auch mit einer weiteren Waage gegenprüfen, sonst bleibt man an der Genauigkeit einer einzigen hängen.

Am besten ist ein gebrauchter Gewichtsatz einer alten Balkenwaage aus ebay, erscheint dort manchmal.
Für das absolute Gewicht kann man eines oder zwei daraus amtlich kalibrieren lassen, das kostet um 20 € pro Gewicht.

Gruß - Werner

Peter Ludwig

Hallo Michael,

ich habe genau dieses Waagenmodell mal zusammen mit einer Pipette überprüft siehe hier ganz unten:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=39516.0

Ich finde die Waage recht genau, auch im Bereich zwischen 10 und 100 mg.
Du kannst Dir z.B. winzige Beilagscheiben als Prüfgewichte hernehmen.
Vielleicht kennst Du eine nette Apothekerin, die sie für Dich auf die Analysenwaage legt und auf 4 Stellen hinterm Komma genau abwiegen kann.
Ich habe die Möglichkeit im Labor und kann mir so jederzeit ein Prüfgewicht besorgen.

Viele Grüße,

Peter

jochen53

#7
Hallo Michael,
diese billigen China-Waagen und auch solche im unteren Preissegment, die z.B. unter einem traditionellen deutschen Namen vertrieben werden und ebenfalls aus China stammen, funktionieren nach dem Prinzip des Dehnungsmeßstreifens (DMS).
Zur Kalibrierung liegt den Waagen meistens ein (in Worten: nur eines) Kalibriergewicht bei, das in der Regel der Höchstlast entspricht, in Deinem Fall müßte das ein 50 g-Gewicht sein, z.B. der Fehlergrenzenklasse F 1 (50 g +/- 0,3 mg).
Die einfache 1-Punkt-Kalibrierfunktion greift in die Elektronik der Waage ein und sorgt dafür, daß die spezifizierte Reproduzierbarkeit und Genauigkeit wieder hergestellt wird. Vor der Kalibrierung sollte die Waage längere Zeit in dem Raum bei gleichbleibender Temperatur stehen und etwa 15 Minuten vorher eingeschaltet werden.
Wenn Du Dich über Kalibriergewichte informieren möchtest:
https://www.kern-sohn.com/data/downloads/sl-weights-de.pdf
Aber bedenke bitte, daß dann der Preis der Gewichte bei Weitem, den Preis der Waage übersteigen wird.
Viel einfacher und billiger kann man eine Waage allerdings mit Wasser und einer entsprechend genauen Pipette (Mikroliter-Pipette, auch als "Eppendorf-Pipette" bekannt)) überprüfen.

Viele Grüße, Jochen.

Fraenzel

Hallo Michael,
ich habe dieses alte 500 mg Gewicht in meiner Grabbelkiste gefunden. Da ich es doppelt habe, kann ich es Dir gerne kostenfrei zusenden. Ich habe es mit meiner Waage überprüft und die zeigt 500 mg an. Bitte sende mir Deine Adresse an
Peter.Freimannätt-online.de
Mikrogrüße
Peter
auch ich mag das "Du"

witweb

Hallo,

zunächst vielen Dank für die prompten Antworten, Hinweise und Tipps!
Es geht mir ja nicht um höchste Genauigkeit. Ich führe Protokoll, wenn ich die Lösungen und Mischungen für meine Mikrokristalle herstelle, da möchte ich da natürlich notieren, was und wie viel ich davon verwendet habe. Im weiteren Verlauf ändere ich dann gegebenenfalls die Rezeptur, ausgehend von den ersten Versuchen. Es liegt in der Natur der Sache, dass es da nicht um das letzte µg geht, ich komme gut mit etwa  +/- 3 mg zurecht.  Und dafür sollte die Waage, speziell bei kleineren Gewichten, irgendwie zu überprüfen (kalibrieren) sein.

Ich habe gleich mal den Vorschlag von Hubert aufgegriffen, die Folien-Rückseite eines Schnellhefters genommen und ein Gewicht von 17 mg/cm2 ermittelt. Referenz war wieder die 1-Cent-Münze.
Der Rest war war dann ein Klacks. Jetzt habe ich ein erst mal ein paar 5 mg- und 10 mg Stücke zum Probieren, die restlichen Schnipsel gehe ich morgen an.

