Korrosionen verschiedener Metalle noch zu retten?

Begonnen von Sandy, April 14, 2022, 03:58:22 VORMITTAG

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Sandy

Hallo
Ich habe ein neues altes Mikroskopset (Zeiss Laboval 4 mit Dingen wie Phasenkontrast, Dunkelfeld, Polarisation, Zeichentubus, Mikrotomset, Hilfsmikroskop zum Justieren vom Phasenkontrast usw.)
Auf den ersten Blick war es top gepflegt. Auf den 2.Blick gabs in der Elektrik "Metallwattestaub" an Muttern, Schrauben, Lötstellen, Kontakten. (Beleuchtung funktioniert trotzdem)
Auf den 3.Blick betrifft es in geringerem Ausmaß das gesamte Mikroskop und auch viel Zubehör. Trotzdem funktioniert alles nach etwas Zuspruch.
Glaspilz hingegen hab ich nirgends entdeckt.

Nun meine Frage an die Chemiker, Materialkundigen und Elektriker unter Euch:
Kann ich Korrosion an verschiedenen Metallen mit verschiedenen Ölen und Fetten stoppen? Welches Metall möchte welches Fett?
Kann ich mit Kontaktspray einen Kurzschluss verursachen?
Und nein, ich sprühe nirgends einfach mit WD40 rein, ich tauche eine Zahnstocherspitze in Öl und bringe es so präzise in mini Menge an Ort und Stelle.

Da meine Familie es mir in den Kleinanzeigen gekauft hat und liefern ließ, kann ich nicht einfach so vom Kauf zurück treten. Und es hat echt ein gutes Stück Geld gekostet. Also muss ich es wieder herrichten. Helft mir bitte mit Eurem Wissen.

LG Sandy

Anbei ein Beispielbild aus dem Fuß

plaenerdd

#1
Hallo Sandy,
das Wichtigste, was Du tun musst: Das Mikroskop trocken lagern, damit es nicht weiter korrodiert.
So groben Rost, wie auf dem Foto, würde ich vorsichtig mechanisch entfernen. Dabei darauf achten, dass der nicht in die Optiken fällt.
Wenn Du keinen Glaspilz gefunden hast, kann es sein, dass das Mikroskop nicht zu feucht sondern zusammen mit Chemikalien gelagert wurde. Das ist eine sehr wichtige Regel: Mikroskope und Chemikalien gehören auf keinen Fall in den gleichen Schrank, eigentlich noch nicht ein mal in den gleichen Raum, zumindest nicht dauerhaft.
Die gezeigte heftige Korrosion an Schraube und Mutter könnte auch aus dem Zusammenspiel zweier verschiedener Metalle plus Strom erwachsen sein. Das sieht aber zumindest so aus, als würde das trotzdem noch lange halten. Das würde ich noch nicht mal auseinander schrauben, sondern nur mit einer Messingbürste oder einem Glasfaserstift abbürsten.
Gerade Anfängern rate ich zum Pflege-Minimalismus: nur so viel wie unbedingt nötig, so wenig wie möglich, um nicht bei unqualifizierten Vorgehen einen größeren Schaden zu fabrizieren. Wenn Das Mikroskop sich gut nutzen lässt, ist das Wichtigste doch erfüllt. So schnell rostet Dir das nicht weg.

Und noch ein Tipp: Das Mikroskop vor Staub zu schützen ist natürlich sehr wichtig, aber Luft muss auch dran kommen. Deshalb sind die guten alten Holzkästen den modernen Kunststoffverpackungen vor zu ziehen. Wenn es dauerhaft auf einem Tisch steht, bekommt es natürlich eine Kunststoffhaube, aber es sollte auf keinen Fall dauerhaft in Folie verpackt gelagert werden.

Beste Grüße
Gerd
EDIT: Falls Du sie noch nicht hast: Hier gibt es die Gebrauchsanweisung in 2 Teilen (Bild und Text).
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Hugo Halfmann

#2
Hallo Sandy,

ich würde da nicht mit Fetten und Ölen arbeiten. Das Problem wird ein zu feuchter Lagerort gewesen sein, denn zur Kontaktkorrosion sind unterschiedliche Metalle und Feuchtigkeit notwendig.
Besorg Dir einen Glasfaserpinsel / Glasfaserradierer / Glasfaserstift wie diesen:

Glasfaserpinsel

Damit kannst Du auch kleine, unzugängliche Stellen reinigen.

Völlig verrostete Schrauben und Muttern wie die von Dir gezeigten würde ich durch neue aus Messing oder Edelstahl ersetzen, das geht einfach schneller. Besser wird das eh nicht, da Rost Wasser speichert und dank der normalen Luftfeuchtigkeit rostet und gammelt das immer weiter. Wahrscheinlich ist das Gewinde unter der Mutter sogar noch in Ordnung!

