Einrichten eines Mikroaquariums

Begonnen von 3nzo, März 13, 2022, 21:45:35 NACHMITTAGS

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3nzo

Hallo zusammen und besonders die Aquarianer.
Ich habe mich entschieden, ein Mikroaquarium in einem Glasbehälter von etwa 3 Litern einzurichten.
Bisher habe ich mich darauf beschränkt, einen Aquarienboden auf Torfbasis, mit Quarzsand bedeckt und ein paar Elodea-Zweige zu pflanzen. Jetzt muss ich anfangen, aber wie?
Kann ich von Zeit zu Zeit Proben und Wasser mit Algen und Protisten aus der Natur hinzufügen? Ich habe also Angst, in eine Situation des fortschreitenden Abbaus und einer unüberschaubaren und stinkenden Mischung zu geraten.
Wie füge ich Algen- und Protistenarten hinzu, die ich behalten möchte?
Danke an alle für die Ratschläge.

Enzo

Michael L.

Hallo Enzo,

vorab erst mal es ist unmöglich auf diese Art eine Selektivkultur zu erreichen dazu bedarf es definierter Medien, sterile Arbeitsweise und einer sauberen Starter-Kultur der gewünschten Organismen. Ein Mikroaquarium dagegen das mit irgendwelchem Material gestartet wird ist ein buntes Gemisch das sich durchaus über Jahre halten kann aber es lässt sich nie genau beeinflussen was darin gedeihen wird. Sand und Torf enthalten kaum Nährstoffe der Torf gibt Huminstoffe ab und senkt den PH Wert, gewaschener Sand hat mal zunächst nur mechanische Funktion. Im Prinzip kannst du es jetzt so als "Mikroaqurium" starten. Gebe Wasserproben mit etwas Laub und Anderen Substratresten rein und beobachte die Entwicklung. Besser für eine langfristig stabile Entwicklung wäre es als Bodengrund unter den Sand noch etwas Gartenerde zu geben. Falls Dich das ganze von der wissenschaftlichen als auch praktischen Seite gesehen interessiert empfehle ich Dir folgende Literatur: Ecology of the planted Aquarium von Diana Walstad.

Viele Grüße

Michael

KayZed

Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7

hebi19

Hallo Enzo

Deinen "Aquarienboden auf Torfbasis" kann ich schlecht einschätzen. Wie Michael schreibt könnte er den pH-Wert des Systems nach unten schieben. Das würde die Zahl und Vielfalt der sich entwickelnden Protisten wahrscheinlich etwas einschränken.

Ansonsten sind Zersetzungsprozesse von der Menge des zugeführten Materials abhängig. Wenn Du einige Wasserpflanzen aus Tümpel, Graben und Bach einbringst und zum "animpfen" ein paar Stengel und zwei bis drei Schnapsgläser Schlamm wird da ziemlich sicher gar nichts "stinkig". Wichtig ist Geduld. Bis in einem Aquarium bis zum Nitrat abgebaut wird dauert es eittliche Wochen.

Grüße aus Franken
Martin

p.s. @Michael:  ich kenne von Wallstadt auch die deutsche Version des "bepflanzten Aquariums". Hat die von Dir empfohlene englische Version inhaltliche Vorteile??
Grüße von
Martin alias hebi19

Motic BA-300, div Lomo, Stereo-Mikroskop noname

Michael L.

Gruß in die Runde,

hinsichtlich der Literaturangabe war mir unbekannt das es eine deutsche Ausgabe gibt, ist natürlich wesentlich angenehmer zu lesen, danke für den Hinweis.

Gruß,

Michael

deBult

#5
I had 2 4l glass vessels with algae etc running for 2 years, gravel as soil only. Indirect sunlight on 1 and some direct sunlight on the other one.

After investigation of my pond samples I simply added what was left to the glasses.

Added 1-2 drops of liquid flower nutrition each month to feed the algae plus 1 drop of milk to feed the bacteria/protists. Incidentally a tiny part of dried yeast when there were many waterfleas (daphnia) to feed.

1-2 snails helped to keep things tidy. No fish.

They are replaced with 2 45 liter aquariums with a small set of fish: the algae and filter detritus are now a good source of investigation material.

Best Maarten

Reading the German language is OK for me, writing is a different matter though: my apologies.

A few Olympus BH2 and CH2 stands with DIC and phase optics.
The correct number of scopes to own is N+1 (Where N is the number currently owned).

Bob

Hallo Enzo,

ich richte Plankton-Aquarien so ein:

-zuerst 2 cm Gartenerde und Teichschlamm
-dann ganz wichtig: Eine Lage Papiertaschentuch oder Zewatuch als Trennlage
-dann 2 cm feiner Kies 3-6mm
-da hinneindrücken etliche Wasserpflanzen
-vorsichtig und langsam auffüllen mit Teichwasser, in eine Schale hineingießen um ein Aufwirbeln des Untergrunds zu verhindern

Die Lage Papiertaschentuch verhindert, dass das Wasser über dem Kies von der Erde und dem Teichschlamm getrübt wird. So eingerichtet sind die Auarien sehr robust, man muss nicht unbedingt etwas daran machen, was über das Aufüllen mit Wasser hinaus geht. Praktisch sind kleine echte Aquarien, weil man durch das ebene Glas besser mit dem Stereomikroskop beobachten kann, als durch eine Vase aus unebenem Glas.
Davor montiert habe ich ein Stereomikroskop am Gelenkarm mit Fokussierschlitten.

