Eine Frage an die Pathologen im Forum

Begonnen von Aljoscha, Mai 15, 2022, 21:23:31 NACHMITTAGS

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Aljoscha

Hallo,

nachdem ich es heute geschafft habe, mich bei der Zubereitung des Abendessens zu verletzen, habe ich die Chance genutzt, einige Blutausstriche herzustellen. Bei der Musterung unter dem Mikroskop ist mir aufgefallen, dass weite Teile der Ausstriche keine Leukozyten zu finden sind, während diese sich an anderen Stellen häufen. Ist das einfach nur der statischen Verteilung geschuldet oder mache ich da etwas falsch? Das beigefügte Bild zeigt eine Stelle mit recht vielen Leukozyten.

Viele Grüße

Alexander

Rene

#1
Hi Alexander, I'm not sure about a systematic bias in Blutausstriche, but here's how a random distribution looks like. We humans are trained to spot patterns, that do not always exist...

HTH, René

Peter V.

Hallo Alexander,

das ist reiner Zufall.

Herzliche Grüße
Peter

PS, kurzer Klugscheiß-Modus:  Pathologen schauen sich in der Regel keine Blutausstriche an, sondern Hämatologen bzw. Labormediziner.
Dieses Post wurde CO2-neutral erstellt und ist vegan. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

Tommmy

Hallo Alexander,

komischerweise war das gestern auch mein Thema vor dem Mikroskop und obwohl es völlig uninteressant ist, wie die Leukos im Blutausstrichsbild verteilt sind, so ist mir dies auch bei meinen Blutausstrichen aufgefallen. Vielleicht hat es auch damit was zu tun, dass es beim Ausstreichen zu einer Art "Siebeffekt" kommt und die größern Leukos mit nach hinten geschoben werden...aber das ist nur eine Vermutung und rein spekulativ und auch völlig unerheblich.

Von weit aus größerer Wichtigkeit ist es, die Leukos zu differenzieren, dh. sie zu unterteilen in:

Neutrophile: -Myelozyten
                   -Jugendliche
                   -Stabkernige
                   -Segmentkernige
Lymphozyten.
Monozyten.
Eosinophile.
Basophile.

Hier machst du dir am einfachsten eine Tabelle und fährst mäanderförmig Dein Blutbild ab und machst einen Strich im entsprechenden Feld. Wenn Du 100 (oder in der Praxis 200) "Stück" ausgezählt hast, berechnest du die prozentuale Verteilung.

PS:
Früher gab es hier "Zählmaschinen", ein Kasten mit Zählwerk und Taste für jede "Art".
Ich habe so eine Maschine noch irgendwo herumliegen...

Wenn es Dir nur um die Anzahl der Leukos geht, benötigst du eine Mischpipette, Türcksche Lösung und eine Zählkammer und zählst einfach einen Fläche aus...

Ganz einfach :-)

PS: Färbung ist Pappenheim

Florian Stellmacher

Alsooo...

Peter hat das schon richtig gesagt. Wenn Pathologen Blutausstriche mikroskopieren, sind das allenfals schlecht getroffene Zytologien mit nichts anderem drin.

Man muss aber festhalten, dass der neutrophile Granulozyt an sich ein recht geselliger Zeitgenosse ist. In Flüssigkeiten wie Punktaten oder Urin lagern sie sich gerne aggregatartig zusammen. Und wenn Alexander sich geschnitten hat, haben sich die Neutrophilen recht schnell am Ort des Geschehens angesammelt, sodass, wenn die Wunde nicht allzu stark blutet, vermehrt diese Zellen enthalten sind und dann ggf. auch bereits in Gruppen zueinander gefunden haben, wenn man das Blut ausstreicht.

Völlig davon unabhängig ist es bei vielen Ausstrichen so, dass die Mehrzahl der größeren bzw. schweren Zellen am "unteren" Ende des Ausstrichs liegen, denn hier läuft viel Flüssigkeit zusammen. Nur, wenn man sehr wenig ausstreicht und eine feine Fahne am Ende erzeugt, ist dieser Effekt kleiner bzw. nicht zu sehen.

Herzliche Grüße,
Florian
Vorwiegende Arbeitsmikroskope:
Zeiss Axioskop 2
Olympus BHS (DL, Pol, Multidiskussionseinrichtung)
Zeiss Axiophot (DIK und AL-Fluoreszenz)
Zeiss Axiovert (Fluoreszenz)
Wild M400 Fotomakroskop (DL, DF, AL, Pol)

Aljoscha

Hallo,

Vielen Dank! Das hilft mir wirklich, meine Ergebnisse einzuordnen.

Viele Grüße

Alexander

Tommmy

Was für eine Färbung hast du für Deinen Blutausstrich benutzt?

Aljoscha

Hallo,

Dafür habe ich ein DiffQuick Schnellfärbekit benutzt. 5 Sekunden Fixierbad, 5 Sekunden Farblösung 1, 5 Sekunden Farblösung 2 und auswaschen in Aqua dest. Die Ergebnisse entsprechen in etwa einer Pappenheim-Färbung.