Als Korrosionsschutz (oder besser: Pflegemittel, dein Mikroskop wird ja wohl warm und trocken bei Dir wohnen  :) ) reicht eigentlich ein harz- und säurefreies Waffenöl, dünn mit den Fingern aufgetragen. Ob das in der Elektrik funktioniert, kann ich Dir nicht sagen, da habe ich keine Erfahrungen.
Viele Grüße aus dem Bergischen Land

Hugo Halfmann

jochen53

Hallo Sandy,
ja, man kann Stahl durch Korrosionsschutzöle und -fette vor Korrosion schützen, z.B. das G 3, die Uzi oder das MG 3. Bei Alu macht es keinen Sinn, auch bei Messing nicht, das hat man früher aus ästhetischen Gründen lackiert. Aber das, was ich hier auf den Fotos sehe, ist wirklich der Hammer. So ähnlich sahen unsere Testbleche nach 100 Std. Salzsprühkammer mit 5 % NaCl-Lösung aus, wenn der Korrosionsschutz versagte. Ich glaube auch, daß dieses Mikroskop zusammen mit aggressiven Chemikalien, z.B. Salzsäuredämpfen gelagert wurde. Oder jemand hatte "Lötwasser" für Dachrinnen verwendet und danach nicht neutralisiert. Ich würde auch die total verrosteten Muttern und Schrauben durch neue ersetzen, den übrigen Rost mechanisch entfernen und danach ganz dünn mit einem guten Waffenöl einreiben, z.B. damit:
https://addinol.de/produkte/produkt-finder/addinol-waffenoel-w-18/
Ballistol ist nicht schlecht, aber es riecht etwas gewöhnungsbedürftig und für Buntemetalle (Messing) ist es auf Dauer nicht gut, es bildet sich u.U. eine Grünverfärbung.
Reine medizin. Vaseline (Apotheke oder DM-Markt) besitzt im Übrigen auch einen sehr guten Korrosionsschutz, sie wird z.B. an Batteriepolen als Säureschutzfett verwendet.
Einen Kurzschluß kannst Du mit einem Kriech- oder Kontaktspray nicht hervorrufen. Von der Verwendung von WD 40 rate ich ab, ich hab das Zeug oft genug analysiert. Es besteht im Wesentlichen aus so was Ähnlichem wie Petroleum (so stinkts auch), der Korrosionsschutz ist sehr sehr bescheiden. Es verdunstet mit der Zeit. Es penetriert gut und man kann damit bestenfalls festgerostete Schrauben besser lösen.
Und noch eine Warnung: Falls Du zufällig irgendwo Silikonöl oder -fett haben solltest: Finger weg! Silikone sind immer da, wo man sie am wenigsten haben möchte, sie kriechen und spreiten und verschlechtern den Kontakt an elektrischen Schaltern. Ihre Schmierwirkung für Metalle ist gleich Null. Hervorragend sind sie nur für Kunststoffe und Gummi geeignet, z.B. zur besseren Montage von Gummiteilen, -dichtungen oder -schläuchen.

Viel Spaß beim Restaurieren und bei der Verwendung Deines "neuen" Mikroskops, Jochen

Werner

Typisches Bild für zu feucht gewordene verzinkte Schrauben/Muttern.
Dauerhafte Abhilfe durch Messing oder Edelstahlschrauben erreichbar. Die Teile haben nur eine Haltefunktion und bei den Leistungstransistoren eine Kontakt-Preß-Funktion.

Gruß - Werner

Sandy

Ihr seid spitze. Danke

So einen Glasfaserradierer hab ich als Bauzeichner sogar da 😍, dann kann die ausrangierte elektrische Zahnbürste wieder weg. Die medezinische Vaseline hab ich von meinen Holzblasinstrumenten da.
Die anderen Dinge gilt es zu besorgen.
Solche Links zu Pdf-Dateien sind immer gold wert. Tatsächlich habe ich einiges an Papieren dazu.
Der Tip mit dem WD40 bzw Silikonspray ist sehr gut, das wusste ich einfach nicht und hätte es unbedarft eingesetzt. 😉

Ich bin auch der Meinung, dass es evt auch nur mal kurzzeitig chemischen Substanzen in der Luft ausgesetzt war. Ich habe zb in den Phasenkontrastschiebern mini kleine gewachsene Salz(?)kristalle gefunden an nichtmetallischer Oberfläche. Gegen lange feuchte Lagerung spricht, das es keinen Pilz und kein faules Holz gibt. Außerdem liegen dem Set große Silikapäckchen bei, vom Originalbesitzer beschriftet.
Momentan versuche ich, die Objektive zu lösen, ohne sie zu zerstören. Bei der Reinigung der Elektrik wird Staub entstehen, da möchte ich die Optik vorher entfernen/schützen.

plaenerdd

Hallo Sandy,
wenn die Objektive sehr fest sitzen sollten, kann es helfen, mehrere Lagen Gummiband darum zu wickeln (z.B. von einem alten Fahrradschlauch), um besseren Grff und einen größeren Hebel, zu haben. Auf keinen Fall mit der Zange dran gehen, höchstens mit einer Babay-Boa
Gutes Gelingen!
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Sandy

Ps: meine Mikroskope stehen bei mir im Wohnzimmer. Die werden ja sehr oft und lange benutzt in heimeliger Athmosphäre😉