@ Peter (Fraenzel) -  dein Set geht auch erst bei 50 mg los. Ich nehme aber dein Angebot mit den 500 mg gern an, dann kann ich den Cent wieder in den Münzkreislauf zurück bringen. Meine Adresse könntest du noch haben, schicke ich dir aber nochmal.
@ Jürgen - mache ich!
@ Tobias - ich habe jetzt, wie schon beschrieben, mal mit der Kunststofffolie angefangen, aber schon ein paar Eckchen Alu-Folie dazugelegt. Ich hätte nicht gedacht, dass Alu-Folie so "schwer" ist. Die Sache mit den Fingerabdrücken werde ich beachten.
@ Werner - Draht in verschiedenen Stärken habe ich genug. Das werden vermutlich auch sehr kurze Stückchen (muss ich morgen mal in den Keller gehen). Eine Büroklammer wiegt schon fast ein halbes Gramm!
@ Peter Ludwig. Das mit der Apothekerin ist eine gut machbare Idee!
@ Jochen - Ja, ein 50 g-Gewicht lag bei. Auf der Seite von Kern war ich schon, sehr interessant, aber sprengt wohl den Rahmen. Zur Pipette hatte Peter auch schon etwas geschrieben. Aber weiß ich, wie genau meine Pipette ist? Ich kann zwar 20-200 µl einstellen, aber da tauchen wieder neue Fragezeichen auf.

Nochmals allen vielen Dank!

Michael






Leitz Orthoplan
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Reinhard

Hallo Michael,

was hältst Du davon: (Voraussetzung: Deine Waage; 1L-Messkolben; Mikroliterpipetten, evtl. 10 ml und 100 ml, Herdplatte)

Du löst 100 g reines Kochsalz in möglichst genau 1 Liter Wasser (Messkolben) auf.
Du entnimmst von der klaren Lösung 100 µl mit der Pipette, bringst diese 100 µl auf ein vorab ausgewogenes Uhrglas (oder ähnlich) und trocknest die Lösung vollständig.
Nun hast Du mit ausreichender Genauigkeit 10 mg Gewicht im Uhrglas. Mit der 10er Pipette dann 1 mg.

Oder: Du lässt Dir, wie im Beitrag schon vorgeschlagen, eine Sammlung von unterschiedlichen Gewichten herstellen, überwiegend aus feinen Messingdrähtchen oder Aluminiumstückchen.
Unten die vor Zeiten von Hubert (Lupus) geschaffenen Gewichte für seine Mikrowaage.




Viele Grüße
Reinhard
seit wann ist Kunst ein Fehler ?



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www.mikrochemie.net

witweb

Hallo Reinhard,

langsam frage ich mich, wieso ich eigentlich nicht selbst auf all die Möglichkeiten gekommen bin. Naja, beim nächsten mal. :)

Was machst du mit dem eingetrockneten Salz, um es handhaben zu können? Zerbröselt das nicht schnell, spätestens beim Anfassen mit der Pinzette?
Zu deinen Bildern, auf dem 2. Bild, mit 19 und 20 bezeichnet, sind die Drähte die eigentlichen Gewichte, oder sind die noch irgendwo eingegossen? Kann ich schlecht erkennen.

Viele Grüße

Michael
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Reinhard

Hallo Michael,

die Salzkrusten evtl. auf Aluminiumschälchen wären natürlich nur brauchbar für eine Kalibrierung, um die es ja anfangs ging.
Als dauerhafte Einrichtung sind die eher nicht geeignet und ursprünglich ging es auch darum, mit dieser Methode, Gewichte im Mikrogrammbereich
für die Kalibrierung der Ultramikro-Waagen des "metallurgical laboratory" herzustellen. Statt des banalen Kochsalzes würde dafür Thoriumnitrat
verwendet.

Auf diesem Photo sieht man besser, was ursprünglich in den "Näpfen" 19 und 20 war: winzige Waagschälchen aus dünnstem Aluminium, von Hubert mit
ruhigen Physikerhänden erschaffen.

Viele Grüße
Reinhard
seit wann ist Kunst ein Fehler ?



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Lupus

Hallo Michael,

zur Ergänzung: Die Kalibriergewichte sind u-förmig gebogene Drähte und entsprechend geformte Folien, weil sie über das Ende der Draht- bzw. Glasfeder der Waage gehängt werden sollen. Das leichteste Gewicht hatte 100 µg, und wurde aus dünnem Blattmetall zum Vergolden hergestellt da die Alu-Folie bereits zu dick war um genaue Maße zu schneiden. Die am Ende aufgebogenen Drähte in den Fächern 19 und 20 waren nach meiner Erinnerung Ersatzdrähte als Bügel zur Herstellung der Waagschälchen.

Hubert

witweb

Hallo Reinhard und Hubert,

alles klar. Ich denke, wir sind jetzt aber schon ein paar Größenordnungen unter dem angelangt, womit ich mich beschäftige.
Aber es ist sehr interessant, zu sehen, wie ihre diese Probleme löst.

Danke für die Anregungen und herzliche Grüße

Michael

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