Viele Grüße,

Bob 

3nzo

#7
Hallo und danke euch allen für euren Beitrag.

@ Michael
Ich interessiere mich nicht für ein selektives Aquarium, es gibt einige Arten, die ich bevorzugen würde, wie Paramecium und einige Vorticella und Spirogyra. Aber das sind Präferenzen, keine absoluten Grenzen. Mich interessiert, dass es nicht so abläuft wie in meinem vorherigen Experiment, wo durch zeitweise Zugabe von Wasser aus verschiedenen Proben ab einem bestimmten Punkt ein unerklärliches Absterben von Algen und Protisten eintrat und außer den Bakterien keine Lebensform mehr übrig blieb.
Den Torf habe ich in den Sand gegeben in der Hoffnung, dass die Elodea besser wurzeln kann, ich würde nicht alles verschieben wollen und möglichst von vorne anfangen. Kann ich den Ph auf andere Weise ändern?
Danke an dich und KlausZ für den Buchlink.

@Martin
Zitat von: hebi19 in März 14, 2022, 09:22:32 VORMITTAG
Bis in einem Aquarium bis zum Nitrat abgebaut wird dauert es eittliche Wochen.
Bedeutet das, dass es nach ein paar Wochen stinken wird?
Ich könnte mit Schwede angereichertes Wasser mit vielen Bakterien hinzufügen, aber es riecht schlecht nach Ammoniak. Ich habe auch eine Wasserprobe aus einem Brunnen mit einigen Algen, aber es riecht muffig. Kann ich es wagen, sie hinzuzufügen, ohne alles zu verderben?

@Bob
Herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Leistung. Ich habe keinen Teich, wo ich den Reißzahn nehmen könnte, und jetzt ist der Boden fertig, außer die ganze Arbeit zu werfen. Gibt es Möglichkeiten, die Situation zu korrigieren und den Ph zu variieren, um ihn durch Zugabe einer Substanz neutral zu machen?

Danke euch allen.

Enzo

plaenerdd

Hallo Enzo,
probiere doch erst mal mit dem Torf, so wie es ist! Ein niedrigerer pH-Wert verhindert all zu starkes Bakterienwachstum, wie bei sauer eingelegtem Gemüse. Wichtig ist, dass Du nicht zu viel organische Substanz einbringst, die dann zersetzt werden kann.
LG Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Bob

Zum Thema Geruchsbildung, Umkippen etc:
Ich hatte mal ein 30l-Aquarium auf der Schlafzimmer-Süd-Fensterbank. Das war lange kein Problem, aber im Hochsommer kam es zu einer Algenblüte und das Aquarium machte nicht den besten Eindruck. Ich habe dann eine Aquarien-Luftpume für ein par Stunden am Tag das Wasser belüften lassen, damit war dann alles wieder in Ordnung. An sonsten habe ich kritische Zustände nur erreicht, wenn ich den Wasserstand mal habe zu weit absinken lassen oder es probeweise mal mit Düngen versucht und dabei übertrieben habe. Sonst ergibt sich durch den Pflanzenbewuchs ein ausgeglichenes Klima da drin. Als Pflanzen hatte ich mehrere Arten Aquarienpflanzen eingesetzt, aber auch mal was aus einem Tümpel.

hebi19

#10
Zitat von: 3nzo in März 14, 2022, 17:52:06 NACHMITTAGS
@Martin
Bedeutet das, dass es nach ein paar Wochen stinken wird?

Hallo Enzo

Nein, es stinkt nicht bis zum Abbau bis zum Nitrat......zumindest solange nicht zu viel zum Abbau da ist. Und nachher sowieso nicht mehr.

Den Abbau bewirkt ein Biofilm an den Behälterflächen, auf Oberflächen von Einrichtungsgegenständen und Wasserpflanzen und der Bodenteilchen. Der Biofilm benötigt zum Aufbau Zeit....mehrere Wochen. Die Zeit ist nur marginal durch die Menge des Animpfmaterials beeinflussbar.......also stark belastetes, bakterienreiches (stinkiges) Wasser verkürzt die Zeit marginal. Allein die Luftkeime reichen zum animpfen, brauchen dann halt 2 oder 3 Tage länger........alles ist nur animpfen und das Wachsen des Biofilms dauert Wochen. Günstig wirkt Sauerstoff. Alle nicht stinkigen Abbauvorgänge sind Oxidativ. Also Wasserbewegung und etwas Belüftung (Membranpumpe) wirken stark fördernd.