Viele Grüße

Alexander

Tommmy

Die Durchführung hört sich sehr einfach an...
Perfekt!

plaenerdd

Hallo Alexander,
bekommt man das frei zu kaufen und wenn ja wo? Klingt so, als ob man das auch mal mit Schülern höherer Jahrgänge machen könnte (natürlich nicht mit Schülerblut!). Pappenheim ist ja doch etwas schwierig wegen des Methanols...
LG Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Aljoscha

Hallo Gerd,

Die Anwendung ist so einfach, dass es auch mit Schülern problemlos klappen sollte.

Mit dem Färbekit alleine geht es allerdings nicht ab. Der Objektträger muss jeweils 5x eine Sekunde getaucht werden. Die Bewegung ist wichtig für das Färbeergebnis. Man braucht also Färbetröge. In einer Schule sollten aber Färbetröge vorhanden sein. Zusätzlich braucht man eigentlich nur Aqua dest. zum Auswaschen, Isopropanol zum entwässern und ein Eindeckmittel plus dem passenden Zwischenmedium. Ich benutze zum Eindecken Histokit und als Zwischenmedium Benzoesäure-Methylester. Von beidem habe ich genug, um dir für deine Schulversuche etwas abzugeben. Ich musste jeweils Mengen kaufen, die ich in diesem Leben wohl nicht aufbrauchen werde.

Das Färbekit habe ich ganz entspannt bei aurosan-shop.de gekauft.

Viele Grüße

Alexander

Peter V.

Hallo,

am einfachsten geht es mit den sogenannten ,,Testsimplets". Das Blut wird direkt auf farbstoffbeschichtete Objektträger aufgetragen — fertig. Einfacher und schneller gehts nicht. Allerdings kosten 50 solcher Objektträger ca. 100 EUR. Dieser Preis entspricht aber wohl schon dem Gesamtjahresbudget für Verbrauchsmaterialien im Fach Biologie an manchem Ruhrgebietsgymnasium... :-\

Herzliche Grüße
Peter
Dieses Post wurde CO2-neutral erstellt und ist vegan. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

Tommmy

Es ist eigentlich mehr als traurig, das sich Vieles ad absurdum entwickelt. Als ich in den frühen 90ern Abitur gemacht habe, durften wir schon keine Blutgruppentests mehr machen, AIDS, Hepatitis u.a. wurden als Gründe genannt, zu universitären Zeiten war es verboten, mit Glasküvetten zu photometrieren, die Schnittgefahr und daraus resultierende Schadensersatzfoderungen in Millionenhöhe waren hier der Grund. Der Hausmeister der Fakultät musste deshalb Plasteküvette absägen, damit sie für die Geräte passen...
Versuche zum Muskelphysiologie wurden gestrichen, da eine Kommilitonin es nicht ertragen konnte, dass dafür ein gezüchteter Frosch dekapitiert wurde.

Was für ein Schwachsinn breitet sich hier nur aus und wo endet das Ganze, wenn wir schon darüber debattieren, ob ein eine nicht-toxische Menge von drei Tropfen Methanol, auf einem Objektträger, die in der Pappenheim-Färbelösung enthalten sind, reale Gefahren bedeudeten könnte...

Sollen wir jetzt alle unsere Glieder mit Gipsverband zu schützen, damit, wenn wir hinfallen, diese uns nicht brechen? Hatten wir das nicht alles schon einmal?

treinisch

#13
Hallo Tommy,

also, da sind auch viele Mythen im Umlauf, zum einen weil es eben so ist, dass sich Fakten durch mündliche Überlieferung verändern, zum anderen, weil gerade Chemielehrer (also beides: Chemie + Lehrer) in der Tat auf höchster Paranoia-Stufe laufen. Zum Beispiel wurde in meiner Examensprüfung in Chemie bemängelt, Schüler dürften nur im Stehen experimentieren, was natürlich völliger Unsinn ist. Oder es wird behauptet Geschmacksproben seien verboten, was auch völliger Unsinn ist. Bei uns wurden vor vielen Jahren die Schweißgeräte vernichtet, weil es hieß, das Schüler nicht schweißen dürfen, was auch nicht stimmt.

Das hat aber nicht zwingend etwas mit der Realität zu tun. Selbstverständlich dürfen Studenten mit Glasküvetten arbeiten. Du wurdest Zeuge einer Mythenbildung.

Methanol ist für Schüler ab der 4. Klasse freigegeben. Ich kenne jetzt dieses Färbeprotokoll nicht, aber oben steht etwas von 3 Tropfen, das ist natürlich völlig problemlos möglich. Dass Gerd das nicht möchte ist seine Einschätzung, auf Grund der Kenntnis seiner Schüler und der Situation vor Ort.

vlg
Timm

P.S. Die viel interessantere Frage ist, wie es kommt, dass sich diese seltsamen Mythen bilden, sie aber nie menschlicher Inkompetenz, sondern immer dem Gesetzgeber angelastet werden.
Gerne per Du!

Meine Vorstellung.

Tommmy

Timm, dass nennt man "Vorauseilender Gehorsam!"