Pantoffeltierchen/Paramecien sind Organismen die an der Grenze leben, also in Lebensräumen die kurz vor dem Umkippen zu ,,stinkig" stehen.....dort haben sie eine Massenentwicklung die sie für Mikroskopiker interessant machen. Um so einen Grenzlebensraum ohne Geruchsbelästigung in der Wohnung zu erzeugen kann man ihn klein halten - z.B. Petrischale oder Erlenmeyerkolben - und den Abbau an der Grenze z.B. durch Einwurf einzelner Reiskörner erzeugen. Oder auch durch einen oder einzelne Tropfen Milch. In stabilen, nicht stinkigen 3 Liter Aquarien sind Paramecien nicht typisch in der Massenentwicklung


Post Skriptum: Elodea lebt problemlos auch frei flutend, also komplett ohne Bodengrund. Aber lass doch deinen Boden Boden sein und Substrat für Biofilm. Geduld, wenig Animpfmaterial und noch weniger ,,Nahrung"
Grüße von
Martin alias hebi19

Motic BA-300, div Lomo, Stereo-Mikroskop noname

3nzo

#11
Vorerst werde ich versuchen, den Torf zu halten, wie Gerd sagt, ich hoffe, es kommt zu einem Ausgleich. Ich verstehe, dass das Aquarium ein bisschen riechen muss, um Ciliaten und Pantoffeltierchen zu haben.
Ich verstehe auch, dass ich riskieren muss, unerwünschte Gäste wie Würmer oder zu viele Rädertierchen zu finden, die Ciliaten fressen könnten.
Übrigens sah ich in dem sehr verschmutzten Wasser, das nach Schimmel riecht, etwas, das wie ein Schimmelfaden aussah, aber er bewegte sich langsam und hatte eine Seite mit so etwas wie einer Mundöffnung, möglicherweise einem mikroskopisch kleinen Ringelwurm. Die Länge ist mehr als doppelt so lang wie Sie sehen. Es scheint aus einer Reihe von Zellen zu bestehen. Die Kieselalge gibt eine Vorstellung von der Mindestgröße. Können Sie es identifizieren?
Leider ist das Bild nicht gut, da es spät aufgenommen wurde, als das Dia trocken war.
Danke für die Beratung und viele Grüße.

Enzo

3nzo

Hallo, alle miteinander,
danke, dass du mir bisher geholfen hast. Ich werde zurückkommen, um Sie um praktische Ratschläge zur Verwaltung des Mikroaquariums zu bitten.
Problematisch ist die mögliche Zugabe von Proben aus stehenden Gewässern in der Natur, dh ob diese Vorgehensweise sinnvoll ist oder nicht.
Wenn ich interessante Protisten in den gesammelten Wasser- und Wasserpflanzenproben finde, möchte ich sie behalten und in mein Aquarium geben, aber ich kann auch unerwünschte Eier oder Wirte einführen, die schädlich sein könnten, wie meiner Meinung nach mikroskopisch kleine Ringelwurz Würmer.
Wie könnte das Aquarium ohne diese Risiken belebt und diversifiziert werden?
Ich befürchte, dass das Aquarium verarmt oder eintönig wird, wenn keine Proben mit neuen Protisten hinzugefügt werden, aber im Gegenteil, das Hinzufügen von Wasser aus der Natur kann die Situation für inkompatible Arten verschlechtern.
Was empfehlen Sie?
Danke und viele Grüße.

Enzo

Herbert Dietrich

Hallo Enzo,

Deine Befürchtungen, dass Du mit Wasser aus verschiedenen Gewässern "Räuber" einschleppst, ist nicht unbegründet.
Aber es ist auch interessant, die dadurch erfolgenden Veränderungen zu beobachten.
Wenn Du in Deinem Aquarium Arten entdeckst, die Du unbedingt erhalten willst, dann lege doch in einem 1/2 oder 1 Lister Glas eine Sonderkultur an.
Dass Dein Aquarium mit der Zeit "verarmt" befürchte ich nicht, wenn Du nur sparsam zufütterst. Da so ein Aquarium eine eigene Welt ist, sind jedoch Vorhersagen
schwierig. Das kann jahrelang Freude machen oder aber plötzlich "umkippen".

Meine Erfahrung, je weniger man da eingreift und experimentiert umso stabiler entwickelt sich das Biotop.

Herzliche Grüße

Herbert

3nzo

Hallo Herbert,
Zitat von: Herbert Dietrich in April 06, 2022, 08:34:08 VORMITTAG
Wenn Du in Deinem Aquarium Arten entdeckst, die Du unbedingt erhalten willst, dann lege doch in einem 1/2 oder 1 Lister Glas eine Sonderkultur an.
Danke für den Rat, aber wie fange ich die Arten ein, an denen ich interessiert bin, um eine selektive Ernte zu erstellen? Wenn ich einen interessanten Ciliaten unter dem Mikroskop sehe, wie kann ich ihn von den anderen isolieren und vor allem in ausreichender Anzahl, um eine neue Kultur zu beginnen?
Danke und viele Grüße.

Enzo